54 - Mother Love {{ currentPage ? currentPage.title : "" }}

1373 DR, Year of Rogue Dragons: Jewel und Kithain genießen es, ganz allein unterwegs zu sein. Das Wetter ist abwechselnd mild und kalt, und vielerorts liegt noch Schnee, doch oft sind es auch nur noch Schneetupfer in der Landschaft (Jpg 54001-54008) – kein Zweifel, der Frühling ist im Anmarsch. Sie unterhalten sich ausgiebig über Jewels Halbelfentum (was ich gar nicht selber eingefädelt hatte, das kam von Dirk), und Jewel betont, dass sie nie so sein kann wie Kithain.

 

Sie erreichen Gharren mit dem hübschen Turm mit abgebrochener Treppe und zugemauerter Tür (Jpg 54009), wo sie die aufgelöste Palarea (Jpg 54010) kennen lernen, die sie in ihr Haus zu ihren sechs Kindern einlädt und ihnen erzählt, dass vor einem Tenday Luttrel, Kintar und Tynan nicht vom Holzsammeln im Wald zurückgekehrt sind, woraufhin ihr Mann Nythan und sein Kumpel Meltier losgezogen sind, um sie zu suchen. Im Evergreen Grove stießen sie auf Orks, es kam zum Kampf, Nythan wurde getötet, Meltier gelang die Flucht. Er kehrte zurück und zog am nächsten Tag Richtung Thunderstone los, um Hilfe zu holen, aber das ist fast einen Tenday her – auch er wird es wohl nicht geschafft haben. Niemand traut sich mehr aus dem Dorf, aber man braucht doch so dringend Hilfe, denn wenn die Orks hinter die cormyrianischen Linien gelangt sind und es so tief nach Süden geschafft haben, wer weiß, was uns dann erwartet? Völlig selbstverständlich sichert Kithain ihre Hilfe zu, und Jewel weiß, wie wichtig ihr das ist, also schließt sie sich an. Jedoch lässt sich Kithain elfentypisch auch viel Zeit, beschäftigt sich viel mit den Kindern und genießt Wasser und Gemüse.

 

Die beiden ziehen weiter in die beschriebene Richtung, wobei wieder sehr deutlich wird, wie sehr Kithain im Wald zu Hause ist und Jewel nicht. Das sind nur Nuancen, Jewel ist schließlich auch sehr geschickt und leise, aber es wird dennoch deutlich. Gegen Abend kommen sie an einen bewaldeten Abhang, an dessen Fuß ein Meer aus Dornenbüschen eine natürliche Eingrenzung bildet, und darin brennt ein Feuer, darum herum tatsächlich lauter Orks (Jpg 54011-54039). Zwar sind es allesamt Frauen, aber Kithain ist nicht von hier und kennt sich mit Goblins aus, nicht mit Orks, die es im und am Wealdath nicht gibt. Jewel ist durchaus von hier, aber wiederum eine Städterin, die von Orks nicht mehr weiß als jeder andere. Ja, ausschließlich Frauen, das ist ungewöhnlich, aber mehr auch nicht. Dass man mehrstimmiges Babygeschrei hört, ist schon ungewöhnlicher. Haben sie Kinder gestohlen?

 

Die beiden beraten, was zu tun ist. Für Kithain ist das ganz klar der Feind, der für Gharrens Sicherheit getötet werden sollte (auch hier wieder sehr schön, wie selbstverständlich das für Kithain ist, die sonst jedes Leben schätzt), aber was können sie zu zweit ausrichten? Nach einigem Hin und Her beschließen sie, es morgen früh mit Verhandlungen zu versuchen.

 

Am nächsten Morgen begeben sie sich offen und von Weitem erkennbar zu dem Lager, und nach einigem Aufruhr und dem deutlichen Demonstrieren, dass man unbewaffnet ist (Kithain hat die Sehne vom Bogen abgenommen), erkennt Kithain auch mindestens einen Menschen unter ihnen, von der Optik her ein verwahrloster Dörfler, aber auch Orkkinder, dazu etwa 20 ausgewachsene Frauen, und von weiter hinten ertönt Babygeschrei. Es folgt eine Scharade mit Riokk (Jpg 54012-54014), die Erinnerungen an das DSA-Abenteuer weckte, in dem wir damals die Forgotten Realms hinter dem Ehernen Schwert platziert hatten. Schließlich lernt Kithain die Anführerin kennen, Glanis Truul (Jpg 54011). Die Orkinnen scheinen durchaus gesprächsbereit, aber beide Seiten kriegen kaum etwas rüber. Als sich das Misstrauen soweit gelegt hat, dass Luttrel, Kintar und Tynan (Jpg 54040-54043), die tatsächlich alle am Leben sind, ein paar Worte mit Kithain wechseln dürfen, stellt sich heraus, dass sie durch Zufall auf die Orkinnen gestoßen waren, diese ein Weilchen herumdiskutiert und sie dann am Fortgehen gehindert hatten, aber sie haben ihnen nichts getan. Als dann Nythan und Meltier auftauchten, griff Nythan sofort an – und war nach einem Waffengang auch sofort tot.

 

Die Orkinnen scheinen gezwungen zu sein, hier zu lagern, da eine Orkin und drei Kinder sich irgendeine schwere Krankheit eingefangen haben, aber die sind den drei Männern aus Gharren zufolge inzwischen wieder auf dem Wege der Besserung. Dennoch wurde niemand zurückgelassen – das wirkt auf Kithain befremdlich fürsorglich. Sollte Orks so etwas möglich sein?

 

Schließlich bietet Kithain Jewel und sich selbst im Austausch gegen die Männer an, und Glanis Truul nimmt zum Unwillen mancher Kameradin an, nachdem Kithain ihr versichert hat, dass die Männer keine weiteren Männer holen werden, um erneut anzugreifen.

 

Kithain und Jewel beobachten den Tag über, wie sich die Orkinnen zwar streng und etwas ruppig, aber auch liebevoll umeinander und um die Kinder kümmern: sechs Orkmädchen und drei Orkbabies. Druuga (Jpg 54015) bereitet den ganzen Tag lang ein Ritual vor, und am Abend wird ein großes Feuer aufgeschichtet, alle trinken von einem ekligen schwarzen Sirup, und auch Kithain muss ran, die das Zeug nur durch einen famosen Will-Save runterkriegt. Danach muss sie ihr Blut in dieselbe mittlerweile ausgetrunkene Schale geben, Glanis Truul tut es auch, nur diese beiden trinken davon, und dann beginnt Kithains Peyote-Trip, den ich endlos lange beschrieben habe, hier aber kaum wiedergeben kann. Für sie schleicht der riesige schwarze Stier Gruuzash um das Lager herum, und sie fühlt mehr und mehr wie ein Ork. Sie spürt diese Rastlosigkeit, das Um-einen-Platz-in-der-Welt-betrogen-worden-Sein, den Tatendrang, die schiere Kraft des pulsierenden Blutes.

 

Schließlich setzt sich Glanis Truul zu ihr. Kithain versteht tatsächlich jedes Wort, und alles, was sie erfährt, hallt in ihr wider, als hätte sie es bereits zuvor gewusst und wieder vergessen. Glanis Truul berichtet davon, dass Orkfrauen kaum mehr als Vieh gelten. Sie sind Sklavinnen, die zu gehorchen, zu dienen und zu gebären haben, und oft bekommen sie nicht mal einen Namen. Dennoch fließt auch in ihnen Orkblut, auch sie verehren Gruumsh, auch sie spüren Gruuzashs Kraft in ihren Adern, auch sie glauben, eines Tages in Tairachs Totenreich einzukehren. Glanis Truul erzählt von Morguai, dem Rakka (also dem Anführer der Anführer), der das Unglaubliche vollbracht und die Stämme zu einem einzigen vereint hat, und von seinem Ushandul (dem obersten Schamanen) Narazal, der dies vorhersah.

 

Glanis Truul hatte bis vor Kurzem keinen Namen. Sie gehörte ihrem "Mann", und als der Rakka eines Abends sie auswählte, um sein Lager zu teilen, war das ihrem, nun ja, Besitzer eine große Ehre. In dieser Nacht empfing sie ein Kind, und in dieser Nacht hatte Druuga, das Weib eines Schamanen, eine Vision von einer Orkin, die die Frauen befreien würde: das Kind der Frau, die einst Glanis Truul heißen würde. Druuga teilte ihr das mit, und Glanis Truul wurde klar, dass sie nicht zulassen darf, dass ihre Tochter ebenfalls in den Staub gedrückt und wie Vieh gehalten wird, wenn sie ihr Schicksal verwirklichen soll. Sie verschwor sich in den nächsten Monaten mit mehr und mehr Frauen, darunter ebenfalls Mütter und Schwangere, die dieses Schicksal auch nicht für ihre Töchter wollten, und gemeinsam bereiteten sie ihre Flucht vor. Glanis Truul erwies sich als gewiefte Taktikerin, obwohl sie von der Welt fast keine Ahnung hat, ebenso wenig wie die anderen hier, denn welcher Ork unterhält sich schon mit Weibern? Dennoch fädelte sie geschickt die Flucht ein, und ihre Gefährtinnen gaben ihr ihren Ehrennamen. Von 38 Frauen und 13 Kindern leben jetzt noch 21 Frauen und neun Kinder, darunter drei Babies, und das wichtigste dieser Babies ist Glanis Truuls Tochter Yrd. Bis hierher haben sie es geschafft, als eine Krankheit ausbrach, die sie zum Innehalten zwang. Wohin sie wollen, weiß Glanis Truul nicht, sie weiß von der Welt nicht das Geringste. Sie wollen nur an einen Ort, wo sie leben und ihre Kinder großziehen können. Die drei Männer, die ihnen über den Weg liefen, schienen auch keine große Hilfe zu sein. Von Kithain hingegen hatte Glanis Truul den Eindruck: 'Ja. Die kann helfen.' Sie befahl Druuga, das Ritual des Stierblutes vorzubereiten, was auf sehr viel Empörung stieß. Druuga kennt die Rituale, denn sie musste ihrem Mann oft dabei helfen, und die wichtigsten Utensilien hatte sie auch dabei, aber dass ein Weib ein Ritual durchführt: undenkbar, selbst für diese zwangsweise emanzipierten Orkinnen hier (die natürlich, ohne es zu wissen, immer noch viel frauenfeindliches Gedankengut hegen, weil sie gar nichts anderes kennen). Dennoch überwand sie sich, Yrd zuliebe, denn Kithain muss all das hier verstehen, wenn sie helfen will. Genau das verspricht Kithain Glanis Truul – von Ork zu Ork.

 

Am nächsten Tag muss Kithain einen unglaublichen Kater überwinden, die letzte Nacht fühlt sich wie ein rauschhafter Fiebertraum an, doch vieles hallt immer noch nach. Sie ist vermutlich die einzige Elfe auf Abeir-Toril, die weiß, wie es sich anfühlt, Ork zu sein. Und ja, (männliche) Orks sind so grauenhaft, wie sie annahm. Dennoch kann sie nicht verurteilen, was sie selber gespürt, ja, sogar selber gedacht hat. Jewel fällt nur der Cormanthor ein. Gewiss, dort leben auch noch Elfen, aber seit dem Rückzug sind es weniger und weniger geworden. Jedoch ist er weit, weit weg. Kithain kommt nicht von hier und könnte Glanis Truul nicht dorthin führen – aber Jewel kennt zumindest die Richtung... Weil sie spürt, dass für Kithain nichts anderes infrage kommt, sagt Jewel schweren Herzens zu.

 

Raif und Gedren wandern durch die halbwinterliche Moorlandschaft, verfolgt von Milandre Belgrave und Bronwyn Orasilas, die wiederum einzeln unterwegs sind. Die beiden sind einander spinnefeind, wollen aber auch den Challenger nicht aus den Augen lassen, also marschieren sie in großem Abstand hinterher.

 

Ein paar Tage später erreichen sie ohne Zwischenfälle Kingsgrave, wo Raif erfährt, dass seine Freunde bereits abgereist sind, und zwar Richtung Wheloon. Er lässt sich den Weg beschreiben: Von hier aus geht's nach Junirill, von wo aus man eine Überfahrt nach Isgilham mieten kann, und von dort aus den Blister Trail runter nach Wheloon. Raif kauft ein, um seine Vorräte aufzufrischen. Auf dem Markt gehen Milandre und Bronwyn, anstatt sich zusammenzutun, einander konsequent aus dem Weg und können sich nur das Allernötigste leisten, während sie zusehen, wie Raif nicht am falschen Ende spart und sich einige Köstlichkeiten gönnt. Kurz drohen sie ihn zu verlieren, finden ihn aber wieder und folgen ihm durchs Stadttor.

 

Am selben Abend schleicht sich Bronwyn an Raifs kleines Zelt, zieht die Plane zur Seite und sticht zu. Jedoch war Raif gewarnt, weil Bronwyn bereits zuvor herumgeschlichen war, und hat jenseits des Zelts gewartet. Während Milandre respektiert, dass Sir Coren Raif etwas aufgetragen haben muss und dass die Reise des Challengers noch nicht beendet ist, will Bronwyn (so nimmt Raif jedenfalls an) das Schwert einfach nur zu den Crimson Knights bringen und selber als großer Held dastehen, und er hat gewiss nicht vor, Zeugen zu hinterlassen. Wortgewandt reizt Raif ihn bis aufs Blut, um ihn immer wütender zu machen, denn Bronwyn ist mit Kettenhemd und halber Platte gerüstet, ein harter Brocken für jeden Schwertkämpfer, zudem kann man fast nichts erkennen. Aber Bronwyn verliert wie gewünscht die Beherrschung, attackiert wilder und vernachlässigt seine Deckung. Raif trifft ihn immer wieder, was Bronwyn nur noch mehr demütigt und reizt, doch er fügt ihm wegen der Rüstung keinen Schaden zu. Plötzlich gewinnt Bronwyn die Oberhand, Raif scheint die Kontrolle zu verlieren, doch auch das war geplant, und endlich findet er seine Lücke, verpasst Bronwyns Kopf einen Rückhandhieb von links nach rechts, nutzt den Schwung zum Ausholen und sticht ihm mitten ins Gesicht, womit er den Schädelknochen zertrümmert. Er gibt dem Sterbenden den Gnadenstoß, plündert ihn aus (und sieht, dass Bronwyns Vorräte stark zur Neige gegangen sind) und kann endlich schlafen. Milandre ist natürlich von dem Kampf wach geworden, kann auch nichts in der Dunkelheit erkennen, aber eins und eins zusammenzählen. Am nächsten Morgen geht sie achtlos an der Leiche des verhassten Crimson Knights vorbei und nimmt die Verfolgung wieder auf.

 

Jedoch hat sie sich erkältet, und ihr Husten wird immer stärker. In Junirill kann sie nicht nach einem Heiler fragen, weil sie dann Raif aus den Augen verlöre (zumal sie sich auch gar keinen leisten könnte), also bleibt sie dran und zahlt ebenfalls die Überfahrt. Auf dem großen Boot sitzt man an entgegengesetzten Enden.

 

Jewel hat die große Reisegemeinschaft geführt, will aber absolut nicht auf einen Besuch auf Burg Evered (Jpg 54044) verzichten, zumal man ja eh daran vorbeikommt. Die anderen lagern, und Jewel schleicht sich hinein (Resident Evil 4 03 3-2 036 (I)). In spannenden Szenen weicht sie Torwachen, aber auch philosophierenden jungen Leuten aus. In den Zellen im Verlies, deren merkwürdiger Geruch sie anlockt, sieht sie allerlei Chimären (Jpg 54045-54051), denen anzusehen ist, dass sie einmal Menschen waren... Nein, das wirkt nicht wie der Fallenparcours eines schrulligen Einsiedlers, aber sie kann nicht anders, sie geht weiter. Schließlich erreicht sie eine schwere Tür, hinter der ihre feinen Ohren bereits die samtige Stimme einer Frau einen Vortrag halten hören. Während Jewel abwartet, dann vor Leuten zurückweicht, die hier gerade herauskommen, dann hineinspäht (es ist die Halle mit dem umgekehrt aufgehängten Statuen, in die ein Tisch gestellt wurde, an dem aufmerksame Zuhörer sitzen und mitschreiben), sich orientiert, nicht geradeaus durch kann, sich hinter einer Säule auf die Lauer legt und irgendwann einen Blick auf die Empore erhascht, auf der die Rednerin steht, hören wir ihren Vortrag.

 

Azaril: Es versteht sich allerdings auch von selbst, dass die meisten derjenigen, die sich einst in seinem Gefolge fanden oder sich als Anhänger seiner Weltanschauung zu bezeichnen pflegten, den Wesenskern der Lehre ebenso verkannt haben wie ihre fanatischen und moraltrunkenen Opponenten. Wer für einen Hauch von weltlicher Macht und Lustgewinn bereit ist, sich ewig jenseitigen Mächten zu unterwerfen, macht sich damit zum Nutzvieh. Die einzig verbleibende Frage von Interesse ist dann nur noch, wer einst Profit aus der Schlachtung ziehen wird.

     Auch ist evident, dass, wer bereit ist, sich in die ewige Sklaverei zu begeben, klüger daran tut, sich denjenigen zu unterwerfen, die das blind-taube Volk als Götter einordnet. Nur wer die eigene Vernunft vollständig zur Sklavin der Affekte gemacht hat, wird es vollbringen, darin eine gerechte Ordnung zu sehen.

     Objekt unseres Strebens ist Freiheit. Nicht Freiheit in dem jämmerlichen Sinn, in dem wir etwa sagen, dass jemand frei von Schmerzen oder frei von der Willkür eines Despoten sei, sondern Freiheit im vollsten Sinne des Wortes: geistige, moralische und metaphysische Freiheit. Die vollendete Freiheit der Persönlichkeit, ihre Freiheit von allen Schranken, Strafen und Belohnungen, von allen Ängsten und Zweifeln, von jeder Schuld und jeder Scham, ihre perfekte Unempfindlichkeit gegenüber allen nur denkbaren inneren und äußeren Sanktionen. Wir erstreben nicht weniger als die absolute, letztgültige und ewige Selbstbestimmung, die totale Ungebundenheit des eigenen Ichs gegenüber allen Zwängen und Vorgaben.

     All die Dilettanten und Speichellecker, die Bücklinge, die in ihm einen Heilsbringer gesehen und ihm in Tempeln und Klöstern so gehuldigt hatten, als sei er nur ein weiteres geltungssüchtiges Geschöpf mit mehr Macht als sie selbst. Meine Verachtung für diesen Teil seiner Gefolgschaft wird nur noch von der Geringschätzung für all jene übertroffen, die es gewagt hatten, seinen Namen zu missbrauchen, um sich als Erben und Vollstrecker seines Willens zu stilisieren. Hätte er dergleichen im Sinn gehabt, hätten sie ebenso gut bis zum Ende aller Tage peinliche Glasgötzen anbeten und erbärmliche Choräle singen können.

     Denn dies ist der erste Leitgedanke: Du allein bist für dich selbst verantwortlich. Und dies ist der zweite: Die Grenzen und Gesetze deiner Freiheit setzt allein dein eigener Wille. Dies ist der dritte: Wer sich selbst zum Beutetier macht, darf sich nicht wundern, wenn andere ihn jagen.

     Aber das sind keine Erkenntnisse, die zu erlangen auf zauberische Weise Wirkungen mit sich bringt. Die Befreiung des eigenen Geistes ist kein bequemes Unterfangen oder ein bloßes Memorieren von Sinnsprüchen. Die wesentlichen Erkenntnisse sind praktischer Natur. Sie sind Auftrag, Agenda und Desiderat. Sie müssen eingelöst, erstritten, erkämpft und verteidigt werden, gegen innere wie äußere Bedrohungen gleichermaßen. Und erst hier, in diesem spezifischen Moment, kommt das Bündnis mit den Jenseitigen zum Tragen. Es ist weder Selbstzweck noch Kalkulation auf den unmittelbaren Profit noch ein Akt des Trotzes, sondern allein ein erster Schritt auf dem schmerzhaften Weg zur Selbstbefreiung. Es ist die Leiter über dem Feuer, die es zu erklimmen und dann zu zerstören gilt. Wer den Aufstieg nicht bewältigt oder den rechten Moment zum Absprung verpasst, der verbringt zu Recht seine jenseitige Existenz in unaussprechlicher Agonie. Wer mit den Schwachen leidet, verdient nichts als das Mitleid der Schwachen.

     Danach steht nichts mehr zwischen dem Ich und der vollkommenen Freiheit – außer diesem Ich selbst.

     Denn wir alle sind bedroht vom Ende unserer leiblichen Existenz, und daher gilt es, Wege zu finden, die innere und äußere Freiheit auch über diesen Punkt hinaus zu retten und sich dem Griff all jener zu entziehen, die ihre Klauen nach dem eigenen Funken ausstrecken, ohne dabei jedoch als erbärmliches Etwas im weiten Nichts dem Ende der Zeit selbst entgegen zu vegetieren. Daher ist dies die letzte Aufgabe, vor der wir stehen, nachdem wir auf die innere die vollständige äußere Befreiung haben folgen lassen: Es ist die Herausforderung, diesen Gewinn bis in alle Ewigkeit zu bewahren und zu beschützen. Und dieses Ziel lässt sich in letzter Instanz nur durch die Auflösung dessen erreichen, das zu befreien wir angetreten sind. Um sich dem Zugriff alles Jenseitigen auf ewig zu entziehen, gilt es, durch geistige Anstrengung die eigene Existenz in reine Potentialität umzuwandeln. Die absolute Befreiung der eigenen Person erfordert die finale Auflösung der eigenen konzentrierten Seelensubstanz als konsequent zu Ende gedachten Fluchtpunkt. Besser, ewig nicht mehr zu sein, als ewig ein Nichts zu sein.

Jewel sieht sie nun endlich deutlich (Jpg 54052-54053), wobei die Kamera zuerst nur Azarils blutrote Augen fokussiert, danach verschiedene Teile ihres Gesichts, dem Jewels im Detail so ähnlich, bis hin zu den kurzen schwarzen Haaren. Jewels Kinnlade klappt herunter, und sie vernachlässigt ihre Deckung, so dass Azaril sie ebenfalls sehen kann. Jewel weiß jetzt, wen sie vor sich hat.

Azaril: Dies ist soweit alles für heute. Möget ihr auf seinen Pfaden wandeln.

Azaril wartet ab, bis alle Studenten ihren Kram eingepackt haben, und kommt dann ruhig und elegant die Treppe herab zu Jewel.

Azaril: Du musst Sanyala sein.

Jewel: Und wer bist du?

Azaril: Man nennt mich Azaril Scarletweed. Kennst du meinen Namen?

Jewel: Ich hörte von ihm. Aber ich wusste nicht... dass du... dass...

Azaril: Nun bist du hier.

Jewel: Warum? All die Jahre... als Mischling, als Tochter von Elladora Flitterbloom...

Azaril: Du fragst, als trüge ich die Verantwortung, als hätte ich deines Vaters Entscheidung getroffen. Ich trug dich aus, gebar dich und ging. Es war deines Vaters Weichheit, deines Vaters Feigheit, dir nicht zu sagen, wer deine Mutter ist.

Jewel sieht sie nur erschüttert an. Azaril hat sie nun erreicht.

Azaril: Es ist doch offensichtlich, Sanyala. Du kamst zur Welt, und er sah, dass du meine Augen hattest. Er ließ nie zu, dass du ihn in seinem Dorf besuchtest, nicht wahr? Gewiss wirst du stets seine unterschwellige Ablehnung gespürt haben. Vermutlich dachtest du all die Jahre, dass er dich als Halbblut nicht akzeptiert, dass du deshalb nicht Teil seiner Gemeinschaft werden darfst, weil du keine ganze Elfe seist. Dabei durfte nur niemand sehen, wessen Tochter du bist. Und wann immer er in deine Augen sah, sah er mich. (Sie bleibt vor ihr stehen und schnaubt lächelnd.) Er hätte einen fabelhaften Menschen abgegeben. Welch Selbstverleugnung muss er an den Tag gelegt haben. Ich frage mich, wie er die Disharmonie seiner Stimme im Sippenlied erklärte. Wenn er überhaupt daran teilnahm.

Jewel: Aber meine Mutter...

Azaril (geht, dreht sich aber um und bedeutet Jewel, ihr zu folgen): Elladora vergötterte deinen Vater seit dem Tag, an dem sie seiner erstmals ersichtig wurde. Es nimmt wenig Wunder, dass seine Wahl auf sie fiel. Natürlich: Sie war die Einzige, die ihm nicht mal diese Bitte abschlagen würde. Arme, kleine, schwache Halblingfrau. Zieht die Tochter des Angebeteten wie ihr eigen Fleisch und Blut auf und fügt sich deines Vaters Lüge. Die Tochter, die sie selber von ihm gewollt hätte. Welch Opfer – nur um ihn in seiner Feigheit leben zu lassen, dir nicht die Wahrheit zu sagen. Ich bedaure, dir den Samen einer so erbärmlichen Kreatur mit auf den Weg gegeben zu haben.

Sie erreichen das Ende der Halle und gehen durch weitere Teile der Burg (Jpg 54054-54056).

Jewel: Warum hast du mich verlassen?

Azaril: Ich hatte mich selbst infrage gestellt, Sanyala. Ich war auf dem Weg, der mir bestimmt ist, noch nicht weit gegangen. Die Gespräche mit deinem Vater, der mein Tun so falsch fand, brachten mich ins Wanken. Ich war schwach. Das Bedürfnis, in eine Gemeinschaft meinesgleichen zurückzukehren, regte sich in mir. Mein Kopf widersprach, doch mein Herz wünschte es. Also bekam ich dich, um mich dazu zu zwingen, dem Pfad der Entfremdung zu entsagen und wieder eine harmonische Elfe zu sein.

Jewel (schmerzvoll): Es hat nicht funktioniert.

Azaril: In gewisser Weise hat es das. Als ich dich in meinen Armen hielt, begriff ich, dass ich in dieses leere Sklavenleben nicht zurückkehren konnte. Dass mein Geist stark genug war, sich über die Zwänge der Seldarine zu erheben, und dass ich es ihm schuldete, ihn nicht einer Sippe anzuvertrauen, die ihn nur wieder in Ketten legen würde.

Jewel: Du verspielst dein unsterbliches Fey. Ich habe mein ganzes Leben damit verbracht, zu denken, dass ich nicht genug davon besäße, um eine Bestimmung zu haben, damit, nicht zu wissen, was aus mir werden wird, wenn ich gehen muss. Du hast Fey. Wie kannst du das wegwerfen?

Azaril (freudlos schmunzelnd): Mein Fey. Mein Schicksal zu erfüllen. Eines Tages ins Licht zu gehen. Wieder- und wiederzukehren, bis Arvandor seine Pforten öffnet. Ja.

     Denk an die Menschen, Sanyala, und ihre Paradiese. Ihre Priester sagen, dass, wer sich recht verhält, mit der Ewigkeit in Alveran belohnt wird. Doch die Menschen müssen sich nicht zum wehrlosen Opfer machen und sich in dieses Schicksal fügen. Ebenso wenig, wie ich vergehen muss.

Jewel sieht sie im Gehen argwöhnisch-ratlos an.

Azaril: Die göttliche Ordnung darf nicht infrage gestellt werden. Weißt du den Grund dafür? Warum haben die Götter all ihre Gesetze aufgestellt? Warum drohen sie jenen, die ihre Gesetze missachten, mit dem Verstoß in den Abgrund und die Neun Höllen? Weil sie wissen, dass jene, die sie stark werden lassen, sich über alle ihnen auferlegten Zwänge hinwegsetzen können. Könnten sie uns zwingen, täten sie es. Stattdessen fürchten sie, was geschähe, wenn wir lernten, ohne unsere Fesseln zu leben, die uns so viel trügerische Sicherheit zu geben scheinen. Der individuelle Geist, stark, frei und ungebunden, vermag weit mehr, als nur Berge zu versetzen.

Jewel: Du denkst, du stündest über den kosmischen Gesetzen?

Azaril: Ich werde es dir kaum begreiflich machen können. Es würde Jahre strenger Schulung, innerer Einkehr, intensiven Nachdenkens und die ganze Härte des inneren Kampfes brauchen, bis die wichtigste Erkenntnis in dir reifen könnte: Dass die letzte Herausforderung auf dem Weg zur totalen Befreiung darin besteht, die eigene Essenz dem Zugriff durch alles andere zu entziehen – und zwar auf ewig. Das alte Volk hat dies gewusst – oder zumindest geahnt. Aber es hat nicht die richtigen Schlüsse zu ziehen vermocht und ist daher zu Recht vom Spielbrett der Geschichte gefegt worden.

     Sieh dich an, Sanyala. Du solltest froh sein, in deines Vaters Lügengespinst gelebt zu haben. Du wurdest verschont von der willenlosen Schicksalsergebenheit der Elfen. Er hielt dich von seinesgleichen fern, zwar aus Feigheit, doch sorgte er unwillentlich dafür, dass dein Geist nicht mit ihrer Schwäche infiziert werden konnte. Dein Geist hatte kein Zuhause und musste sich seine Stärke selber suchen. Du musst gespürt haben, dass der Weg der Elfen nicht der deine ist, sei es nun aus dem Glauben heraus, du seist nur eine Halbelfe, oder aus charakterlicher Stärke. Ohne mich je gekannt zu haben oder auch nur von mir zu wissen, strebst du nach Vervollkommnung. Du bist wahrlich meine Tochter. Nun stehen dir alle Türen offen. Jetzt, wo du weißt, dass du das Fey, nach dem du dich stets sehntest, schon immer besessen hast, kannst du seine Fesseln akzeptieren, deinen Geist in das wohlig-warme Verlies schicken, in dem ihm nichts passieren kann, und dich mit all den anderen Schafen über die Weide treiben lassen, bis es an der Zeit für die Schlachtung ist. Oder du traust deinem Geist zu, was jedes denkende Wesen seinem Geist zutrauen sollte: dass er stark genug ist, jedwede Ketten zu sprengen. Jage deinem leeren Lebensschicksal nach, das dir fremdbestimmt auferlegt wurde, oder erschaffe dein eigenes.

Jewel (bleibt stehen, aber Azaril hat eh eine Tür erreicht, die sie nun öffnet): Das ist also, was die Menschen Ketzerei nennen. Das muss es sein, denn selbst auf mich wirkt es so.

Azaril (betritt einen großen Raum (Jpg 54057), in dem ein Besen selbstständig den Boden fegt): Weil du blind, taub und naiv bist, weil du kindlich vertrauen willst. Du vertraust lieber auf deine Eltern als auf dich selbst und akzeptierst ihre Entscheidungen, anstatt deine eigenen zu treffen. Aber du könntest erwachsen werden, wenn du nur wolltest. (Azaril bleibt an dem großen Tisch stehen und bedeutet dem Unseen Servant, sie mit einem Kelch Wasser zu bedienen. Sie weist auch auf Jewel, die den auf sie zuschwebenden Kelch aber ignoriert.)

     Ich habe dich beobachtet, Sanyala. Du hast so viel von mir. Es ist nicht zu leugnen, wessen Tochter du bist. Eine vollblütige Elfe, aufgewachsen ohne die fesselnden Ranken des Elfentums, aufgewachsen in der Annahme, sich einen eigenen Weg suchen zu müssen. Zu dieser Erkenntnis können meine Schüler erst nach vielen Jahren der Entbehrungen kommen, weil sie zuerst ihren Irrglauben ablegen müssen. Du hast nie unter einem solchen gelebt.

Jewel: Mein ganzes Leben war ein Irrglaube! Dass ich nur eine halbe Elfe, ein halber Hin sei, dass ich weder ein Schicksal noch einen Platz in Venya habe! Mein ganzes Leben war geprägt von dem Wissen, kein Zuhause zu haben, weder in dieser Welt noch in der nächsten, geprägt von der Angst, zu vergehen wie Frühnebel im Sonnenaufgang. Das normale Leben, das ich stets nur von ferne beobachten, andere darum beneiden konnte – das hast du mir genommen.

Azaril: Das hat dein Vater dir genommen. Ich habe ihn nicht dazu gezwungen. Aber auch wenn er es unabsichtlich tat, so hat er dir Freiheit geschenkt. Freiheit von den Ketten, die alles umschlingen, ganz gleich, ob es die Elfen tun oder die Hin oder die Menschen. Du hast dich aus dir selbst heraus entwickelt zu dem, was du heute bist – und wie man hört, ist das nicht wenig. Ich kenne sonst niemanden, der im Palast von Suzail empfangen wurde.

     Du hast meine Seelenkraft geerbt, Sanyala. Ich habe einen Funken meines Selbst weggegeben und auf einem kargen Feld gepflanzt, wo nichts wachsen sollte – und doch bist du daraus entsprungen. Du bist schon jetzt stärker, als ich es war, als ich dich unter meinem Herzen trug.

Jewel: Warum bin ich hier?

Azaril: Weil ich dich kennen lernen wollte. Ich schaue immer wieder nach dir, Sanyala. Seit Jahrzehnten. Einmal im Jahr, vielleicht alle zwei, werfe ich einen Blick in die Ferne und versuche, aus dem Moment, den ich sehe, zu schließen, welche Art von Leben du führen magst. Ob du eine Sklavin geworden bist wie alle anderen – oder ob es sich lohnt, dich kennen zu lernen. Es war Zufall, dass ich dich im Winter 1370 dabei beobachtete, wie du dich irgendwo in einem Dschungel Südfaerûns um eine Mulan bemühtest, ungeachtet des Irrglaubens, unter dem sie aufgewachsen war, und offensichtlich als Einzige in deiner Gruppe. Und mir war, als spürtest du meinen Blick. Mir war oft so, wenn ich dich beobachtete.

Jewel: Ja.

Azaril: Eine gute Intuition. Du besitzt eine natürliche Affinität zum Gewebe, das uns umgibt und durchdringt. Eine alte, selten gewordene Gabe unseres Volkes. Auch das hast du von mir geerbt.

     Seitdem schaue ich öfter nach dir. Als ich sah, dass du in Cormyr bist, lag es auf der Hand, dich mit einer Suggestion von deinen Freunden wegzulocken. Du hattest es nicht weit.

Jewel: Es war also nicht mein Entschluss, hierher—

Azaril: Nein.

Jewel: Und jetzt, wo ich hier bin? Was hast du dir davon versprochen?

Azaril: Ich war der Ansicht, es sei für dich an der Zeit, die Wahrheit zu erfahren. Wenn nicht jetzt, wo du hier in Cormyr bist, wann dann? Wer weiß, ob du je zurückgekehrt wärst.

     Solange du davon überzeugt warst, keine richtige Elfe zu sein, hattest du keine Wahl, als dich von deinem Instinkt mal hierhin, mal dorthin treiben zu lassen. Aber nun, da du weißt, dass du ein unsterbliches Fey besitzt, stehst du plötzlich vor eben dieser Wahl, die dir von vornherein abgenommen schien. Jetzt musst du dich entscheiden. Willst du auf das alte Volk hören und eingehen in den ewigen Kreislauf, dein Schicksal finden und zur Belohnung wie ein braver Hund durch die Pforte gelassen werden, wenn du folgsam warst? Oder willst du dein eigenes Schicksal schmieden? Waren deine Versuche, dein eigenes Schicksal zu schmieden, der Not geschuldet, oder entsprangen sie einem inneren Bedürfnis? Jetzt hast du überhaupt erst die Gelegenheit, dich selbst kennen zu lernen.

     Ein schwacher Geist würde es vorziehen, in Unwissenheit gelassen worden zu sein. Ein starker Geist hingegen vermag daran zu wachsen. Du besitzt einen starken Geist, Sanyala. Den wenigsten meiner Schüler traue ich zu, was ich dir zutraue.

     Du kannst bleiben, wenn du möchtest. Ebenso steht es dir frei, zu gehen.

 

Am Morgen sehen wir Kithain geduldig, aber auch sorgenvoll im verschneiten Wald warten, während um sie herum Tautropfen zu Boden fallen. Die Orkfrauen sind unruhig, sie wollen weiterziehen, doch das käme niemals infrage. Jewel steht derweil auf Burg Evered am Kamin und starrt verzweifelt in die Flammen. Von hinten trägt der Unseen Servant einen Umhang herbei und legt ihn ihr um die Schultern. Hier sehen wir wieder, wie viel Zeit Elfen bisweilen benötigen bzw. sich lassen: Die ganze Nacht haben sie diskutiert. Jewel richtet sich auf und wendet sich zu Azaril um, die an ihrem Tisch liest.

 

Jewel: Ich werde gehen, Azaril.

Azaril: Zurück zu den Orks?

Jewel antwortet nicht.

Azaril: Um sie in den Cormanthor zu führen? Es gibt so viel, was du nicht weißt, Sanyala. Der Rückzug jährt sich nächstes Jahr zum dreißigsten Mal. Amlaruil Moonflower ist sehr still geworden, was ihn betrifft, aber wir dürfen davon ausgehen, dass, wer ihn bis jetzt noch nicht angetreten hat, das auch nicht mehr tun wird. Denke nicht, dass die Sippe deines Vaters die einzige ist, die es vorzog, diese Gestade nicht zu verlassen. Neun von zehn Elfen mögen nach Evermeet gezogen sein, aber die Verbliebenen sind zahlreich genug. Denkst du, deine grünhäutigen Freunde könnten sich dort ein neues Leben aufbauen, fernab von Orks, Menschen, Elfen und allen anderen?

Jewel: Das liegt bei ihnen. Aber wenigstens sollten sie die Chance dazu haben.

Azaril: Und was schert es dich?

Jewel: Sagtest du nicht, Objekt unseres Strebens sei Freiheit? Dann müsstest du ihrem Anliegen ja wohlgesonnen sein.

Azaril: Möchtest du ausgepicht meine Worte gegen mich verwenden? Dann solltest du sie zuerst verstanden haben.

Jewel: Innere wie äußere Freiheit. Danach streben sie.

Azaril: Du hast meine Frage nicht beantwortet. Es geht nicht darum, was sie wollen. Wenn das ihr Wunsch ist, mögen sie ihn verfolgen. Es ist einerlei. Warum ist es dir ein Anliegen?

Jewel: Sie brauchen ein Zuhause. Dort, wo sie herkommen, finden sie keins, und bei den Menschen ebenso wenig.

Azaril: Erneut weichst du aus. Beantworte die Frage, Sanyala.

Jewel antwortet nicht.

Azaril: Ist es dein Wunsch, ihnen zu diesem neuen Zuhause zu verhelfen? (Sie steht auf und geht langsam die Stufen zu Jewel hinunter.) Oder ist es der Wunsch deiner Freundin, die in dir so viel mehr Elfentum sieht als du selbst – und die du deshalb nicht enttäuschen möchtest?

     Sie ist nicht mehr als du, Sanyala. Sie ist viel weniger. Eine gefesselte Seele, eine Sklavin, die Sklavin sein möchte. Sie ist es zufrieden, ein Opferdasein zu fristen. Du hingegen musstest von frühester Kindheit an deine eigene Stärke finden. Warum willst du sie nun anderen zuteil werden lassen? Es ist deine Stärke. Sie gehört dir allein.

Jewel: Ich habe deinen Vortrag wohl gehört, Azaril. Aber deine Worte finden keinen Raum in meinem Herzen, in dem sie widerhallen könnten.

Azaril (amüsiert): Ich bin zuversichtlich, dass du besser lügst, wenn es nicht um dein Seelenheil geht. Du weißt ganz genau, wie viel von dir in dem steckt, was ich diesen geistlosen Aspiranten zu erklären versuchte. Du hast schon viel zu viel davon verstanden, als dass deine Freundin, wüsste sie um deine Gedanken, nicht annähme, dass du unrettbar für Arvandor verloren seist. Du warst dein Leben lang auf dich allein gestellt. Anfangs magst du gehofft haben, dass jemand kommt, der dich bei der Hand nimmt, dir seine Stärke leiht, dir hilft – aber als niemand kam, warst du auf dich und dich allein angewiesen. Und so hast du gelebt. Ein halbes Jahrhundert lang.

Jewel: Und dann fand ich Freunde.

Azaril: Begleiter, Sanyala. Die wohlige Illusion einer Familie. Die du dennoch verließest, um auf dich allein gestellt weiterzuleben, in Baldur's Gate.

Jewel: Nur eine Zeitlang.

Azaril: "Nur eine Zeitlang." Das ist dein wahres Ich, Sanyala. Kompromisse schließen zu müssen mit den Wünschen und Bedürfnissen anderer hast du nie gelernt, es liegt nicht in deiner Natur, die du dir selbst erschaffen hast. Du hast ihnen entsagt und bist deinem Herzen gefolgt.

Jewel: Und danach habe ich mich wieder auf die Suche nach ihnen gemacht.

Azaril: In der Hoffnung, durch sie Herausforderungen zu finden, auf die du allein niemals stießest.

Jewel: Aus Liebe. Weil sie mir fehlten. Weil mir fehlte, wer ich war, wenn ich mit ihnen zusammen war.

Azaril: Ich sage ja nicht, du seist am Ende deiner Reise angelangt. Du bist weit davon entfernt. Dein elfisches Blut macht es dir schwer, sie geschwinder fortzusetzen. Die Sehnsucht nach einer Sippe, die dir in die Wiege gelegt wurde, musste auch ich überwinden. Ich verstehe das.

Jewel (leicht ironisch): Und jetzt, wo du sie überwunden hast, bist du glücklicher?

Azaril: Gesprochen wie ein Kurzfristiger. Ich habe keinen Platz in meinem Herzen für naive Torheiten wie "Glück". Davon mögen jene reden, die nicht weiter sehen als bis zur eigenen Nasenspitze. Du weißt sehr genau, auf welch dünnes Eis du dich begibst, wenn du diese Worte benutzt. Ich bin nicht "glücklich", Sanyala. Ich bin zu gereift, ich weiß zu viel, um mich dieser kindlichen Vorstellung hinzugeben, die letztlich auch nur eine fesselnde Ranke ist, die sich um deinen Knöchel legt. Glück, diese Belohnung für rechtes Verhalten, so wie der Knochen für den Hund. Ich bin nicht glücklich, ich bin wahrhaftig. Ich bin so sehr ich, wie ich nur sein kann. Kannst du das auch von dir behaupten?

Jewel sieht sie erschauernd an.

Azaril (tritt ganz nahe an Jewel heran): Du verstehst genau, was ich meine. Du hättest es nicht so formulieren können, aber ich höre den Widerhall meiner Worte aus deinem Herzen. Du... verstehst.

Jewel: Ich möchte jetzt gehen.

Azaril: Nein. Du möchtest fliehen. Zurück zu dem, was du kennst. Zurück zu dem, was einfach ist. Ja, 20 Orkweiber und deren schreiende Kinder von hier aus über hundert Meilen und mehr in den Cormanthor zu führen, ist einfach – gegen den Gedankensturm, der in dir tobt. Aber du wirst ihm nicht entkommen können. Nicht im Cormanthor, nicht in Tethyr. Kein Ort auf Abeir-Toril bietet dir Zuflucht vor Erkenntnis.

Jewel wendet sich rasch um und eilt auf die Tür zu.

Azaril (gestikuliert): Zorgos tryamar! (Die Tür fällt ins Schloss.)

Jewel (wirbelt herum): Du sagtest, es stünde mir frei, zu gehen oder zu bleiben, wie es mir beliebt!

Azaril: Und das kannst du – wenn ich mit dir fertig bin.

Jewel: Warum? Warum tust du das?

Azaril: Du kennst die Geschichte, die allen Elfen erzählt wird, damit niemand hinterfragt, niemand aufbegehrt: dass man sich um seiner Seele willen nicht entfremden darf. Ist es da nicht geradezu ironisch, Sanyala, dass deine Mutter dich davor zu bewahren versucht, dass du den Irrweg einschlägst, der für dich schon lange viel zu eng geworden ist? Dass dir deine Mutter sagt, dass du dich entfremden musst, willst du dich nicht verlieren?

Jewel starrt sie nur ratlos an.

Azaril: Du bist zu stark, um wie all die anderen Sklaven verzweifelt nach einer Brotkrumenspur zu suchen, die dich wieder ins sichere Zuhause führt, wo du für nichts verantwortlich bist, keine Entscheidungen treffen, nicht du sein musst. Als wäre das eine beschwerliche Pflicht, die uns auferlegt wurde. Nein, wir selbst zu sein ist unser Recht, das uns streitig gemacht wird. Du hast die Kraft, ein Individuum zu werden, das keinem Elfen, keinem Menschen, keinem Gott unterworfen ist, sondern nur dir selbst. Du hast die Kraft, das zu werden, was wir alle sein sollten. Frei.

     Meine Schüler können sich nicht einfach von dem lossagen, was sie als die göttliche Ordnung begreifen, zu tief steckt dieser Dorn in ihrem Fleisch. Die Wenigsten von ihnen werden es vollbringen, den Weg zur Erkenntnis auch nur zur Hälfte zu beschreiten. Aber du, Sanyala, du bist zeit deines Lebens vorangelaufen, ungeführt, aus dir selbst heraus, auf diesem Weg, und du hast dabei Erfahrungen gemacht, die den meisten dieser Narren auch in zehn Jahren, 20, 30, verborgen bleiben werden, und du hast dabei die Stärke entwickelt, zumindest zu beginnen, die richtigen Schlüsse aus ihnen zu ziehen. Wie könnte ich dieses Potenzial einfach verkümmern lassen? (Sie sieht sie lange an, gestikuliert dann vage zur Tür.) Teremon. (Die Tür öffnet sich knarrend.) Geh und tu, was du für richtig hältst.

 

Nach einem Schnitt sieht man Jewel langsam durch den Wald auf Kithain zugehen. Diese sieht ihr sofort an, dass etwas nicht stimmt, aber Jewel hat ihre Gedanken noch nicht geordnet, und bevor sie das getan hat, kann sie niemandem davon erzählen, denn ihre Welt ist in ihren Grundfesten erschüttert, nein, niedergerissen worden – und sie weiß: Jedes Wort, das Azaril sprach, war wahr. Jewel meint nur kraftlos, dass sie die Orkfrauen jetzt nicht mehr zum Cormanthor führen kann. Tatsächlich will sie jetzt einfach nur weg von hier und in vertraute Umgebung, raus aus der endlosen Weite der Natur, die ihr zuzuflüstern scheint, um sie auf den einen Weg zu locken, während Burg Evered so nahe ist, von wo sie immer noch die Stimme ihrer Mutter hören kann, die einen anderen Weg für Jewel sieht. Kithain fragt nicht nach, denn wenn Jewel es nicht erzählt hat, dann kann sie es nicht. Aber sie wiederum kann ihr Versprechen nicht brechen und muss eine Heimat für Glanis Truuls Gemeinschaft finden, auch wenn sie sich hier kein bisschen auskennt. Jewel nimmt ihr das Versprechen ab, den Fährstein zu benutzen, wenn es Probleme gibt, und sie werde jetzt dasselbe tun. Zurück nach Mosstone, so weit wie möglich fort von hier, um der Verlockung zu widerstehen, Azaril erneut aufzusuchen und mehr hören zu wollen. Sie geht, um den Fährstein außer Sichtweite zu benutzen, damit niemand nervös gemacht wird. Die Orkinnen protestieren, als Kithain ihnen mit Zeichensprache klar macht, dass die, die sich auskennt, gerade abgehauen ist, aber dass sie sie weiter begleiten wird. Und so zieht der Treck wieder los ins Ungewisse. Jewel jedoch hält den Fährstein lange in ihrer Hand, mit sich hadernd, verstaut ihn aber schließlich und tut ihre ersten Schritte...

 

Auf dem Blister Trail ist Milandres Erkältung immer schlimmer geworden. Nachdem sie sich von ferne hörbar schrecklich bronchial in den Schlaf gehustet hat, kann sie am Morgen nicht mehr aufstehen. Raif hat alles eingepackt und will sich wieder auf den Weg machen, doch dort hinten kann er Milandre immer noch liegen sehen, und ihr Husten klingt fürchterlich. Raif ringt kurz mit sich selbst, kann aber eine Nachfahrin Sir Corens – oder irgendjemanden – nicht einfach hier draußen zum Sterben zurücklassen. Er gibt ihr zu trinken, wundert sich, wie man nur tagelang in seiner Rüstung schlafen kann, sieht, dass sie fast nichts mehr zu essen hat, teilt mit ihr und schleppt sie mit. Die letzte Etappe wird sehr beschwerlich, und man wechselt auch keine zehn Worte, da sich Milandre inzwischen eine waschechte Lungenentzündung zugezogen hat und es an ein Wunder grenzt, dass sie sich am Morgen wieder hochziehen lassen und langsam gehen kann.

 

Endlich erreichen sie das riesige Heerlager. Hier hat niemand auf sie gewartet, weshalb Stunden vergehen (der Unteroffizier informiert seinen Offizier, der informiert seinen Ritter, der informiert seinen Baron, und der hat gerade keinen Bock und kümmert sich erst später darum), bis Raif endlich in einen anderen Teil des Lagers gebracht wird, wo er Fleece wiedersieht.

 

Gilborn heilt Milandre und geht wieder, und sie muss erst langsam zu sich kommen und zunächst mal kapieren, wo sie hier ist – aber sie hat Raif verloren. Unterdrückte Panik steigt in ihr auf.

 

Fleece und Raif tauschen sich erst mal aus. Raif vertraut ihr an, was es mit der Tatsache, dass er den Challenger immer noch trägt, auf sich hat (was der Zuschauer abermals nicht mitbekommt), und Fleece informiert ihn darüber, dass Zoran eigentlich von hier aus seine Weiterreise nach Marsember vorbereiten wollte, wo er dank guter Vorbereitung seitens des Herzogs ein Schiff organisieren würde. Jedoch ist er ebenso wie die Abenteurer ein Vasall Hembreons, und der wiederum war ja nach Cormyr gekommen, um Haus Obarskyr zu helfen – also erwartet man selbstredend, dass seine Gefolgsleute diese Arbeit fortsetzen. Man lässt sie hier schlicht und ergreifend nicht weg, sie gehören jetzt zur Armee und warten auf ihre Befehle. Außerdem ist zum jetzigen Zeitpunkt noch immer unklar, ob die Rettungsaktionen Erfolg hatten, da kann der Vasall ja nicht einfach abhauen, während das Schicksal seines Lehnsherrn in der Schwebe hängt.

 

Lord Riklass ist ein Lord ohne Titel und ohne Amt, also unter Adligen unbedeutend. Man begegnet ihm mit Höflichkeit, aber es ist auch klar, dass er hier keine Entscheidungen zu treffen hat. Jedoch konnte man ihm natürlich nicht abschlagen, einen Boten in eigener Sache zu entsenden. Und so stattete man Brannon mit einem Pferd und Geld im Wert von 50 Goldmünzen aus und schickte ihn nach Marsember, wo er schon mal das Schiff organisieren soll.

 

Die Stimmung im fürstlichen Zelt der Gemeinschaft der Ersten Sonne ist natürlich schlecht. Jetzt wird man hier ja quasi gegen seinen Willen festgehalten, ist Teil einer Armee, zu der man eigentlich gar nicht gehören will, um einen Krieg zu führen, der einen nichts angeht.

 

Brannon erreicht sein Ziel und betritt Marsember von Norden durch die schicken Upper Acres. Er genießt es, das Gefühl von Freiheit zu haben, das er im Heerlager nicht hatte, und erfreut sich am bunten Treiben auf dem Merchant's Way, wo sich Adlige, Patrizier, Fernhändler, Karawanenwachen, Krämer und Dienstboten tummeln. Gerade hier oben lockt eine schicke Taverne nach der anderen, aber Bran fragt sich zuerst mal nach Harborside durch, wo er aber feststellt, dass die Adresse, die er aufsuchen soll, auf der Insel Southport liegt – das schafft er heute nicht mehr. Also mietet er sich ein Bett im Sechserzimmer in einer Bruchbude in Harborside. Bis auf Handgeld versteckt er fachmännisch den Großteil der Kohle unter der Matratze und lässt in seinem Rucksack ein Goldstück in einem "Geheimfach", einem eingerissenen Innenfutter, zurück, so dass man zuerst darauf stößt und denkt, dass man alles gefunden hat.

 

Am nächsten Morgen begibt sich Bran zur hochziehbaren Zollbrücke, dem Nadelöhr des Hafenbetriebs, und reiht sich in die wartenden Fußgänger und Fuhrwerke ein. Gesprächsthema Nr. 1 ist hier wie anderenorts immer wieder das Wetter ("Regen? Das ist feuchte Luft. Ich nenn's Regen, wenn an mir eine Schule Dorsche vorbeischwimmt. Auf Schulterhöhe."), weil Marsember ständig von regelmäßigen unterschiedlichen Hochwasserständen geplagt wird, und er lernt, dass die Marsembianer viele Worte für verschiedene Nebelarten haben, und schnappt in diesem Bezug auch einen Verweis auf die Heimsucherin auf, kann aber (noch) nichts damit anfangen.

 

Southport wird beherrscht von den beiden Werften Raulmond und Maraiche, wobei Maraiche Triremen, Potten, Koggen, Karacken, Karavellen und Schivonen auf Kiel legt und sich Raulmond auf die Schiffsreparatur spezialisiert hat, aber beide genießen einen hervorragenden Ruf in der ganzen Drachensee. Die Adresse findet Bran, aber der Kontaktmann Hersing hat heute frei. Gut, wieder umsonst Stunden vergeudet. Ihm reicht's, ihn zieht es zurück in die Upper Acres. Zwar weiß er nicht, welche Ausgaben ihn vielleicht noch erwarten könnten, aber wie ein Hungerleider will er auch nicht leben.

 

Nach dem Mittagessen besucht er in den Upper Acres Mistress Nimoras' Außergewöhnliches Kabinett der Monstrositäten, halb Museum, halb Gruselkabinett, in dem allerlei echte (und auch selbst erdachte und konstruierte) ausgestopfte Monster ausgestellt sind, zu denen die überkandidelte Urabet Nimoras (Jpg 54058-54059) begeistert etwas erzählt. Darunter befindet sich auch das Prunkstück des Kabinetts, ein "schlafender Drache" (der sich eher als Drake entpuppt), aus dessen Nüstern im Keller mit einem Blasebalg Rauch getrieben wird, um erfolgreich die Gäste zu erschrecken.

 

Hier lernt Bran die sympathische junge Eola Harask (Jpg 54060) kennen, die hier arbeitet, und kommt mit ihr ins Gespräch. Kurzerhand geht's in den Lower Fens ins Wirtshaus Zum Schwarzen Keiler (Jpg 54061-54065). Bran erzählt und erzählt und erzählt von seinen Abenteuern, und man merkt, wie sehr er sich mittlerweile mit der Gemeinschaft der Ersten Sonne identifiziert. Jedoch staunt der weitgereiste Kämpe auch nicht schlecht, als er erfährt, dass Eola, die aus dem nur ein paar Tage entfernten Wispmarsh stammt, 1317 DR durch ein Feentor nach Faerie stolperte und erst letztes Jahr, im Frühling 1372 DR, 55 Jahre später, zurückkehrte. Die Feen, mit denen sie sich angefreundet hat, verstehen ihre Trauer nicht, dass ihre Eltern in der Zwischenzeit verstorben sind. Ihr kleiner Bruder Ravid, damals noch ein Kind, ist inzwischen Großvater, meidet sie aber, weil er sich vor dieser gottlosen Teufelei fürchtet. Sie fand also eine völlig neue Welt vor, und alles, was "damals" – das ist für sie erst ein Jahr her – wichtig war, spielt heute keine Rolle mehr. Damals war Rhigaerd II König von Cormyr und Azoun IV der erst zehnjährige Kronprinz. Heute ist selbst der tot, gestorben als alter Mann in der Schlacht des Drachenfalls vorletztes Jahr. Und jetzt schlagen sich die Obarskyrs und die Cormaerils um die Krone, aber in weiteren 55 Jahren wird keiner der Beteiligten mehr leben, und das alles wird für die Menschen keine Rolle spielen.

 

Trotz ihrer jugendlichen, fröhlichen, unbeschwerten Art hat Eola daher einen gewissen weisen Zug, der ihr selbst gar nicht bewusst ist. Ihre Art wiederum (die sie möglicherweise überhaupt erst durch das Feentor stolpern ließ) macht es ihr leicht, sich anzupassen und sich auf die Welt einzustellen. Nun arbeitet sie für Urabet Nimoras und ist dankbar, einen so originellen Job zu haben. Sie nimmt alles, wie es kommt, und feiert alles Angenehme als das, was es ist. Obendrein zieht sie die Biere weg wie Wasser, was sie selber erstaunt: Früher hat sie nichts vertragen, seit ihrer Rückkehr hatte sie nicht genug Geld, um wirklich zechen zu gehen, und nun hat sie einen Zug am Leibe, der seinesgleichen sucht. Sie nimmt leichthin an, das sei ein Koboldgeschenk, und erzählt die Sage von dem Mann, der das Koboldgeschenk erhielt, Gold riechen zu können.

 

Eola bringt Bran später eine Straße weiter in die Herberge Zur Stundenkerze und macht mit ihm aus, tags drauf in die Lindblüte zu gehen, weil dort morgen die Galgenvögel auftreten. Bran wird morgen also in die Kaschemme in Harborside gehen, seine Sachen holen und sie herbringen, und nach Southport muss er sowieso.

 

Am nächsten Morgen sieht Raif Milandre (die wiederum ihn gesucht und gefunden hat), begibt sich zu ihr und redet ruhig auf sie ein. (Er duzt sie und nennt sie Belgrave, wohingegen sie förmlich und höflich bleibt.) Raif erklärt ihr, dass ihn sein Leben bald weit weg von hier führen wird, und nicht mal er weiß, wohin. Wolle sie ihm nun bis nach, keine Ahnung, Tashalar folgen? "Wenn's sein muss." Er erklärt, dass er Hochachtung vor ihrer Zähigkeit und ihrem Durchhaltevermögen hat – nicht jeder hätte das geschafft, was sie geschafft hat, und sie solle froh sein, dass sie noch am Leben ist, und sich sagen, dass sie alles Menschenmögliche getan hat, aber irgendwo ist auch mal Schluss, und das ist hier. Milandre erwidert, dass sie nicht scharf darauf ist, dem Challenger hinterherzulaufen, und wahrlich lieber hier bliebe (und ihr Tonfall macht das auch deutlich), aber sie hat den traditionellen Schwur geleistet wie alle Sons of Steel, also wird sie alles tun, was sie kann. Raif entgegnet, sie könne aber nichts tun. Er werde bald mit einem Schiff ablegen, und das werde kein Frachter sein. Selbst wenn sie Geld hätte – was sie nicht hat –, könne sie nicht einfach mal so eben mitkommen. Die Lösung dieses Problems, so Milandre, werde er ihr überlassen müssen.

 

An seinem dritten Tag tigert Bran wieder nach Southport, doch abermals ist sein Kontaktmann Hersing nicht da. Dessen Vertreter besticht Bran mit einer Silbermünze, um Hersing auszurichten, wie wichtig das Treffen sei. Danach holt er seine Sachen aus Harborside und bringt sie zur Stundenkerze.

 

In den Lower Acres essen Glynis (Jpg 54066) und ihr Sohn Tulwood Elemer (Harry Treadaway, Jpg 54067-54068) mit Lazarian und seinem Sohn Thalmor Faintree (Alun und Joe Armstrong, Jpg 54069-54071) in einem Restaurant zu Mittag. Während sie gediegenen Smalltalk halten, erklärt Elminster aus dem Off die Situation: Tulwood Elemer ist ein Sohn aus gutem Kaufmannshause, aber leider der dritte, der nichts erben wird. Seine Brüder bringen sich voll und ganz in Vaters Unternehmen ein, aber Tulwood war zeit seines Lebens ein Nichtsnutz, der nur auf Parties und Frauen aus war (und genau deshalb nie die Anerkennung seines Vaters und seiner Brüder bekam), aber sich insgeheim wünschte, jemand zu sein, auf den seine Familie stolz ist, obwohl er nie wusste, was er eigentlich will, und auch nie die Motivation hatte, mehr aus sich zu machen. Seine Mutter Glynis aber glaubte an ihn und kratzte ordentlich Kohle zusammen, um ihn an Ruadas Ehre einzuschreiben, Marsembers renommierter Kriegerakademie, obwohl niemand Grund hatte, anzunehmen, dass er das durchhalten würde. Von sich aus hätte Tulwood nie etwas mit seinem Leben angefangen, aber Glynis war einem Impuls gefolgt, denn sie wünschte sich für ihren geliebten Sohn nichts mehr, als dass er lernt, wie es sich anfühlt, stolz auf sich sein zu können. Vater und Brüder haben Glynis natürlich die Hölle heiß gemacht, dass sie für diesen Taugenichts aufs Geratewohl Unsummen verschleudert, aber zur Überraschung aller hat er's geschafft, ist auf der Akademie erwachsen geworden und weiß jetzt, dass er Talente hat – aber noch immer bekommt er keine Anerkennung, denn vom Abschluss abgesehen hat er nichts erreicht.

 

Während seiner Ausbildung lernte er Thalmor kennen und freundete sich mit ihm an. Auch dessen Vater Lazarian ist ein wohlhabender Patrizier, und der trieb aus dem Hintergrund heraus schon seit Jahren die Karriere des Sohnes voran. (Man erwähnt jahrelang auf gesellschaftlichen Anlässen, dass der Sohn Ruadas Ehre besucht, und flechtet das immer so geschickt ein, dass der Herr Baron irgendwann mal vorschlägt, dass er sich ja mal melden könne, wenn er bestanden hat. Du wirst halt nur was, wenn du Vitamin B hast.) Nun wird sich Thalmor in Bälde in die Dienste eines Barons begeben und nach Wheloon gehen, um dort dem Feind die Stirn zu bieten. Tulwood jedoch hat seinen Abschluss, aber keinerlei Angebote. Natürlich könnte er zur Stadtgarde gehen, die ihn garantiert nehmen würde (zur Vogtgarde schon nicht mehr, weil da erst recht ohne Vitamin B nichts geht), aber nun, wo er weiß, was er kann, ist ihm das zu wenig – aber sein Vater hatte nie einen Grund, für ihn die Hand ins Feuer zu legen.

 

Nun eröffnet Tulwood seiner Mutter zwischen zwei Bissen, dass er Thalmor begleiten wird. Dem Anlass entsprechend übt sich Glynis in Beherrschung, aber auf dem Heimweg bittet sie ihn, das nicht zu tun. Jedoch ist Tulwood nicht umzustimmen.

 

Bran schlägt sich den Tag mit der Erkundung der Lower Fens um die Ohren und geht abends mit Eola in die Lindblüte (Jpg 54072-54078), wo er Livemusik hört und von Eola und anderen Gästen eine Menge über Marsember erfährt.

 

Er hört vom Nachfolger des korrupten Lord Ildool, Bledryn Scoril, von den spöttisch Klein-Suzail genannten Upper Acres (weil der Stadtteil so weit weg vom Starwater, dem Hafen und der Unterstadt entfernt liegt), wo die Reichen und Schönen leben, vom Stadtvogt und der Vogtgarde, dem Ältestenrat, der renommierten Kriegerakademie Ruadas Ehre, deren Abgänger auf die zerbrochene tempusgeweihte Klinge Drachenzunge schwören, von der Sternwarte und vom Haus der Göttlichen Woge in den Upper Acres und dem Umberlee-Tempel (und angeblich ältesten Gebäude Marsembers) in Fisher's Yard, an dessen Schwelle die Große Flut 1027 DR, im Year of the Tempest, Halt gemacht haben soll, die zwei Drittel Marsembers vor 346 Jahren verschlang. Er erfährt, dass Umberlee umfassende Verehrung als Göttin des Handels, der Warenflüsse und der guten Seewege genießt, der auf geschmückten Flößen auch die Toten anvertraut werden (wenn sich die Hinterbliebenen die Gebühr leisten können – alle anderen Leichen werden gesammelt und regelmäßig in einem einfachen Schiff in Brand gesetzt), während man vor Kelemvor Island, ehemals Myrkul Island, eher Angst hat (weil die Kelemvorianer den Myrkulianern nachfolgten, Marsember sie aber wegen der starken räumlichen Trennung nie kennen lernte). Er hört von den zahlreichen Feenkulten und vor allem vom grimmigen Flussvater, der in der Unterstadt Hof hält, und von den Nixen und Neckern, die den Unachtsamen in die dunklen Tiefen hinabziehen, um bei Hofe originelle Luftatmer-Gäste zu haben und ihnen beim Ertrinken zuzusehen. Er hört vom Verbot, Gwen Petryl zu besitzen, von der im Hafenbecken versenkten Umberlee-Statue, dessen Gwen Petryl, den sie in einer Hand hochreckt, nachts als türkisblauer Schimmer zu erkennen ist, vom Weißen Arbolan, dem Delphin, der immer wieder mal im Hafen vorbeischaut und als Glücksbringer gilt, von den allgegenwärtigen Schlammkrabben, die am Wasser immer ein Problem sind, und den Ratten, die sich überall breitmachen. Er hört von der Unterstadt, dem vor 300 Jahren überschwemmten Teil Marsembers (das heutige Marsember ist nur die Neustadt und ein Drittel des einstigen Marsember), einer Schwemmlandschaft voller Inseln und Ruinen. Es heißt, in einer Kaverne unterhalb des Alten Umberlee-Tempels lebe Lata, eine riesige Drachenschildkröte, die Marsember vor der dämonischen Krake Usuzoreel, der Allesverschlingenden, und ihrer Brut beschützt. Er hört von der Krakeninsel, deren spießige Bewohner mit ihren seltsamen Traditionen ein Völkchen für sich darstellen, vom armen, dreckigen und heruntergekommenen Orktown mit dem Hotel Main Mast, einem seetüchtigen Schiff, dessen paranoider Besitzer sein Personal bei Hochwasser immer Segelmanöver üben lässt, weil er jederzeit mit der nächsten Großen Flut rechnet, er hört vom Sune-Tempel nebst Park in den Upper Fens und von den Lower Fens, die zu kaschieren versuchen, dass sie schon bessere Zeiten gesehen haben, vom geschäftigen, betriebsamen Harborside mit seinem Gond-Tempel, vom Fisher's Yard mit seinem berüchtigten Spukspeicher, vom dörflichen Parish, wo das Vergnügungsschiff Rethis vor Anker liegt, von den gutbürgerlichen Lower Acres mit dem berühmten Badehaus Nixenquell und dem Oghma-Tempel, von dem Geisterschiff Hauntress und seinem Kapitän Norrash Fogbeard, der seine Männer in unnatürlich dichtem Nebel in die Straßen schickt, um Leute für die Mannschaft zu shanghaien und pro Heimsuchung in nie mehr als ein einziges Haus einzubrechen, um dort alle abzuschlachten, und so viel mehr.

 

Eola wird auf eine ältere Frau (Jpg 54079) aufmerksam, die von Tisch zu Tisch geht und sich bittend gebärdet, aber von einem Rausschmeißer auf die Straße befördert wird. Bran sieht, dass sie Eola leid tut, und geht ebenfalls nach draußen. Dort erfährt er, dass sie Luara Jorid heißt und ihre Tochter Fanya sucht, die vor fünf Tagen verschwunden ist. Luara ist Witwe und Näherin aus den Lower Fens. Ihre Söhne haben schon vor Jahren geheiratet und leben weit fort von hier, und ihr Mann kehrte vorletztes Jahr sturzbetrunken aus einer Taverne heim, als die Hauntress einlief und er Norrash Fogbeards Piraten zum Opfer fiel. Nur ihre sechzehnjährige Tochter Fanya ist ihr geblieben. Diese hat von ihrer Mutter das Nähen gelernt und arbeitet, weil es ohne Mann finanziell schlecht läuft, als Dienstmagd in einem wohlhabenderen Haus. Fanya ist eigentlich wohlerzogen, aber in letzter Zeit wirkt sie recht götterfern, will sie doch aus ihrem Leben ausbrechen, anstatt Mutters kleines Gewerbe zu übernehmen. Schauspielerin am Theater möchte sie sein, pah! Gut, junge Menschen haben solche Flausen, aber sie müssen sie auch rasch aus dem Kopf bekommen. Luara hofft, dass sie nur weggelaufen ist. Natürlich war sie beim Theater an der Gauklergasse, aber dort konnte oder wollte man ihr nicht helfen. Wer sagt denn, dass sich Fanya dort nicht versteckt? Ihre beste Freundin sei schlechter Umgang, meint Luara, ein leichtes Mädchen aus Orktown, das im Gasthaus Zum Erdwurm ausschenkt. Die hat sie auch gefragt, aber Polda behauptet, auch nichts zu wissen. Als ob! Das andere Theater, das Prinz-Foril-Theater in den Upper Acres, scheidet natürlich aus, das ist viel zu weit weg und vor allem viel zu teuer.

 

Bran bringt mit Eola Luara nach Hause und findet ein eigentlich recht geräumiges, aber schlecht in Schuss gehaltenes (das Dach hat schon einige Löcher), dafür blitzblank geputztes Haus vor, und die Shiallia-Figur nebst Hausschrein täuscht nicht: Luara ist eine gute Gastgeberin. Anstatt von ihr Geld zu nehmen, will er ihr helfen, sagt er und begründet das wahrheitsgemäß damit, dass er sich langweilt, was Luara gar nicht fassen kann. Er betet am Hausschrein, steckt Luara etwas Geld zu und bringt Eola nach Hause. Die findet die Geschichte total spannend, ist aber auch gerührt davon, dass Bran mir nichts dir nichts hilft. Solche feinen Kerle fallen in Marsember nicht gerade vom Himmel.

 

Am vierten Tag spaziert Bran also erst mal nach Orktown, das schließlich auf dem Weg liegt, weil er ohnehin nach Southport muss. Er fragt sich durch und findet den Erdwurm mit seinem unfreundlichen Wirt (Jpg 54080). Da der ihm nicht helfen will, Polda ausfinding zu machen (er kennt ihn schließlich nicht, und Bran könnte für sonstwen arbeiten), mischt sich die hartgesottene Ryltha (Jpg 54081) ein und zeigt ihm gegen Bezahlung die Gesuchte. Die sechzehnjährige Polda (Jpg 54082) ist zwar noch jung, aber auch schon reichlich verbittert. Unsicherheiten kaschiert sie mit rotziger Toughness, und Bran weiß, dass ihr auch gar nichts anderes übrig bleibt. Er nimmt sie ganz schön ins Gebet und bezichtigt sie öfters der Lüge, kauft Polda ihre Geschichte aber schließlich ab: Fanya ist nur für brave Verhältnisse rebellisch, ein nicht hässliches, aber auch nicht hübsches naives Pummelchen, das das Theater liebt und sooo gern selbst auf der Bühne stünde. In Polda sieht sie wohl die total lebenserfahrene Straßenratte, und Polda hat eher Mitleid mit ihr, als dass sie sie als Freundin bezeichnete. Vor fünf, sechs Tagen habe sie sie das letzte Mal gesehen, und da sie sich nie hier treffen (Fanya käme hier total schnell unter die Räder, und ein anständiges Mädchen darf sich eh nicht in Orktown blicken lassen), hatte sie sich auch keine Sorgen gemacht, bis Luara gestern hier aufkreuzte. (Polda weiß, wo Fanya arbeitet, und holt sie manchmal dort ab.)

 

In Harborside sucht Bran eine Schreinerei, gibt Luaras Adresse in der Drosselgasse ab und bestellt den Zimmermann für morgen früh zur siebten Stunde, damit der sich das Dach ansieht und sagt, was er dafür haben will. Nach langer Warterei an der Zollbrücke muss Bran natürlich feststellen, dass Hersing heute zwar da war, sich aber mit einer Magenverstimmung krank gemeldet hat.

 

Tulwood steht am Fenster seines Zimmers im Elternhaus und schaut nachdenklich auf den Kanal hinab, als eine Dienstmagd eine Nachricht überreicht. Tulwood beeilt sich und trifft sich mit Thalmor, der ihn mit Nachdruck zu einem Treffen gebeten hat, aber wir erfahren noch nicht, worum es geht.

 

Nach dem Mittagessen geht's für Bran in die Upper Fens, vorbei am Sune-Tempel und am Park zum Theater in der Gauklergasse, das offenbar schon bessere Zeiten gesehen hat, aber sich immer noch um diesen gediegenen Chic bemüht. Jerryl (Jpg 54083) hört sich Brans Anliegen an und verspricht, in der Truppe herumzufragen, während im Hintergrund ein Holzrahmen mit einem hübsch gemalten Plakat bezogen wird, das eine junge Dame zeigt (Jpg 54084). Jerryl meint, Bran könne doch heute Abend zur Vorstellung von Der Bauer aus dem Norden kommen, bis dahin hätte er ja vielleicht was. Gesagt, getan, mit Eola besucht Bran am Abend auf zwei Stehplätzen vor der Bühne die Vorstellung, und die beiden amüsieren sich.

 

Nun geht's zum abendlichen Heerlager, und Elminster kommentiert aus dem Off.

 

Elminster: Jaqeera zog sich in sich zurück, indem sie zu jemand anderem wurde. Als hartgesottener Söldner aus Damara, als alte Krämerin aus Teziir, als überkandidelter Barbier aus Turmish saß sie an manchem Lagerfeuer, lauschte den Geschichten und improvisierte die ihren, um ihr eigenes Leben nicht leben zu müssen. Ihre Kameraden bekamen sie kaum zu Gesicht, allenfalls abends, wenn sie ins Zelt zurückkehrte. Das war ihre Art, das Erlebte, das hinter ihr lag, und die Lage, in der sie sich jetzt befand, aufzuarbeiten.

     Naneetha Holbirk befand sich in einer schwierigen Situation. Sie musste ihre Kirche repräsentieren, aber auch dem Verlangen widerstehen, zu missionieren. Wie gern wäre sie mit einem gütigen Lächeln von Feuer zu Feuer gegangen, um Amaunators Wort zu verkünden. Doch sie wusste, welche Probleme das in dieser unsicheren Lage heraufbeschwören konnte. Wenn doch wenigstens jemand sie um Rat ersuchte! Aber bereits den Ersten, der sich nachts heimlich zu ihr schlich, um zu beichten, schickte sie wieder fort – wenn er nicht offen vor sie treten wollte, so dass alle es sehen können, hatte er Amaunators Gnade auch nicht verdient, denn der Herr des Lichts wirkt nicht aus den Schatten heraus.

     Und so versuchte Naneetha, ihren belanglosen Tagen Inhalt und Bedeutung zu geben, indem sie über ihre Rolle an der Seite der Gemeinschaft der Ersten Sonne nachdachte, und über die Opfer, die ihr dies abverlangte. Für Sir Casmars Geschmack trat sie nicht selbstbewusst genug auf – wie immer. Er würde nie verstehen, wie wichtig Diplomatie in ihrer Rolle war. Deshalb war er ein Paladin und sie eine Priesterin.

     Razfahan Iriazal Al'Eshavar, ein offensichtlicher Außenseiter, rückte der Gemeinschaft nicht näher auf den Pelz als unbedingt nötig und beschäftigte sich mit dem anderen offensichtlichen Außenseiter, dem Goliath Skaar. Für den riesenhaften Mann aus den Giant's Run Mountains war diese Zeit ebenso beschwerlich wie die auf Stony Rock: anstrengend ereignislos, zumal man ihn anhielt, sich bedeckt zu halten, um niemanden nervöser zu machen, als er in der Gesellschaft eines fremdartigen Riesen ohnehin schon war.

     Jendara, Raif und Magister Valmaxian saßen im Zelt ihres Kameraden Sir Travian und unterhielten sich über moderne Kriegsführung.

 

Valmaxian (während Jen gerade über Truppenzusammenstellungen referiert): Please shut up, Raif.

Raif: I haven't said a word!

Valmaxian: You're formulating a question. It's physically painful watching you think.

Raif: Jerk!

Valmaxian: Truly, your cunningly crafted retort stings my pride. Now come on, Raif. You must have some shred of intellect in there. Think.

Jen: I've had it up to here, having to play peacekeeper all the time. Shut the fuck up, Maxi.

Valmaxian: I gladly would, but I can't be expected to keep silent when everyone else is free to show their witless ignorance around.

Raif: Witless what?

Valmaxian: I'll admit, it's a complicated word, but there was at least the possibility you might have heard it somewhere before. Ig-no-rance.

Raif: What the bloody Hells is stuck in your craw, wizard? Huh? What's your problem?

Valmaxian: Hm, what vexes me? Let's see. We're stuck here in the midst of a thousand soldiers and nobles, beholden to a powerless Tethyrian lord, and we find all agency taken away from us. That's not a situation most of our fellows are used to, so diplomatic incidents are bound to occur. Sooner or later some gods-fearing upstanding Cormyrian will take offense at the blasphemy put forth by disciples of a religion nobody's especially keen on around here, in which case we'll find ourselves endorsing a faith we have no interest in supporting. Or some noble may take offense at Jendara's usual lack of subservience and wonder what gives her the right to want to be treated as an equal. Allow me to solve the question right here: nothing.

Jen: Or some noble might find you're a disrespectful, flippant, impertinent scamp just begging to be shut up.

Valmaxian (achselzuckend): Or that. And we haven't even mentioned all this exoticism the Cormyrians have to put up with. Two Amaunatorians, two Calishites, and if that wasn't enough already, a goliath. Provided that we survive these possible incidents mostly unscathed, we're still prisoners, not unlike gladiatorial slaves waiting to be sent into the arena, really. To fight a fight we're not invested or interested in, running the risk of dying for nothing. And seeing how wars go, resolving this dispute could take years.

Raif: Well, there's nothing we can do about it, is there, so what are we talking about?

Valmaxian: It's impossible for us to leave unseen, even with an invisibility sphere, and we just have nine ferrystones left, too few for all of us. So indeed, we're stuck here. And for a scholar like me that's mildly frustrating.

Raif (spöttisch): Oh, is it?

Valmaxian: Well, Raif, this should be just your flagon of mead, shouldn't it? That's what people whose intellectual lives are empty and without meaning and who put on a sword to make up for it and indulge in the illusion that they can and do contribute to something greater than them define themselves by. But you mustn't forget, a scholar's life is a life of education, reflection, contemplation, of uncovering knowledge and furthering science. Apart from my little stint at the Royal Academy in Zazesspur, there's been precious little of any of that.

Raif: Well, just imagine how bad you'd feel if you were a handmaiden, then.

Valmaxian: Passable, as far as comebacks go. So yes, I may have come across some sights and insights that otherwise would've eluded me, had I stayed in Almraiven – and had Almraiven not fallen to the Tashalari. But they hardly make up for the months and months of wandering and waiting around. To find myself drafted against my will into an army whose kingdom is completely insignificant to what I do isn't exactly a dream come true, and I'm exercising my right to be dissatisfied with this situation.

Jen: Serves us right all the same. Brings some of us back down to earth. Here we may turn some heads, but are otherwise unimportant, just waiting for orders like everybody else.

Valmaxian: Being brought back down to earth may be a valuable lesson, but it won't help us much if we all die in battle.

Jen (aufbrausend): Well, nothing we can do about it, right? So shove it, Maxi!

Valmaxian: We could tell them the truth: that we're hirelings. Mercenaries. And since the man with the money isn't around, we don't get paid. No pay, no service.

Raif: I don't think Fleece wants us to be seen as mercenaries.

Valmaxian (etwas schärfer): Well, then Fleece just might want to acknowledge that I don't give a damn what she wants us seen as. An educated magister whom nobody in their right mind would expect to fight in the front row did exactly that, on Stony Rock. On several occasions. I'm perfectly willing to take risks if the reward seems reasonably worth it, but enough is enough. I'm not prepared to die just so that the Fellowship of the First Sun's reputation remains untarnished.

Raif: Great. You're gonna have to put that to Fleece, though, not us.

Valmaxian: Are you?

Raif: Am I what?

Valmaxian: I made my last statement ten heartbeats ago, even you should be able to remember it.

Raif: Am I prepared to die for the Fellowship?

Valmaxian: Under these circumstances, yes.

Raif: Why do you wanna know all of a sudden?

Valmaxian: Don't pride yourself on me being genuinely interested in your thoughts. I'm not. I'm trying to make a point. Imagine we get the order to attack by dawn, with us in the front row. Imagine further that the situation runs its most probable course, namely we die. Would you say it was worth it?

Raif: Look, Valdo, there are countless drafted men-at-arms in this camp, and the fewest of them are burning for battle. Most of them don't even wanna be here. But what they want doesn't matter. They have to.

Valmaxian: I'm not talking about nobodies who never had a choice in anything but picking if they want beans or lentils for breakfast. I'm talking about relevant people.

Raif: Well, relevance is a bone of contention, isn't it? When you get down to it, the only guy around here whose opinion actually matters, what he wants and what not, is the king of Cormyr, about fifty tents that way. Everyone else does what they're told.

Valmaxian: Mostly true, but the soldiers don't have alternatives. We do. I've spent a good deal of time sitting back and watching the events unfold, but obviously Fleece is pretty happy with the way things are. It's about time to do something about it. (Er steht auf, Jen legt eine Hand auf seinen Arm, um ihn unten zu halten.)

Jen: Not now, Maxi.

 

Elminster: Natürlich wusste Jen, dass jetzt gerade der ungünstigste Zeitpunkt gewesen wäre, Fleece aufzusuchen. Raif wurde schmerzhaft daran erinnert, dass alle das Zelt geräumt und sich auf die Zelte und Feuerstellen von Kameraden aufgeteilt hatten, um Fleece und Lord Riklass zum ersten Mal seit ihrer Ankunft etwas Zeit für sich zu geben.

Volo: Hatte Lord Riklass kein eigenes Zelt?

Elminster: Natürlich hatte er das. Aber die Nächte waren bitter kalt. In Ban Bashurs Zelt waren sie das nicht. (Die Kamera zeigt nun Fleece und Riklass, die Sex haben.) Sämtliche Steine, die das Schicksal ihnen in den Weg gelegt hatte, waren verschwunden. Keine Politik mehr, keine Heirat mehr, kein Herzog mehr, keine verliebte Laeral, auf die man Rücksicht nehmen musste. Nach all den Schrecken, all den Entbehrungen der letzten Monde, seit sie im tiefsten Nightal 1372 DR in diesem unseligen Cormyr angekommen waren, hatten sie es sich verdient, einfach nur Jhessail und Zoran zu sein und einander mit allen Sinnen zu genießen. Jeder wusste, was sie hier in diesem Zelt taten, aber ihnen war es einerlei. Keiner von beiden dachte an morgen. Keiner von beiden dachte darüber nach, dass sie keine gemeinsame Zukunft hatten. Und beide versuchten, sich nicht noch stärker ineinander zu verlieben, als sie es bereits getan hatten.

 

In Marsember ist Der Bauer aus dem Norden vorbei, und Bran fällt eine alte Frau auf (Jpg 54085), die am Geländer einer der Emporen steht und einst sehr vornehme, aber hoffnungslos altmodische und verblichene Kleider und viel Schmuck trägt und sehr traurig in die Ferne sieht. (Das ist Kara Kelbern, die Besitzerin des Theaters, die sehr in der Vergangenheit lebt, als ihr Theater noch richtig brummte und einen der gesellschaftlichen Dreh- und Angelpunkte der Upper Fens darstellte.) Eine ältere, sehr elegante Dame (Cherie Lunghi, Jpg 54086), die Bran heute Nachmittag in Gemäldeform als junge Frau gesehen hatte, tritt zu Bran und Eola, stellt sich als Lenorae Faldahon vor und meint, vielleicht könne sie weiterhelfen. Sie wisse natürlich nicht, ob sie vom selben Mädchen sprechen, aber ein junges Ding, blond, eher klein, etwas hausbacken wirkend, war des Öfteren hier. Sie sei Lenorae aufgefallen, weil sie dieses Strahlen im Gesicht hatte, das die Liebe zum Theater erkennen lässt. Das letzte Mal, dass sie sie gesehen hatte, sei sie in Begleitung eines stämmigen jungen Mannes hier gewesen, rothaarig, Halsbart, eher klein und kräftig, und er wirkte nicht, als gehöre er in die (für Untere-Mittelschicht-Verhältnisse) feine Kleidung, die er trug, sondern eher wie ein krimineller Orktowner. Das muss allerdings auch schon wenigstens einen halben Tenday her sein.

 

Eola macht Bran auf einen jungen Mann aufmerksam, der sich offenbar mit jemandem über ihn unterhält, dann aber wegsieht, als Bran rüberschaut – er kann nicht wissen, dass das Tulwood ist. Kurzerhand geht Bran hinüber, um ihn auszuhorchen, und es stellt sich heraus, dass Tulwood ebenfalls jemanden sucht, doch als er hört, wen genau Bran sucht, merkt er, dass sie nicht dieselbe suchen, und geht. Die beiden verstehen sich nicht gerade besonders, aber Eola bedrängt Bran, dass sie es zusammen noch mal versuchen sollten, denn zwei verschwundene Menschen, deren Spur zum Theater in der Gauklergasse führt – wie wahrscheinlich ist das?

 

Sie holen Tulwood draußen ein, gehen mit ihm in die Taverne Sunes Glanz in der Nähe des Sune-Tempels (Jpg 54087) und tauschen sich aus. Bran erzählt gerade heraus alles über seinen Fall, so dass Tulwood, wenn auch immer noch misstrauisch, gleichziehen muss. Mismel arbeitet seit einigen Jahren im Haushalt der Faintrees als Dienstmagd, und ganz unstandesgemäß haben sich Thalmor und Tulwood mit ihr angefreundet, was Lazarian, der Herr des Hauses, natürlich nicht erfahren sollte, sonst hätte er sie vermutlich rausgeschmissen. Tulwood erfuhr, dass sie vorvorgestern Abend hier im Theater gewesen sein soll, und hier fand er heraus, dass sie in Begleitung eines jungen Patriziers hier war, den man vom Sehen kennt, aber bisher wusste niemand, wer das ist. Den Namen und das Viertel nennt er aber nur, wenn Bran alles über den Krieg erzählt, von dem er gerade kommt. Gesagt, getan, Tulwood revanchiert sich: Der Herr heißt Kelson Winloth und ist der Sohn eines wohlhabenden Parfümiers aus Kraken Island. Tulwood macht mit Bran aus, sich morgen früh an der Thanderahast-Brücke zur Insel zu treffen.

 

Am Morgen des fünften Tages erwartet Bran erst mal den bestellten Zimmermann und macht mit ihm ab, dass er morgen im Laufe des Tages das Material anliefern und übermorgen früh mit der Arbeit beginnen soll, und handelt dafür 20 Silbertaler aus. Dann geht's zur Thanderahast-Brücke. Auf Kraken Island wirkt alles sehr sauber und idyllisch und die Leute spießig und prüde, aber freundlich, eine kleine Subkultur für sich, von der Tulwood berichtet, dass die Leute hier extrem götterfürchtig wirken, aber überraschenderweise gerade die alten Feenkulte ganz besonders liebevoll pflegen. Und da sich diese hier so stark in der Bevölkerung verankert haben, haben die Kirchen es wohl aufgegeben, sie mit Zwang abzuschaffen zu versuchen.

 

Das Absurdeste an Kraken Island sind die vielen kleinen Brücken, die über die Kanäle führen. Eine jede ist einer bestimmten Fee zugeschrieben, die sie angeblich bewacht, und für jede gibt es ein Holzschild, das mit einer stilisierten Skizze zeigt, was man tun muss, um sie zu überqueren, worüber jeweils ein Brückenwart (meistens Alte und Gebrechliche) wacht. Auf einer muss man rückwärts gehen, die nächste muss man Pfeife rauchend überqueren, und an der Straße steht ein geschäftstüchtiger fliegender Händler, der Pfeifen, Tabak und Zündhölzer verkauft. Auf einer weiteren müsste man Blumen vor sich ausstreuen (und vermutlich stünde der fliegende Händler auch hier, wenn er sich zweiteilen könnte), weshalb man eine andere nimmt.

 

Nach herrlich absurden Überquerungen findet man das Haus der Winloths. Bran überlässt dem schick gekleideten Tulwood den Vortritt, doch die unfreundliche Dienstmagd Lamril (Jpg 54088), die öffnet, ist für ihn unempfänglich, lässt ihn aber herein, und die beiden warten im Salon (Jpg 54089-54094), der von einem düsteren Gemälde beherrscht wird, auf dem die Fangarme der sagenhaften Riesenkrake Usuzoreel über Kraken Island aufragen. Zuerst lässt Hausherrin Falandra (Jpg 54095), die auf den ersten Blick schrecklich unsympathisch wirkt, das aber wettmacht, sobald man mit ihr spricht, Tee und Gebäck servieren, denn ihr Mann ist in der Werkstatt und braucht noch einen Moment.

 

Der freundliche Emrel Winloth (Billy Hewett, Jpg 54096-54097) hat sich extra für den Besuch umgezogen, duftet aber immer noch stark nach einem Gemisch aus zueinander unpassenden Parfüms. Tulwood stellt einen guten Draht zu ihm her und erzählt frei heraus, warum er Emrels Sohn sucht. Da man nicht bei allem direkt nachfragen kann, weil sich das nicht geziemt, erfährt man nur, dass Kelson nicht immer hier lebt, sondern auch im Parish, aber ausgerechnet die Eltern wüssten nicht, wo genau dort. Auch hatten wohl beide auf einen anderen Grund für Tulwoods Besuch getippt und wirken ehrlich überrascht, als sie hören, warum er Kelson sucht. Emrel verrät, dass dieser sehr viel Zeit auf der Rethis verbringt, und Tulwood nimmt an, das sei der Grund, warum zwischen Sohn und Eltern wohl einiges im Argen liegt. Die Rethis gilt nämlich gerade bei den spießigen Krakoniern als lasterhafter Sündenpfuhl mit Huren und Glücksspiel. Tulwood weiß, dass das Schiff dem reichen Fengel Haelond gehört hatte, der es auf den Namen seiner großen Liebe taufte und eine Galionsfigur in Auftrag gab, die seine holde Rethis zeigen sollte. Im hohen Alter lernte er die exotische Sunanda kennen, heiratete sie und verstarb bald darauf. Sunanda betreibt die Rethis inzwischen auch schon seit gut 20 Jahren und hat den Ruf ihres Etablissements weiter ausgebaut. Dass Kelson eine Bleibe im Parish hat, macht auch Sinn, da die Rethis dort vor Anker liegt.

 

Tulwood war vor drei Jahren mal auf der Rethis, denn diesen teuren Spaß können sich nur die Reichen regelmäßig leisten. Zwar hat er all sein verfügbares Geld zusammengekratzt – immerhin im Wert von fünf Dukaten –, aber selbst damit kommt er auf dem berühmten Vergnügungsschiff nicht weit. Um Bran einzukleiden, reicht die Zeit nicht, denn Kleider von der Stange, die nicht richtig sitzen, wären rausgeschmissenes Geld, also schlägt er vor, Bran als seinen Dienstboten auszugeben, der dann wenigstens draußen warten kann, und nennt ihm einen Schneider, bei dem er etwas Schickeres kaufen kann. (Bei einem Dienstboten ist es nicht so wild, wenn es nicht maßgeschneidert ist.) Man verabredet sich also für heute Abend an der Pier im Parish.

 

Bran nutzt die Gelegenheit für einen weiteren Abstecher nach Southport: Vielleicht ist sein Kontaktmann ja nachmittags da. Und ja, endlich trifft er den sympathischen Hersing (Jpg 54098) an, mit dem er die Überfahrt klar macht. Das Schiff, das Hersing im Auge hat, erwartet er aber erst in etwa drei Tendays. Doch immerhin, das ist jetzt endlich geregelt, und der niedliche Running Gag hat ein Ende.

 

Schnitt aufs Heerlager. Nachdem Zoran und Fleece Ban Bashurs Zelt gestern Abend wieder freigegeben hatten, konnten dort alle wie gewohnt schlafen. Nun geht Fleece gerade auf dem Weg von sonstwoher durchs Heerlager ins nun (scheinbar) leere Zelt, um etwas aus ihrer Truhe zu holen, doch im toten Winkel sitzt Raz und notiert gerade etwas in sein kleines Büchlein. Fleece erschrickt, als er sich räuspert, da er erkennt, dass sie ihn nicht bemerkt hat.

 

Fleece: Eshavar. I thought nobody was here. You startled me.

Raz: That, most honored Danai, was certainly not my intent.

Fleece: Did you want to be alone?

Raz: If I had, I would have no right to claim this glorious tent, epitome of Calishite hospitality that it is, as my retreat.

Fleece: Oh, please, Eshavar, after our flight through the Vast Swamp you have every right to be here.

Raz: Still, being by myself in here feels like I am intruding, but until recently the most noble Jendara Sa'Jhahia kept me company. She had to excuse herself, but it seems she must have been held up somewhere.

Fleece (lächelt amüsiert, weil sie annimmt, dass Jen vor seiner Süßholzraspelei geflohen ist): I'm sure. What are you doing?

Raz: Oh. (Er legt das kleine Buch zur Seite.) Please pay no attention to trifling preoccupations of your humble guest, most revered Danai.

Fleece (neugierig): Are you keeping a journal?

Raz: Of sorts.

Fleece (nach einem langen Blick zu Raz, zum Buch, zu Raz, zum Buch): It's a magic journal! I used to have one of those! That's how you keep in touch with your folks at home.

Raz: Your beauty is hardly ever surpassed, most venerated Danai, but when it is, it is by your wisdom.

Fleece: Do you write about all that's happening here?

Raz: It will not be read by the wise Sindayru Valkazar if that's what you mean, may his glorious gardens never wither. But it is read by my principal who, I'm afraid, cares little for northern politics.

Fleece: What does he care about?

Raz: Where you are, how long it will take you to get someplace else, and that you learn what you must learn, should the need arise. Which has not come to pass as of yet. Who's to say if this is better or worse, yes?

Fleece: And if we had to get someplace else, would he be able to help?

Raz: Regrettably, the Janessarim are not as prevalent in these parts as they are in the Lands of Intrigue. This is a means of communication, nothing more. You will have to find your own way when the time comes. But rest assured, most honored bard with a tongue silver would envy to be, as far as my limited abilities allow, I am yours to command.

Fleece (mit einem leicht ernsten Anflug): Do you think that's what I do?

Raz: I humbly ask for your forgiveness, but I do not understand.

Fleece: Command.

Raz: Oh. It was a... what do you call it when you don't actually mean—

Fleece: A figure of speech.

Raz: A figure of speech, that was it. No, most reverenced Danai, you don't command, you convince.

Fleece: Could I convince you?

Raz: As in have you been able to convince me, or are you inquiring about a possibility?

Fleece: Let's say both.

Raz: You pick your words like flowers in the Gardens of Imuhar where—

Fleece: I don't mean to be rude, but please give me a straight answer.

Raz: As you wish. No, you did not convince me, but there was nothing to convince me of. I am but a lowly attendant, only here to observe. I don't need to be convinced of anything.

Fleece Oh, please, Eshavar, don't give me that "I couldn't possibly have an opinion on things". You do.

Raz: It is not my place to voice them.

Fleece: Even if I asked you nicely?

Raz: Your charms work miracles on any living being that has not lost its sense of beauty. How could anyone be so rude as to refuse whatever request you may make? And yet, one must know where one stands, yes?

Fleece: You stand with us.

Raz (amüsiert): In the Shadif, we have a saying: You may call a cat a fish, but it will not swim.

Fleece: Trying to get a Calishite to be upfront about their feelings is like trying to make a stone bleed. How long have we been traveling together, Eshavar? Would it be safe to say it was more than three moons?

Raz: Yes, I should think so.

Fleece: And we haven't had a single personal word. Not one. I know Sir Casmar better than you, and that's saying something.

Raz: I have picked up another figure of speech and was looking forward to using it in a conversation, so: He likes to keep his cards close to his chest, yes?

Fleece: Yes. Which is to be respected.

Raz: You have been traveling with him for more than a year now, haven't you? You might want to have a personal word with him.

Fleece: Not for lack of trying. But what he decides to share and what to keep to himself isn't anyone's business but his, certainly not mine.

Raz: It must be strenuous, I should think, to never be quite sure about where you stand with him. After all, his religious affiliation comes before all else.

Fleece: As does your affiliation with the Janessarim. What's the difference?

Raz: You voiced your desire for me to be more upfront, so allow me to be and say that I think the difference is that I don't claim to belong to your company. Unlike him.

Fleece (argwöhnisch-anerkennend): Hm.

Raz: One would have to wonder if a blessed one, a priest, could ever truly belong to a worldly community of any sort.

Fleece (nachdenklich): I've known two that did.

Raz nickt nur höflich, doch in seinem Gesicht steht geschrieben, was er niemals aussprechen würde: And where are they now? Fleece erkennt das und wird noch trauriger, was wiederum Mitleid in Raz weckt.

Raz: I would be honored to have a personal word with you if it pleases you, most revered Danai.

Fleece (atmet durch und reißt sich gedanklich von Cordian los): Is somebody waiting for your return, Eshavar? A sweetheart?

Raz: I should wish for a maiden just half as beautiful and a quarter as enchanting as you, and I would count myself a blessed man.

Fleece (lächelnd): Why, thank you.

Raz: Instead I have a wife Sune has never laid her gaze upon.

Fleece (muss völlig kalt erwischt losprusten): I'm sorry. I'm so sorry. What was that?

Raz: It's true. You will not find a woman less beautiful and, so much more the pity, less adorable in all of Mintar.

Fleece (lachend): I am so sorry, but... why is she your wife, then?

Raz: It gives me no pleasure to admit that it was a dark night, and the wine too strong and plentiful, a very grim combination, I must say. Come the morning, when Lathras' gaze awakened me and vanquished the fog that had clouded my judgement, I fled. But I was well-known in Mintar, and my wife's father had little trouble finding me and in unmistakeable terms making clear to me his wish to welcome me into his family as his son-in-law. Knowing what would happen to me if I regretfully declined, I accepted his generous offer. Since then, I am most grateful for any assignment that lets me get around a little.

Fleece (immer noch lachend): It could be worse. It could always be worse. Just imagine how bad it would be if you two had children.

Raz: But we do. Three in number.

Fleece: But... how...

Raz: Well, the first started on its way in the very first night. I am ashamed to humbly ask you to not inquire about the other nights.

Fleece: For the love of St. Milil, you're a treasure trove, Eshavar! I had no idea. So, obviously you must have been quite open to the idea of being admitted into the order of the Janessarim.

Raz (charmant lächelnd): I get to see more of Faerûn than I had ever dreamt of.

Fleece: I bet you do. What did you do before?

Raz: Most honored Danai, I am still getting used to the bluntness of the Chondathan way. Apologies.

Fleece: No, I have to apologize, Eshavar. This is my first actual winter since '68 DR in Tethyr. Right now, with all the snow outside, surrounded by a thousand Cormyrian soldiers, Calimshan just seems very far away. It's hard to get into the mindset. I shouldn't be so straightforward, I shouldn't pry. Please accept my apology.

Raz: Please do not concern yourself with my sensitivities, revered Danai. I shall get used to it as a duck takes to water, one far-off day at least. A question by the most renowned bard I have ever had the honor of meeting deserves the best answer I can muster, but I would rather not dishonor myself any further, so please accept for the time being a lesser answer than you deserve: I have always prided myself on being resourceful and enterprising, always willing to try new means to get by.

Fleece (geht wunschgemäß darüber hinweg, auch wenn sie weiß, was er meinte): And then you had a... a spiritual awakening, so to speak?

Raz: What do you mean by this, I wonder.

Fleece: The tenets of Bahamut. They must have spoken to you, otherwise you wouldn't have been made a Janessar, would you?

Raz: Now I see where you were heading with your thoughts, and I'm afraid I have to disappoint you. The Janessarim don't wander around trying to convert people to their faith. Quite the contrary, it is not well-known. I was made an offer, and then I was recruited. Only then I found out whom my brethren revered, but this worship is not enforced. Everybody's free to worship who they want, although most start praying to Bahamut, too. As do I, every now and then. For infinitely greater minds than mine who bear the burden of high office there is much importance, much weight in what we do. But consider me a lowly foot soldier who, at the end of the day, has to put food on the table.

 

Sie können sich nicht weiter unterhalten, weil Raif reinkommt, aber Fleece würde es gern.

 

Am Abend treffen sich Tulwood und Bran wie verabredet an der Pier zur Rethis (Jpg 54099-54100). Bran wartet draußen bei den Kutschern und Dienstboten, und Tulwood, der seinen feinsten Zwirn trägt, zahlt den Wachen Holk und Kudor (Jpg 54101-54102) eine Goldmünze für den bloßen Einlass und geht an Bord. (Hier wiederum ist es im Gegensatz zu fast allen anderen Gelegenheiten ratsam, Heller und Kreuzer gar nicht erst dabei zu haben und auch kein Wechselgeld zu erwarten.) Die Gäste sind erwartungsgemäß edel gewandet. Unter Deck bedienen Veira, Rana und Vinya (Jpg 54103-54105), wobei Veira, die Unattraktivste, hier ihren festen Platz hat, weil sie so sympathisch ist und die Leute so gut animieren kann. Die sehr hübsche und noch sehr junge Hure Vanaree (Jpg 54106) gesellt sich zu Tulwood – der attraktive und charmante junge Bursche wäre gewiss deutlich angenehmere Gesellschaft im Bett als die meisten Gäste hier. Er gibt ihr einen besonders edlen Perlwein aus und möchte sie so gern in eins der Zimmer entführen, aber er weiß auch, dass er zwei seiner fünf Goldmünzen bereits investiert hat und sich das nicht leisten kann – doch wenn man eine Hure als Hostess in Beschlag nimmt, geht man die stillschweigende Vereinbarung ein, dann auch für den Sex am Ende zu bezahlen, ob man ihn hat oder nicht. Denn während man mit ihr trinkt, redet und tanzt, um dann ganz am Ende nicht mit ihr ins Bett zu gehen, hätte sie ihre Zeit auch mit jemandem verbringen können, der es tut – so ein Zechpreller könnte sich also schneller im Wasser wiederfinden, als ihm lieb sein kann.

 

Vanaree gibt Tulwood den Tipp, dass Kelson im exklusiven, von einem Gwen Petryl (einer Leihgabe der Umberlee-Kirche) beleuchteten Bereich ganz vorn Inrah um hohe Einsätze spielt, wohin man sich nur verirren sollte, wenn man mitspielen will. Danach muss Tulwood sie leider ziehen lassen und mitansehen, wie sie sich zu einem unsympathischen Kerl setzt, der sich glücklich schätzt, dass er sie doch hat kriegen können.

 

Tulwood hält sich so lange wie möglich an seinem Wein fest und steht kurz davor, einen neuen bestellen zu müssen, als Kelson (Jpg 54107) seinen Bereich verlässt und an Deck zu einem der Aborte geht. Tulwood passt ihn ab und spricht ihn ganz direkt auf Mismel an. Kelson wird nervös, begibt sich mit Tulwood mittschiffs zu einem ruhigen, dunklen Bereich und erzählt, dass er mit Mismel vorvorgestern Abend nach dem Theater in einer Mietkutsche ganz runter zur Rethis fuhr, und dort feierte man ausgelassen. Beide schauten tief ins Glas, und als sie in der Nacht an Deck standen, um frische Luft zu schnappen und sich zu unterhalten, verlor Mismel das Gleichgewicht und fiel über die Reling. Kelson versuchte sie festzuhalten, wurde aber mitgerissen, und beide landeten im Wasser. Rana warf sofort ein Seil hinab, und da es näher an Kelson war, ergriff er es und streckte die Hand nach Mismel aus. Sie schwamm zu ihm, ergriff seine Hand, doch plötzlich ging ein Ruck durch sie, und sie wurde in die Tiefe gezogen. Auch an sich spürte Kelson Hände, die an seinem Gürtel zogen, doch in dem Moment hievten Holk und Fenter (der heute frei hat) ihn schon hoch. Dabei konnte Kelson dann sehen, wer da noch ganz kurz an ihm hing: ein Necker, ausgerechnet! Sunanda erfuhr natürlich davon und bestand darauf, dass niemand ein Wort darüber verliert, denn Mismel konnte man ohnehin nicht mehr helfen, und solche Geschichten wären schlecht fürs Geschäft. Kelson aber macht sich große Vorwürfe und ertränkt seine Sorgen seitdem im Alkohol, auf den er hier wegen der Situation Rabatt bekommt.

 

Tulwood, der Kelson auf den ersten Blick für einen arroganten Pinsel Marke Berufssohn gehalten hatte und schon von der ersten Reaktion überrascht war, glaubt dem zarten jungen Mann, der während des Erzählens zu weinen begonnen hat. Tulwood ist ebenso am Boden zerstört und fragt sich, wie in aller Welt er noch den Anlass finden soll, die Hoffnung zu hegen, Mismel könnte noch leben. Kelson betont aber, dass er davon überzeugt ist, dass Nequaner absolut friedfertig sind, und er ist sich sicher, im fahlen Mondschein das Gesicht des Neckers gesehen zu haben, der an ihm zog, und wenn er sich das im Nachhinein nicht nur einbildet, sah es freundlich aus. Als Tulwood sich fragt, was die Kirche Umberlees dazu sagen würde, schilt sich Kelson einen Narren, nicht eher daran gedacht zu haben. Anstatt sich hier dem Alkohol hinzugeben, hätte er auch gleich den Tempel aufsuchen und Rat holen können. Beten würde er aber eher zur Meeresnymphe Nhywyll, der Beschützerin von Kraken Island.

 

Kelson organisiert eine Kutsche, und zusammen mit Bran geht es Richtung Westen zum alten Tempel in der Fishery, wobei man über Southport abkürzt und die Bestechungsgelder für die nächtliche Überquerung der Zollbrücken in Kauf nimmt. In Southport jedoch breitet sich auf einmal unnatürlicher Nebel aus, und nur der Zuschauer sieht die Heimsucherin mit Kapitän Norrash Fogbeard am Steuer (Jpg 54108-51118) einlaufen. Der Kutscher weiß auch, was der Nebel bedeutet, aber er kann auf der schmalen Straße nicht wenden. Da der Nebel von vorn kommt, steigt er panisch ab und rennt davon. Auf der einen Straßenseite sind die großen Werkshallen der Werften, die andere säumen zahllose kleine, windschiefe Häuschen, in denen die Arbeiter leben. Tulwood, Kelson und Bran verlassen die Kutsche und hämmern an die Türen, bekommen aber nur "Verpisst euch!" und verrammelte Fenster zurück, während der Nebel sie einholt und gespenstische, mit Seetang behangene Silhoetten darin auftauchen. Bran behält die Nerven und vor allem den panischen Kelson unter Kontrolle, was Tulwood später nur bestaunen kann, aber jetzt kämpft auch er erst mal mit der Angst.

 

Glücklicherweise entscheiden sich die Geisterpiraten für ein Haus, dessen Tür der sturzbetrunkene Hausherr bei seiner Rückkehr offen gelassen hatte, metzeln seine Bewohner nieder, und der Nebel zieht sich zurück. Die Kutsche findet man zugpferdlos vor, aber das Blut an der Leitstange verrät, was mit dem Tier passiert ist. Man regt sich langsam wieder ab, denn jeder Marsembianer kennt den Fluch der Heimsucherin, und danach geht das Leben weiter. An der Brücke zur Fishery sieht Bran dem Zöllner an, dass ihn zu bestechen die Garde auf den Plan rufen könnte, und so bringt Kelson ihn in Verlegenheit, indem er gar furchtbar weint und hysterisch wird, er wolle doch nur nach Hause nach diesem Horror. Danach beglückwünscht Bran ihn argwöhnisch zu seinem schauspielerischen Talent – ist das alles vielleicht nur Show, war seine Story gelogen? Kelson erwidert, er wolle sich nicht mit fremden Federn schmücken: Er musste nur die Worte anpassen, aber sonst hatte er alles aus einem Theaterstück entlehnt, das in der Tat Fremde Federn heißt.

 

Auf der Fishery sucht man den alten Umberlee-Tempel auf, angeblich das älteste Gebäude der Stadt. Da er an einer Düne liegt, bekommen es die drei mit den allgegenwärtigen aggressiven Schlammkrabben (Jpg 54119-54120) zu tun, fliehen aber und erreichen den unheimlichen, mysteriös wirkenden Tempel, der bis auf ein ausgeblichenes Gemälde Umberlees (Jpg 54121), das mal ein reicher Mäzen gestiftet hat, auf Schmuck verzichtet. Auch der Priester (Jpg 54122) kann sich nicht vorstellen, dass Nequaner sich so verhalten wie beschrieben, aber er kann nicht mehr tun, als für Mismel zu beten – ihr Schicksal liegt nun in der Hand der Unergründlichen.

 

Auf Kraken Island sind alle Brückenwarte im Bett, und trotzdem überquert Kelson pfeifend eine Brücke, als sei das das Normalste der Welt, und animiert auch die anderen beiden dazu. Er bringt sie zu einem uralt aussehenden Gebäude (vom Feeling her, als sähe man in Rom zwischen zwei Mietshäusern eine römische Ruine), das von Ranken überwuchert und dessen Eingang mit einem gusseisernen Gitter versperrt ist: das Nymphäum, das zu Ehren Nhywylls vor langer, langer Zeit von den ersten Siedlern der Insel gebaut wurde. Tulwood und Bran hatten sich einen Tempel mit Laienpriester vorgestellt, aber das Nymphäum kann nicht mal betreten werden, die Opfergaben liegen alle davor, und die Brückenwarte sammeln sie jeden Tag ein und werfen sie ins Meer. Kelson opfert vier Silbertaler (einen für jede Nymphe der Legende).

 

Danach bietet er Bran und Tulwood das elterliche Haus für die Nacht an, denn es ist eh schon weit nach Mitternacht, und man kann nicht bei jedem Gardisten Glück haben. Falandra wird jedoch von dem Gerumpel wach und richtet das Gästezimmer her. Am nächsten Morgen, Brans sechstem Tag in Marsember, frühstückt man in sehr verkrampfter Atmosphäre und hält nur belanglosen Smalltalk (die aktuellen Preise für Stör und Dorsch sind nicht zu glauben, oder?), ohne auch nur ein gehaltvolles Thema anzuschneiden, aber als Bran und Tulwood gehen, läuft Kelson ihnen auf die Straße nach und fragt, wie sie denn nun in Verbindung bleiben sollen. Tulwood ist überrascht: Das hätte er nicht gedacht, ihm liegt ja vielleicht doch etwas an Mismel. Sie machen aus, dass Kelson versucht, im Oghma-Tempel irgendetwas über Nequaner herauszufinden, das ihnen weiterhelfen könnte, und Bran will der sehr, sehr mageren Spur in Orktown nachgehen, denn spätestens jetzt glaubt er nicht mehr, dass Fenyas und Mismels Verschwinden etwas miteinander zu tun haben. Tulwood entgegnet aber zu Brans angenehmer Überraschung, dass eine Hand die andere wäscht – Bran hat ihm geholfen, also hilft er Bran. Die beiden gönnen sich in ihren Frotzeleien zwar keine Pause (Tulwood zieht Bran mit seinem Alter auf, Bran Tulwood mit seiner Unerfahrenheit), kommen aber irgendwie miteinander aus, denn Tulwood hat spätestens bei den Geisterpiraten der Heimsucherin gemerkt, wie abgeklärt und nicht zu unterschätzen Bran ist, und Bran gefällt die vorlaute, lebendige Jugendlichkeit Tulwoods irgendwie. Mit Kelson wird verabredet, dass man sich zur achten Stunde im Schwarzen Keiler in den Lower Fens trifft.

 

Erst mal geht's für beide nach Hause, um sich frisch zu machen und umzuziehen, und nach dem Essen trifft man sich in den Lower Fens, um gemeinsam nach Orktown zu gehen, das tagsüber nicht so bedrohlich wie bei Nacht wirkt, aber schrecklich arm und heruntergekommen. Brans erste Idee ist der Erdwurm, denn vielleicht sagt Polda die Beschreibung ja etwas. Die Taverne richtet sich aber nach ihrer Stammkundschaft, und da sich ein frühes Öffnen nicht lohnt, macht sie erst nachmittags auf, so dass sich Bran und Tulwood die Zeit in einer anderen Taverne vertreiben, wo der redselige Bran immer wieder von der Gemeinschaft der Ersten Sonne erzählt, und heute sind die Rollen umgekehrt: Damals, vor bald zwei Jahren, war es Bran, der Rhoedry monatelang kein Wort abkaufte, wenn er seine Heldengeschichten auspackte, und heute ist es Bran, der sie erzählt, und Tulwood, der sie nicht glaubt. Weil Bran halt eine ehrliche Haut ist, jammert er auch über Rhoedrys und Cordians Tod, ohne Tulwood groß zu kennen, was diesen in Verlegenheit bringt. Dennoch reißen die kleinen Spitzen nicht ab.

 

Tulwood: How long have you been guarding caravans anyway?

Bran: For longer than you live, kid.

Tulwood: You sure look the part, pops.

 

Im Erdwurm wendet sich Bran an den altbekannten Wirt. Polda fängt erst heute Abend an, aber Bran meint, vielleicht könne er ihm ja auch helfen. Er beschreibt den Mann, und der Wirt meint, er werde ihm nur jemanden nennen, der ihm weiterhelfen kann. (Bran kann sich vorstellen, dass der Wirt keinen Ärger will und die Verantwortung lieber abschiebt.) Man wird sich einig, und der Wirt erwähnt Ryltha, die Bran tatsächlich schon kennt (wenn auch nicht namentlich), und die sei an den meisten Tagen nachmittags hier, aber nicht jeden, und heute ist wohl so ein Tag. Also soll er's morgen noch mal versuchen.

 

Am Abend sucht man den Schwarzen Keiler auf, wo Eola bereits in der Hoffnung wartete, dass sich Bran blicken lässt, denn als jemand, der einer ehrlichen Arbeit nachgeht, ist sie hier ja völlig außen vor gelassen. Eola lässt sich also updaten, ist auch völlig platt angesichts der Mismel-Geschichte und verweist auf ihre Freunde, die sie in Faerie kennen gelernt hat – die könnte sie ja mal fragen, aber dazu muss sie aus Marsember raus. Also machen die drei gleich mal klar, dass Eola und Bran morgen früh zu Urabet gehen, um zu sagen, dass Eola später kommt, und sich dann zur achten Morgenstunde mit Tulwood am kleinen Moostor im Nordosten treffen.

 

Auch Kelson Winloth trudelt ein, der im Oghma-Tempel keinen Erfolg hatte und nun nach Wegen sucht, an namhafte Magierinnen wie Vindala Chalanther oder Filfaeril Stormbillow heranzukommen. Man unterhält sich auch über Privates und erfährt, dass Kelson das Nesthäkchen der Familie ist, das letzte Kind, sozusagen die letzte Chance auf einen Sohn. Die älteren Töchter sind bereits gut verheiratet worden. Deren Männer jedoch werden ihren Vätern nachfolgen und können Emrels Parfümerie nicht übernehmen. Kelson aber ist etwas weich und nicht der Sohn, den sich Emrel gewünscht hätte. Dieser hofft, "dass sich das verwächst", und lässt ihn bei seinem Hobby, das er auch wirklich gut beherrscht, gewähren: dem Inrah-Spiel. (Denn zwar sind auf der Rethis, auf der er sich oft aufhält, leichte Mädchen zugange, aber Emrel hofft, dass die ihn ja vielleicht ein bisschen umdrehen, damit er endlich zur Vernunft kommt, sich ein anständiges Mädchen sucht, heiratet und Emrel zum Großvater macht – aber das erwähnt Kelson natürlich nicht.) Oft arbeitet er bei seinem Vater mit, aber er hat seine Phasen, wo es absolut nicht zwischen ihm und seinen Eltern klappt, und dann verschwindet er für ein paar Tage in den Parish. Immer, wenn er zurückkommt, klappt alles wieder ganz gut zwischen ihnen, und Kelson bemüht sich, ein "anständiger Bursche" zu sein. Doch dann wird wieder klarer und klarer, dass er unglücklich ist und ausbrechen muss. Weil er so ein guter Spieler ist, finanziert er sich sein Leben selbst, kostet Emrel also nichts.

 

Eola schnappt im Gegensatz zu Tulwood und Bran natürlich sofort auf, dass Kelson schwul ist (und dass Tulwood ihm wohl gefällt). Nachdem Kelson erzählt hat, wie er Mismel zufällig in der Flaschenpost kennen lernte, kann sie sich denken, dass er sie zwar wirklich mochte (mit Frauen versteht er sich generell sehr gut und schließt leicht Freundschaften), aber auch dazu benutzte, um in weiblicher Begleitung gesehen zu werden und so dem Gerede zu trotzen und seinem Vater nicht noch mehr "Schande" zu machen, denn er leidet unter seiner Veranlagung und möchte eigentlich so sein, wie er angeblich sein sollte. Mit Mismel traf er sich seitdem hin und wieder zum Sehen und Gesehenwerden. So hatte sie, die sich wenig leisten konnte, auch mal Spaß an gemäßigtem Luxus, und er verbrachte gern Zeit mit ihr.

 

Am Morgen von Brans siebtem Tag trifft man sich wie verabredet und begibt sich in die Ausläufer der Sümpfe, die Marsember umgeben. Eola sucht sich ein Plätzchen, das sich gut anfühlt, holt eine selbstgebastelte Strohpuppe hervor und flüstert ihr zu: "Wenn du einen Schneck behauchst, schrumpft er ins Gehäuse. Wenn du ihn in Branntwein tauchst, sieht er weiße Mäuse." Sie setzt sie ins struppige Wildgras, streckt sich aus und wartet. In der nächsten Stunde hängt jeder so seinen Gedanken nach, aber endlich erscheint Lilypad (Jpg 54123), die Eola bereits kennt. Die Blütenfee rät dazu, die feenblütige Hexe Ygraine zu fragen, die draußen in den Hermit's Woods lebt, denn die weiß doch immer Bescheid. Tulwood und Bran sind beide recht erschrocken, sich mit einer Hexe abgeben zu müssen, womit Eola sie aufzieht. Man trennt sich, Bran, in dieser Hinsicht ein Vollprofi, kauft Proviant ein, hilft dem Zimmermann beim Verstauen der angelieferten Materialien und geht nachmittags allein zum Erdwurm.

 

Er trifft in der Tat auf Ryltha und liefert gute Checks ab, weshalb sie zusagt, seine Anfrage weiterzuleiten (er gab die Personenbeschreibung und sagte, er wolle keinen Ärger, er wolle nur das Mädchen wiederhaben). Bran kalkuliert sehr knapp: Eola sagte, das Dreiwegeeck sei eine Tagesreise entfernt, und von dort gehe es noch ein kleines Stück weiter, also veranschlagt er drei Tage für den Trip und will in vier Tagen wieder hier im Erdwurm sein. Natürlich muss er sich ausmalen, was Fenya wohl auszustehen hat, befindet sie sich wirklich in der Gewalt eines Ganoven aus Orktown, und dann macht jeder Tag einen Unterschied. Er kann sich aber nicht zweiteilen, und Tulwood kann er nicht allein losschicken, der Junge käme nie wieder.

 

Am achten Tag brechen die beiden also in aller Herrgottsfrühe auf. Eola hat ihnen den Weg beschrieben, der auch teilweise mit Dielen und Wegweisern markiert ist. Tulwood, solche Reisen (erst recht über beschwerliches Gelände) nicht gewohnt, hat's ganz schön schwer, aber für Bran ist das keine Herausforderung, wenngleich der Sumpf zu dieser Jahreszeit nicht nur klamm und feucht, sondern auch unheimlich ist (Jpg 54124-54148). Auf dem Weg passiert man die Moorburg (Jpg 54149), von der Tulwood erklärt, diese Burg diene als Verlies, und wer einmal dort gelandet ist, wird sich als Torfstecher unter schwerer Bewachung zu Tode schuften, bevor er die Moorburg als freier Mann verlässt.

 

Im Sommer ist der Weg zum Dreiwegeeck eine Tagesreise, aber wenn die Tage noch kürzer sind, wird's schon enger. Dennoch führt Bran sicher und teilt auch die Pausen gut ein, so dass man in der Dämmerung die Herberge (Jpg 54150) erreicht. Der Wirt (Jpg 54151), auf Ygraine angesprochen, bezeichnet sie respektvoll als Mutter Ygraine, die die Menschen vor dem Unheil beschützt, das im Sumpf lauert, und auch das Schutzzeichen über der Tür (Jpg 54152) deutet Bran als Beweis für die Feen- und Hexenverehrung. Der knorrige Yorick (Jpg 54153) meldet sich für zwei Silbertaler als Führer.

 

Im Morgengrauen des neunten Tages geht es los. Yorick hält bald grimmig dazu an, den Schein seiner Laterne nicht zu verlassen, und bald sieht man auch, warum: Die Sumpfleichen (Jpg 54154) möchten sich die drei gern fangen, weichen aber zurück.

 

Im Heerlager geht die Kunde wie ein Lauffeuer um: Die Blue Dragons haben Herzog Hembreon befreit. Ein Konvoi von drei Schiffen wurde verfolgt, und man musste sich auf das größte Schiff beschränken, das von den anderen beschützt wurde, welche entkamen. Auf dem größten waren aber wie erhofft die wertvollste Beute und die wertvollsten Geiseln, darunter der Herzog, seine Ritter und Offiziere, Ayen Dalaria und andere.

 

Fleece und Jen stehen nun im herzöglichen Zelt vor Hembreon, der an seinem Schreibtisch sitzt.

 

Hembreon: On board of that ship I learned that these godless heathens had robbed the monastery of St. Avienda. They took all the Ilmatran priests and acolytes prisoner, and as Beshaba would have it, His Excellency Immanion, High Priest of the church and a quite important figure, was there at the time and was taken, too. And to top it all off, the Chessentans even took the remains of St. Avienda with them. Just to humiliate Cormyr, I suppose.

Fleece: Excuse me, Your Highness, nothing comes to mind. St. Avienda...?

Hembreon: ... lived very long ago, I'm no historian. But King Galaghard III was a devout patron of the church of Ilmater, and around the year 900 DR he established the tradition of the king making pilgrimage to the monastery of St. Avienda at least once and asking her for Ilmater's blessing. It was supposed to avert suffering from his subjects and show the king's grace. More of a tradition than anything else, but one every Cormyrian is very well aware of. So obviously these remains aren't only important to the church of Ilmater, but to Cormyr, too. Not to mention His Excellency and the priests.

     Her Reverence Ayen Dalaria was imprisoned with me on board that ship, and she told me that Ilmatrans were very sought after by the church of Loviatar which seems to hold some sway at least in Cimbar. It is said that no one exceeds them in suffering well.

     His Excellency, the priests and St. Avienda's remains need to return to Cormyr.

Jendara: All due respect, Your Highness, but we did what you asked. More even. Our task is finished here.

Hembreon: Cormaeril is stalling. He could attack, but with an uncertain outcome, so he's stalling, giving his men more time to rob the southern peninsula blind. But he's stuck between a rock and a hard place. He can't move forward without suffering disastrous losses, but now that the invasion has taken more time than expected and come to a halt, his way back is cut off by the Blue Dragons. He's a cornered dog. Unpredictable. I believe he was definitely expecting the orc to make a move, use the invading forces to his advantage and flank the Cormyrians. But the orc doesn't seem to be inclined to do so, for whatever reason, and every day costs Cormaeril dearly.

     So the armies could clash any day, and therefore the crown cannot spare a single soul. With the orc in the Northern Reach, the times are desperate enough as it is, but with Cormaeril lurking on the shores of the Wyvernwater, Bryntarth needs every man-at-arms who's able to fight. He can't send his own is what I'm trying to say.

Fleece: We find ourselves in a complicated predicament, Your Highness. It was complicated to begin with if you remember. We asked for your leave should we need it.

Hembreon: Dame Jhessail. You told me one of your reasons to come with me to Cormyr was to expand the foundation of the Fellowship, to provide for a time after your current mission. Now, you've distinguished yourselves in this war already. This does not go unnoticed, believe me. How much more fame would you garner if you did this, this time not for Tethyr, but for Cormyr? The word of your deeds would spread like wildfire, even this far up north.

Jendara: Enough with the honey already! This wasn't our deal!

Hembreon (brüllend): This is war, Corthala! I am the Duke of the Golden Marshes of Tethyr, and even I am not at liberty to do what I want! What makes you exempt? Word reached the court that Stony Rock held out for as long as it did only because of you. And that's the reason why many eyes rest on you now.

     I came here to help House Obarskyr with 500 able-bodied men. I was hoping to lead them into battle where they would make the difference they were supposed to. Alas, it wasn't meant to be. Instead, I got myself captured, and in order to avoid friction with Tethyr, the king went out of his way to free me. He had to free me! Not that I have to explain myself to you, but of course in return, when asked if the crown can count on your help, I didn't say: "I'll see what I can do." I said: "They will be honored!"

     You aren't Cormyrians, so the crown will reward you handsomely. What the crown will not do is take no for an answer. My duties are your duties, like it or not. If you don't include me in your prayers from now on, I shall have to live with that, but by Tempus, I gave my word, and you will go.

Jendara: We will not—

Hembreon (aus Leibeskräften brüllend): One more word, Corthala, and I swear by Ilmater I'll have you in chains! (Er wartet, ob sie etwas sagt. Jendara kocht, aber sie schweigt.) Good. Inform your men, captain. Dismissed. (Als sie sich nicht rührt, starrt Hembreon sie mit sich weitenden, böse blickenden Augen an, die Elminster einschüchtern würden, und sie neigt den Kopf und tritt schwungvoll ab. Hembreon sieht Fleece an, die mit verschränkten Armen dasteht und zu Boden sieht.) Don't you think I've imagined things to go differently? Do you think I wished to be captured and become the most prized bounty the mercenaries could get? Tethyr has to repay this debt. For better or worse, you serve Tethyr. (Fleece sieht ihn nun direkt an, und zwar sehr traurig.) Don't give me that look. I've never wanted this for you. But just like you – and everybody else around here, including the king – I have no choice. I have to do what needs to be done.

Fleece: Imagine some of us ran. Would our past deeds exempt them from the gallows?

Hembreon: No. Deserters will be hanged. Here like anywhere else in war.

Fleece: I see. Very well. But only half of us can go.

Hembreon: This is most impor—

Fleece (nun auch laut, wenn auch mit leicht brüchiger Stimme): You gave me your word, Your Highness, and I hold you to it! (Sie atmet durch, er erwidert nichts.) Had you not given it, none of us would be here. Make good on your promise and let half of us go.

Hembreon (schnaubend): Let half of you go. And how do you expect I'm supposed to explain this to the king?

Fleece: That, if you will forgive my saying so, is your problem, Your Highness. (Er starrt sie undurchsichtig an.) Am I allowed to leave?

Hembreon (wedelt mit der Hand): Go. (Sie geht, aber er ruft sie noch mal an.) Dame Jhessail? (Sie dreht sich zu ihm um.) You won't go to Chessenta, but you won't leave either. You will stay here.

Fleece sieht ihn noch einen Augenblick an und tritt dann hinaus.

 

Draußen muss sie sich beeilen, nach Jen zu fragen und sie schließlich einzuholen.

 

Fleece: Jen... honey...

Jendara (wirbelt herum): I will never follow you again!

Fleece: I know. (Jendara setzt sich wieder in Bewegung, Fleece beeilt sich, Schritt zu halten, und geht neben ihr her.) Look... The Duke can't help it, all right? He doesn't have a choice, he has to do what's best for Tethyr.

Jendara: He always has to do what's best for Tethyr. What's best for Tethyr is rarely best for us.

Fleece: It's done. The choice is made, there's nothing we can do about it. Nobody imagined it like this, but this is what we have to deal with, if we like it or not. So let's at least do it right. (Jendara holt Luft, doch Fleece fährt fort.) Lips moving, still talking. We have seven ferrystones left, so seven will go to Chessenta, the rest goes home. If things go awry, they can all flee.

Jendara: And what if we didn't have them?

Fleece: Doesn't matter, 'cause we do. That's a whole lot better than what most adventuring bands in our place would have to fall back on, isn't it?

Jendara (schnippisch): And does everybody get to decide if they want to go, or do you decide for them?

Fleece (übergeht den Unterton): A mix would be nice. Obviously we'll need to have some talks, but some choices make themselves. Neetha und Casmar don't have any business there, and they aren't willing to don a disguise anyway, so they stay.

Jendara: How do you get Jaq to go?

Fleece: I'll think of something. (Beiden ist klar, dass ohne Jaq dort gar nichts geht.) And we're gonna need a wizard there, if only because they don't employ magic at all, so that's something they don't have a counter to.

Jendara: He won't jump at the chance. I don't think you're aware of how pissed off he is.

Fleece: Again, I'll think of something. The king of Cormyr may be willing to part with some scripts as payment, I don't know. And some spell banks would be nice, or something that extends a spell's duration. If they want us to go, the least they can do is equip us.

Jendara: I'll go, too. (Fleece sieht sie nur an.) What? You think I don't know we don't have a choice? But. (Sie bleibt stehen, wartet, dass Fleece es ihr gleich tut, und sieht ihr tief in die Augen.) If I make it out of there in one piece... the next time we have to decide where to go and what to do... what I say, goes. And you will support me, whatever my decision may be.

Fleece: Jen, it's impossible to foresee—

Jendara: Say it.

Fleece: Honey, I can't make that—

Jendara: Say it!

Fleece (sieht Jendara lange an): All right. You have my word. Next time, what you say, goes.

Jendara (setzt sich wieder in Bewegung): Now let's get this sorted out.

 

Bran, Tulwood und Yorick erreichen nach wenigen Stunden die schiefe Behausung von Mutter Ygraine (Jpg 54155-54157), die sich als tatsächlich anderweltlich wirkendes, abgehobenes Wesen erweist. Gern will sie Bran und Tulwood ihren Nixenstein leihen, der sie zu intelligenten Wasserbewohnern führen wird, aber dafür müssen sie ihr einen Gefallen tun. Es gibt einen magischen Würfel, dessen Aura die Sumpfleichen nicht mögen, den Mutter Ygraine also im Wald deponiert hat. Räuber aber, die davon nichts wussten, fanden ihn und nahmen ihn mit. Sie haben sich in der Ruine des Landsitzes der Mournsouls eingenistet.

 

Bran und Tulwood lassen sich also von Yorick dorthin führen (Jpg 54158). In der Hoffnung, dass man hier im Sumpf keine Wachposten aufstellt, die 24 Stunden die Augen offen halten, läuft man zum Haupttor und trifft tatsächlich nicht auf Widerstand. Da die Decke und Teile der Wände eingestürzt und die Bruchstücke wiederum von Schmarotzerpflanzen überwuchert sind, ist das Gelände unübersichtlich. Bran hört zwei Männer streiten, folgt von Deckung zu Deckung den Stimmen, und ihm und Tulwood gelingt es tatsächlich, sich unbemerkt anzuschleichen. Um ein Statement zu machen, stürmt Bran aus seiner Deckung und haut einen der beiden Räuber mit seinem Rabenschnabel um, und Tulwood folgt ihm und tut mit seinem Kriegshammer dasselbe mit dem anderen (Jpg 54159-54160). Bran weist "seinen" an, den Würfel zu holen, dann muss niemandem mehr weh getan werden. Der Räuber zieht sich mit gebrochenem Oberarm zurück. Während er wartet, wird Bran auf drei Männer aufmerksam, die erkrankt in einem Zelt liegen – hier geht wohl gerade etwas um. Nun tauchen aber der Boss und drei weitere Männer (Jpg 54161-54162) auf und greifen an. Die Würfel haben hier fantastisch das Verhältnis abgebildet: Bran tötet den Boss und plättet den Nebenmann, während Tulwood bei seinen beiden Gegnern keinen Durchbruch erzielen kann. Bran stößt hinzu und schickt einen davon schlafen, und der letzte ergibt sich und holt wie erbeten den Würfel (Jpg 54163).

 

Bran findet, dass sich Tulwood wacker geschlagen hat, denn das war sein erster Kampf auf Leben und Tod. Tulwood wiederum kann nicht umhin, festzustellen, dass Bran ihm in vielen Dingen weit voraus ist, wenn er das auch nicht zugeben würde.

 

Fleece und Raif diskutieren im Gehen über die Aufteilung.

 

Raif: Come on, we need that tent. We're talking months of travel here, all the way down to Tethyr.

Fleece: I'm not thinking about the amenities Ban Bashur's tent provides. It provides a lot of room for a lot of people in a very small space. This is a rescue mission. We might need that room for the Ilmatrans, and let's be honest, it's just the four of you. (Sie gestikuliert sarkastisch, als müsste sie abwägen.) Four? Dozens? Four? Dozens?

Raif: Then give us the chest.

Fleece: The chest is bound to me and one other person. That person is Jewel.

Raif: Then unbind it. Jewel's not here, she doesn't need access. She and Kithain are probably in Mosstone by now. The chest's got to go back to Tethyr anyhow. (Leiser:) As well as the gold.

Fleece: Yes, and I was going to bring it with me.

Raif: Jhess, we have a lot of shit to transport. Are you gonna sit on everything we own? You're staying here with the Duke. It just doesn't make sense for the chest to be here with you when you don't need it but we do. You have to give us something. Nobody's gonna need a wardrobe full of spare clothes in Chessenta. Thanks to Jaq, everybody can look the way they need to. And everything you need you're gonna be provided.

Fleece: And who am I gonna bind the chest to? You?

Raif: Well, Bran's not here, and you're not gonna bind it to Neetha or Cassie, are you?

Fleece: All right. But you have to know, while my binding is permanent, the secondary one isn't. I can dispel it and bind it to you, no problem, but everyone can dispel the secondary binding. Never – never! – bring it near any magic, any wizard, any whatever. A targeted dispel or even an accidental area dispel, and the binding's gone, and you won't be able to order it around or open it. So don't let that happen, okay?

Raif: Okay.

Fleece: If this chest doesn't make it to Mosstone, I am going to kill you.

Raif: Don't worry.

Fleece: I mean it.

Raif: Don't. Worry.

 

Mutter Ygraine nimmt den Würfel entgegen, bedauert, auf solch wissenschaftliche Menschenmagie zurückzugreifen (aber er funktioniert nun mal, auch wenn sie nicht versteht, warum, weil das nicht ihre Art der Magie ist), und überreicht den Nixenstein (Jpg 54164). Bran und Tulwood können also zum Dreiwegeeck zurückkehren, übernachten und am nächsten Tag den Rückweg antreten.

 

Am Abend des zehnten Tages erreichen die beiden wieder Marsember, und am elften trifft sich Bran wie verabredet mit Ryltha, die ihm mitteilt, dass ihn Ren o' the Blade heute Abend im Krakenkönig erwartet, Orktowns übelster Kaschemme.

 

Im großen Heerlager ist auch eine Kompanie der Sons Of Steel stationiert. Milandre hat dort Bericht erstattet und sich ein wenig Geld geben lassen, und als sie die Info bekommt, dass Raif und die Amaunatorianer aufbrechen, folgt sie ihnen erwartungsgemäß.

 

Wissend, dass Außenstehende bei Schwerkriminellen oft unter die Räder kommen, und wissend, dass privilegierte Grünschnäbel ihnen geradezu "Macht mich fertig!" entgegenschreien, begibt sich Bran am Abend allein in den Krakenkönig, eine sehr ungemütliche, ärmliche Spelunke voller wenig vertrauenserweckender Gestalten. Hier läuft er auch einer abgerissenen Gestalt über den Weg, die jetzt noch gar nicht vorgestellt wird (Jpg 54165-54167). Bran kennt die Spielregeln, bestellt einfach nur etwas zu trinken und lässt sich sehen, ohne wie ein Trottel herumzufragen, ganz ähnlich wie bei misstrauischen Hunden, auf die man auch nicht gleich zugeht, sondern ihnen erst mal Zeit gibt, sich an die fremde Anwesenheit zu gewöhnen. Schließlich kommt ein rattenhafter kleiner Kerl (Jpg 54168-54171) und nimmt ihn mit in einen Erker, in dem schwere Jungs (Jpg 54172-54180) unter noch schwererer Bewachung (Jpg 54181) sitzen. Natürlich erkennt Bran sofort, auf wen die Personenbeschreibung hier passt, und er würfelt gut und wählt seine Worte mit Bedacht. Keine Vorwürfe, schon gar keine Drohungen, er will Ren das Mädchen einfach nur wieder abkaufen. Ren wiederum will wissen, von wem Bran die Info hat, dass er Fanya entführt hat, und Bran erzählt es. Ren meint, er brauche Bedenkzeit, er werde sich wieder melden.

 

Bran nimmt nun sofort die Beine in die Hand und rennt in die Upper Fens zum Theater, um Lenorae Faldahon zu warnen, diese Gelegenheit aber auch zu nutzen, Ren vielleicht eine Falle zu stellen, denn er geht davon aus, dass der Schurke die Schauspielerin beseitigen lassen möchte. Lenorae lässt die Garde rufen, aber der Hauptmann kann unter diesen Umständen nicht viel tun, worüber Bran sich aufregt. Aber was soll er machen? Die Garde des ganzen Viertels zusammenziehen lassen, in den Krakenkönig marschieren und einen Rothaarigen mit Halsbart festnehmen, "weil eine amnische Karawanenwache da so ein Gefühl hat"?

 

Bran schickt einen Boten zu Tulwood, damit dieser Bescheid weiß, wie's gelaufen ist, und übernachtet zu ihrem Schutz bei Lenorae, die hier im Theater eine kleine Wohnung hat. Nun lernt er auch ihren Sohn Gallian (Jpg 54182) kennen, der mit ihr zusammenlebt, ein feingeistiger Bildhauer, der sich angeregt mit ihm unterhält. Bran kommt er ein bisschen komisch vor, aber der Haudegen kennt sich mit gebildeten Leuten nicht gut genug aus, um sagen zu können, was ihn stört.

 

Am Morgen des zwölften Tages rät Bran Lenorae, immer schön unter Menschen zu bleiben, dann werde schon nichts passieren, und trifft sich mit Tulwood, der die Zwischenzeit genutzt hat, sich mit seinen bescheidenen Mitteln für die Suche nach Mismel auszurüsten: Fischspieß, Laterne, Seil, Netz etc. (Schön auch, dass er sich längst nicht alles leisten konnte, was er gern gekauft hätte – wann haben wir das schon mal?) Er hat sich auch schlau gemacht und erfragt, dass ein Wasseratmungstrank von keinem Alchemisten verkauft wird, da der Stadtherr weiß, wozu man ihn benutzen würde, und derlei deshalb verboten hat. Außerdem ist das Wasser noch viel zu kalt, so dass man auch Endure Elements benötigen würde – so etwas ist frei verkäuflich, schlägt als Luxusgut aber mit etwa 20 Goldmünzen pro Dosis zu Buche. Sieh an, auf einmal scheitert alles am Geld: Bran hat längst nicht mehr genug, selbst wenn er eine Potion of Water Breathing auftriebe. Tulwood hat aber die clevere Idee, Kelton zu fragen, der ja helfen wollte und flüssig ist. Gesagt, getan, dieser übernimmt die Kosten für den Water-Breathing-Trank. Bran wiederum hat den Einfall, Hersing zu fragen, ob er ihm ein Boot leiht, und bei der Gelegenheit vielleicht auch gleich, ob er jemanden kennt, der Schmuggelware verhökert. Auch hier: Gesagt, getan, Bran bekommt gegen Bares ein Ruderboot und rudert hinaus ins Hafenbecken, um sich mit dem Waterdhavian (Jpg 54183) zu treffen, dem skurrilen, sehr schweigsamen "Kapitän" eines kleinen Schooners, dem er eine Potion of Water Breathing abkauft.

 

Die ganze Rennerei hat einen guten Teil des Tages beansprucht. Heute Abend kann man nicht mehr los, denn dazu braucht man Licht und wird dementsprechend schnell von den Patrouillen gesehen, und einen Gwen Petryl für unter Wasser hat man auch nicht. Also rudern die beiden zur Fishery, umrunden diese, ziehen das Boot an den Sandstrand, bedecken es und verabreden sich für die Morgendämmerung.

 

Am Morgen des 13. Tages geht es los. Nachdem man sich mit einigen Schlammkrabben herumgeschlagen hat, rudert man hinaus aufs Meer, doch da erklingen wunderschöne Gesänge, und die beiden erspähen nicht minder wunderschöne Meerjungfrauen, die sich auf Felsen räkeln – und der Nixenstein führt genau dorthin. Bran aber merkt, dass er manipuliert wird, und sieht an Tulwoods begeistertem Rudern, dass er nur noch daran denkt, zu diesen Frauen zu kommen. Er reißt ihn aus seiner Trance, als schon die erste Sirene ihre Illusion fallen lässt und angreift (Jpg 54184-54191). Bran wehrt sich mit seinem Fischspieß, und Tulwood weiß gut mit dem Bogen umzugehen: Eine tote Sirene später wird es den anderen zu gefährlich, und sie fliegen davon und tauchen ins Wasser.

 

Bran folgt weiter dem Gefühl, das ihm der Nixenstein verleiht, und man hat schon die ersten Turmspitzen der Unterstadt passiert, aber die Richtung weist immer steiler nach unten. Also hält das Ruderboot, Bran trinkt beide Potions (Endure Elements und Water Breathing) und gleitet ins Wasser. Für Landbewohner gibt es diverse Möglichkeiten, unter Wasser zurechtzukommen, aber Water Breathing verleiht nur die Fähigkeit, Wasser zu atmen, sonst nichts. Bran ist also weitgehend blind und träge, und dementsprechend gespenstisch ist die Szenerie, als er nur dem Impuls des Nixensteins in seiner Hand in die ungewisse graugrüne Tiefe folgt. Tulwood wartet im Boot, so lange er kann, und staunt über diesen Mut. Eigentlich hätte er es sein sollen, der diesen Tauchgang wagt, aber als Bran wie selbstverständlich darüber sprach, dass er das erledigen würde, war ein Teil von Tulwood erleichtert und ein anderer deswegen wütend auf sich selbst.

 

Bran taucht und taucht, immer nur dem Impuls des Nixensteins folgend, und stößt schließlich auf einen freundlichen Nequaner (Jpg 54192), der zuerst Reißaus nimmt, dann aber den kuriosen, unbeholfen und schwerfällig strampelnden Menschen, der einfach nicht ertrinkt, aus sicherer Entfernung beobachtet. Bran gibt ihm Zeit, und langsam nähert man sich einander an. Als der Nequaner in der Ferne eine tauchende Sirene erspäht, die die beiden aber nicht gesehen hat, nimmt er Bran ein Stück mit, und dann kommuniziert er über Gedankenbilder mit ihm, versteht aber Brans Sprache nicht. Dieser versucht sich wiederum mit Gesten zu verständigen und erfährt, dass sein Gegenüber Muiori'i heißt. Dieser ergreift schließlich zaghaft Brans Hand und schwimmt mit ihm durch die Unterstadt (Bran löst zu Tulwoods Besorgnis das Seil), die sich dem Zuschauer prächtig präsentiert (Jpg 54193), von der Bran aber nichts mitbekommt, weil er nur einen Meter weit sehen kann.

 

Muiori'i bringt Bran zum Talagh Gorn, dem alten Stadtpalast, in dessen Innenhof die Nymphe Ni'iwuel Hof hält (deren Name bei den Landbewohnern im Laufe der Jahrhunderte zu Nhywyll verballhornt wurde). Bran spürt sofort die Magie des Ortes, die ähnlich wie der Mythal von Myth Nantar jedem, der sich dort aufhält, die nötigen Vorteile angedeihen lässt: Bran kann jetzt so gut sehen wie an Land, und läge nicht noch Endure Elements auf ihm, wäre das Wasser für ihn trotzdem optimal temperiert. Außerdem kann er nun sprechen.

 

Neben allerlei Nequanern und einer riesigen Krabbe, die einen Teil eines Schiffsrumpfes als Panzer trägt (Jpg 54194-54197) sticht vor allem ein Muschelthron ins Auge, auf dem eine schlafende Schönheit sitzt (Jpg 54198-54199), keine Nequanerin, aber doch mit maritimen Charakteristika, und so unbeschreiblich schön, dass Bran sofort seinen Blick abwenden muss, um nicht unter ihren Bann zu fallen – wie stark wäre dieser erst, wenn sie nicht schliefe? Aus ihren Augen laufen konstant tintenartige Tränen, die sanft von der Strömung erfasst werden und von ihr wegfließen. Die Nequanerin Uineala'nua (Jpg 54200) versucht Bran mit Gedankenbildern zu erklären, dass Ni'iwuel im Traum die Unterstadt vor Usuzoreels Gezücht beschützt.

 

Sie nimmt ihn mit ins Innere des noch recht gut erhaltenen Palasts, und auf dem Weg passieren die beiden zwei Menschen in einem Alkoven (Jpg 54201-54203), ein zierliches junges Mädchen und einen tätowierten, exotischen Hünen, die beide sowohl verwirrt als auch lethargisch wirken und sich auch über einen weiteren Menschen nicht wundern. Uineala'nua bringt Bran in den mit allerlei Muscheln geschmückten ehemaligen Rittersaal, in dem man eine weitere Nymphe vorfindet, deren Wirkung der von Ni'iwuel in nichts nachsteht – sie ist bei Bewusstsein, aber verströmt eine unglaublich traurige Aura. Uineala'nua versucht Bran mit Gedankenbildern etwas zu erklären, von dem er nur Bruchstücke versteht, was aber Elminster zumindest dem Zuschauer erläutert:

 

Die Tiefennymphe Nhywyll bewacht das Aquamarinportal in der Unterstadt, um das sich eine kleine Feenwelt gebildet hat, gemeinsam mit ihren Töchtern, der Brandungsnymphe Alwashan, der Gezeitennymphe Solashan und der Gischtnymphe Mirashan. Als vor etwa 1.600 Jahren die ersten Siedler hier eintrafen, hießen die Nymphen sie willkommen. Die Menschen verehrten Nhywyll als Quellkönigin und überbauten das Aquamarinportal mit einem Nymphäum, einem Wasser- und Feentempel. Nhywylls Töchter pflegten lebensfrohen Umgang mit den Fremden, wenngleich sich die Menschen nicht ihrem Zauber entziehen konnten und in unbekannter Zahl vor Sehnsucht ins Wasser stiegen und ertranken. (Den dafür berühmtesten Ort nennt man heute noch das Traurige Herz.) Ohne Nhywylls Wissen verlor ihre Tochter Mirashan ihrerseits ihr Herz an einen Menschen, der Umberlee verehrte. Aus ihrer Verbindung ging sogar ein Kind hervor, über dessen Verbleib aber lange nichts mehr bekannt ist. Doch der Vater verließ Mirashan, und seitdem welkt sie in Trauer dahin.

 

Dies brach wiederum Nhywylls Herz, und ihre Tränen wurden schwarz vor Trauer. Sie überließ ihren Töchtern Alwashan und Solashan die Bewachung des Aquamarinportals unter dem Nymphäum und brachte Mirashan fort von dem Ort, an dem so viele schmerzhafte Erinnerungen hingen, und zwar zum Talagh Gorn, dem alten Stadtpalast. Meistens schläft Nhywyll und unterstützt im Traum ihre Töchter bei der Bewachung der Feenpforte. Doch wenn sie wach ist, weist sie ihre Diener an, Mirashan etwas Schönes zu bringen, das ihr gebrochenes Herz vielleicht wieder ein wenig erfreuen kann. Daher strömen jene Nequaner, die Nhywyll als ihre Königin betrachten, in die Ferne, um Kostbarkeiten an sich zu bringen, aber auch Menschen zu entführen, die Mirashan von anderen Teilen der Welt erzählen oder ihr nur durch ihre Schönheit gefallen und sie ablenken sollen. Manchmal gelingt es einem "Gast", sich von dem Bann zu lösen und zu fliehen, doch sobald sie Talagh Gorn verlassen, verlassen sie auch die lebenserhaltende Magie und ertrinken auf dem Weg zur Wasseroberfläche oder erfrieren dort, weil weder Land noch Boot in der Nähe sind. Die hier lebenden Nequaner meinen es nicht böse, können sich aber auch nicht in die Bedürfnisse der fremdartigen Landbewohner hineinversetzen.

 

Bran versteht fast nichts, aber er bekommt mit, dass er gebracht worden ist, um diese Nymphe aufzuheitern – also tut er das, was er ohnehin liebt: Er erzählt von seinen Abenteuern. Dabei schafft er es die ganze Zeit, nicht unter ihren Bann zu fallen, der dafür sorgen würde, dass er hier bleiben will. Der Charisma-Check fürs Erzählen ist okay, weder gut noch schlecht. Er darf sich frei bewegen, niemand hält ihn auf, und so kehrt er zu den beiden Menschen zurück, redet auf sie ein, löst sie aus ihrem Bann und kehrt mit ihnen an die Wasseroberfläche zurück. Natürlich befinden sich die drei an einer ganz anderen Stelle als Tulwood, und den beiden ist arschkalt. Bran und der Hüne reden beruhigend auf das panische Mädchen ein, der Mann nimmt es huckepack und schwimmt als sichtlich geübter Schwimmer mit kräftigen Stößen in die Richtung, in der die Häuser näher scheinen.

 

Man schafft es in den rettenden Hafen, wird an Land gezogen, bekommt heißen Tee und warme Decken, und Bran erklärt einem Gardisten clever, dass sie mit dem Boot unterwegs waren und eine Turmspitze unter der Wasseroberfläche den Kiel aufgerissen hat.

 

Das Mädchen ist natürlich Mismel, die sich auch prompt eine Erkältung zugezogen hat, und als Tulwood abends bei Luara dazustößt, sind die beiden außer sich vor Freude. Der Hüne heißt J'avo und berichtet, dass er mit seinem Schiff, der Siren, in der Refuge Bay (keine zweihundert Meilen von Mezro entfernt!) vor Anker lag und er hinabtauchte, weil man dort das Wrack eines Piratenschiffs vermutete. Doch er stieß stattdessen auf eine hübsche Nequanerin, die ihn an der Hand nahm und mit ihm durch einen Schilfwald schwamm. Irgendwie landete er hier, und ab da verschwimmt alles.

 

Luara werden am Morgen ein paar blutverschmierte Zettel zugestellt, die sie verstören. Bran liest sie (sh. Anhang) und die beiliegende Notiz und kann rekonstruieren, dass Gallian Faldahon ein Loviatar verehrender Serienmörder war (Lenorae hat ihn aus Mutterliebe gedeckt), der Mädchen auflas, sie zu seiner Kate im Sumpf mitnahm, wo niemand ihre Schreie hören konnte, und sie dort zu Tode quälte. Ren o' the Blade wollte die Anschuldigung wohl nicht auf sich sitzen lassen, forschte nach, fand dies heraus und setzte die Selbstreinigungskräfte der Unterwelt in Gang (vgl. M – Eine Stadt sucht einen Mörder). Er lässt Bran durch die Blume wissen, dass dieser Marsembers Gastfreundschaft lange genug genossen hat. Bran sorgt also dafür, dass sich Eola, die er entsprechend subventioniert, regelmäßig im Wirtshaus Zum Schwarzen Keiler blicken lässt, und er selbst lädt kurzerhand J'avo ein, ihn zum Dreiwegeeck zu begleiten, um dort auf die anderen zu warten. Die Preise sind unschlagbar, nur das Freizeitangebot lässt etwas zu wünschen übrig.

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