20 - Reshuffle {{ currentPage ? currentPage.title : "" }}

Samstag, 10.12.2061

 

Ghost (der noch immer nicht wieder ganz fit ist, sich dies aber nicht anmerken lässt) begibt sich zu dem ehemaligen Hotelgebäude, das den Nachtclub The Forge beherbergt (CP 2077, FTP Watson, Northside, Pershing Street). Auch wenn er nicht nach Stammpublikum aussieht, kommt er am Türsteher mit Schmiergeld vorbei, fährt im Aufzug hoch, passiert den Körperscanner, der sich nicht meldet, durchquert den düsteren, lauten Industrial-Schuppen und begibt sich nach oben, wo der Boss der DeSades, Bangalore, mit ein paar Gangern auf dem Sofa sitzt.

 

Ghost: You Bangalore?

Bangalore: Who the fuck are you?

Ghost: Name's Ghost. Ring a bell? (Bangalore reagiert eine Sekunde nicht.) Looks that way.

Bangalore: You got some balls coming in here. You looking to get scragged and put in a dumpster, fucking moron?

Ghost: I'm looking to collect a debt.

Bangalore: What fucking debt? You kidding me?

Ghost: You wrecked my team-mate's car.

Bangalore (erhebt sich drohend): Your fucking team-mate's done. She scragged a dozen of my men.

Ghost: She stood alone against twenty of your goons. Think carefully what you wanna say next, 'cause chances are it won't make you look good. (Impliziert: Sie hat sich allein dorthin getraut und Eier bewiesen, und nur mit so vielen hatten die Scaps den Mut, zuzuschlagen. Oder: Sie stand dort allein, und selbst so viele Ganger wurden nicht mit ihr fertig.)

     Thing is, I've had it up to here having to worry about you. Your beef dates back to '57. You've had four years to do something. Four fragging years. Instead you not only held a grudge, you got it a nanny and enrolled it in boarding school. I mean, do we have to clear the air here? (Die anderen Ganger ändern ganz leicht ihre Haltung.) I'll be happy to assist you with that, and you're building a reputation of playing it safe anyway, numbers-wise, so you should be down with that. But I'll take five of you with me, minimum – you included. But then you have to wonder where the frag the rest of my crew is, hm? Safe to say somewhere around here? What do you think?

     So. If you don't want us to lay waste to this trash dump and geek every last one of you, I suggest we resolve this like men. You and me. And then I'll talk about recompense with your successor.

Bangalore: Get him!

 

Ohne dass der Zuschauer es mitbekommen hätte, war Kitsune längst hier oben postiert: Einem Ganger schlägt sie mit dem Katana den Arm ab, den zweiten durchbohrt sie. Der dritte, der seine Waffe zieht, wird plötzlich per schallgedämpftem Kopfschuss von Quicksilver getötet, die restlichen drei reagieren nicht, als Ghost Bangalore angreift. Er bricht ihm den Arm, zertrümmert sein Knie, schickt ihn damit auf selbiges, reißt ihm mit dem Cyberarm den Unterkiefer ab und bricht ihm das Genick.

 

Ghost: I suggest you pick your new leader quickly, I don't have all day.

Die drei sehen sich an, und ein DeSade, dessen Kopf wie ein Totenschädel tätowiert ist, tritt cool vor.

Skullface: Name's Skullface. You talk to me.

Ghost: You in the loop, far as we're concerned?

Skullface: Somewhat.

Ghost: Right. You see, someone we worked with cut up one of you once. Hence, we cut ties with him, cut him loose. But because he went to El Infierno, you couldn't get to him, so you keep annoying us.

     My team-mate tried to do business with you – instead this "Doctor" drekhead snatched her to lure us into a trap. But... we were willing to let it go. Same team-mate tried to do business with you again, and you tried to geek her. Now, we could go on and on like this. Problem is, I'm not willing to put up with you anymore. If you want, we won't rest until we've eradicated the lot of you. A couple of you may manage to scurry into hiding in the sewers or whatever, but what's left of your gang will get eaten up by the other gangs. That what you want?

Skullface: What do you want?

Ghost: I suggest in the strongest possible terms you leave us the frag alone and switch to the other side of the street when you see one of us. And there's an invoice in the club's mailbox for the totaled car. I expect the bill to be settled within two days. And someone get in touch with Too Sweet Tutter about the botched handover ten days ago, because we expect a payday. Deal?

Skullface (nach drei Sekunden): Deal.

 

Ohne ein weiteres Wort oder auch nur ein Nicken ziehen Ghost, Kit und Silver ab. Ghost weiß, dass der Ruf seines Teams damit, dass es nun sogar persönlich mit Denton Hemingway zu tun hatte, noch weiter gestiegen ist, und hinzu kommt das gute Standing mit dem Wolfpack. Es ist jetzt vielmehr so, dass es sich solche Power Player wie Ghosts Leute gar nicht mehr leisten können, solche Aktionen nicht zu beantworten. Dieser mehr als bestimmte Auftritt sorgt für genug street cred, und die Crew hat einen bei Skullface gut, der nun zum Gangboss aufgestiegen ist, zumal man natürlich im Vorfeld Erkundigungen eingeholt und erfahren hat, dass Bangalore bei seinen Leuten ohnehin nicht sonderlich beliebt war, so dass der Richtige den Kopf hinhalten durfte.

 

Schön, dass das erledigt ist – jetzt bekommt er endlich mal eine ganze Nacht Schlaf, und morgen Abend muss er für ein paar Tage in Bakersfield sein, um dort mit Kestrel einen Auftrag zu erledigen.

 

Montag, 12.12.2061

 

Fiona ist in Jacks neuer Wohnung als Dankeschön zum Abendessen eingeladen worden (Paket Casual 26). Hier kann sie auch Chandra besser kennen lernen, denn die hat Jack, um Kosten zu sparen, nun bei sich untergebracht und auch eine Pflegedrohne für den Alltag gekauft und eine Haushaltshilfe für den menschlichen Kontakt organisiert, bis Chandras neue Gliedmaßen gezogen und transplantiert sind. Fi hat größten Respekt vor Chandra, die in so jungen Jahren solche Traumata verarbeiten muss und seit über einem Jahr, nachdem sie plötzlich ihrer Mutter beraubt und schlimmsten medizinischen Experimenten unterzogen wurde, völlig hilflos ohne Arme und Beine lebt – und doch so aufgeweckt, intelligent und optimistisch ist. Bei Tisch wird sie von einer Pflegedrohne gefüttert, die Jack auch viele Pflegeaufgaben abnimmt, und Chandra deutet hier und da subtil und mit einem Augenzwinkern an, dass ihr durchaus klar ist, womit Dad heutzutage sein Geld verdient. Aber sie weiß natürlich auch, warum er das tut.

 

Währenddessen sind Ghost und Kestrel geschäftlich in Bakersfield. Unterwegs dorthin hat Ghost einen Anruf bekommen: ein amerindianischer Konzernmann sucht ihn persönlich und kommt sogar nach Bakersfield, um sich mit ihm zu treffen. Ghost steigt also in seinen Wagen, während Kestrel unauffällig die Verfolgung aufnimmt. Der Konzerner meint, er habe sich in L. A. nach dem besten Native-Runner erkundigt, und da sei eigentlich immer nur ein Name gefallen. Er möchte Ghost und, falls dieser noch andere Natives empfehlen kann, auch diese für etwa einen Monat anheuern, da er jetzt viel in Kalifornien unterwegs sein wird und Leute braucht, die sich auf der Straße auskennen und dort seine Interessen wahrnehmen. (Das hat natürlich mit der PCC-Annexion zu tun. Dabei wird auch deutlich, dass Mr. Johnson amerindianischer Rassist ist und Nicht-Natives nicht traut.) Ghost erbittet sich Bedenkzeit, aber Mr. Johnson muss morgen nach Santa Fe zurück, und das gedenkt er entweder mit Ghost und eventuellem Anhang zu tun oder dann dort jemanden anzuheuern. In einer Stunde will er eine Antwort.

 

Ghost setzt sich an eine Imbissbude, informiert Kestrel (der sehr interessiert wäre) und brütet. Ein Auftrag über mehrere Wochen – erst recht über die Weihnachtsfeiertage – würde vielleicht helfen, über seine Probleme mit Fi hinwegzukommen. So sehr er sich auch bemüht, wenn er mit ihr allein ist, kann er an nichts anderes denken als an einen fremden Mann bei ihr, auf ihr, in ihr. Er hatte wirklich gedacht, im Laufe der Zeit darüber hinwegkommen zu können, aber offenbar ist das nicht der Fall – jedenfalls nicht, wenn er in ihrer Nähe ist.

 

Als Fi das Bad aufsucht, versucht Chandra spielerisch auszutesten, wie ihr Dad zu seiner Kameradin steht, denn sie hat bemerkt, wie sehr Fi ihm gefällt. Jack genießt zu sehr, seine Tochter jeden Tag bei sich zu haben, um ihr das übel zu nehmen, und meint frei heraus, dass Fi in festen Händen ist, und deshalb allein verbiete sich schon jede weitere Überlegung.

 

Jack hat Chandra bereits zu Bett gebracht, als Ghost Fi anruft, und als Jack an ihrem Gesicht sieht, dass es nicht nur ein kurzer Anruf wird, geht er kurz ins Bad. Ghost versucht zu erklären, warum er von jetzt auf gleich diesen Auftrag annimmt. Er hat so oft die richtigen Worte gefunden, hat Fi mit seiner Beharrlichkeit und seinen Argumenten aus dem tiefsten Loch herausgeholt, aber jetzt stellt er sich an wie der erste Mensch und formuliert unglaublich dämlich seine Motivation, dass Fi ihn so versteht, dass er sich gerade per Kommlink von ihr trennt. Sie ist völlig überrollt, um darauf irgendwie zu reagieren, denn nichts hätte sie je für weniger möglich gehalten – sie weiß doch, wie sehr er sie liebt. Wie kann er ihr das dann antun, vor allem jetzt, da sie gerade wieder auf dem Weg der seelischen Besserung ist, und obendrein auch noch so feige per Kommlink? Sie reden ganz klassisch komplett aneinander vorbei, und Ghost beendet mit "Ich melde mich in ein paar Wochen" das Gespräch.

 

Fi sitzt da wie vom Donner gerührt, und langsam kommt an, dass er sich gerade von ihr getrennt hat (wie sie glaubt). Jack kommt zurück, und es gelingt ihr nicht, Leichtigkeit vorzuspielen, als sie sich entschuldigt, es sei schon spät, sie müsse jetzt gehen. Jack berührt sie sachte am Arm und fragt sie, was wirklich los ist, und das allein reicht, um sie in Tränen ausbrechen zu lassen. Sie heult sich bei ihm aus, er tröstet sie verständnisvoll, und als die Kamera dabei sein Gesicht zeigt, weiß man nicht, was in ihm vorgeht.

 

Dienstag, 13.12.2061

 

Am nächsten Morgen trifft sich Fi mit Kit in einem Café (CP 2077, FTP Westbrook, Charter Hill, Lele Park (Charter Hills westlichster FT-Punkt)) und schüttet auch ihr ihr Herz aus. Kit ist erschüttert – Ghost ist viel zu anständig für so eine Nummer, doch andererseits: Was weiß sie schon, wie es in ihm aussieht, seit er weiß, dass Fi ihn betrogen hat, und wie sehr ihn das Fi zufolge wohl gequält haben muss? Dennoch ist sie stocksauer auf ihn, versucht Fi zu trösten und überlegt ernsthaft, nachdem sie sich wieder getrennt haben, Ghost anzurufen. Doch die zurückhaltende, bescheidene Japanerin, die sich nicht in fremder Leute Angelegenheiten einzumischen hat, gewinnt die Oberhand, und sie lässt es bleiben. Hätte sie es getan, wäre dieses Missverständnis sofort aufgeklärt worden.

 

Fi lässt ein paar Tage in der Hoffnung vergehen, dass Ghost anruft, aber als er es nicht tut, mietet sie einen Platz in einem Lager an und schafft seine ganze Habe dorthin. Wie mit vielen anderen steht sie auch mit Cutty in losem IM-Kontakt, erwähnt aber nichts – diesen Druck braucht sie nicht auch noch. Stattdessen verbringt sie viel Zeit mit Kit und Jack, die sich beide bemühen, sie auf andere Gedanken zu bringen, aber abends versinkt sie wieder in Depressionen.

 

Kit verrät Fi auch, dass sie seit einigen Wochen mit ihrem Neuen, Simon Hiyoshi, zusammen ist, dass sie aber damit warten wollte, ihn vorzustellen, bis sie sich seiner sicher genug ist. (Schon zuvor haben sich zwei ihrer Anwärter in Fi verknallt, und die zweite Wahl will Kit nicht sein.) Wie wäre es also mit einem gemeinsamen Abendessen? Sie schlägt Jack als Begleitung vor, mit dem Fi inzwischen ja auch abseits des Biz befreundet ist.

 

Dienstag, 20.12.2061

 

Gesagt, getan, sie gehen zu viert Essen (Paket Party 23), und Kit stellt sich vor, wie das hier mit Ghost abgelaufen wäre. Simon gegenüber spielt sie ja ihre ID der kleinen Bankangestellten Manami Kawamura vor. Fi nimmt eh fast jeden sofort für sich ein, und auch Jack überzeugt absolut als Konzernschlips – Ghost jedoch, so nett er sich auch geben mag, kann man nicht nicht ansehen, dass er von der Straße stammt und womit er wahrscheinlich sein Geld verdient. Insofern wirken sie alle wie ganz normale Civvies, und die drei Runner sind es gewöhnt, sich nicht zu verplappern, zumal sie verabredet haben, dass der Spitzname "Kit", den sie Kitsune gegenüber auch hier benutzen, für Kitty steht, und haben auch eine passende Anekdote dazu.

 

Die vier haben tatsächlich viel Spaß, denn auch Simon ist wirklich nett, und Fi freut sich für ihre Freundin, dass sie endlich mal wieder jemanden gefunden zu haben scheint, den sie vielleicht näher an sich heranlassen könnte. Er hat lange bei ihr auf Granit gebissen, sie hat ihn oft eiskalt abserviert, denn er arbeitet im Sekretariat des Krankenhauses, in dem sie sich ihrer OP und Gentherapie unterziehen musste, weshalb er sie auch regelmäßig sah und immer wieder versuchte, sie auf einen Kaffee einzuladen, bis sie sich schließlich von seiner Beharrlichkeit breitschlagen ließ. Gut gelaunt erzählt er davon, wie schroff und spröde sie beim Kaffee war und dass er eigentlich Selbstgespräche führen musste, und Fi erkennt währenddessen, weil sie sie so gut kennt, hinter Kits Fassade Zuneigung für Simon. Sie ist gerührt davon, Kit endlich mal in einer normalen Situation so gelöst, entspannt, umgänglich und glücklich zu erleben, und Simon scheint ein guter Kerl zu sein. Fi muss sich entschuldigen, um im Bad zu weinen, ihr Makeup zu richten und so gut gelaunt zurückzukehren, als sei nichts gewesen.

 

Billy sitzt mit Maya und ein paar Freundinnen im Razor's Edge, als ihre Kumpanin von den Jigsaws, Sasquatch, auf einen Sprung vorbeikommt und sie bittet, Philippa Mishler zu finden, eine untergetauchte Schuldnerin, die sich angeblich in Poisons Viertel vor den Jigsaws versteckt. Billy streckt ihre Fühler aus.

 

Cutty hat sich in einem Trailer Park in Pico Rivera, East L.A. eingenistet, schläft mit einer Barbekanntschaft und kann dabei nur an Fiona denken. Gerade nun, wo er sie am Monatsanfang nach langer Zeit endlich mal wieder gesehen hat, ist es besonders schlimm. Danach lässt er die Aufgegabelte schlafen, klettert auf den alten Wasserturm (CP 2077, Save 9 (Following The River), 171:41), trinkt Bier und bedauert sich selbst.

 

Angel hat sich als Schlichter angeboten, weil die Larragas mit Diego Aguilar ein Problem haben, und moderiert im gelben Sodiumlicht der Straßenlaternen das Gespräch zwischen Diego und Garcia Valenzuela.

 

Meryl hängt mit Lilac, Mermaid, Calamity und anderen Forty Thieves im Club Katana ab. Obwohl sie in ihrem Team schon immer das Nesthäkchen war, macht sich der Altersunterschied zu diesen Gangern für sie deutlich bemerkbar – Meryl fühlt sich in ihrer Mitte schrecklich alt, auch ihr Background beißt sich mit dem der meisten hier, und sie spürt, dass sie wohl nicht mehr oft herkommen wird. Spirit arbeitet sich daran ab, irgendwie ihre Aufmerksamkeit zu bekommen. Lilac empfiehlt Meryl, mit ihm zu reden, also macht Meryl ihm klar, dass die beiden eine nette Zeit hatten, aber dass sie vorbei ist.

 

Nach dem Restaurant gehen Kit, Simon, Fiona und Jack im Paradigm in Santa Monicas Ocean Park tanzen und Cocktails trinken, und auch wenn Fi für ihre Verhältnisse mit ihrer hochgeschlossenen Bluse geradezu züchtig angezogen ist (mit dem Minirock schon wieder weniger), ist sie eine Augenweide in Blau und Orange, und Jack lässt es sich nicht nehmen, sie ausgiebig aufzufordern. Kit ist nach wie vor stocksauer auf Ghost, aber er ist neben Fi auch ihr engster Freund – und doch kann sie nicht übersehen, wie viel besser Jack nach außen hin zu Fiona passt. Niemand hatte Ghosts und ihrer Beziehung große Chancen eingeräumt, und dann wurde sie so langlebig, intensiv und unerschütterlich – bis Ghost sie aus heiterem Himmel beendete (wie sie glaubt). Kit könnte ihm dafür an den Kragen gehen, denn sie ist eine der Wenigen, die weiß, wie es um Stars fragile seelische Gesundheit bestellt ist. Musste das ausgerechnet jetzt sein? Und dann auch noch auf diese Art und Weise?

 

Billy, Maya und ihre Freundinnen tanzen im 7th Hell die Nacht durch (CP 2077, Save 14 (An Inconvenient Killer), 128:43), bis Billy in einer Pause einen entgangenen Anruf von Widget sieht, einem Bekannten bei den Reptiles: Er gibt ihr die Adresse eines Squatter-Hangouts, wo sich Philippa verkrochen haben soll.

 

Jack und Fiona sind derweil kurz nach draußen gegangen, um etwas frische Luft zu tanken, und unterhalten sich vor dem Eingang.

 

Jack: I mean, look at you. Your hair's bright blue and orange, your eye makeup's orange above, blue below, blue lipstick, orange fingernail polish, blue toenail polish, and along with that the black silk blouse, black leather skirt combo – how in hell do you come up with that?

Fiona (gespielt arrogant): It's just a sense of style, Jack. You have it or you don't.

Jack (grinsend): If you say so.

Fiona: Anyway, I'll take that as a compliment, and I'm gonna return it at once: I noticed you got some moves back there. You've loosened up considerably on the dancefloor.

Jack: Between you and me? I'm taking dancing classes.

Fiona (strahlt überrascht): You what?

Jack: Well, you know... when you taught me the basics, I thought to myself, this could be something worth putting some time into.

Fiona: Why didn't you come to me?

Jack: With your schedule? What good's a class gonna do me when every other lesson gets canceled because the teacher's gotta take her shadowrun leave?

Fiona (lacht): Still, I could've used the business.

Jack: I've seen your classes. You're doing okay.

Fiona: What? When?

Jack: When I picked you up the other day? I was a bit early and watched.

Fiona: There you go, peeping Tom. So you're enjoying dancing now?

Jack: I've always been able to move to the beat without flailing too much and looking like a complete dork, but actually taking lessons...

Fiona: I know. Changes the whole game. Glad to have been such an inspiration.

Jack: You're a very inspirational woman. (Pause.) Can I ask you something?

Fiona: Sure.

Jack: I've heard you used to do some, uh, what do you call it... exotic dancing at the Catwalk, and I was wondering if that's true. (Er hebt vorsichtshalber abwehrend die Hände.) Don't kill the messenger.

Fiona (achselzuckend): Yes, I did. Do you think there's any shame in it?

Jack: No, absolutely not, it's just... I just can't picture you doing it.

Fiona: Because?

Jack: You're too... classy?

Fiona (pikiert): So exotic dancers can't have class?

Jack: Walked right into that one, didn't I? That's not what I meant.

Fiona (kühl): Sure made it sound like that's what you meant. (Sie grinst.) I'm kidding. I get it, Jack. You're a guy, you're practically hardwired to not think too highly of exotic dancers. You got no idea of how much hard work goes into even the simple routines – the hard ones are backbreaking workouts of pro-athlete proportions. You wouldn't last three minutes on the pole, buddy. (Jack lacht.) And of course when a guy hears "exotic dancer", he immediately pictures a loose girl who gives blowjobs in a booth with a sticky floor.

Jack: I didn't mean to imply—

Fiona: Your prejudices tell more about yourself than about those you have them against. (Sie zwinkert.) When I'd lost my memory and thought my ID was actually me and that wasn't a fake job but a real one, I did it to pay the bills. Pretty soon I didn't need to anymore, but you know what? Every now and then I do a surprise gig. Kinda makes me feel like Concrete Dream, you know?

Jack (lachend): Any chance to get a heads-up?

Fiona: Wouldn't be a surprise gig if I gave one, would it? Wouldn't do it with friends in the audience anyway.

Jack: Because of... yeah.

Fiona (schelmisch): Speak your mind.

Jack: Oh, you know, why do you make me say it? Because of the, uh, suggestive nature.

Fiona: Yes. It's either in front of strangers or in front of someone I know really intimately.

 

Sofort denkt sie natürlich wieder an Ghost, aber gleichzeitig spürt sie auch, wie sich Jack vorstellt, sie tanzte so für ihn, und durch den Gesprächsverlauf und seinen Blick hängt jetzt etwas Sexuelles in der Luft. Sie überspielt das und fragt, ob sie wieder reingehen wollen, aber insgeheim bedauert sie gerade wieder ihre Situation. Sie fühlte sich vier Jahre lang immer geschmeichelt, wenn sie spürte, dass sich jemand für sie interessiert, und war auch "stolz" auf sich, weil sie so viel Glück hatte, ein hübsches Gesicht, einen schönen Körper, Ausstrahlung und Köpfchen zu haben. Seit sie weiß, dass sie von Männern ganz gezielt so gemacht wurde, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes eine wahr gewordene Männerphantasie ist, empfindet sie keinen Stolz mehr, sondern oftmals eher Verachtung für sich selbst als Ausdruck dieses kalt berechneten Designs, wann immer sie an ihre Attraktivität und Ausstrahlung erinnert wird. Solange sie mit Ghost zusammen war, musste sie sich nicht jedesmal damit befassen, wenn sie merkte, dass sie ein anderer begehrte, aber ohne die einzige Konstante in ihrem Leben wird sie mit jedem Blick, jedem Lächeln, jedem Angesprochenwerden daran erinnert, dass sie nicht vom Glück gesegnet, sondern ein bewusst erschaffenes Produkt mit einem nüchternen Zweck ist – quasi eine lebendige Sexpuppe mit großem Romantikfaktor, die für die Killerin Platz macht, wenn es der Aufgabe dient.

 

Kit stellt erleichtert fest, dass die beiden wieder reinkommen. Da sie ist, wie sie ist, könnte sie niemals etwas zu Jack sagen, weil das sozial viel zu übergriffig für die Japanerin wäre, aber sie würde es begrüßen, wenn er weniger mit Fiona flirtete, so kurz nach der Trennung. Sicher, er übertreibt es nicht, und leicht geflirtet hat er auch zuvor mit ihr, aber da war sie noch mit Ghost zusammen, und jetzt ist ein bisschen für Kit eben zu viel.

 

Sie hat Simon gegenüber eben kurz erwähnt, dass Fiona gerade in einer Trennung steckt, und ihr über die Jahre trainierter Minderwertigkeitskomplex Fi gegenüber, die stets im Fokus der Aufmerksamkeit steht und Kit neben sich verblassen lässt, macht sich wieder bemerkbar, denn sie denkt kurz: 'Was, wenn er jetzt über Fi nachdenkt, nun, wo er weiß, dass sie Single und Jack nicht ihr Partner ist?' Simon scheint das sogar irgendwie zu spüren, denn er nutzt die Chance für ein "Ich hab nur Augen für dich"-Kompliment, und Kit lässt extrem seltenerweise einen Kuss in der Öffentlichkeit zu.

 

Als traditionell aufgewachsene Japanerin sagt Kit nahezu nie, was sie denkt, aber sie dreht es so, dass sie und Simon Fi noch nach Hause begleiten, weil Kit dort praktischerweise etwas "liegen gelassen hat", damit Jack nicht noch auf einen Sprung mit hochkommen kann. Das wäre das Letzte, was Fi jetzt braucht, aber beide sind angetrunken genug, dass Kit eine Dummheit für möglich hielte.

 

Mittwoch, 21.12.2061

 

Im Morgengrauen parkt Poison ihren schäbigen Bionic und geht das letzte Stück zu Fuß zum umgekippten Riesenrad, unter dem sich eine Squatter-Kolonie befindet (CP 2077, FTP Santo Domingo, Kendal Park (recht mittig)). Natürlich will keiner mit ihr reden – nicht mal gegen Geld, denn hier sind viel zu viele Squatter versammelt, als dass das keiner mitbekäme –, aber sie hat das Glück, dass sie Philippa nervös macht, denn eine Orkin, auf die die Beschreibung passt, versucht sich "unauffällig" aus dem Staub zu machen. Als sie merkt, dass Poison sie gesehen hat, rennt sie los, und da sie erst seit jetzt gerade Squatterin ist, ist sie physisch noch gut beieinander und liefert sich eine schöne Verfolgungsjagd (CP 2077, FTP Santo Domingo, Rancho Coronado North (der dritte nördliche)), bei der Poison ihre Freerunning-Skills zugute kommen. Diese fängt sie natürlich ab, und Philippa ergibt sich. Außer Atem erklärt sie, dass sie das Geld brauchte, weil ihrer Mutter ein Tumor aus dem Magen entfernt werden musste. Sie hat ihre Ersparnisse geopfert, ihre Wohnung aufgegeben und ist zu ihrer Mutter gezogen, aber es reichte hinten und vorne nicht zum Leben, und da keine Bank einer armen Schluckerin wie ihr auch nur einen Cent leihen würde, musste sie eben zu den Jigsaws gehen. Weil sie Angst hat, dass die Jigsaws ihre Mutter besuchen, ist Philippa von der Bildfläche verschwunden und hat ihr Kommlink zurückgelassen, damit niemand auf die Idee kommt, ihre Mutter zu bedrohen und sie damit zu erpressen. Poison macht ihr klar, dass genau das passieren wird. Mit Zinsen sind ihre Schulden inzwischen auf ¥ 1.200 angewachsen, und es werden immer mehr, bis die Gang ihr Geld hat – und dafür wird sie alles tun, also her mit der Kohle!

 

Poison findet sich dabei selbst nicht besonders einschüchternd, weil sie es eigentlich nicht meint. Sie hat ein schlechtes Gewissen, weil es sein kann, dass Philippa die Wahrheit sagt. Also setzt sie sie in ihren Bionic, lässt sich die Adresse ihrer Mutter geben und überprüft die Story vor Ort. Mutter und Tochter Mishler leben schäbig und ärmlich, und die Mutter bestätigt jedes Detail. Poison kann nicht anders: Sie überweist Philippa ¥ 1.200, wird aber dafür sorgen, dass dieses Geld an die Jigsaws geht. Sie fährt sie also zum Jungle Gym, einem Jigsaws-Hangout, erklärt Monolith, dass Philippa nur verschwunden ist, um das Geld zu besorgen, und lässt Philippa überweisen.

 

Als nächstes fährt sie mit Philippa zu einem Reptiles-Hangout, stellt sie ihrer Schwester Silky vor und bittet sie, irgendeine Arbeit für sie zu finden, damit sie die laufenden Lebenshaltungskosten begleichen kann, ohne sich erneut etwas leihen zu müssen. "Wenn du etwas zurückzahlen kannst, dann tu's. Nur weil ich dir nicht im Nacken sitze und dir drohe, heißt das nicht, dass ich mein Geld nicht wiedersehen will, okay?" Philippa ist außer sich vor Dank, und Poison kann nur hoffen, irgendwann mal diese ¥ 1.200 zurückzubekommen. Mit einem Dankeschön der Jigsaws von ¥ 250 sind das ¥ 950 Verlust. 'Gute Arbeit, Billy. Du gehörst im Sprawl wirklich zu den Top-Leuten.'

 

Cutty steht im Weihnachtsmannkostüm mit falschem Bart und allem Drum Dran die Glocke schwingend und "Ho! Ho! Ho!" rufend vor einer Ladenzeile in einer Unterschichtgegend, als er einen Anruf von Meryl bekommt. Wie sich herausstellt, haben ihm die Dewleys einen Kerl auf einem Holo gezeigt, der im Laufe des Tages das Macroware-Geschäft aufsuchen wird und den er verfolgen soll. Und da wegen einer Baustelle überall Parkverbot herrscht, hatte Cutty eben diese Idee, um sich unauffällig den ganzen Tag hier aufzuhalten. Er kann also nicht, obwohl Meryl ihm gerade einen Job anbieten wollte.

 

Sie ruft also Poison an, ob sie Lust auf einen kurzen Gig hätte. Meryl hat nämlich extrem kurzfristig einen Tipp von ihrer Fresno-Connection bei Zeta ImpChem bekommen, dass von einer Fracht Medikamente heimlich ein paar Kisten für den Schwarzmarkt abgezweigt wurden – verloren sind sie so oder so, aber dann kann Meryl sie wenigstens selbst verticken. Natürlich hat sie vorsichtshalber nachgehakt, weil sie keinem Syndikat in die Quere kommen will, aber dafür sind es zu wenige Kisten.

 

Sie treffen sich, und tatsächlich freuen sich beide, einander wiederzusehen – das "Alamo" hat ja doch tiefe Spuren hinterlassen. Während sie in Meryls Quattro vor dem Drugstore warten, haben sie viel Zeit, sich zu unterhalten.

 

Star frühstückt mit Princess, kann aber ihre Trauer nicht immer verbergen. Princess fragt sie, was los ist, aber ein Anruf rettet Star: Es ist Terry Wyczchuk vom Wolfpack, der zuerst Ghost angerufen hat und von diesem an sie verwiesen wurde. Sie treffen sich bei einem Taco Bell. Terry zeigt ihr ein Holo und erklärt, dass sich heute Abend dieser Kerl, ein "Geschäftsfreund" des Wolfpacks namens Gene Esteridge, zur Eröffnung einer Vernissage der Bouvier Exhibition in Beverly Hills einfinden wird, während er dem Wolfpack erzählt hat, dass er seine Mutter besuchen werde. Terry weiß nicht mal, wie ein Typ wie Gene überhaupt in die Westside-Enklave gelangen soll, und dann auch noch auf eine Vernissage? Er will wissen, mit wem sich Gene dort trifft und worum es geht. In Beverly Hills kann das Wolfpack leider nicht mal eben unauffällig vorbeischauen, daher... Star meldet sich zum Telefonieren ab: Angel hat heute Abend Zeit, Quicksilver auch. Sie ruft Toolie an, ob der ihr zeitnah ein möglichst kleines Richtmikrofon besorgen kann, und auch das geht klar. Star nennt Terry also ihren Preis und sagt zu.

 

Mercury und Poison beobachten den Lieferdienstfahrer, der die Pakete, statt welche zuzustellen, aus dem Drugstore holt. Poison will loslegen, aber Mercury hat nachgedacht: Was, wenn man sich nicht einfach nur die Pakete schnappte, sondern herausfände, wohin sie gehen sollen, um vielleicht die Etablierung eines bandenmäßigen Diebstahls aufzudecken? Dann könnte man auch Zeta ImpChem direkt zur Kasse bitten. Poison schlägt ein, und der Quattro verfolgt unauffällig den Lieferwagen, der nun wieder stundenlang ganz normal seine Tour fährt und Pakete ausliefert.

 

Cutty bietet einen herrlich bescheuerten Anblick, als er im Weihnachtsmannkostüm auf seiner Emperor dem schäbigen Mitsubishi folgt, in dem der Kerl sitzt, den er vom Macroware-Laden aus zu seinem Auto verfolgt hat. Hier zeigt sich aber die Lücke in Cuttys Plan: Vor dem Geschäft war er als Weihnachtsmann unauffällig, auf einem Motorrad im Straßenverkehr ist er es nicht, und der Kerl gibt Gas und schüttelt Cutty nach kurzer Verfolgungsjagd erfolgreich ab.

 

Star hat sich in Schale geworfen (Paket Evening 05), Silver und Angel natürlich ebenso, und ihre noblen Autos ergänzen den Eindruck. Der macht die Kontrollen am Tor zur reinen Routine, und alle drei haben gute IDs, die den Check überstehen. In zwei Wagen fahren sie ins noble abendliche Westside.

 

Mercury und Poison hingegen befinden sich in einem schmutzigen Industriegebiet und haben den Lieferwagen zu einem Kanal verfolgt (CP 2077, Save 2 (Play It Safe), 104:15). Bei einsetzendem Regen beobachten sie, wie der Fahrer die Pakete runterwirft und wieder wegfährt. Unten warten abgerissene, räudige Ganger, die die Pakete wegschleppen. Mercury und Poison rutschen in den Kanal runter und nehmen die Verfolgung auf, sind aber längst nicht solche Heimlichkeitsasse wie Kit oder Ghost – sie werden schnell entdeckt, und die Ganger eröffnen das Feuer. Die beiden liefern sich einen Schusswechsel, der sie daran hindert, die Flüchtenden zu verfolgen, und als sie endlich los können, hängt Poison Mercury natürlich sofort ab.

 

Das Trio erreicht die Bouvier Exhibition, und Angel checkt den Laden. Der Körperscanner läuft leider autark und ist nicht ins System eingebunden, kann also nicht überlistet werden, und die Eisen bleiben in den Autos. In der AR deckt er in das Kommlink des Türstehers und setzt ihre drei IDs auf die Gästeliste. Sie haben alle Genes Holo in der AR im Blickfeld und mischen sich unter die Gäste. Die Vernissage heißt "A Link to the Past", und verschiedene Räume sind originalgetreu wie antike Schauplätze hergerichtet (ägyptischer Tempel, griechischer Tempel, Inka-Tempel usw.), man bewegt sich also scheinbar wirklich durch diese Orte.

 

Poison hat die Flüchtenden in einem abzweigenden Tunnel gestellt, und Mercury stößt außer Atem dazu und erhöht den Druck. Als sie eine Defensivgranate wirft, um mit Poison zur nächsten Deckung vorzurücken, geben die Ganger auf, werfen ihre Waffen weg und kommen heraus. Die beiden finden heraus, dass eine Frau (die sie nur als Mrs. Johnson kennen) sie engagiert hat. Sie lassen sich die Lieferadresse geben, nehmen den Gangern die Kommlinks ab und sperren sie in einen Container.

 

Angel übernimmt einige der Kameras, um die Gästeschar besser überblicken zu können, macht den gesuchten Gene Esteridge ausfindig und lotst Star und Silver zu ihm. Sie sehen, dass er sich mit einem eleganten Herrn unterhält (Richard Mantooth (Benjamin Dane), dem die indigene Herkunft kaum noch anzusehen ist). Silver bemerkt, dass sich ein indigen aussehendes Paar (Gil Birmingham) in der Nähe wie trainierte Leibwächter verhält. Star richtet ihr kleines Richtmikrofon aus (das sie mit ihrem Kommlink tarnt und sich scheinbar gerade selbst für einen Vlog aufnimmt) und schnappt den Namen Mantooth auf. Der will etwas von Gene ausgehändigt bekommen, und als dieser unsicher erscheint, erinnert Mantooth ihn daran, dass er doch ein Zeichen guten Willens setzen wollte. Gene steckt ihm schließlich etwas sehr Kleines zu, das vermutlich ein Chip sein dürfte.

 

Die Nomads sind gerade in Redemption. Stu sitzt mit Sawbones und zwei Nomadinnen bei einem der Lagerfeuer an einem Campingtisch und spielt Poker, und Machine unterhält sich mit Warbride und ein paar Valkyries, die auch gerade hier sind.

 

Stu: I'm gonna raise you two bucks. You girls get ready to shed a tear or two.

Nomadin 1: Call.

Nomadin 2: Call.

Sawbones: Who's the hot lioness your chummer's talking to?

Stu: Women have been notorious for busting men's balls in all manner of ways since Adam and Eve, but this one grabs those unwary testicles, twists them 720 degrees, hacks them off with a blunt instrument and promptly feasts on them before flobbing them back in your disbelieving face. While emitting a dry rasping cackle. (Zu den anderen:) I'll take two. (Zu Sawbones:) So don't even think about it.

Sawbones: Oh, I wouldn't. She's hot, but kinda scary.

Stu: Aren't all hotties? (Nimmt die getauschten Karten auf:) What in the sacred name of fuck are you guys doing? Call.

Sawbones: Fuck it, I'm gonna fold. So about tomorrow. What's the plan?

Stu: The plan is you drink a nice tall glass of Shut The Fuck Up and zero in on the game.

Sawbones: Fuck this game, we just got started and I'm out four bucks already.

Stu: There's a way out of everything, man. Just keep your pecker hard and your powder dry and the world will turn. (Zu den anderen:) I'll raise your two by another two, how's that?

Nomadin 1: You can't raise after my raise.

Stu: Say what now?

Nomadin 1: I just raised. You can't raise right after that.

Stu: Look, I don't know the fat, ugly kid no one wanted to play with who taught you five card draw, but at every other table I can raise whenever and however I fucking well please, I just can't re-raise in the same round. (Zu Sawbones:) That's what you get, playing poker with broads. I'm surprised they haven't brought up the secret rainbows and unicorns rule yet.

Nomadin 2: Misogynistic prick!

Stu: Oh, you wanna talk misogyny? Let me tell you something, sister. The way I see it, you serve two purposes, okay? You can give me a blowjob or you can make me a sandwich. I'm not in the mood for head, and I had a late dinner, so I guess you're shit out of luck.

Die Nomadinnen werfen sauer die Karten hin, während Stu fragend die Arme ausbreitet, was er jetzt schon wieder gemacht haben soll.

Stu: Don't try to understand women. Women understand women – and they fucking hate each other. Why do you reckon that is?

 

Sawbones bleibt es erspart, zu antworten, weil Stus Kommlink klingelt: Star. Sie will wissen, ob er kurzfristig seine indianischen Connections nach dem Namen Mantooth anhauen könnte.

 

Mercury und Poison sind zum Quattro zurückgekehrt und zu der Adresse gefahren, nur ein paar Meilen entfernt in einer gehobenen Mittelschichtgegend. Das Reihenhaus inmitten einer Ladenzeile sieht von außen unauffällig aus, und tatsächlich steht die Tür offen. Die beiden wagen sich hinein (CP 2077, Save 6 (Play It Safe), 125:05) und sehen, dass das Erdgeschoss gerade kernsaniert wird, aber zu dieser Uhrzeit sind keine Bauarbeiter anwesend, dafür aber zwei Ganger in Farben, die die beiden nicht kennen. (Meryl ist keine Städterin, und der Megaplex hat für Poison viel zu viele Gangs, um mehr als eine Handvoll zu erkennen.) Es gelingt ihnen diesmal, sich anzuschleichen und die beiden zu überraschen. Ja, oben sind noch zwei Kumpels. Mercury fesselt und knebelt diese beiden (durch die Bauarbeiten ist genug Kabelbinder etc. vorhanden), Poison schleicht sich allein hoch, da sie darin besser ist. Die oberen beiden Etagen sind von der Sanierung nicht betroffen und recht gehoben, und im schicken Ehebett treibt es einer der Ganger gerade mit seiner Freundin. Die sind beschäftigt, Poison schleicht also weiter, überrascht den anderen vor dem Trid, entwaffnet ihn, nimmt ihn mit und überrascht dann die beiden Turteltauben.

 

Mercury hat gerade beide Ganger abgefertigt, aber nicht gehört, wie hinter ihr jemand hereinkam – sie hört erst das Stoffgeräusch der Kleidung, als der Neuankömmling seine Waffe zieht, und reagiert gerade noch schnell genug mit einem Sprung hinter Baupaletten. Oben muss Poison die Ganger nebst Freundin im Schlafzimmer allein lassen (es ist nur via System verschließbar und manuell nur von innen), um Mercury zu Hilfe zu eilen, aber der Angreifer ist schon wieder weg. Die Chance nutzt das Trio oben, aus dem Fenster zu türmen, aber sie haben ja noch die beiden Gefangenen hier unten.

 

Hätte Star gewusst, dass sie ihn gebrauchen kann, hätte sie Kato mitgenommen, denn der ist ein ausgefuchster Taschendieb und hätte vielleicht den Chip wiederbesorgen können, ohne dass es Mantooth merkt. Sie ahnt, dass es nicht im Interesse des Wolfpacks liegen kann, dass der Chip den Besitzer wechselt, ruft Terry an und fragt, ob sie gegen Nachverhandlung des Preises den Chip besorgen soll. Natürlich! Also ändert sie kurzerhand den Auftrag, spricht sich kurz ab und nähert sich im ägyptischen Tempel dann vorsichtig "Gavin?" fragend Mantooth und, als er sich zu ihr umdreht, freudig strahlend: "Gavin!" Die beiden Leibwächter versperren ihr diskret den Weg, und Star baut auf die Überraschung, ihr Aussehen und ihre Ausstrahlung, als sie Mantooth an sich erinnert: "Darlene Myers-Kaminsky, wir kennen uns aus dem Formosa Café, West Hollywood, letztes Jahr?" Silver unterstützt das geistesgegenwärtig, indem er sie "Mrs. Myers-Kaminsky" sagend sachte aufhaltend berührt, was Mantooth signalisieren soll, dass er nicht ihr Partner ist. Der Wurf gelingt, und Mantooth, obwohl er weiß, dass er verwechselt wird, ist nicht abgeneigt, diese Frau kurz zu sprechen und vielleicht die Nummern zu tauschen. Er winkt sie zu sich durch, und Silver weiß, dass das Augenmerk der Bodyguards jetzt auf Star liegt. Während diese Mantooth überraschend in einen Judogriff nimmt, schickt Silver mit einer tollen Attacke den männlichen Bodyguard zu Boden, doch der weibliche greift Star an, so dass sich Mantooth entwinden und fliehen kann. Unter den Gästen bricht natürlich Unruhe aus, und Gene nimmt sofort Reißaus.

 

Gegen Star und Silver hat die Leibwächterin keine Chance, und als der männliche wieder ins Spiel kommt, ist sie schon ausgeschaltet und er eine Runde später. Angel entdeckt Mantooth auf einem der Kamera-Feeds und lotst Star und Silver in den griechischen Tempel, wo sie Mantooth den Weg abschneiden. Star kriegt ihn erneut zu packen, drückt ihn mit einem Aufgabegriff in die Knie und fischt den Chip aus seiner Tasche, muss dann aber von Angel gewarnt mit Silver selber vor der Bouvier-Security flüchten. Angel knackt aus der Ferne die Tür zum Parkplatz und verschließt sie wieder, so dass die beiden Zeit genug haben, und steuert selbst den Haupteingang an.

 

Als Star ins Auto steigt, geht Mercurys Anruf ein, die berichtet, dass Indianer die Junkrats und die Tiger Claws angeheuert haben, um probeweise geschmuggelte Waren zu verschieben, wohl um auszutesten, wie belastbar diese Routen sind. Diese Konkurrenz könnte das Wolfpack ja vielleicht interessieren?

 

Stu hat zuerst Rainmaker angerufen, aber der gab vor, den Namen nicht zu kennen. Die Ute-Grenzer Samuel Ahtunowhiho und Kohana Kiyuga konnten damit auch nichts anfangen, aber der Pueblo-Grenzer Dyami Machitehew hat tatsächlich schon von Richard Mantooth gehört – er soll für die Koshari arbeiten. Kein Wunder, dass Rainmaker nicht reden wollte. Auch Stu ruft Star also an.

 

Angel wirft einen Blick auf den Chip: Jede Menge Namen und Adressen in South Gate, Lynwood und Downey, jede mit einer kleinen Summe versehen – eventuell die monatlichen Schutzgeldtarife beim Wolfpack?

 

Am L. A. Memorial Coliseum treffen sich Star und Silver mit Terry und ein paar Jungs (die Stars atemberaubende Garderobe wohlwollend zur Kenntnis nehmen), übergeben den Chip und übermitteln auch Mercurys Info als kleinen Bonus. Es dürfte deutlich geworden sein, dass die Koshari nun aggressiv auf den Turf vordringen.

 

Machine verbringt den Abend in Redemption mit den Valkyries, die sich nach anstrengendem Einsatz gegen die Azzies eine Auszeit verdient haben. Colby "Warbride" Weizak hat sich schon ganz gut volllaufen lassen und kommt auf Machines Eva zu sprechen. Machine ist seiner alten Freundin gegenüber völlig offen: Er ist mehr Maschine als Mensch, nimmt Berührungen nur über Drucksensoren wahr und kommt mit einem Drittel der normalen menschlichen Blutmenge aus. Keine Frau wird ihn je romantisch lieben, ihm das Lächeln schenken, mit dem man nur seinen Partner bedenkt, ihn je so berühren, wie es Liebende tun. Was bleibt ihm übrig, als sich ein Produkt zu kaufen und so zu tun, als sei es keine Illusion, um hin und wieder das Gefühl zu haben, wie es wäre, wenn...? Obwohl das nicht seine Absicht war, bringt er damit an diesem Abend die angetrunkene, sonst so toughe Colby vor Mitgefühl zum Weinen.

 

Star, Silver und Angel gehen zum Debriefing noch etwas trinken. Angel merkt kurz an, dass er gehört habe, dass Ghost nicht im Sprawl sei, doch Star lässt sich nichts anmerken und erwidert nur, dass er geschäftlich außerhalb zu tun habe. Telefonisch macht Star mit Meryl für übermorgen ein Treffen klar, da Meryl morgen keine Zeit hat.

 

Freitag, 23.12.2061

 

Star (Paket Casual 04) trifft sich auf einem asiatischen Straßenmarkt in Chinatown in der Arc Mile (CP 2077, FTP Watson, Kabuki Market (südlichster Punkt von Northside, Mitte)) mit Mercury, die als Anerkennung Poison mitgebracht hat. Star wollte sich bedanken und nicht nur unpersönlich eine Annehmlichkeit überweisen, weil sie bedauert, Meryl ein wenig aus den Augen verloren zu haben, und mal hören wollte, was es bei ihr Neues gibt. Sie erinnert sich auch noch an Poison, die Cutty ja mal zu einem Treffen mitgeschleppt hatte, das letztlich nicht ganz so gut verlief. Meryl berichtet aus erster Hand vom Alamo und lobt Poison, womit sie signalisiert, dass man ihr ruhig mal eine Chance geben könnte, und sich für sie verbürgt. Star lächelt Meryl an und denkt dabei, wie "groß" das Nesthäkchen doch inzwischen geworden ist, und auch mit Poison kommt sie gut klar. Sie verabreden locker, nach den Feiertagen mal auszugehen.

 

Fiona schränkt den Kontakt zu Jack absichtlich ein wenig ein, um ihm keine großen Hoffnungen zu machen. Der wiederum starrt dauernd auf sein Kommlink und hofft auf eine IM. Chandra bemerkt ja sein Verhalten und ruft ihn heute mal in ihr Zimmer, um endlich mal darüber zu sprechen, da er ihr gegenüber so zu tun versucht, als passiere bei ihm nichts Besonderes.

 

Chandra: Dad, can I talk to you about something?

Jack: Sure, honey. What's up?

Chandra: I know I got a hot dad, it's not that I think you couldn't get a girl like Fiona, but... (Sie schmunzelt über ihren eigenen Scherz, fällt aber auch entwaffnend ehrlich mit der Tür ins Haus.) Look, I see what you're doing. But, uh... do you really suppose that's a smart move?

Jack (atmet durch): Well, obviously you've given this some consideration. Hit me.

Chandra: She's been with this Ghost guy for about four years, right?

Jack: Give or take, yeah.

Chandra: And she got jilted reeeaaally recently.

Jack: I see where you're going with this.

Chandra: Look, dad, I got eyes. Not much else, but at least that. (Sie lächelt schief.) She's a jackpot all right, the all-in-one package. And just to be clear, this isn't about mom. I love Fiona, she's great, and I want you to be happy. You deserve to be happy, dad. Far as I can tell, you're the greatest guy in the world. I may be biased, but anyway. If she isn't playing a role, if what you see is really what you get, then she's a strong contender for the greatest gal in the world. You and her – I'd love that! But if you're gonna make a move now, you're setting yourself up for, you know... I don't think you can come out of a long-term relationship and bam! Blank slate, get a completely fresh start. She's still processing a lot, you know? And if you try and get her now, you get... don't get me wrong, but you get leftovers. You're moving in on a battlefield here.

Jack: Damn, girl. How's all this coming out of your mouth? Belongs into the mouth of a couple therapist.

Chandra: I've spent the whole year watching the trid. And now for a word of our corporate sponsors...

Jack (lacht, hält dann wieder inne): And how long do you suppose until the battlefield's cleaned up?

Chandra: I don't know. A year or so?

Jack (schnaubt): A year. You know, baby, I'm not sure I can wait that long. Not sure I want to.

Chandra: So you left the crush phase and moved on to... being in love?

Jack (denkt kurz nach): Guess so. You see, honey, I've known her since, you know, everything went to shit. For the longest time I didn't think you can be like her without playing a role, I was looking for the catch, you know? It's been a year and a half, and I can't find any. She really is all that. And the truckload of money, just because we need it more than her? I don't know how you can be such a kind-hearted person in this... business, but she is. Truth be told, I've liked her a little longer than is appropriate, but she was in a relationship, so...

Chandra: Wow.

Jack: So you see, I've waited for quite a while.

Chandra: Dad? Wait longer. Please.

Jack (scherzhaft, um die Atmosphäre aufzulockern): What if I wait too long and someone else moves in?

Chandra: You kill him and pick up where you left off. You're a criminal now, right?

Jack (lacht herzhaft, dann wieder ernster und ihre Wange streichelnd): What did I do to deserve you?

Chandra: A daughter without extremities? You must've screwed up something fierce.

Jack: No, you know, I think I got a pretty good deal with you, baby.

Chandra: I love you, too, dad.

 

In einem schwachen Moment ruft Star, die vor Verzweiflung zu Hause die Wände hochgeht und nicht ständig Kits frische Beziehung belasten will, Santiago an. Sie muss mit jemandem über Ghost reden. Täte sie es mit ihren privaten Freundinnen, wüsste es bald ganz Santa Monica, aber Santiago ist verschwiegen, und sie hat ihn lieb gewonnen. Zwei Stunden später kommt er rüber und hört sich ihr Gejammer an, während sich beide volllaufen lassen. Natürlich vertraut sie auch ihm nicht die Hintergründe an, aber es hilft, einen guten Zuhörer für das zu haben, was sie erzählen kann.

 

Samstag, 24.12.2061

 

Star (die Kit instruiert hat, die Trennung von Ghost nicht zu erwähnen) verbringt den Nachmittag mit Kit und Cutty bei einem College-Football-Spiel, lenkt sich damit ab und hat eine gute Zeit. Zeit mit Cutty allein zu verbringen, bedeutet Stress, weil sie jederzeit damit rechnen muss, dass er Themen auf den Tisch bringt, mit denen sie sich noch nie weniger auseinandersetzen wollte als jetzt und für die sie wirklich keine Kraft hat. Sie mag ihn trotz seiner Makel, wünschte sich aber, sie hätte sich nie auf die Art auf ihn eingelassen. Gleichzeitig weiß sie auch, dass er aus jeder Kleinigkeit Hoffnung schöpft, wenn es um sie geht, und so dreht er richtig auf, bringt sie zum Lachen und hofft so, Punkte zu sammeln. Nicht auszudenken, was er täte, wüsste er, dass Fiona Single ist.

 

Abends sind sie dann bei Kit eingeladen, die die perfekte Normalo-Gastgeberin spielt und Simon und seine Eltern bewirtet. Fi findet es herrlich, zu beobachten, wie steif und um "Lockerheit" bemüht die traditionell japanisch aufgewachsene Kit, die sich nichts aus Weihnachten macht, mit den völlig amerikanisierten Hiyoshis umgeht, die obendrein große Weihnachtsfans sind. Daher haben sie auch Weihnachtsmützen für alle Männer und Rentiergeweihe für alle Damen mitgebracht. Auch hier gibt Cutty alles und hilft tatsächlich dabei, eine herzliche Atmosphäre herzustellen, aber Star ebenso – wenn Manami Kawamura so nette Freunde hat wie diese beiden, ist sie ja vielleicht doch nicht so spröde, wie sie wirkt. Sie haben einen tollen Abend, und auch wenn Fi weiß, was Cutty sich wünscht, blendet sie das bewusst aus, um seine Gesellschaft genießen zu können.

 

Die Weihnachtsfeiertage, die Fi immer so sehr mit Ghost genoss und zelebrierte, werden sehr hart für sie. Sie versinkt in Depressionen, verlässt tagelang nicht das Haus und beantwortet auch IMs nur selten und knapp. Kit, die über die Feiertage wiederum bei den Hiyoshis zu Gast war, holt sie da raus und zwingt sie unter Leute, und zu allem Überfluss arrangiert sie fürs Wochenende auch einen Abend nur mit Cutty, den sie lediglich insoweit ins Vertrauen zieht, dass sie ihm sagt, dass Fi ohne Ghost gerade nach den Feiertagen etwas Ablenkung gebrauchen könnte. Sie kann ja nicht wissen, was zwischen Fi und Cutty gelaufen ist, und natürlich bietet Cutty sofort seine Hilfe an.

 

Freitag, 30.12.2061

 

Er trifft sich also mit Fi im Spectrum in Venice zu einem Live-Konzert (Paket Rock 12). Der Auftritt ist toll, und danach wird erst mal ausgiebig getanzt – und solange Cutty sich nicht anmerken lässt, was er für sie empfindet, leistet er Fi auch unglaublich gute Gesellschaft und hebt ihre Laune. Sie sieht ihm an, wie schwer es ihm fällt, nur ein und nicht ihr Freund zu sein, und geschickt lenkt sie ihn immer von jedem Thema weg, das er als Ansatzpunkt benutzen könnte, lässt keine Chance zu und übersteht den Abend.

 

Zu Hause steht sie vor dem Spiegel, betrachtet ihr schönes Äußeres und ihr tolles Outfit – und hasst sich für beides. Selbst wenn sie niemandem gefallen will, kann sie nicht anders, als sich hübsch zu machen, und das liegt nicht nur an ihrer tollen Garderobe, sondern daran, wie ihr Charakter designt wurde. So müssen sich Menschen mit OCD fühlen, die nicht aus ihrem Zwangsverhalten ausbrechen können. Fi bezweifelt ihren freien Willen und fragt sich immer wieder, warum genau sie was genau wann genau getan hatte. Die "Rache" an Ghost mit Cutty und die "Entschuldigung" am nächsten Tag für ihren Überfall – wollte sie sich wirklich entschuldigen oder erneut flachlegen lassen, ohne das zu wissen und ohne eine Wahl zu haben? Ihre Nacht mit Cutty während der So-etwas-Ähnliches-wie-Trennung von Ghost? Der fast, aber nicht ganz reine Wein, den sie später Ghost einschenkte? All die Signale der Ermunterung, die sie Jack geschickt haben muss – denn dass er sie mehr als nur mag, weiß sie doch eigentlich schon länger, oder?

 

Ghost hatte sie monatelang bearbeitet und bekniet, anzufangen, sich selbst zu akzeptieren, sich selbst zu lieben für das, was sie ist, ganz egal, wie sie dazu geworden ist. Er hatte leicht reden, er war ja ein normaler Mensch mit einer normalen Entwicklung und nicht Frankensteins Monster, zusammengesetzt aus den vielversprechendsten Versatzstücken. Und doch höhlte steter Tropfen den Stein, und Fi begann wieder, "Normalität" zu genießen, auch wenn es Ghost schwer fiel, je enger sie wieder zusammenwuchsen. Dass er sie ewig nicht berühren konnte, lag das wirklich daran, dass sie fremdgegangen war – oder sagte ihm sein Unterbewusstsein, dass Fi streng genommen ja gar kein richtiger Mensch ist und er mit einer künstlichen Person nicht glücklich werden kann?

 

Samstag, 31.12.2061

 

Die Silvesterparty mit Kit und Simon findet im Stroboscope statt (Paket Party 29), wo Fi auch endlich mal Kato wiedersieht. Sie scheint sich prächtig zu amüsieren und tanzt gut gelaunt und aufreizend mit ein paar Bekanntschaften, aber später findet Kit sie Rotz und Wasser heulend in der Toilette vor: "Er hat mich verlassen! Er hat mich einfach verlassen!" Kit möchte Ghost am liebsten erwürgen und tröstet Fi, so gut sie kann, aber sie weiß, dass das keine ihrer Stärken ist. Vielleicht wäre doch ein Mann nötig, der dem armen Häufchen Elend Halt gibt? So hat sie es gelernt, das hat sie verinnerlicht. Kurzerhand schickt sie Jack eine IM: "Bist du zu Hause? Wenn du Lust hast, komm ins Stroboscope. Fi könnte dich brauchen."

 

Jack "feiert" tatsächlich mit Chandra, liest die IM, und Chandra meint, er soll sich ins Stroboscope scheren, wer weiß, was sich sein Karma dabei gedacht hat, hm?

 

Kit lotst ihn per Kommlink unauffällig zu ihrem Tisch, und als er sich dazusetzt, kann die überraschte Fi gar nicht anders, als in seinen Armen zu versinken. Ruhig, geduldig und einfühlsam ist Jack für sie da. Als gegen Mitternacht alles auf den Beinen ist und den Countdown runterzählt, sehen sich die beiden an. Zu "Happy New Year!" gibt Jack ihr einen Kuss auf die Wange, Fi sieht ihn nur ein paar Sekunden lang an und küsst ihn dann inniglich. Kit beobachtet das mit gemischten Gefühlen: Einerseits kann sie für Fi nicht die starke Schulter sein – sie weiß ja, wo ihre Qualitäten liegen und wo nicht –, andererseits geht das jetzt viel zu schnell und sorgt nur für späteren Zündstoff, denn eigentlich sollten Teamkollegen ja die Finger voneinander lassen.

 

Nach viel Knutscherei verabschiedet sich Fi für heute, fährt allein heim, verabredet sich aber per IM mit Jack für morgen Mittag in Studio Citys Griffith Park.

 

Sonntag, 01.01.2062

 

Schick, aber locker und natürlich (Paket Casual 31) geht Fi mit Jack spazieren, und ähnlich wie zuvor bei Cutty (wenn auch in sicherer Öffentlichkeit) entschuldigt sie sich für ihren gestrigen Übergriff. Sie will auf gar keinen Fall, dass noch jemand erfährt, wer... was sie ist, also kann sie ihm unmöglich erklären, was in ihr vorgeht. Darum bittet sie dafür, dass sie nicht wirklich etwas begründet, um Verständnis – und fragt, ob es okay für ihn wäre, so zu tun, als sei das gestern nie passiert? Jack antwortet lange nicht, sondern spaziert zu Boden sehend neben ihr her, und als er endlich ansetzt, spürt Fi, was er sagen will, und bittet ihn, es nicht zu tun.

 

Fiona: Jack, please. Don't.

Jack: But I need to, Fi, it's killing me.

Fiona: I know what you're gonna say, Jack, but please understand: No good can come of this.

Jack: If you just gave me a chance to—

Fiona (bleibt stehen): Look, Jack, if I said yes, we'd both know you'd just be a replacement. Wherever we went, there'd always be three of us. You, me and Ghost.

Jack: It's just been three weeks, Fi. Of course you're not over him, I realize that.

Fiona: You know I woke up one day in '56, not remembering anything before that point, right?

Jack: Yes.

Fiona: I still don't. Not a single thing. I had to come to terms with having to build a life from scratch. Most of the life I can remember I shared with him. How are you gonna compete with that?

Jack: Fi.

Fiona: It wouldn't be fair to you.

Jack: Screw fairness, listen to me. Do you have any idea how bad I feel? I don't know what went wrong between the two of you, it's none of my business and it sure isn't my place to judge. Dammit, I like the guy! I got nothing but respect for him, and I owe him... almost everything. Without him, who knows where I would've ended up? Certainly not in a position to ask his ex-girlfriend out, that's for sure. He took me under his wing, gave me some dinero to tide me over, introduced me to his contacts, saw to it I got work although no one's been waiting for a corporate out-of-towner nobody knew and nobody cared for. I can't begin to describe how deep I am in his debt. And now look at me making a move on his girl. You got no idea how often I've thought about this. Hated myself for it. But I can't help it, I've fallen for you, Fi. Hard.

Fiona: Jack, please...

Jack: And I need you to know that. I needed him to know that, too, but he's made himself unavailable. Would've asked him otherwise. Really old-fashioned like, you know? He probably would've curb-stomped me, but at least I wouldn't be feeling as scummy as I am right now. Can't be helped, though, situation is what it is.

     Look, I realize you're gonna need time. A lot of it. And yeah, obviously you can't be to me what you used to be to Ghost, but I can be... whatever you need right now. Because right now... you need someone, that's... that's kinda hard to miss, you know?

Fiona: There's so much you don't know about me.

Jack: I can learn. So can you. If you just let me be there for you, I'm sure I can convince you that despite just trying to pinch the girlfriend of the guy I owe everything and more, I'm not all bad.

Fiona: I know enough about you to be quite sure you deserve a lot more than a train-wreck like me.

Jack: I happen to like this train-wreck pretty—

Fiona (energisch): I don't wanna do that to you, Jack! You say that's what you want, but let's be real here, what you want is a woman who loves you back, and I can't be that. And I like you way too much to want to see you degrade yourself, 'cause what you're doing here is you're giving me a carte blanche to use you to get over Ghost. Why would you wanna do that to yourself? You're too good to be compared all the time to someone who isn't even in the room.

Jack: Fi? I'm not a small-time street kid who's just been weaned. I've had to learn to assess myself. Pretty harshly actually. I know my limits, and I know how much I can take. I'm strong enough to see this through.

Fiona: To what fragging end, Jack?

Jack: To making you forget about Ghost and becoming the guy you wanna be with.

Fiona: What if that never happens?

Jack: Then we gave it a good shot.

 

Sobald er erst mal ins Gespräch gefunden hatte, gewann Jack sofort sein Selbstbewusstsein wieder, und auch jetzt wirkt er völlig von sich überzeugt – er strahlt genau die Stärke und Selbstsicherheit aus, nach der sich Fi sehnt und die sie braucht. Schweigend gehen sie nebeneinander weiter, und Fi bringt es nicht über sich, nochmals zu betonen, dass aus ihnen nichts wird. Er hat sie ziemlich gut durchschaut, wenn er weiß, dass sie, um über Ghost hinwegzukommen, jemanden brauchen wird. Natürlich könnte er sein Interesse anmelden und geduldig abwarten, bis sie bereit für eine neue Beziehung ist. Aber er will nicht Gefahr laufen, dass sie sich jemanden sucht, mit dem sie sich über Ghost hinwegtröstet, und sich dann in den verliebt – er will selbst die Chance darauf, auch wenn es verdammt schwer für ihn werden wird und sie sich vielleicht nicht in ihn verliebt.

 

Sie hätte kaum ehrlicher zu ihm sein können als eben, und doch lässt er nicht locker. Was, wenn er ihr wirklich gut täte? Was, wenn er sie Ghost wirklich vergessen lassen könnte? Andererseits: Was, wenn sich nichts änderte? Dann würde sie ihn nur benutzen. Früher, als sie mit Ghost zusammen war, schmeichelte es ihr, wann immer ihr jemand schöne Augen machte und signalisierte, dass er etwas für sie empfand. Doch seit sie weiß, dass ihr Gesicht, ihr Körper, ihre Pheromone, ihr Charakter maßgeschneidert wurden, macht sie sich nichts mehr daraus, zu erfahren, dass sich jemand in sie verliebt hat. Das passiert garantiert weit öfter, als sie mitbekommt, und sie will es gar nicht wissen, denn es gibt ihr kein gutes Gefühl wie den meisten anderen Menschen, sondern erinnert sie an ihren kalten, nüchternen Zweck. Dass sich Jack in sie verliebt hat, löst nichts in ihr aus – er ist nur ein weiteres Opfer ihres Designs, er hatte vermutlich nicht mal eine Wahl, bei längerem Kontakt – erst recht intensiverem – war das vielleicht sogar unvermeidlich. Und all das weiß er nicht mal, und sie hat auch garantiert nicht vor, es ihm zu erzählen. Aber sie kommt sich dabei vor wie die böse Hexe aus dem Märchen, die den König mit einem Liebeszauber belegt, gegen den er sich nicht wehren kann.

 

Wenn sie sich bereit erklärte, ihm eine Chance zu geben, würde sie ihm Ehrlichkeit schulden. Aber verdammt, sie sucht ohnehin schon jeden Tag nach einem Grund, ihr Dasein zu rechtfertigen, und je weniger Menschen wissen, dass sie nur eine Kunstfigur ist, die aus Versehen einen (wenn auch, wie sie glaubt, eingeschränkten) eigenen Willen entwickelt hat, umso besser. Ihm das zu offenbaren, kommt nicht infrage, aber es nicht zu tun hieße, ihn zu belügen und eiskalt auszunutzen, und wie könnte sie das, wo sie ihn doch wirklich furchtbar gern hat? Andererseits muss Fi endlich mal an sich denken, wenn sie jemals mit dem, was sie ist, ins Reine kommen will. Sie kann nicht dauernd stark sein, sie weiß ohnehin schon an manchen Tagen nicht, ob sie am Abend die Zenith in der Hand halten und sehr dunkle Gedanken bekommen wird. Wie soll man alleine mit der Erkenntnis klar kommen, kein echter Mensch zu sein? Ghost hatte ihr dabei geholfen, es anders zu sehen, aber am Ende hat er sie doch verlassen.

 

Die Einzigen, die die Wahrheit kennen, sind Ghost, Kit und Angel. Ghost hat sie brutal sitzen lassen, Kit hat unübersehbar mühsam nach einem Weg gesucht, damit umzugehen, und ist mittlerweile für sie da, so gut sie kann, doch sie ist auch ein sehr unherzlicher, in sich gekehrter Mensch, der sich mit Emotionen sehr schwer tut und selten die richtigen, von Herzen kommenden Worte findet. Und Angel ist ein Kollege, mit dem Fi privat nicht das Geringste zu tun hat. Auf keinen Fall dürfen es mehr werden, das würde Fi nicht ertragen.

 

Zu Hause berichtet Jack Chandra vom Spaziergang im Park und erzählt auch, dass Fi dieselben Argumente gebracht hat wie Chandra, was diese noch mehr für Fi einnimmt, da sie sieht, dass sie ihrem Dad nicht weh tun will.

 

Montag, 02.01.2062

 

Fiona und Kit treffen sich zum Frühstück. Zwischendurch ruft Simon an, und Kit tut so, als sei sie im Büro. Danach fragt Fi, wann sie ihm reinen Wein einzuschenken gedenkt, aber Kit lenkt knallhart ab: Was gibt's bei ihr Neues? Fi erzählt also von gestern und vertraut ihr einige ihrer Gedankengänge an. Kit ermutigt sie dazu, die Gelegenheit zu ergreifen: Jack scheint ein anständiger Kerl zu sein, und garantiert werde er ihr gut tun. Fi braucht aber Zeit zum Nachdenken. Kit entschuldigt sich, geht ins Bad und ruft Stu an.

 

Stu: Well, if it ain't the only Japanese bitch I know. You still haven't committed ritual suicide?

Kit: Nice to hear you, too, Stu. Are you in the area?

Stu: Not for long, but yeah, right now I am.

Kit: I'm going to have to ask a favor.

Stu: Shoot.

Kit: For the next road trip please consider Starlight. Doesn't matter where to, just... You know.

Stu: She gotta lay low?

Kit: Something like that.

Stu: Done and dusted. She just gotta haul ass 'cause I'm leaving Redemption tonight, and if she wants to ride along, she better be here by eight 'cause I ain't waiting for no pussy no matter how glamorous.

Kit (muss widerwillig lächeln): Who else is going to be along?

Stu: Robbie the robot, if I can scrape up some lubricant 'cause his joints keep squeaking so loud that every prairie dog wants to mate with him. (Kit unterdrückt ein Lachen – dazu kann sie fast nur Stu bringen.) Gonna be gone for five days, give or take. The broad needs a good ID, though, I'm gonna be crossing several borders, so make sure.

Kit: I will. Thank you, Stu. I'll call you back.

 

Kit kehrt an den Tisch zurück und schlägt Fi vor, mal ein paar Tage rauszukommen, Stu hätte noch einen Platz für eine Tour frei, Machine wäre auch dabei. Viel Geld falle vermutlich nicht ab, aber das braucht Star ja auch gerade am allerwenigsten. Diese ist gerührt, dass Kit tut, was sie kann, um ihr zu helfen, lehnt zwar zuerst ab, lässt sich dann breitschlagen und packt zu Hause schnell mehrere Koffer, um auf alles vorbereitet zu sein. Sie textet auch Meryl, dass sie mit Stu für ein paar Tage unterwegs sein wird und den Abend verschieben muss, woraufhin ihr Meryl viel Glück und gute Nerven wünscht. Kit ruft Stu erneut an, und sie geht sogar soweit, anzumerken, dass er nett zu Star sein soll, sie habe gerade eine schwierige Phase. Fi textet auch Jack, dass sie für ein paar Tage die Stadt verlässt, um den Kopf freizubekommen.

 

Am Nachmittag kommt Star in Redemption an, und Brubaker ist natürlich Feuer und Flamme, sie mal wiederzusehen. Jetzt, ohne in einer Beziehung mit Ghost zu sein, ist es ihr unangenehm, von den Motten umschwirrt zu werden wie das Licht, aber in diesem Wüstenkaff fällt eine Luxusbraut wie sie natürlich auf, zumal sie der eine oder andere ja auch kennt. Sehr herzlich begrüßt sie Machine mit einer freudigen Umarmung. Sie mag ihn unheimlich gern und bedauert immer, dass sie in so verschiedenen Welten leben, dass sie kaum miteinander zu tun haben und sich nur alle Jubeljahre mal sehen. Stu "begrüßt" sie, als er die Koffer auf ihrer Rückbank sieht, mit einem Fake-Anruf bei seinem Auftraggeber:

 

Stu: Yeah, Mr. Johnson? Yeah, no, deal's still on, I'm coming, it's just... I can't get the payload to you, the van's fully loaded with the whole fucking bedroom of a fashion horse from Santa fucking Monica!

Star (grinsend): You can't blame a girl for knowing how to accessorize. Howdy, Stu!

 

Tatsächlich hat er keinen Platz, weil der gesamte Laderaum aus allen Nähten platzt, aber Star hatte sowieso vor, den Autopiloten ihres Copperheads mit der Signatur des Bison auf Follow einzustellen. Nur ihre Hardware muss sie in den Bison schaffen, weil der weniger kontrolliert wird.

 

In Trixie's Bar & Grill gibt's Knuspriges vom Grill (und Einladungen von mehreren Seiten), und Stu zeigt Star die Route: Es geht durch das PCC über Phoenix und Albuquerque in die CAS über Amarillo, Oklahoma City, Little Rock und Memphis nach Nashville, Tennessee, geplante Reisezeit 30 Stunden pro Strecke. Star meint scherzhaft, da habe sie alles eingepackt, was sie finden konnte, aber keinen Cowboyhut.

 

Wie in den guten alten Zeiten geht's los: Stu am Steuer des Bison, Star auf dem Beifahrersitz und Machine auf der Harley hinterher, und natürlich erklingen durchgehend Country-Klänge aus der Anlage. Star ist noch nie allein mit Stu gefahren, also hat sie nicht so viel Ablenkung, aber hin und wieder gibt es eine Konferenzschaltung mit Machine, und man plaudert ein bisschen. Stu berichtet davon, was L.A.s Schatten auch bereits wissen und was, nun ja, inoffiziell bereits offiziell ist: Das PCC annektiert den Megaplex der Engel und damit die gesamte Landverbindung zum PCC – das ist ein gutes Fünftel des CFS, aber was wollen die korrupten Stümper in Sacramento schon dagegen tun? Während es in den Nachrichten in der Stadt jeden Tag heißt, es ändere sich nichts, wird sich für die SINner natürlich eine Menge ändern, denn die bekommen automatisch die Pueblo-Staatsbürgerschaft und eine Aktie am Unternehmen, und da jeder Runner mehrere IDs hat, wird das mit einigem Aufwand und Geldausgaben verbunden sein.

 

Wenig überraschend wartet die Grenzkontrolle nicht an der eigentlichen (alten) Grenze zum PCC, sondern schon außerhalb des Countys, und dank Stus guter Kontakte wird der Van nicht weiter kontrolliert. Direkt danach schläft Star schon von der Eintönigkeit der Fahrt eingelullt ein und verpasst damit Phoenix, Arizona und wacht erst in New Mexico wieder auf.

 

Dienstag, 03.01.2062

 

Star hat in den fünfeinhalb Jahren ihres Lebens noch keinen einzigen Roadtrip durch den nordamerikanischen Süden erlebt – die Eintönigkeit wirkt irgendwann tatsächlich so entspannend und beruhigend und mit einem Gefühl der Freiheit verbunden wie im Trid, und Stus Country-Musik rundet die Atmosphäre ab. Stu könnte trotz der guten Lüftung zwar gern deutlich weniger rauchen, doch er quatscht sie nicht voll, tauscht aber immer wieder mal amüsante Spitzen mit ihr aus und lässt sie ansonsten zufrieden. Das ist genau, was Star gebraucht hat, und sie kommt innerlich ein wenig zur Ruhe.

 

In Albuquerque wird die Ladung gelöscht und neue an Bord genommen, und an einer Raststätte im Industriegebiet gibt's eine Pause zum Tanken und Beinevertreten, wo Machine Eva auf öffentlich schaltet und sie Star in der AR vorstellt. Während Star ihm zuhört, wie er von Eva erzählt wie von einem Menschen – und sie sogar ein paar Bemerkungen einwirft –, wird sie bleich um die Nase und muss sich setzen. Sie beruhigt Machine, dass es wohl nur der Kreislauf sei, aber das ging ihr näher, als ihr lieb ist.

 

Im Anschluss geht's weiter zur PCC-CAS-Grenze, wo Stu ebenfalls jeden kennt, und danach schaltet er den Autopiloten ein, um zu schlafen. Star sieht sich die Städte an, an denen sie vorbeifahren, und denkt über Eva nach. Natürlich kennt sie die Novatech-Companions, aber sie hat noch keinen in Aktion erlebt, während der Besitzer sich liebevoll darüber äußerte. Eva wirkt so verdammt echt, und ja, natürlich ist das nur ein Programm – aber ist denn der Personafix in Stars Kopf etwas anderes? Sein "Vorteil" ist nur, dass er auf ein menschliches Gehirn zugreift, somit nicht über vorgespielte, sondern über echte Intelligenz verfügt und einen fleischlichen Körper steuert. Sie, Star, die ihr eigenes Leben leben möchte auf Kosten eines echten Menschen, ist letztlich technisch nichts anderes als ein Companion, oder?

 

In Oklahoma City wird auch die Ladung aus dem PCC gelöscht und keine neue an Bord genommen. Deutlich leichter geht's weiter bis zum Zielort.

 

Mittwoch, 04.01.2062

 

Pünktlich um kurz nach zwei Uhr morgens erreicht der Bison Nashville. Stu hat unterwegs in einem Motel reserviert. Morgens bringt er den Van wegen eines kleinen Schadens im Betriebssystem in die Werkstatt, und Star und Machine gehen zusammen in einem American Diner (natürlich läuft auch hier Country) frühstücken.

 

Machine: Hey, kid. You all right?

Star (wegen seines besorgten Blicks spontan und ohne es zu wollen): Ghost and me, it's over.

Machine: Holy... I'm sorry to hear that, Star. Really am.

Star (achselzuckend): What are you gonna do?

Machine: Good luck getting Cutty off your back now. (Sie sieht ihm sofort an, dass ihm das rausgerutscht ist.)

Star: What?

Machine: Nothing.

Star: No, no, spit it out.

Machine: Well, he... he's into you, isn't he?

Star? What the frag, Quint? Is that the talk of the town now?

Machine: Chill out, okay?

Star: He say anything to you?

Machine: If he had, would I tell you? Look, it just slipped out, shouldn't have said anything.

Star: Quint? If anybody's talking shit about me, don't you think I should know about that?

Machine: Got it from the horse's mouth, okay? Can we drop it now?

Star (atmet durch, nickt): Okay.

Machine: Do you... do you think there's still a chance for you and Gh—

Star: No.

 

Die beiden mögen einander sehr gern, und doch geht es hier nicht weiter. Hätten sie mehr Kontakt, könnten sie offener sprechen. Machine trägt das Wissen, dass Cutty mit Star Sex hatte, seit Mitte 2060 mit sich herum und hat seitdem mit Cutty keine 20 Worte gewechselt, obwohl sie mal gute Kumpels waren – aber das kann er Star unmöglich anvertrauen.

 

Mit dem Copperhead sieht sich Star den ganzen Tag lang die Country-Hauptstadt der Welt an, die sich jedoch mittlerweile auch breiter gefächert zu einem Entertainment-Mekka gemausert hat, ist aber pünktlich zurück, um mit Stu und Machine zu einer weiteren Übergabe am frühen Abend zu fahren. Als Arbeiter den Van beladen, taucht jedoch eine Go-Gang auf und eröffnet das Feuer. Jedoch haben die Ganger nicht mit Machine gerechnet, der im Hintergrund stets mit seinem zusammengesetzten MG lauert und nun Ganger wie Bikes zerschrotet, und auch Star und Stu räumen mit gezielten Schüssen auf und Stu mit Handgranaten. Sie richten ein wahres Blutbad an, und Stu bestaunt seinen Bison, der absurderweise keinen einzigen Kratzer abbekommen hat. Er transportiert das Zeug für den Chavez-Clan und tippt darauf, dass die Yakuza diese Go-Gang angeheuert hat, zumal sie nach einem kurzen Online-Check nicht von hier, sondern aus Knoxville stammt. Die Ladung ist nicht megawertvoll, weshalb die Wegelagerer hier wohl nicht annähernd mit dieser Gegenwehr rechnen konnten. Stu telefoniert kurz mit einem Chavez-Kontakt, der sich für diese show of strength sogar mit einem Bonus erkenntlich zeigt, weil dieses Blutbad abschreckende Wirkung haben wird.

 

Anstatt jetzt schon wieder die Heimreise anzutreten, fährt Stu aber wieder in die Innenstadt zurück, denn er hat über einen Kontakt Karten für My Brother's Place ergattert, den legendären Country-Nachtclub, in dem Maria Mercurial eins ihrer seltenen Überraschungskonzerte gegeben hatte. Star kreuzt ganz natürlich auf (Paket Casual 08) und hat mit Stu und Machine tatsächlich einen herrlich witzigen Abend, wird aber auch ordentlich abgefüllt (und muss tags drauf auf der Rückfahrt Stu anhalten lassen, um zu kotzen).

 

Freitag, 06.01.2062

 

Mittags hat der Sprawl Star wieder, und sie textet Jack, dass sie sich heute um neun gern vor dem Nachtclub Mt. Olympus treffen würde, der neu in Santa Monica eröffnet hat. Ihm gehen die Augen über, als er die Blondine im seitlich offenen Ledermini sieht (Paket Street, Party 02), und beim Tanzen geht sie aufreizend ran, aber gerade nicht so deutlich, dass er sicher sein kann, dass Hoffnung auf mehr besteht. Die Cocktails fließen, die zufälligen Berührungen dosiert Fi ganz und gar nicht zufällig, und als der Abend vorüber ist, fragt sie ganz harmlos, ob er noch mitkommen möchte.

 

Ghost und Kestrel sitzen in einer Bar in Chandler, einem Stadtteil von Phoenix, und stoßen antialkoholisch auf den erfolgreichen Auftrag an. Kestrel fragt Ghost, wie er sich dabei fühlt, nun wieder zurückzukehren.

 

Kaum sind sie in ihrer Wohnung, fallen Fi und Jack übereinander her. Zwischen ihnen und Ghost wird hin- und hergeschnitten, als Ghost erklärt, dass er glaubt, mit seinem Problem abgeschlossen zu haben und als der Mann zurückzukehren, den Fi verdient und braucht.

 

Fi weiß, dass ihre Designer ihr in die Wiege gelegt haben, wie man einen Mann komplett um den Verstand bringt und alles für sie tun lässt, wenn er nur mehr davon bekommt. Auch wenn sie versucht, sich fallen zu lassen – teilweise gelingt ihr das –, überwiegen die Gedanken daran, dass Jack ihr Opfer ist. Er hat sich Hals über Kopf in sie verliebt, weil sie so entworfen wurde. Er hatte grandiosen Sex mit einer Traumfrau und frisst ihr nun aus der Hand, weil sie so entworfen wurde. Er kann nichts dafür, aber alles, wonach er sich bei ihr sehnt, ist nicht sie – denn sie existiert nicht als gewachsener, gewordener Mensch. Jack ist ebenso eine Fliege in ihrem Netz wie Cutty. (Ghost rechnet sie nie dazu, weil die Beziehung zu lang und zu tief war. Unterbewusst "beschützt" sie, was sie mit Ghost hatte, indem sie es einfach nicht vor dem Hintergrund ihrer Herkunft betrachtet. Das ist einfach "etwas anderes", sie stellt die Verbindung gar nicht erst her, denn weil es in die Zeit ihrer Ahnungslosigkeit fiel, fühlt es sich natürlich und organisch und gut an.)

 

Jack ist ein anständiger Kerl, der es nicht verdient, so benutzt zu werden – und doch verzehrt sich Fiona danach, sich als Mensch, als "richtige" Frau zu fühlen, und hofft, dass sie das irgendwann bei ihm kann – hoffend, dass er ihr dadurch, dass er die Wahrheit nicht kennt, die Illusion erleichtert, eine ganz normale Frau zu sein –, auch wenn sie ihn nicht liebt und auch der Sex keine neuen Emotionen in ihr geweckt hat. Mitleidig sieht sie Jack an, wie er gerade im siebten Himmel schwebt – dafür muss sie nicht askennen – und nicht ahnt, dass er es mit einem bloßen Sehnsuchtserfüllungsprodukt getrieben hat. Wie lange mag Machine gebraucht haben, sich bewusst auf die Illusion einzulassen und Eva als jemanden und nicht als etwas zu betrachten? Eva ist wenigstens ehrlich...

 

Süchtig danach, endlich wieder etwas zu empfinden, ohne nachzudenken, bringt sie Jack mit einem Blowjob wieder auf Betriebstemperatur, um es noch einmal zu tun, und dann noch einmal. Und danach, während Jack, wie Fi weiß, nicht fassen kann, welches Glück er hat, kämpft sie ständig den Impuls zurück, zu weinen. Davon bemerkt er jedoch nichts und bemüht sich, bloß nichts Falsches zu sagen – genau wie Cutty damals, nachdem sie sich quer durch seine schäbige Wohnung über Needles & Pins gevögelt hatten. Sie, das außer Kontrolle geratene Experiment, das andere Menschen benutzt, um sich auf ihre Kosten einzureden, selber einer zu sein, wird ein weiteres gebrochenes Herz hinterlassen, davon ist Fi überzeugt.

 

Jack ist letztlich mutiger als damals Cutty und fragt etwas scherzhaft frei heraus: "Schmeißt du mich raus, wenn ich nicht mehr kann, oder darf ich die Nacht hier verbringen?" Fi erwidert ihm tief in die Augen sehend: "Schlaf mit mir." Sie askennt ihn dabei und sieht, wie romantisch das für ihn klingt, während sie sich wünschte, sie könnte ebenso empfinden.

 

Samstag, 07.01.2062

 

Gegen Mittag erreicht Ghost Fionas Wohnung und wundert sich, warum der Schlüsselcode auf seinem Kommlink nicht mehr funktioniert. Vielleicht gab es ja einen Einbruchsversuch, oder ein Decker hat herumgeschnüffelt? Ihr Wagen ist da, aber niemand öffnet. Was soll's, er ist ein geduldiger Mensch, setzt sich draußen auf die Treppe und wartet anderthalb Stunden, weil er sie schließlich überraschen wollte. Inzwischen ist er im Seitenweg bei den Müllcontainern, weil er sich mal bewegen musste, als endlich ein bekanntes Auto vorfährt: Silvers Jackrabbit. Fi sitzt auf dem Beifahrersitz, küsst Silver zum Abschied, steigt aus, und er fährt weiter. Ghost traut seinen Augen nicht – und Fiona ebenso wenig, als sie ihre Wohnung ansteuert und ihn da stehen sieht. Es hat ihm die Sprache verschlagen, er deutet nur fassungslos-fragend in Richtung des weggefahrenen Jackrabbit. Fi strafft sich, geht auf ihn zu und erklärt ihm kühl, dass sie seine Sachen eingelagert hat, Sekunde, sie überspiele ihm gleich den Code, und durchsucht ihr Kommlink.

 

Sie reden kurz aneinander vorbei, bis Ghost endlich erfährt, dass er Fi angeblich den Laufpass gegeben hat. Ein paar "Du hast gesagt..." – "Aber du hast gesagt..." später erklärt er ihr, dass er Fi keine Vorwürfe machte, sich aber selbst für seine Schwäche hasste, nicht aufhören zu können, daran zu denken, dass sie mit jemand anderem zusammen war. Er hatte gehofft, zeitlicher und räumlicher Abstand zu ihr würde ihm helfen, damit abzuschließen und als der Mann zurückzukommen, den Fi braucht und verdient. Fi erwidert wütend, dass er genau das hätte sagen können, dann hätte sie ihm doch alle Zeit der Welt dafür gegeben – stattdessen hatte er so missverständlich herumgedruckst, dass sie ihn gar nicht anders verstehen konnte als so, dass er sich von ihr trennt.

 

Ghost: Even if that were the case – that's reason enough to just throw yourself into the arms of another guy? Him of all people?

Fiona: Not that it's any of your business, but I'm positively jumping at the chance to demonstrate to you just how much you fucked up. Jack was very thankful for the loan I gave him, you know? So he invited me over for dinner with him and Chandra. You knew where I was gonna be that night, I'd told you. When you dumped me, obviously I couldn't exactly keep it a secret that I'd just been emotionally destroyed, so he knew about what you'd just done, and he happened to be there to deal with the fallout. Knowing me well enough to be aware that I needed company, he kept me busy over the next days and weeks, because he owed me his daughter's new lease on life. If I hadn't been there that night, he wouldn't have known you'd left me, and nothing would've happened because the only person I'd told about it was Kit, no one else. But what happened instead was that I reached rock bottom, and Jack worked his ass off trying to pick me up again, and by spending so much time we got to know each other better. That's when he developed feelings for me. Eventually he came clean, and you know what? I hated it! Because that happens everytime, with every guy! I can't just be friends with them, they all fall in love! 'Cause I was designed to make them fall in love!

     I resented Jack for that. Wasn't his fault, but I still resented him. And you know what he said? "Look, think about it. Give it time. I realize you're not in the same place as me, and that's okay. Just think about it." And eventually I thought to myself: 'You know what? Maybe he's right. I really like him as a friend, even more so after all he's done to keep my mind from wandering. He's charming, he's funny, he's smart, he's responsible, he's a great dad, and hey, that he's good looking doesn't hurt. I can learn to love him.' 'Cause you see, Ghost, If I'm supposed to accept myself as an individual worthy of love, I need to feel loved, not treated like shit. (Ghosts Augen werden feucht, denn genau das weiß er eigentlich, hatte damals aber eher an sich und seine Probleme gedacht.)

Ghost: I didn't... I never meant for any of this, I... Drek, it was a misunderstanding!

Fiona: Ghost, if you had cared about how I feel, you would've put some thought into how you word your... fucking selfish decision! As it stands, you dumped me via commlink. For all intents and purposes, that's what you did. After all this time letting me think that, how much do you think that learning you didn't mean to is supposed to matter to me anymore? (Sie schreit ihn an:) I've been through hell, Ghost! You put me through hell! (Sie wird ruhiger und abgeklärter, was sich für ihn noch viel schlimmer anfühlt.)

     You used to be my rock. When I was at my lowest, you picked me back up time and again. That you made sure to let me know you loved me in spite of what you'd learned about me was my lifebuoy. That was the one thing to cling on for me, and then you took it away.

     You're the only reason I'm still here today, and as to how I feel about that... jury's still out. I need to learn to accept myself, maybe even enjoy being the person I am. That's still a long way off, though. I need to believe I can do that one day. Right now, all I can do is try and get by, one day at a time. Because you put an end to us. When I was at my most vulnerable, you left me, and I went back to feeling worthless again. This time someone else picked me up 'cause you couldn't be bothered to clean up your mess. And I won't tell him: "Hey, thanks for filling in and picking up the slack, 'kay, bye!" He's the man at my side now, and I need you to back off.

 

Sie geht die Treppe hoch und in ihre Wohnung, und während sie die Tür schließt, greift sich Ghost, sonst die Ruhe in Person, irgendwelchen Müll, um ihn gegen die Wand zu schmeißen, und tritt auf einen Müllcontainer ein. Fiona, die das hört, hat noch nie erlebt, dass er jemals die Kontrolle verloren, geschweige denn einen Wutausbruch gehabt hätte, und weiß, wie sehr ihn das jetzt schmerzen muss – so wie sie auch. Tränen laufen über ihre Wangen, aber da müssen sie jetzt wohl beide durch. Sie schließt die Tür hinter sich.

 

Ghost ist am Boden zerstört. Er hat es versaut. Die Liebe seines Lebens hat jetzt einen anderen, und das ist allein seine Schuld. Er hatte es gut gemeint, hatte eine gute Motivation, dabei aber nur seine eigene Situation bedacht und die von Fi gar nicht, war sich zu sicher, dass sie genau versteht, was ihn umtreibt – obwohl er sich so dämlich ausdrückte! –, war sich zu sicher, dass sie weiß, wie sehr er sie liebt, war sich ihrer zu sicher.

 

Doch auch in ihm geht es hin und her: Hat er ihr zuliebe nicht so viel geändert, so sehr an sich gearbeitet in ihrer Beziehung? Hatte er sie, nachdem sie die Wahrheit über sich erfuhr, nicht aus ihrem tiefen Loch herausgeholt, hat er ihr nicht immer wieder klar gemacht, wie sehr er sie liebt? Wie kann sie Worte, die man offenbar interpretieren musste, so interpretieren, dass er sich plötzlich trennen will? Zählten die letzten vier Jahre, das vergangene ganz besonders, denn plötzlich überhaupt nicht? Er hatte sich den Arsch aufgerissen, sich voll und ganz auf sie konzentriert – nur um sie kurze Zeit später plötzlich per Kommlink abzuservieren? Wie konnte sie das von ihm denken? Und hätte sie nicht nachhaken können, wenn ihr etwas unklar war? Hatte er sich vielleicht gar nicht so missverständlich ausgedrückt, hatte sie ihn so verstehen wollen?

 

Doch dann bedenkt er auch wieder, dass die Trennung subjektiv für sie all diese Wochen Realität war, und dass sie einen Weg finden musste, sie zu verarbeiten. Was für ihn aus heiterem Himmel kommt, ist für sie etwas schon teilweise Verarbeitetes, schon seit einem Monat traurige Realität. Was jetzt vor ihm liegt, liegt bereits zum Teil hinter ihr.

 

Kit wusste also, dass Fi dachte, dass Ghost sich von ihr trennen wollte. Er fährt sofort zu ihr und hat Glück, dass sie zu Hause ist, wenn auch mit Simon. Da sie sieht, wie aufgebracht er ist, verzichtet sie auf eine Vorstellung, geht mit Ghost vor die Wohnungstür in den Flur und sieht ihn kühl abwartend an, aber sie kann ihre Überraschung nicht verbergen, als er ihr erklärt, dass er von dieser "Trennung" auch eben gerade erst erfahren hat, dass Fi ihn schrecklich missverstanden hatte. Kit wusste schon am nächsten Morgen Bescheid, und Ghost schiebt nun ihr die Schuld in die Schuhe: Hätte sie ihn angerufen, wäre das Missverständnis im Nu aufgeklärt gewesen! Dabei baut er sich erregt vor ihr auf, ganz dicht vor ihrem Gesicht, und wirkt wirklich einschüchternd in seiner Wut. Kit sagt nichts und sieht ihn nur ernst und missbilligend an, und er lässt sofort locker und entschuldigt sich, weil er ja weiß, wie sehr sie die Privatsphäre anderer respektiert und sich nie einmischt. Sie wiederum akzeptiert auch gleich seine Entschuldigung, denn sie weiß ja, wie verrückt diese beiden nacheinander sind. Nun ja, waren. Aber auch für sie ist das alles bereits Vergangenheit, sie beobachtet seit Kurzem einen neuen Prozess und erfährt nun ihrerseits gerade von Ghost, dass Fi und Jack offenbar Nägel mit Köpfen gemacht haben. Ihr überraschtes Nachhaken zeigt Ghost, dass das Ganze extrem frisch sein muss, wenn noch nicht mal Kit davon weiß – und das macht es für ihn noch schlimmer, wenn das überhaupt möglich ist. Kit hat keine Ahnung, wie sie Ghost trösten soll. Er winkt ab, sie habe schließlich einen Gast, er komme schon klar, und so geht er, bevor Kit ihn aufhalten kann.

 

Ghost setzt sich auf seine Meltdown und fährt in die Mojave nördlich von Palm Springs hinaus, und die PCC-Patrouillen verzichten darauf, ihn zu kontrollieren, weil sie den offensichtlichen Amerindianer für einen Bürger halten. In der Wüste abseits der Straße schreit er seine Wut hinaus, setzt sich dann hilflos hin und beobachtet den Sonnenuntergang. Es wird bald bitter kalt, aber er bleibt dennoch eine Stunde sitzen, weil er in seiner Hilflosigkeit einfach nichts mit sich anzufangen weiß.

 

Fi textet Jack, dass Ghost zurück im Sprawl ist und sich gar nicht hatte trennen wollen, dass es ein Missverständnis war. Jack verfällt in Panik, ruft sie an, sie antwortet nicht, und er fährt rüber. Sie meint tonlos, sie habe Ghost halt weggeschickt, weil es vorbei ist. Jack setzt sich mit ihr auf die Couch und nimmt sie vorsichtig in den Arm, Fi schmiegt sich zu seiner Erleichterung in seine Umarmung, aber sie bleibt ganz ruhig dabei, und schweigend liegen sie stundenlang da.

 

Sonntag, 08.01.2062

 

Jack nimmt seinen Mut zusammen und ruft Ghost an.

 

Ghost: What do you want?

Silver: Look, man, if you'd been around, I would've talked to you.

Ghost: Let me guess: You didn't wanna do it by commlink.

Silver: Yeah.

Ghost: You're doing it by commlink right now.

Silver: Because I couldn't—

Ghost: Now that it's a done deal, you're doing what you should've done before you sunk your teeth into Fi. Only you didn't know if anyhing could happen between the two of you then, and you didn't wanna risk that, right? Better do it with me not around. True man of honor.

Silver: Ghost, I know how it looks—

Ghost: The only reason I won't touch you is your daughter. But don't ever tempt me by showing your face again, 'cause I can't guarantee you'll live.

 

Die nächsten Tage verlaufen dem Anschein nach normal, aber jeder, der Ghost und Star kennt, spürt den tiefen Graben. Ghost organisiert sich eine schrottige Übergangsbleibe in Inglewood (unabsichtlich nur ein paar Autominuten von Poisons Ecke Westchester entfernt) und informiert seine Kontakte, dass er wieder da ist, bleibt aber privat unter dem Radar.

 

Das nächste Mal, dass sich Kit und Fi treffen, bringt Kit natürlich auch den Elefanten im Raum zur Sprache.

 

Kit: So... now that Ghosts's back in town—

Fiona: Doesn't change a thing.

Kit: He's clearly hurting—

Fiona: Just a taste of his own medicine. Should've chosen his words more carefully, then.

 

Und damit wechselt sie das Thema, und Kit spricht es nicht wieder an.

 

Freitag, 13.01.2062

 

Kit berichtet Cutty, als sie ihn das nächste Mal trifft, von der Situation, und er fällt aus allen Wolken. Star und Ghost sind seit einem Monat getrennt, und er wusste nichts davon? Das wäre seine Chance gewesen, die Chance, auf die er seit Jahren wartet, und Fi verbrachte sogar Zeit mit ihm und sagte ihm nichts? Und nun macht sie für diesen Konzernsklaven die Beine breit? Er kann nicht verbergen, wie aufgewühlt er ist, und Kit wundert sich zwar, hat aber nach wie vor keine Ahnung davon, dass Cutty Star immer noch liebt. Es gibt ihr jedoch sehr zu denken, unter welch fadenscheinigen Ausflüchten sich Cutty entschuldigt und abhaut. Er sieht online im Kalender der Tanzschule nach und kann Fi so unangekündigt nach einer Tanzstunde abpassen.

 

Fiona (freundlich, aber überrascht): Hey, Cutty! What are you doing here?

Cutty (erregt): Separated since early December, and you don't say a peep?

Fiona (kühl): I didn't realize I was obligated to keep you posted on my love life.

Cutty: And now it's Quicksilver. (Er schnippt.) Just like that. Last time, you weren't ready for something new forever and a day, but this time you can't wait to get to the next one?

Fiona: Okay, you need to leave. Now.

Cutty: All I wanted was a chance! Haven't I waited long enough for one? Haven't I earned it?

Fiona: Out!

 

Wütend verweigert Fi jede weitere Fortsetzung des Gesprächs und schmeißt ihn raus. Cutty zittert vor Wut, und aus einem Impuls heraus ruft er Ghost an und verabredet sich mit ihm in der Crowbar. Auf dem Weg dorthin rasen seine ungeordneten Gedanken, aber er kriegt keine Struktur hinein und denkt nicht weiter in die Zukunft als ein paar Sekunden, weiß nicht mal bewusst, was er nun von Ghost will. Bei seiner Ankunft kippt er gleich ein paar Whisky-Shots, um sich zu beruhigen, bis Ghost kommt. Der wirkt ganz normal (Cutty will ja vermutlich irgendwas Geschäftliches), und sie plaudern erst mal darüber, was im Sprawl so passiert ist. Schließlich kommt Cutty darauf zu sprechen, dass er gehört habe, was mit ihm und Fiona ist, und er hört sich selbst sagen, dass er Ghost nur habe wissen lassen wollen, dass es ihm leid tut, aber nicht so unpersönlich per Kommlink. Ghost nimmt das, was nach Respekt und Anstand aussieht, positiv überrascht zur Kenntnis, bedankt sich dafür, möchte aber nicht weiter über Fiona sprechen. Cutty geht also sofort zum nächsten geschäftlichen Thema über.

 

Was tut er gerade hier? Wollte er sich an Star rächen, indem er Ghost verrät, dass er mit ihr im Bett war? Will er sich an Ghost rächen für Jahre des Wissens, dass die Frau, die seine sein sollte, es gerade mit einem anderen treibt? Will er sich an kleinsten Anzeichen von Trauer in Ghosts Verhalten weiden und sich 'Ha, jetzt weißt du auch mal, wie das ist!' denken? Oder will er gerade einfach nur Zeit mit dem einzigen Menschen verbringen, dem das Herz so gebrochen wurde wie ihm, auch wenn Ghost das gar nicht ahnen kann? Cutty weiß es selbst nicht.

 

Montag, 16.01.2062

 

Ghost ist wieder gut im Geschäft und erledigt wie die meisten anderen auch seine üblichen Ein- oder Zwei-Mann-Aufträge. Heute bekommt er einen kurzfristigen Gig für ein Team: Sicherung einer Übergabe und Transport zum Ablageort. Stu und Machine sind gerade wieder zum Waterjacking in der Northern Crescent unterwegs, Kestrel, Cutty, Talon und andere sind gerade ausgebucht, aber Mercury hätte kurzfristig Zeit. Als nächstes ruft Ghost Kit an, die auch zur Verfügung stünde, doch sie weist darauf hin, dass drei Leute für diese Größenordnung etwas mager sind, wenn Mercury obendrein am Steuer sitzt. Es steht unausgesprochen im Raum, aber Kit kann es unmöglich sagen und Ghost unmöglich tun: Star oder Quicksilver anrufen. Also ruft er noch mal Mercury an und sagt ihr, dass sie Poison mitbringen soll. (Er weiß natürlich über das Alamo und den letzten Gig Bescheid.)

 

Poison versucht sich ihre Nervosität nicht anmerken zu lassen, als sie mit Mercury zum Treffpunkt fährt. Kit schüchtert sie allein durch ihre kalte Art total ein, Ghost ist etwas umgänglicher, aber auch professionell distanziert und nicht annähernd so einnehmend wie Star. (Von der ganzen Geschichte ahnt Poison auch gar nichts.) Da sie gute Erfahrungen damit gemacht haben, wird Poison mit ihrem Sportgewehr auf einem Flachdach postiert. Mercury fährt den von Mr. Johnson zur Verfügung gestellten Van, Ghost und Kit warten. Drei Autos kommen an, Kit lässt den Chip verifizieren, der die Bezahlung sein soll, und die Ware wird in den Van geladen. Tatsächlich scheint alles reibungslos zu funktionieren, damit das Team die Konzentration sinken lässt, aber Poison sieht von ihrem Ausguck aus, dass Schatten durch die Dunkelheit schleichen, um die drei da unten einzukesseln. Sie gibt einen kurzen Hinweis ab und feuert, und unten eröffnet Ghost das Feuer, während Kit sich mit dem Katana in den Nahkampf stürzt. Professionell kündigt Poison einen Positionswechsel an, und Mercury sorgt mit dem Van für Deckung, lässt Ghost und Kit einsteigen, zerquetscht einen Gegner an einem anderen Auto, rammt sich hindurch und rast los. Poison hat einen zeitlich begrenzten Code für den Quattro bekommen, um ebenfalls türmen zu können.

 

Ein Auto nimmt die Verfolgung auf und versucht, Mercury zu rammen, aber sie rammt es ihrerseits und schickt es in einem schönen Crash in parkende Autos. Am Ablageort wird der Van abgestellt, Kits Americar und Ghosts Meltdown sind ebenfalls schon hier geparkt, und Poison kommt mit dem Quattro an. Gute Arbeit, Bezahlung, Trennung.

 

Dienstag, 17.01.2062

 

Billy und Cutty trinken etwas im Razor's Edge, und Cutty meint gut gelaunt: "Siehst du, ich hab dir doch gesagt, ich bring dich da rein." Er hatte damit gar nichts zu tun, das lief über Meryl, aber er glaubt das vermutlich wirklich. Billy belässt es dabei – damit fährt man bei Cutty am besten.

 

Chandra ist noch im Krankenhaus: Die Transplantation verlief gut, aber sie muss natürlich noch dort bleiben. Fi und Jack essen bei ihm zu Abend und unterhalten sich darüber, wie mager die Auftragslage bei Jack aussieht: Er hat lediglich zu Bono einigermaßen Kontakt, von dem nur Mini-Aufträge für einen oder zwei Hunderter kommen, alle lukrativeren Jobs liefen immer über Ghost. Fi tröstet ihn, dass sich die Situation normalisieren wird. Sie hat Geld wie Heu und könnte jahrelang von ihrem Ersparten leben, ohne ihr Niveau senken zu müssen, aber Jack schuldet ihr sehr viel Geld und will sein eigenes verdienen. Es nagt an ihm, dass er zwar dank Ghost da gelandet ist, wo er heute steht, aber auch nur als sein Teammitglied gilt – mit den Gigs gehen die Leute zu Ghost, nicht zu ihm. Für Fi war es nie ein Problem, sie musste sich nie mit Schiebern befassen, das regelte ja Ghost, und er sorgte für Arbeit. Auch ihr Kommlink schweigt, soweit es das Biz betrifft. Sie verspricht Jack, sich umzuhören, sie wird sicher etwas auftun können. Dabei weiß sie aber zweierlei: Die, die sie selber kennt, sind nicht viel besser als Bono, und die, die Ghost kennt, werden niemals sie anrufen, wenn sie Ghost anrufen können – und was soll sie ihnen denn sagen, warum sie ihre Nummer ebenfalls abspeichern sollen? Verdammt, hatte Hemingway nicht versprochen, der Mr. Johnson hinter dem Poseidon-Run würde sich wieder melden wollen?

 

Freitag, 20.01.2062

 

Zur Kontaktpflege trifft sich Ghost mit Pride zum Abendessen, und sie hat ihn ins schicke Iris bestellt – im Gegensatz zum Moonlit Mile letztes Jahr vor dem Denver-Run immer noch gehoben, aber ohne Abendgarderobenzwang. Sie hat sich seit dem letzten Mal überraschenderweise ihre langen Rastalocken abgeschnitten und trägt jetzt einen frechen Kurzhaarschnitt, aber ansonsten sieht sie wie erwartet wieder offenherzig und sehr heiß aus, und Ghost fragt sich, ob der Straßenfunk auch sie erreicht hat, obwohl sich ihre Kontakte nicht überschneiden. Während des Essens unterhalten sie sich über das Biz, aber sobald abgeräumt wurde, kommt Pride zum Punkt.

 

Pride: Sorry to hear about you and Starlight.

Ghost: No, you're not.

Pride: No, I'm not.

Ghost: You know I've never felt comfortable around folks who can assense me at any given moment?

Pride: You've been in a relationship with Starlight for years.

Ghost: That's different.

Pride: How?

Ghost: I trusted her.

Pride: And you don't trust me?

Ghost: Of course not.

Pride: Clever boy. But you can trust that I want you to pound me like there's no tomorrow. The great thing about assensing – what I'm doing right now – is I can instantly see the reaction to whatever I do or say.

Ghost: Is that right?

Pride: Oh yes. And I can put pictures in your mind and observe what you do with them.

 

Sie sieht ihm tief in die Augen, und plötzlich hat er extrem plastische Szenen vor Augen, wie er es wild mit Pride treibt – sie schickt sie ihm einfach per Mindlink. Überrascht rutscht Ghost auf dem Stuhl zurück und sperrt ihren Einfluss sofort aus.

 

Pride: Like what you see? Now you got an idea of my assets. Had to use my imagination with yours, though. Gotta admit, the size of your dick in my ass – wishful thinking, but here's hoping.

Ghost: Anybody ever tell you that's molestation?

Pride: Don't tell me you didn't like being molested just now.

Ghost: That's right, I didn't. Never – never, Pride! – do that again, or I'm out.

Pride: As you wish. I won't. Unless you ask me to.

Ghost: And stop assensing me.

Pride: I don't know about Starlight, but for me it's second nature. I'm doing it all the time. That's like asking you to not listen to the music playing in the background. As long as you concentrate, you may block out the sounds, but in a minute you will listen again without even noticing it.

Ghost: Then at least don't do it deliberately.

Pride: I'll try.

Ghost: Frag it, you're a handful.

Pride: You like me the way I am. (Ghost sieht sie strafend an.) I'm not assensing. But I've assensed you so often, I know by now. And I know you fantasized about me.

Ghost: Pride. Enough already.

Pride: You don't like a woman to have power over you, do you? Of course you wouldn't, you follow Wolf. I wouldn't either. But sometimes it's very tantalizing – under the right circumstances.

Ghost: Seriously? We're still not changing the subject?

Pride: You don't really want me to change it, because you like the bulge I gave you just now. (Sie blickt nur kurz in die Richtung, obwohl sie natürlich nicht durch den Tisch blicken kann.)

Ghost: Okay, to get this off the table, I'm not sleeping with you. I thought we'd gone over that. What the frag brought this on anyway?

Pride: I left you alone because I respected your wishes. You were in a relationship, a happy one even. Now that you're not anymore, you're fair game. That's what I do, Ghost. I hunt.

Ghost: It's this kinda drek that screws everything up, and in the end the team suffers. Gotta keep business and private life separated.

Pride: Look who's talking, coming fresh out of a long-term relationship with a team-mate.

Ghost: Exactly. Best example right there.

Pride: I don't want you to bring me breakfast in bed and introduce me to your folks, Ghost. I wanna fuck you.

Ghost: I can't believe we're still talking about this. Look, Pride—

Pride: Zuwena. We're in private, you can say my name.

Ghost: Look, Pride, that's what I meant by business and private life separation. I'd just use you for my own ends. Wouldn't have anything to do with you.

Pride: If you turn out to be strong enough to use me, you've earned using me. There are very few men I'd even consider allowing to.

Ghost: And when you have what you want?

Pride: Maybe I'll laugh you out of the bedroom, maybe I'll want the first taste in the morning to be your cum and not my coffee. Who can tell? Only one way to be sure. (Nach einem tiefen Blick spricht sie viel leutseliger weiter, während sie aufsteht.) Tell you what. You can take me dancing and pretend all night long that you're just having a good time and taking your mind off things, and that nothing's gonna happen for sure. (Sie verlässt den Tisch) Be a doll and take care of the tab.

 

Ghost ist noch immer überrumpelt von ihrer aggressiven Vorgehensweise, und er steht auf, hört sich selbst nichts sagen, obwohl er hier definitiv einen Punkt machen sollte, zahlt und folgt ihr hinaus. Pride hat ihn unglaublich angeheizt – es ist ihm noch nie passiert, dass ihm jemand Gedankenbilder geschickt hat, und dann auch noch solche! –, und er hat Fi vor Augen, seine Fi, die sich von Jack vögeln lässt, und sagt sich: 'Warum eigentlich nicht? Immerhin bringe ich hier im Gegensatz zu euch beiden keine Emotionen ins Spiel.' Draußen fragt ihn Pride: "Wo stehst du?", folgt ihm einfach zu seinem Motorrad und setzt sich ihrem Kleid zum Trotz hinter ihn und schlingt die Beine um seine Hüfte, während sie via Kommlink ihrem Maserati Follow befiehlt. Also überlässt sie ihm die Wahl, und er steuert den nahe gelegenen Nachtclub $€Ŧ an. Es folgen zwei Stunden heißer Tänze, bei denen Pride alle Register zieht und zeigt, dass sie sich auch ganz ohne Magie darauf versteht, einen Mann heiß zu machen. Schließlich küsst sie ihn beim Tanzen, macht daraufhin aber weiter, als sei nichts gewesen, anstatt endlich zu fragen, ob sie nach Hause wollen. Später tanzt sie eng mit ihm, schiebt vorn ihre Hand in seine Hose, flüstert ihm dann verlockend ins Ohr, dass er ihr nicht übel nehmen dürfe, zu kontrollieren, ob es sich lohnt, und beißt in sein Ohrläppchen, um zu zeigen, dass sie zufrieden ist. Irgendwann geht Ghost auf, dass er, egal, wie scharf sie auf ihn sein mag, sie trotzdem erobern muss – dafür reicht es nicht, passiv zu bleiben, also drückt er sie an sich, und seine Stärke und Größe und Dominanz sind genau das, was Pride will. Nun ist es an ihr, lächelnd den Kopf wegzudrehen, wenn er sie zu küssen versucht, und stattdessen ihren Hals darzubieten. In der Öffentlichkeit hat sich Ghost noch nie so aufgeführt, aber Prides Spiel macht ihn tatsächlich an.

 

Nach einem Schnitt betreten sie Prides neues Apartment in der Duquesne Ave. in Culver City, der nächstbeste hohe Lebensstil nach Studio City und Westside. Geschmackvoll mit moderner afrikanischer Kunst eingerichtet, beim Reinkommen werden stimmungsvolles Lichtschema und afrikanischer Chillout aktiviert – der Navajo wirkt hier wie ein Fremdkörper, hat aber nicht nur das Gefühl, die sprichwörtliche Höhle der Löwin zu betreten, sondern weiß auch zu schätzen, dass sich Pride ihm tatsächlich so privat präsentiert – denn mit der eigenen Wohnung (anstelle eines Safehouses) gibt man ja auch einen Einblick in sich selbst preis.

 

Die ruhig-treibende afrikanische Musik, das geschickt zusammengestellte Räucherwerk, das Pride entzündet, ihre Schönheit und Ausstrahlung erzeugen eine ganz einzigartige Atmosphäre, die Ghost nicht erwartet hatte, und er bekommt das vage Gefühl, dem Menschen Zuwena hier näher zu sein und nicht der Rolle, die sie spielt – auch wenn der Unterschied am Ende vielleicht gar nicht groß sein mag.

 

Anstatt auf Angriff zu gehen, mixt sie Drinks, träufelt aus einem tribal aussehenden Holztiegelchen noch ein paar Tropfen in seinen und aus einem anderen in ihren: "I expect great things from you, Wolf." Ghost setzt an, sie hakt geheimnisvoll nach: "I thought you didn't trust me?" Ghost hält nur kurz inne und trinkt trotzdem.

 

Pride serviert ihm nichts auf dem Silbertablett, sondern fordert ihn heraus, gröber und fordernder vorzugehen, was im Bett gar nicht sein Naturell ist. Es ist weniger ein Geben und Nehmen als ein ständiges Ringen um Dominanz, bei dem Ghost seine Kraft dosieren muss, weil er ihr nicht weh tun will, sie sich aber auch überraschend stark zur Wehr setzt und ihn zu beherrschen versucht. Sie will im Wechsel bezwingen und bezwungen werden – würde Ghost nicht mitziehen, würde sie mit ihm Schlitten fahren und ganz schnell das Interesse an ihm verlieren, würde er sie nur niederhalten, wie er es körperlich leicht könnte, ginge das völlig gegen seine Natur wie auch gegen ihre. Er findet eine wirklich gute Mitte und einen Rhythmus, der sich erstaunlich organisch anfühlt – sie sind einander nicht gewöhnt, "clicken" aber miteinander, als seien sie es. Der wilde, harte Sex passt gar nicht zu den hypnotischen Klängen und tut es irgendwie doch. Ghost hatte gerade während der schweren Zeit mit Fi manchmal darüber nachgedacht, wie es mit Pride sein würde, aber es ist tatsächlich viel mehr, und er ist sich nicht sicher, ob sie nicht Magie einsetzt, damit sich das hier so urtümlich anfühlt, wie es das für ihn tut. Danach liegen sie ausgepowert auf der Zebra-Bettwäsche.

 

Pride: Right now you're thinking: 'Now she's had sex with both of Starlight's lovers. Zuwena's the only other woman in the world who can gauge who's better in the sack.'

Ghost: Drek, will you ever stop?

Pride: Do you wanna know?

Ghost: No.

Pride: Liar. You're dying to know if Jack can satisfy her as good as you.

Ghost: If you're reading my mind anyway, why bother with asking questions?

Pride (lacht leise): I'm gonna let you into a little secret. We Awakened all do the same when we assense. We assense moods, sometimes more specific emotions, but very rarely exact thoughts. Assensing those takes years of practice. I'm closer to being able to read minds than most, but the biggest factor is deduction. Guessing what you're thinking isn't exactly rocket science, though.

Ghost: Great. You're still wrong. I don't wanna know.

Pride: You don't want to want to know. (Sie winkt lächelnd ab.) I'm well-bred, I won't tell. If I did and you came out the winner, you'd have to wonder if I'm biased. You know I've always wanted you anyway, and Jack's not my type.

Ghost: So why'd you sleep with him?

Pride: I didn't sleep with him, I fucked him.

Ghost: Where's the difference?

Pride: Maybe one day I'll tell you.

Ghost: Okay. So?

Pride: It pissed me off that he couldn't take his eyes off Starlight. So I took him. On a whim.

Ghost: Wait, what? You... you had sex with him in Kingston, right?

Pride: Yes. (Ghost denkt missmutig nach.) You never noticed that he yearned for your girlfriend?

Ghost (geistesabwesend): Never paid those things no mind.

Pride: Not the jealous type, sure of yourself. Good for you, Wolf. (Pause.) You thought she sparked his interest when you were gone for a month, didn't you?

Ghost: That's... that's what she told me.

Pride: Make no mistake, his interest in her goes back much longer. But maybe she didn't know that. (Sie dreht sein Gesicht zu ihr.) Unlike you, I am the jealous type. When you're with me, be with me. You can moon about Starlight all day long for the rest of your days for all I care, but not in here. In here I deserve your full attention.

Ghost (schnaubt lächelnd): Well... at least you haven't laughed me out of the bedroom... so far.

Pride: Don't flatter yourself. Maybe it's just because of the lack of selection.

Ghost: You wanna go again?

Pride (lachend): Hell, no! I'm sore, and I suppose you're gonna be too in the morning.

Ghost:What the frag did you put in my drink?

Pride: Just a little something to pump more blood. Makes you bigger and harder and last longer, but stretches the skin, as you'll notice in the morning. Told you I expected great things from you.

 

Samstag, 21.01.2062

 

Ghost erwacht von Prides leisen Schritten durch die Wohnung – sie ist bereits geschminkt und trägt ein sehr hübsches, afrikanisch-grellbuntes Kleid, und ein Blick auf die Uhr verrät, dass er neun Stunden geschlafen hat. Er schläft an unvertrauten Orten generell leicht und viel zu wenig, selten mehr als vier Stunden. Was zum Henker war in dem Drink gestern?

 

Pride: Good morning. (Sie wirft ihm eine Salbe zu.) For your cock.

Ghost: Good morning. Hope it's just for the soreness and not for gonorrhea or something.

Pride (lächelnd): Wewe ni chomo. I decided to let you sleep – you seemed to need it. I've already had breakfast, but you can have some if you want.

Ghost (setzt sich schlaftrunken auf): What's on the menu?

Pride: Fatira. It's a traditional Ethiopian breakfast, a large, crispy wheat flour pancake with tomatoes, hot peppers, scrambled eggs and honey. All natural ingredients.

Ghost: Of course, you wouldn't go for less. Sounds good.

Pride: Great. Kitchen's over there. (Ghost sieht sie leicht überrascht an, muss dann grinsen, sie grinst zurück.) Even if you had been Haile Selassie between the sheets – which you weren't – the man I serve hasn't been born yet.

Ghost: Damn. Well, it's always good to have room for improvement. Perfection's boring anyway.

Pride (stellt sich vor ihn, sieht zu ihm runter und hebt sein Kinn): I'll be honest with you. Last night... I'd like to do it again. (Ghost sieht sie abwartend an.) Doesn't mean we're engaged or something.

Ghost (schmunzelnd): Good. So at least it wasn't horrible.

Pride (lächelnd): It was... (Dann neutraler:) It was all right.

 

Sie wendet sich wieder ab und huscht durch die Wohnung, um ihre Ohrringe zu suchen. In den letzten 30 Sekunden, seit sie auf ihn zutrat, wirkte Zuwena menschlicher und verletzlicher als das ganze Dreivierteljahr, das er sie schon kennt, und aus Respekt nimmt er diese Verletzlichkeit nach außen nicht zur Kenntnis, um sie das Gesicht wahren oder sich der Illusion hingeben zu lassen, dass er nichts bemerkt hat. Er duscht also und frühstückt, sie leistet ihm Gesellschaft und freut sich, wie gut ihm traditionelle äthiopische Küche schmeckt.

 

Ghost: Are you kidding me? This is great!

Pride (gießt den Kaffee in eine Porzellantasse): Try some. Ethiopia isn't only the cradle of humanity, but also the cradle of coffee. We invented it.

Ghost (trinkt, stockt): Holy...

Pride: Too hot?

Ghost: No, it's fine, it's just... Drek, how do you sleep at night, drinking this regularly?

Pride: You may have to have grown up with it.

Ghost: Man, this kills you and wakes you right back up again. So this is the mother of all coffees.

Pride: Yes and no. Ethiopian beans in an Ethiopian jebena (Sie zeigt auf die tönerne Kanne.), but I like to drink it Somali style, with cardamom and cinnamon. Like back at home.

Ghost: Wait, so are you Ethiopian or not?

Pride: Kind of. The bulk of Ethiomalia is Ethiopia, but I was born in Mogadishu, so I'm Somali, though I'm Ethiopian on my mother's side. My father spoke Swahili, my mother spoke Amharic, so you could say I'm the best Ethiomalia has to offer.

Ghost: Not gonna argue with that. What's Ghost-Who-Walks-Inside in Swahili?

Pride: Mzimu unaoingia ndani.

Ghost: And in Amharic?

Pride: Wede wisit’i yemīhēdi menifesi.

Ghost: Both a mouthful. And just Ghost?

Pride: Menifesi in Amharic. Or Mzimu.

Ghost: Mh. Neither rolls off the tongue. Wait, Mogadishu isn't where you lived, right?

Pride: Lagos.

Ghost: Where's that again?

Pride: Technically within the Kingdoms of Nigeria, but it's a Free City.

Ghost: Nigeria, that's West African, right? Ethiomalia's East African?

Pride: Nice. Did you look it up to impress me? Yes, that's right.

Ghost: So you had to learn yet another language? Like, uh, Nigerian?

Pride: In the Nigerian Kingdoms you wanna speak Yoruba and Igbo and Hausa, but you get by with French. Even a brilliant mind like mine can only learn so much. (Ghost sieht sie ironisch an.) Hey, I had to concentrate on learning how to tell the laws of physics to shut up and sit down. I'm fluent in four languages, can you match that, backstreet thug?

Ghost: Uhm, yeah, actually. (Pride sieht ihn erstaunt fragend an. Ghost zählt an den Fingern ab.) Let's see: English, obviously. Diné bizaad, of course. A little Western Apache – Mescalero and Chiricahua, that is –, a little Eastern Apache – that's Jicarilla, Kiowa and Lipan – and the Plains Sign Language.

Pride (verblüfft): No way you're proficient in more languages than me.

Ghost (leise lachend): No, you got me beat. I'm not fluent in any Apache language. I get by, but I'm not fluent. So, three. You beat me fair and square.

Pride (nickt, dann nach einer Pause): You almost had me picking up another language.

 

Wow! Selbstironie hat Ghost noch nie bei ihr erlebt. Sie haben sich ganz normal unterhalten, aber Ghost weiß genau: Dieses Gespräch hätte so niemals vor gestern Nacht stattgefunden. Zuwena wirkt ganz normal, aber sie öffnet sich ihm subtil und doch bemerkenswert. Sie scherzen noch etwas miteinander, und irgendwann muss Ghost los und verabschiedet sich. Zuwena schließt die Tür hinter ihm und betrachtet sie nachdenklich. Sie hatte ihn von dem Moment an gewollt, in dem er sich ihr vorstellte, und sie wollte ihn umso mehr, je weniger sie ihn haben konnte. Nun hatte sie ihn, und sie hatte nicht wirklich erwartet, dass es sich so gut anfühlen würde, wie sie es sich gewünscht hätte.

 

Auch für Ghost war das keine Nacht wie jede andere. Ohne es genauer einordnen zu können, ist er sich sicher, Zuwena viel näher gekommen zu sein, sie besser kennen gelernt zu haben – und das liegt nicht nur daran, dass er jetzt weiß, wie sie sich anfühlt, wie sie schmeckt, wie sie klingt, wenn sie kommt, und auch nicht an den zusätzlichen Infos über ihre Herkunft. Dass sie nicht nur so sein kann, wie sie sich gibt, war ihm schon immer klar, denn auf der Straße spielen alle nur eine Rolle, die einen mehr, die anderen weniger. Auch sie ist nur ein Mensch, der versucht, nicht wie einer zu wirken, um sich selbst zu schützen. So wie er selbst. So wie jeder andere. Außer Fi...

 

Freitag, 27.01.2062

 

Jack trifft sich zum Frühstück in Beverly Hills mit Estella Van Leuwen, die schnippisch darauf hinweist, dass es vorher einfacher war, ihm einfach einen Auftrag zuzumailen, anstatt sich großartig mit ihm treffen zu müssen, erkundigt sich dann aber höflich nach seiner Tochter.

 

Schnitt auf Fiona und Chandra, die im Topanga State Park joggen – Chandra sprudelt nach mehr als einem Jahr ohne Gliedmaßen über vor Glück.

 

Estella fragt Jack, ob er Persephone Eklund (Daphne Guinness) kennt – natürlich, wer nicht! Schon als kleiner Junge war er in das exzentrische It-Girl verknallt. Ihre 75 Jahre sieht man ihr dank Leonisation, Zellwäsche etc. nicht an, und nachdem sie jahrelang privat nur für sich selbst vor sich hingemalt hat, hat sie nun vor Kurzem verraten, dass sie mit dem Gedanken spielt, ihre Bilder auszustellen. Seitdem sind alle Veranstalter an ihr dran, natürlich auch Affiliated Artists, aber das Feedback der Agenten war deutlich: Bisher konnte nur Galaxy, eine Amalgamated-Studios-Tochter, die launische Diva überzeugen – und die werden wohl den Zuschlag kriegen, weil sich Persephone, die Geld wie Heu hat, andere Angebote gar nicht erst anhört. Estella will nun zu unkonventionellen Mitteln greifen: Sie überspielt Einladungen auf Jacks Kommlink und meint, er soll sich die Lady greifen, mit der er an Peter Stanski dran war, und Eklunds Ausstellung zu Affiliated Artists holen. Jack erinnert sich an seinen Stunt bei Zaza, wo er ja zumindest Eindruck hinterlassen hatte, und nimmt an, dass das den Ausschlag gab, diesen Deal ausgerechnet in seine Hände zu legen. Er sieht sich bestätigt, als er das Dossier in seine HeadMem lädt und feststellt, dass auch sein Report von der Bijou de la Mer dabei ist.

 

Die Einladung ist für morgen Abend in Hollywood. Dass er diesen Job so kurzfristig bekommt, deutet darauf hin, dass Estella darum kämpfen musste, ihn zu engagieren, und in letzter Minute das Okay dafür bekam. Auf dem Heimweg ruft er sofort Flavius McRae an und lässt sich mit dem versorgen, was nicht im Dossier steht: den aktuellsten Gerüchten aus der Welt von Glitter und Glamour.

 

Zuwena hat ihre Verzauberungsarbeit, die den größten Teil ihrer Zeit in Anspruch nimmt, aber dennoch ärgert es sie, dass sie hin und wieder an Ghost denken muss. Sie war sicher gewesen, nachdem sie ihn erst mal hatte, würde sie das Interesse an ihm verlieren, weil der Jagdtrieb dann ja befriedigt wäre – aber so ist es nicht. Sie gestattet sich nicht, bewusst über ihn nachzudenken, und ist unzufrieden mit sich, wenn sie es doch tut. Auf gar keinen Fall will sie sich emotional an irgendjemanden binden – schon gar nicht an Geschäftspartner, was dabei herauskommt, hat man ja gesehen –, doch Kontakte sollte man pflegen, oder? Sie fragt nicht, sondern schickt ihm einfach eine IM: "Safari, W 39th St, 9 PM." Zwei Stunden später erhält ihr Termin im Kalender den grünen Bestätigungshaken.

 

Sie kennt den Betreiber des ivorischen Restaurants in Little Africa (Leimert Park) und darf sich hinter den Kulissen aufhalten, weil sie nicht beabsichtigt, allein an einem Tisch zu sitzen, als warte sie auf jemanden. Sie spürt tatsächlich Freude, als sie Ghost eintreten sieht. Als er am Tisch sitzt, gesellt sie sich nun auch dazu ("Wartest du schon lange?"), und das Essen verläuft ganz normal, aber beide wissen vom anderen nicht, was er plant. Wird das jetzt ein ganz normales Abendessen oder geht man miteinander ins Bett? Will das Gegenüber das denn?

 

Ein Warnsignal aus Ghosts Kommlink kommt dazwischen: Barnaby Wylde sendet seine Location mit einem Hilferuf in die Gruppe, unter der er auch Ghost abgespeichert hat. Das ist ganz in der Nähe, Ghost muss los, auch wenn er indianisch gut gekleidet und nur leicht bewaffnet ist. Pride, auch nur im luftigen afrikanischen Hosenanzug, kommt kurzerhand mit.

 

Nur ein paar Minuten später nähert sich die Meltdown dem Punkt: eine Seitengasse, aus der man Rufe ("Komm raus, du feige Sau!") und Lärm hört. Pride macht Ghost unsichtbar, er schaut nach und sieht, wie sich vier Ganger an einer Stahltür abmühen. Da er weder die Gang erkennt noch weiß, wie ernst die Situation ist, schleicht er sich erfolgreich unsichtbar an, um in dem Moment, in dem er sichtbar wird, im Nahkampf alle vier auf die Bretter zu schicken. Einer jedoch zieht ein Messer und bringt Ghost damit eine hässliche Wunde bei, die die Orthoskin durchdringt, bevor Ghost ihm den Arm verdreht, bricht und ihn ausknockt. Er hämmert gegen die Tür, Barney könne jetzt rauskommen, und so lernt Pride den britischen Schieber kennen, der von der schönen Afrikanerin auch sofort hingerissen ist. Ghost muss sich verabschieden und zum nächsten Straßendoc, um seine Wunde kleben zu lassen, und lässt für Pride ein Taxi kommen. Schade, aus heute Nacht wird wohl so oder so nichts.

 

Samstag, 28.01.2062

 

Ghost ruft Barney an und macht ihn darauf aufmerksam, dass er sich überlegen kann, wie er die Arztrechnung wiedergutmacht.

 

Jack staunt, als er das Outfit sieht, das sich Fi ausgesucht hat (Paket Evening 01). In Mode- und Geschmacksfragen ist sie unschlagbar, und weil Persephone Eklund nie altmodisch, aber auch nie modern ist, sondern eher zeitlos, dabei aber immer originell und nicht zu grell, hat Fi ihre Komposition aus Kleid, Schuhen, Makeup und Schmuck darauf abgestimmt. Jack denkt an den Stanski-Auftrag zurück und ist jetzt unglaublich stolz darauf, dass er nicht mehr nur so tut, als sei er mit dieser Frau zusammen.

 

Fi sieht das nüchterner. Sie findet es gut, so einen edlen Auftrag ausführen zu können, aber dass sie ihm gewachsen ist, ist keine Frage – dafür ist sie im wahrsten Sinne des Wortes gemacht.

 

Im Razor's Edge telefoniert Sailor Jones und nimmt dann Poison beiseite, ob sie ihr ganz kurzfristig einen Riesengefallen tun kann.

 

Jack und Fi erreichen die Party und mischen sich unters Volk. Es ist nicht so grell und um jeden Preis ausgefallen wie damals auf der Bijou de la Mer, sondern gedämpfter und klassischer, aber wer es sich leisten kann (oder zu können glaubt), kommt bunter daher. Die beiden wissen, dass, wer an Persephone herankommen will, das meistens über ihre Lebensgefährtin Catrail Ginsberg (Sandy Powell) versucht. (Diese ist ebenso alt wie Persephone, hat aber wegen der später einsetzenden Karriere auch erst später mit Verjüngungsmaßnahmen angefangen und sieht daher älter aus als Persephone, wenngleich man auch ihr die über 70 nicht ansieht, sondern sie für Mitte 60 halten würde.) Weil das aber jeder versucht, geht sie bei Unbekannten stark auf Abwehr, also ist das nicht vielversprechend.

 

Erst mal kann man sowieso nicht mit der Tür ins Haus fallen, sondern muss sehen und gesehen werden, also gehen die beiden auf die Tanzfläche und machen dort eine erwartet gute Figur. Fi askennt immer mal kurz und sieht die tiefe Zuneigung und den Stolz in Jacks Aura. Sie schaltet sofort wieder auf Normalsicht um, weil sie ein schlechtes Gewissen hat, dass es ihr nicht ebenso geht. Er sieht gut aus, ist sympathisch, wirkt authentisch in seinem geschmackvollen Anzug, ist gesellschaftlich smooth – er bringt doch wirklich alles mit, worauf eine Frau bei ihrem Freund stolz sein könnte.

 

Ghost ist zur Kontaktpflege heute Abend mit Meryl im Crazy Horse verabredet. Sie hat sich bei der Wahl des Treffpunkts nichts gedacht, aber Ghost erinnert der Club natürlich an Fi, weil sie hier ein paar tolle Abende hatten, auch mit Stu und Meryl. Was soll's, er macht das Beste daraus und hofft, dass Meryl nicht das Thema Fi anspricht, denn er hat gehört, dass sie neulich auch erst gemeinsam auf der Piste waren. Meryl verschont ihn damit, sie tanzen ein bisschen und haben Spaß.

 

Plötzlich erkennt Jack in der Menge Cesar Chennault wieder. Weil er erst frisch seinen Report gelesen hat, weiß er auch gleich wieder, dass Cesar bei Zoé arbeitet. Er erringt seine Aufmerksamkeit, Cesar lächelt zurück, und Jack sieht ihm an, dass er ihn nicht einordnen kann und sich daher wieder wegdrehen will – aber als er Fi sieht, ist ihm das egal, und er kommt rüber und begrüßt Jack herzlich. Der ist total smooth und flüstert ihm "Kyle Mancini, Armanté" ins Ohr – zwar aus purem Eigennutz, weil er so nach außen von einem aus der Szene wiedererkannt wird, aber trotzdem hat er Cesar eine Brücke gebaut und lässt ihn vor allem vor der Frau gut dastehen, die Cesar gern kennen lernen möchte. Fi ist der Charme in Person und stellt sich als Dove Bremner vor.

 

Was hat Jack zu verlieren? Das ist seine einzige Chance, denn Cesar kennt Persephone garantiert, also fragt er ihn, ob er ihn ihr vorstellen könnte. Aber natürlich!

 

Als er wieder gegangen ist, raunt Fi: "Wie natürlich ist 'natürlich'?" Natürlich nicht sehr, aber Jack wird seinem Glück auf die Sprünge helfen und lässt Cesar diskret nicht mehr aus den Augen.

 

Meryl hat schon ein paar Shots getrunken und wird ein bisschen wehmütig. Sie bedankt sich bei Ghost dafür, dass er ihr immer die Steigbügel gehalten und ihr geholfen hat, sich zu etablieren. Sie hat das Gefühl, niemals aufzuhören, das Nesthäkchen zu sein, aber hey, das ist okay, denn nach außen hin gehört sie zu Ghosts Leuten – ihr Ruf könnte wirklich schlechter sein.

 

Mit Fi an seiner Seite fällt es Jack schwer, sich nur auf Cesar zu konzentrieren, und tatsächlich übersieht er eine Stunde später zunächst, wie Cesar mit einigen anderen bei Persephone steht, aber als er es bemerkt, begibt er sich dreist dazu, vorgebend, Cesar gesucht zu haben. Der muss den Ball jetzt aufnehmen und stellt "Kyle Mancini, Armanté" vor, woraufhin Jack Persephone sein charmantestes Lächeln schenkt: "Actually it's Darren Bremner, Affiliated Artists". Auf Cesars Kosten, den er eben blamiert hat, ist sein Einstand sofort erinnerungswürdig, weil man mehr wissen will: Warum stellt der Zoé-Typ einen AA-Typen als Armanté-Typen vor? Persephone reicht ihm mit neutraler Miene elegant die Hand zum Handkuss, und Jack denkt sich, dass sie oft genug von Speichelleckern belagert wird, also schüttelt er ihre Fingerspitzen, als hätte sie ihm die Hand gegeben, bleibt dabei aber sehr charmant. (Er investiert auch Karma in den Cha-Wurf.)

 

Catrail: I don't remember inviting Affiliated Artists tonight.

Jack: That's because you didn't, Catrail. (Zur Seite:) Sorry, Cesar.

Persephone: So what on earth are you doing here without an invitation, Mister...?

Jack: Bremner. I didn't say I came without an invitation. The one I have just wasn't intended for me.

Catrail (beißend): And you gained unlawful entrance to this party because you're such a fan, right?

Jack: Actually I'm one of the vultures you were just talking about, and I was hoping to circle Persephone tonight. That isn't to say I'm not a fan, my fandom dates back to boyhood, but... that's not why I'm here tonight.

 

Neuer Cha-Wurf, bang, zwei Nettoerfolge. Seine brutale Ehrlichkeit in Verbindung mit seinem frechen Charme kommt an. Das war ein Vabanque-Spiel, denn die Wahrscheinlichkeit, dass man ihn dafür hasst, dass er sich nicht an die Spielregeln hält, war ungleich höher, aber Würfelwürfe sind Würfelwürfe. Catrail sieht irgendeine Regung in Persephones Gesicht, die wohl nur sie erkennen kann, und gibt Jack barsch zwei Minuten.

 

Er und Persephone werden allein gelassen, und er feuert sein gut studiertes AA-Angebot ab. Persephone, länger ein alter Hase, als er überhaupt auf der Welt ist, verschwendet ihre Zeit aber nicht mit Lakaien und signalisiert, dass sie vielleicht interessiert wäre, wenn er jetzt in ihrem Beisein eine überzeugende Geste machte. Jack interpretiert sie so, dass sie kontrollieren will, ob ihr ein charmanter Laufbursche geschickt wurde oder jemand von Belang, der wirklich was zu sagen hat. Natürlich ist er ein Laufbursche, aber wenn sie das merkt, ist die Verhandlung vorbei, bevor sie begonnen hat, also arbeitet er geistesgegenwärtig mit dem, was er hat: Er ruft in ihrer Gegenwart ohne Vorbereitung per Vidcall Vestalia Vaux von KXS an, womit er zeigt, dass er ihre direkte Nummer hat, und Vestalia reagiert natürlich so, dass Persephone merkt, dass sie ihn kennt. Er steht unübersehbar neben Persephone, was wiederum Vestalias Aufmerksamkeit bündelt, und schießt gleich los, dass er für die nächste "60 Minutes With VeeVee"-Folge ein Segment mit Persephone buchen möchte – die läuft doch am Mittwoch, bis dahin kriegen wir die doch gefilmt, oder? Sofort fragt er Persephone, wann es ihr passt, die sieht ihn interessiert an, antwortet aber nicht, also winkt er ab, das kläre man später, und bittet Vestalia, Estella anzurufen und sie das Segment anordnen zu lassen, und dann möchte er eine Mail an Persephone mit einem Terminvorschlag, okay? Weil er neben einem Promi steht, den sie tatsächlich selbst gern in ihrer Show hätte, hat Vestalia keine Motivation zu fragen, was in aller Welt das eigentlich soll (und weil sie selber weiß, dass man manchmal spontan improvisieren muss, um zu kriegen, was man will), und stimmt zu: Klar, wird sofort erledigt, in fünf Minuten gibt's eine Mail.

 

Jacks Selbstsicherheit, die in seiner Zeit als Estellas Schützling gerade auf diesem Parkett nur noch gewachsen ist, seine Originalität (er zeigt mit seinen Gebräuchen, dass er hierher gehört, bricht aber den Verhaltenskodex, jedoch auf eine Weise, die zeigt, dass er durchaus mit ihm vertraut ist), seine Geistesgegenwart, mit dem zu arbeiten, was er hat, sein Geschick, das nach außen als etwas anderes erscheinen zu lassen, als es ist, und seine Spontaneität, auf alles sofort clever zu reagieren, machen ihn absolut überzeugend, und er ist sehr sicher, als erfahrener Medienmacher rübergekommen zu sein. Vermutlich ist Persephone gar nicht scharf auf ein 60-Minutes-Segment – sie will ja keinen Film und kein Album bewerben, sie braucht gar keine PR –, aber es geht ja auch nur darum, ihr zu zeigen, dass Jack das mal eben unbürokratisch organisieren kann, ohne erst jemanden fragen zu müssen und damit zu zeigen, dass er nichts zu entscheiden hat.

 

Persephone wird von anderen Gästen begrüßt und lässt ihn einfach stehen, aber Fi hat dem Ganzen natürlich beigewohnt und ist gerade unglaublich stolz auf Jack. Das ist das Gefühl, das sie ihm gegenüber immer haben möchte, aber jetzt hat sie es, und sie kann nicht anders, als ihn zu küssen.

 

Meryl hat ihr Kommlink leise gestellt, lässt aber Dringlichkeitsanrufe durch, und ein solcher kommt rein: Es ist Poison, die sie fragt, ob sie ganz kurzfristig Zeit für einen kleinen Run hat. "Von jetzt auf gleich"-Aufträge hat Ghost noch nie gemocht, und obwohl er nur Meryls Seite des Gesprächs mitanhört, kriegt er mit, dass etwas noch heute Nacht gestohlen werden soll und Poison noch Firepower für den Fall der Fälle benötigt. Ghost weiß, was Meryl getrunken hat (sie ist nicht voll, aber auch wenn sie ganz gut was verträgt, ist sie nicht mehr nüchtern) und gestikuliert "Nein". Poison bettelt aber, und Meryl sagt kurzerhand zu und bekommt die Anzahlung überwiesen. Sie beruhigt Ghost, zeigt ihm die Koordinaten der Evangeline, eines Frachters im Stadthafen – es ist ja gar nicht weit, sie nimmt unterwegs ein paar Tabletten, dann ist sie wieder voll da. Ghost warnt nochmals, aber Meryl erklärt ihm, dass Billy Hilfe braucht – und nachdem sie ihr das Alamo angetan hat, möchte sie sich revanchieren.

 

Sonntag, 29.01.2062

 

Sie düst also los zum Treffpunkt und findet dort Billy und einen schlaksigen, nervös aussehenden jungen Mann (Bryan Dechart), den Billy als Focus vorstellt. Meryl nimmt sie zur Seite, als sie merkt, dass Billy den Typen auch nicht kennt – man arbeitet einfach nicht mit völlig Unbekannten zusammen. Billy erklärt ihr frei heraus, dass der Job von Sailor Jones kommt, einer sehr engen Gefährtin von Billys Dad, sie ist so gut wie Familie, und die verbürgt sich dafür, dass Focus in Ordnung ist. Billy versichert Meryl, dass sie viele Anrufe getätigt hat, aber die meisten waren so kurzfristig einfach nicht verfügbar oder haben aus nachvollziehbaren Gründen abgelehnt.

 

Focus ist ein Decker bei Amalgamated Studios hier in L.A., der in eine Intrige geraten ist: Irgendjemand hat eine fingierte Spur gelegt, die zu ihm führt, weil er vielleicht als Bauernopfer oder Ablenkungsmanöver dienen soll, er weiß es selber nicht. Nun wird er damit erpresst, eine Datei zu extrahieren, aber sobald er das täte, wüsste Amalgamated Studios, wer es war. Es ist Focus gelungen, zurückzuverfolgen, von wo die Datenspur, die auf seine fingierten Machenschaften hinweist, ins System eingespielt wurde. Entweder wird er wirklich zum Verbrecher und tut, was die Erpresser sagen, oder er beweist seine Unschuld. Der Ursprung des Datenflusses ging jedenfalls von der Evangeline aus, die hier vor Anker liegt. Billy war natürlich nicht untätig und hat herausgefunden, dass die Twenty-Eight Hands das Schiff benutzen. Meistens hängen hier die Midnight Squires herum, eine örtliche Gang, die für die Triade arbeitet.

 

Meryl antwortet nicht sofort, als Billy hoffnungsvoll fragt, ob sie dabei ist, aber letztlich schlägt sie ein. Das Ares Alpha wird aus dem Kofferraum geholt, Billy hat ihre Colt M22A2, die Panzerwesten werden angelegt, und los geht's (CP 2077, Save 19 (Lightning Breaks), 61:20). Sie haben Glück mit dem offenen Gelände (um zum Schiff zu gelangen) und mit der Leiter (um an Bord zu kommen), dass niemand Ausschau hält. An Bord schleichen sie sich geduldig Stück für Stück voran, sind aber keine lautlosen Killer wie Kit, Ghost oder Star – wenn sie kämpfen, wird's laut. Zumindest stimmen sie sich insoweit geschickt ab, dass sie so viele Ganger wie möglich in einem Areal haben und sie dann in die Zange nehmen. Mercury aktiviert ihre Adrenalinpumpe, das Geballer geht los, die Midnight Squires sind überrascht, und Mercury geizt auch nicht mit Granaten, um sie aus ihrer Deckung zu zwingen und dann aufs Korn zu nehmen. Natürlich ist viel Glück dabei, aber sie räumen gut auf, schaffen auch jeden Wahrnehmungswurf, werden nie überrascht, nie eingekesselt und auch nicht ernsthaft verletzt.

 

So arbeiten sie sich unter Deck vor, und Focus jackt sich ins Offline-System, um die Daten zu saugen, während die beiden Frauen den Fluchtweg freihalten. Kritisch wird es jetzt, wieder vom Schiff zu kommen, denn auf der Leiter ist man schutzlos, und niemand kann sagen, wie viele Ganger noch an Bord sind oder sich an Land versammelt haben. Jedoch ertönen plötzlich vom Dock aus Einzelschüsse, die den einen oder anderen Ganger von den Beinen holen, während die drei nach und nach die Leiter runterklettern. Ghost ist Meryl nämlich gefolgt, kannte auch das Ziel, schlich sich an und legte sich auf die Lauer: Wenn sie's allein schaffen, gut, wenn nicht, würde er eingreifen – und natürlich traten dann auch hier unten Ganger auf den Plan, fanden die beiden Autos, zerschroteten den Bionic, scheiterten am Quattro, Ghost machte sie unschädlich und leistet mit einem erbeuteten Sturmgewehr nun Schützenhilfe.

 

Sie fahren Richtung Lakewood, weil um El Infierno herum immer noch Aufräumarbeiten im großen Stil stattfinden (da die Mauer höher und stärker als zuvor wieder hochgezogen wird) und der Weg durch Harbor City zu unsicher ist. Auf dem Parkplatz eines schrottigen Supermarkts halten sie zum Debriefing. Focus hat sich unterwegs die Dateien angesehen und ist zufrieden, und Meryl und Billy bedanken sich bei Ghost für seine Schützenhilfe. Der macht Billy klar, dass sie und Meryl jetzt quitt sind. Focus muss nach Pasadena, und Meryl erklärt sich bereit, ihn zu fahren, und Ghost bringt Billy auf dem Sozius nach Westchester, da das ja eh in seiner Nähe liegt.

 

Jack und Fi kommen wieder zu Hause an und stoßen in der Küche mit Sekt auf den Abend an. Auch wenn Affiliated Artists den Zuschlag nicht erhält, wird Estella nicht übersehen können, dass er alles gegeben hat und keine Schuld daran trägt, wenn es nicht klappt. Sie beschließen den Abend mit Sex – gewohnterweise leise und im Schlafzimmer, damit Chandra nichts mitbekommt, aber Fi kann sich ausnahmsweise fallen lassen, da dieser Abend ein Aphrodisiakum für sie war.

 

In Westchester steigt Billy ab und fragt Ghost, ob er Sailor Jones kennt. Ja, vom Namen her. Billy deutet Richtung Razor's Edge und fragt, ob er noch auf einen Sprung mit reinkommen will. Ghost möchte dieses "kleine Licht" eigentlich nicht ermutigen, aber Sailor Jones hat einen guten Ruf aus ihrer aktiven Zeit als Shadowrunnerin – es kann nicht schaden, die Zwergin kennen zu lernen.

 

Meryl lobt den linkisch wirkenden Konzerndecker dafür, dass er so ruhig geblieben ist, während er in seiner Selbstironie sehr sympathisch rüberkommt, als er meint, dass ihn der Schock wohl erst zu Hause treffen wird. Meryl meint scherzhaft, dass er doch schon was auf dem Kerbholz haben müsse, wenn er einen Straßennamen hat. Focus antwortet, dass er sich den kurzerhand schnell ausgedacht hatte, als er ihn brauchte, und stellt sich als Leander Dufresne vor. Meryl muss lächeln, erklärt ihm aber, dass man in den Schatten nicht mit Echtnamen arbeitet, schon gar nicht mit SIN-Namen. Was, wenn sie ihr Wissen über ihn bei Amalgamated Studios zu Geld machen wollte? "Oh."

 

Ghost lernt im Razor's Edge also Sailor Jones kennen, die mit ihm gut klar kommt und ihm ein Soda aufs Haus spendiert. Billy hat das natürlich aus Eigennutz eingefädelt, denn sie kennt die Regeln der Straße von Geburt an: Sing nie dein eigenes Lied, sondern sorg dafür, dass die, die es hören sollen, es von denen hören, von denen sie es hören wollen. Sailor erzählt ihm also, dass Billy Zander Van Zandts Tochter ist und somit in die Gang- und Runner-Welt hineingeboren wurde, und den kennt Ghost vom Namen her auch. Aktuell noch geläufiger ist ihm Rivet, die zwar leider nicht hier ist, aber zu Poisons besten Freunden zählt. Sailor berichtet von Poisons letzter Crew, die in einer unglaublichen Pechsträhne innerhalb weniger Tage implodiert ist, aber auch von den Reptiles, auf deren Turf das Razor's Edge liegt und bei denen Poison seit ihrer Jugend Mitglied war, bis sie einen klaren Schnitt machte, um sich auf ihre Runner-Karriere zu konzentrieren.

 

Meryl fährt langsam auf die Adresse zu, die Leander ihr gegeben hatte, aber er bittet sie, anzuhalten –vorm Haus herrscht ein Kommen und Gehen von Leuten, die klar nach Kon aussehen. Meryls Quattro fällt in dieser Gegend sehr auf, also sieht sie zu, dass sie Land gewinnt. Sie fragt Leander, ob er irgendwo bei jemandem unterkommen könnte, der ihn magisch abschirmen kann, falls er wichtig genug ist, per Ritualmagie gesucht zu werden. Leander wirkt sowohl hilflos-verwirrt als auch trotz allem gefasst, also fragt sie ihn, wie viel Geld er locker machen kann, und fährt mit ihm nach Redemption zu Fess Higgins. Wegen der langen Fahrt schaltet sie den Autopiloten ein und schläft – das kann Leander garantiert nicht.

 

Ghost trinkt nun doch noch etwas mit Poison, und da er jetzt offen für sie ist und ihren Background mag, stellt er fest, dass sie ihm ziemlich sympathisch ist. Er lässt sie ein paar Anekdoten von vergangenen Jobs erzählen und kann einordnen, was Drek ist und was nicht. Ja, dem Mädchen kann man eine Chance geben.

 

Kurz vor Sonnenaufgang kommt der Quattro in Redemption an, und Meryl schleppt den armen Leander zu dem schrägen Weltuntergangspropheten, der aber wenigstens ordentliche Hüter erschafft. Gegen einen stattlichen Obulus quartiert er ihn in seinem fest montierten Trailer ein und quatscht ihn mit seinen Verschwörungstheorien voll. Leander achtet nicht darauf, sondern geht sofort online, hijackt das Komm eines Kollegen und bringt in Erfahrung, dass die Spur, die man zu ihm gelegt hatte, bereits in der Nacht "aufgedeckt" wurde – das Selbstmordkommando war für nichts und wieder nichts.

 

Meryl haut sich ein paar Stunden aufs Ohr und erklettert mittags Fess' Trailer, um nach Leander zu sehen und ihm etwas von Trixies Grill zu bringen. Der arme Kerl tut ihr wirklich leid, denn nach der Bezahlung für Fess hat er fast keine Mittel mehr – und auch keinen Job, und er wird polizeilich gesucht. Dennoch bemüht er sich, zu scherzen und Haltung zu bewahren.  Meryl fragt ihn nach seiner Familie: Seine Freundin hat ihn vor ein paar Wochen für einen anderen verlassen, und seine Familie lebt in Toronto in den UCAS, woher auch er stammt. Sie staunt immer noch, wie gefasst er wirkt – für einen Konzernsklaven nötigt ihr das Respekt ab. Zwar versucht sie ihn zu trösten, dass man, wenn man ihn magisch zu finden versucht, das binnen 24 Stunden probieren wird, aber bei Misserfolg nur bei wichtigen Leuten am Ball bleiben wird, er kann sich also morgen früh anders orientieren.

 

Montag, 30.01.2062

 

Ghost trifft ebenfalls in Redemption ein, weil Stu ihn herbestellt hat.

 

Stu: Guess I'm supposed to comment on the Starlight situation and get it out of the way, huh? You know what they say, chief. Don't ever let your girl talk to another guy about her problems. A shoulder to cry on becomes a dick to ride on.

Ghost: Thanks for the advice.

 

Stu wird sich in Lancaster mit einem weiteren Tanker und in Fresno abermals mit einem weiteren treffen, und gemeinsam geht's hoch in die Northern Crescent. Die letzten Fahrten wurden immer schwieriger, weil der illegale Wassermarkt immer heißer umkämpft wird, es braucht jetzt mehr Geleitschutz als nur Machine. Wie sieht's aus mit ihm und der anderen Rothaut? Ghost hat nichts dagegen, aus L.A. rauszukommen.

 

Meryl schleppt Leander in Trixie's Bar & Grill. Der arme Kerl bemüht sich so sehr, gefasst zu wirken, dabei hat er gestern nur gegessen, was Meryl ihm gebracht hatte, und merkt nicht mal, ob er Hunger hat oder nicht. Sein ganzes Leben wurde einfach mal ganz nebenbei im Klo runtergespült, weil irgendjemand im Konzern für ein krummes Ding, das er gedreht hatte, einen Sündenbock brauchte.

 

Durch das Fenster sieht sie Ghost, den sie ohnehin hatte anrufen wollen, und passt ihn wegen Leander ab. Ghost denkt, einen guten Decker können Schieber immer gebrauchen, organisiert eine Bruchbude als temporäre Unterkunft und gibt Meryl die Daten.

 

Ghost verschickt ein paar IMs, dass er eine Zeitlang außerhalb arbeiten wird, darunter auch an Pride. Bei ihr fügt er hinzu, dass es bedauert, sich noch gar nicht bedankt zu haben, das aber nachholen wird.

 

Meryl kehrt in Trixie's Bar & Grill zurück und nickt zu ihrem Auto: "C'mon. I'll give you a ride."

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