05 - Survival Of The Fittest {{ currentPage ? currentPage.title : "" }}

Zu Freestate von DeMo fährt am 23. August 2057 ein Jeep über den nächtlichen Highway, hält auf einem staubigen Seitenweg, die Passagiere steigen aus, einer schultert einen dicken Raketenwerfer, und man wartet. Schließlich kommt ein VTOL angeflogen, die Rakete zischt los, der Vogel schmiert ab, der Jeep fährt querfeldein zur Absturzstelle, man durchsucht in Feuerschutzkleidung die Trümmer und wird fündig: Ein sehr robuster, spezialbeschichteter Aktenkoffer wird mitgenommen.

 

Zu Molly Hatchets Saddle Tramp geht die Sonne über der Prärie auf, Stus Eurovan saust über den Freeway. (Auf dem Heckaufkleber ist zu lesen: "Due to technical difficulties the light at the end of the tunnel has been switched off") Drinnen sitzen Stu und zwei junge, etwas hinterwäldlerische Burschen. Der Van wird von mehreren Autos verfolgt, aus denen wild geschossen wird. Stu aktiviert die Offroad-Suspension und verlässt die Straße, weil ihn die Verfolger sonst bald einholen würden, als ein California Rangers-Wagen mit einer vierfach bestückten Raketenlafette auf dem Dach auftaucht. Eine zischt los und jagt ein Auto in die Luft, die anderen türmen. Der Ranger steigt aus, marschiert wie in einer klischeehaften Szene aus jedem zweiten US-Film, der in Kalifornien spielt, knarrenden Leders zum Van, aber nur, um eine Verwarnung auszusprechen: "Sie waren zu schnell, Sir."

 

In einem kleinen Nest an der südlichen Big Sur-Küste, das fest in O'Malleys Hand liegt, sind Techgeists und Piraten – darunter auch Cutlass Flintloque und Walker D. Jennings – damit beschäftigt, eine Ladung Schmuggelwaren transportfertig zu machen, die die Techgeists mitnehmen sollen. Man diskutiert gerade über die hochgezüchteten, spezialangefertigten Spielzeuge der Techgeists.

 

Deirdre: Meine Stiletto 999 ist ziemlich nah dran. Aber sie muss noch wendiger werden. Der Schwingraum ist nicht steif genug, er wird nie steif genug sein.

Walker (zu Festus): Und die hier?

Festus: Das ist ein DMG-Chassis mit abgeschnittener Ölwanne, extragroßem Hub, hochverdichteten Kolben, Spezialventilen und heißer Nockenwelle. Was jetzt noch fehlt, sind zwei 50mm-Kanonen und ein Raketenwerfer mit Laserzielgerät.

Cutty (grinst zu Brynda, die gerade mit einer Riesenladung Fast Food aus dem Bar & Grill kommt): Was ist, Bryn? Jeden Tag 20 Runden Knuspriges vom Grill?

Brynda: Klar, sicher, ey, ich hab' kein Problem, Mann, ich kann jederzeit damit aufhören.

Die Dewleys fahren, von She's Just Killing Me von ZZ Top begleitet, in das kleine Städtchen ein.

Festus: Warum fahren Dewleys eigentlich immer in Herden – wie Büffel?

Horst: Die fühlen sich wohler, wenn alle stinken.

Deirdre: Nee, die müssen hinter dem einen Typen herfahren, der lesen kann.

Festus (zu Cutty und Walker): Die Bullen haben mich mal mit einem dieser Dewley-Neandertaler in eine Zelle gesteckt. Kaum mache ich eine Bemerkung über Affenschaukeln als Hochlenker, schmeißt der seine Banane weg und greift mich an!

Alle lachen. Walker sieht Cutty an, nickt fragend zu den Dewleys, Cutty grinst, geht hinüber, begrüßt Gator mit Handschlag, während dieser sich gerade mit Big Al unterhält.

Big Al: Wer sollte denn ahnen, dass die Bullen da ihr Hauptquartier haben?

Gator: Wie wär's mit 'nem großen grünen Schild, auf dem 'Hwy Patrol nach 500 m' steht?

Big Al: Scheiße, Mann, ich les' nur Sachen, auf denen 'n Hamburger draufliegt.

Cutty: Hoi, Gator, was läuft?

Gator (verschränkt die Arme, sieht zu den Techgeists): Eine genau ausgerichtete Reihe aufgemotzter Diabolos, die vor einem Landgasthaus parkt, drinnen technische Fachsimpeleien und das Klingen von Chardonnay-Gläsern... Lasset uns basteln... (Beide lachen.) Geschäfte mit den Primadonnas?

Cutty: Das Übliche, du weißt ja.

Gator: Möchte mal wissen, was die für euch transportieren sollen, das bei uns nicht viel sicherer aufgehoben wäre.

Cutty: Ruhig Blut, Omae. Für euch haben wir 'ne andere Ladung, und die geht nach San Luis Obispo – 'n bisschen zu gefährlich für die Techgeists. Die schicken wir nach Santa Maria.

Gator (grinst): San Luis Obispo? Na ja, geht mich nichts an, das muss Hannibal wissen. Ich hoffe nur, er knöpft euch dafür auch genug Dinero ab. In San Luis ist die Hölle los, wenn Captain Monday unsere Öfen hört. Und davon abgesehen... tja... du weißt ja, wo die abgefuckten Scaps jetzt ihre Zelte aufgeschlagen haben.

Cutty (zögernd): Glaub mir, Gator... ich wär' der Letzte, der's sich so gewünscht hätte, wie's gekommen ist.

Gator: Drauf geschissen, Mann! Der Diplomatiedrek hat ein Ende, und ich kann den Ratten endlich mal zeigen, wie viel Power in meiner Pigiron und meinem 10-Kilo-Kettenschloss steckt.

Cutty (grinst gequält): Wie seid ihr so schnell aus Los Padres hergekommen? Über die Skyline?

Gator (nickt): Ist ja überhaupt nicht mein Fall. Mit frischer Luft kann ich nichts anfangen, mit schöner Aussicht auch nicht, und die Bäume sind zu feucht zum Abfackeln. Ich wär' ja über den Wine Taster gefahren, ist meine Leib- und Magenstrecke. Da bin ich erst vorletzte Woche voll in 'ne Ziege reingesemmelt. Mich hat's nicht runtergerissen, aber den Arsch von der Ziege hab' ich erwischt. Gab 'ne prima Satteltasche. (Beide lachen.)

Deirdre (fährt neben Cutty, sieht zu Hannibals fetter Maschine): Hannibal muss mit den großen Dewley-Rohren bestimmt etwas kompensieren.

Gator: Hey, Püppchen, du siehst aus, als ob du Bock auf Zoff hättest. Wenn der Preis stimmt, sehen wir uns 'n Muster mal näher an.

Deirdre (klappt das Visier runter, gibt Standgas): Dazu musst du mich aber erstmal einholen, Fatboy. (Zu Cutty:) Cruiser sind für Loser.

Cutty (grinsend): Aber unschlagbar als Zugmaschinen für Pflüge.

Deirdre: Der Luftwiderstand dieser Frankensteinbikes ist abartig. 'n paar sichere Kandidaten für die Nachhut. Bye bye, Gator. (Sie braust los.)

Gator: Dass die Primadonnas aber auch immer so 'n verflucht großes Maul haben müssen. Dabei kann die Kleine 'n Bike nicht von 'nem Toaster unterscheiden.

Cutty (sieht Walker zu sich winken): Sorry, Gator, schätze, Walker hat mal wieder ein Problem, das nur ich lösen kann.

 

Walker weist auf die weiter draußen vor Anker liegende Yamoto I (Jpg 09101-09102), wo "Admiral" Kydd Cutty zu sprechen wünscht, und chauffiert ihn in seinem Motorboot dorthin (XXI (180), 0:10). Kydd, ein beeindruckender Ork, macht Cutlass zur Sau, weil Letzterer im vorangegangenen Abenteuer im Alleingang das Piratenteam, das zur Betreuung des Melting Asphalt Race '57 eingeplant war, durch eigene Kumpels ersetzt hatte, die sich einen Scheißdreck um das Rennen und die diplomatischen Notwendigkeiten, sondern nur um ihren Auftrag gekümmert haben. Jetzt sind die Feindschaften zwischen den Go-Gangs stärker denn je, und die DeSades schießen auf jeden Ganger, der ihnen über den Weg fährt, mal ganz davon abgesehen, dass sie nun als Kuriere und Kampftruppen (und in dieser Hinsicht waren sie unschlagbar) für O'Malley's Empire ausfallen und stattdessen für Captain Monday of Morro Bay arbeiten. Kydd flippt richtig aus und meint dann schließlich, dass er Cutty nie wiedersehen wolle, er mache besser, dass er (im wahrsten Sinne des Wortes) Land gewinne.

 

Walker fährt ihn wieder an Land und wirft ihm bedauernd die Keycard für seinen alten Pickup zu, den er sowieso nie benutzt. Cutlass weiß nicht, wohin, sehr wohl aber, wem er diese Situation zu verdanken hat: Machine.

 

Sieben metamenschliche Touristen betreten zu Foolish Heart von den Mavericks eine schummrige Kneipe irgendwo in der Northern Crescent: Es sind die Fairy Tails (der elfische Samurai Orion, der schwarze Ork Ironside, der schwarze Elfenrigger Shockwave, die elfische Scharfschützin Morgan Penhaligon, der elfische Decker Thomas "T-Byrd" Byrd, der elfische Samurai Marillion und das magische Wunderkind Tinkerbell, ebenfalls eine Elfe. Es sind Flüchtlinge aus Tir Tairngire, wo sie zuletzt landesweit gesuchte "Terroristen" – also Big Time Runner – waren), die jedoch dank der Illusionszauber, die Tinkerbell (u. a. mithilfe einiger Zauberspeicher) schwer konzentriert aufrecht erhält, als ganz harmlose (wenn auch immer noch metamenschliche) Touris erscheinen.

 

Orion: Es ist doch offen, nehme ich an?

Barkeeper: Metas wer'n hier nich' bedient.

Ironside (packt ihn am Kragen): Das war die falsche Antwort, du mieses Stück Scheiße! Richtig heißt es: "Was darf ich Ihnen bringen, Sir?"

Orion: Es wäre zu freundlich von dir, wenn du so entgegenkommend wärest, ihn umzubringen, nachdem er uns bedient hat.

Ironside: Hör mit dem Gejammer auf, ich weiß genau, was ich tue.

T-Byrd: Nicht mal Gott weiß genau, was du tust.

Man setzt sich, während der Barkeeper nach hinten geht und das Komm bedient.

T-Byrd (zu Shockwave): Ich finde wirklich, du hättest den Wagen noch einmal nachsehen lassen sollen. Das wäre doch nicht zu viel verlangt gewesen. Jetzt sitzen wir hier mitten in Nazi Paradise, und unser feudales Gefährt macht keine fünf Meilen mehr.

Shockwave: Ich habe ihn nachsehen lassen.

Orion: Und wo, wenn man fragen darf? Bei so einer Hinterwäldler-Tankstelle, nehme ich an? Ich sehe den Betreiber schon förmlich vor mir...

T-Byrd: Ja, Sir, Feinripp ist wieder im Kommen. Nebenbei: Können Sie mir verraten, warum Sie gerade so angestrengt versuchen, den Boden der Bierdose raufzusaugen? Na ja, eigentlich musste uns das ja passieren. Da macht man einmal im Jahr Urlaub... Wisst ihr, was ich glaube, Kinder? Ich glaube, dass Gott beim Abendessen seinen Engeln erzählt, was er sich wieder für Gemeinheiten hat einfallen lassen, um den Leuten da unten das Leben nicht zu leicht zu machen. "Der Geschäftsmann mit dem wichtigen Termin heute Mittag, habt ihr gesehen, was für einen schönen Stau ich für ihn gemacht hab? Oder der Junge mit dem riesigen Pickel am Kinn, der heute Abend zu seiner ersten Party geht."

Marillion: Thomas...

T-Byrd: "Oder der werdende Vater, habt ihr gesehen, wie er aus der Wäsche geguckt hat, als ich ihm Fünflinge verpasst hab? Oder der Manager bei Sony Dataworks – den Job braucht er doch gar nicht." Und die Engel winden sich am Boden vor Lachen.

Marillion: Thomas...

T-Byrd: Wisst ihr, wie ich das nenne? Böswillige Göttlichkeit.

Morgan: Du hast meine theologischen Überzeugungen völlig auf den Kopf gestellt.

Orion: Hat heute schon jemand seinen Newsfeed gelesen? Mich würde interessieren, wie sich Arthur Vogel in seiner neuen beruflichen Herausforderung schlägt.

Ironside: Was soll mit dem Typen sein? Präsident ist er nicht geworden, welcher Hahn kräht noch nach ihm?

Orion: Ist es dir völlig entgangen, dass Mr. Vogel den Posten des Präsidenten von Sierra Incorporated übernommen hat?

Ironside: Sieh an, also ist er doch noch Präsident geworden.

Morgan: Nur eben nicht von den Vereinigten Staaten.

Shockwave: Heutzutage hast du als Konpräsident doch ohnehin mehr Einfluss als als Staatschef.

Morgan: Und mehr Feinde.

T-Byrd: Ach wirklich? Wie hieß doch gleich Mr. Haeffners Vorgänger?

Marillion: Schnee von gestern, der Drache ist tot.

T-Byrd (lehnt sich nach kurzem Schweigen zurück, streckt sich): Wisst ihr, Kinder, ich fühle mich hier so richtig pudelwohl.

Ironside: Sieh dabei nicht mich an, Junge. Ich hab' mir diese Route nicht ausgesucht.

Orion (nachdem anklagende Blicke auf ihn gerichtet sind): Was ist? War ich schon mal hier? Kenne ich mich mit den sozialen Gepflogenheiten dieser Gegend aus? Landschaftlich ist sie doch sehr hübsch...

Marillion: Ja, wenn man von den Bewohnern absieht.

T-Byrd: Ach, ich nehme an, sie wissen nur nicht, wie sie mit uns umgehen sollen. Wenn wir freundlich auf sie zugehen, tauen sie gewiss schnell auf.

Morgan: Faschisten sind das. Alle miteinander.

Orion: Kein Grund, gleich dermaßen überzureagieren. (Er wirft einen Blick zu Ironside.)

Ironside: Ich hab' langsam den Rand von diesen Wichsern voll. Ich will hier Urlaub machen und nicht von jedem dämlich angesehen werden, als ob ich vom Mars käme.

 

Draußen fahren ein paar staubige Wagen vor (auf einen ist "Native Californians Rule!" geschmiert), eine Art bewaffneter, hinterwäldlerischer Bürgerwehr steigt aus: "Abgewichste Metaschweine in unserer Stadt. Ich kann's immer noch nicht glauben." – "Cool, Billy Joe. Wenn wir mit denen fertig sind und ihre Köpfe am Pacific Crest Trail aufgespießt haben, wagt sich so schnell keine Missgeburt mehr her." Das dreckige Dutzend marschiert großkotzig rein und zielt mit Pistolen, Schrotflinten und Jagdgewehren auf die sieben Touris: "Sieht ganz so aus, als seid ihr auf'm falschen Planeten."

 

Tinkerbell, die die ganze Zeit nichts gesagt und mürrisch ausgesehen hat, hat sich in Wahrheit schwer konzentriert und lässt nun zu I Put A Spell On You von CCR die Illusionen fallen, und die glorreichen Sieben sehen gar nicht mehr so harmlos aus. In Zeitlupe richten sie die Native Californians hin, Tinkerbell verzaubert einen, der gegen seinen Willen erstarrt und zusehen muss. Marillion schießt ihm am Ende in beide Knie. Orion hält den Barkeeper in Schach, T-Byrd geht auf den letzten Überlebenden zu.

 

T-Byrd: Du gibst mir jetzt besser die Kommnummer, die du anrufen sollst, und die Parole.

Native Californian: 63553482... Aber das haut nie nich' hin, Abschaum! Die tun meine Stimme kennen.

Tinkerbell (mit seiner Stimme): Ich denke nicht, dass das ein Problem ist.

T-Byrd: Du musst noch an deiner Syntax arbeiten, Tinkerbell. Ich fürchte, der Bursche hat mit dem Subjekt-Prädikat-Objekt-Durcheinander so seine Probleme.

 

T-Byrd springt über den Tresen, drückt sich am Barkeeper vorbei ins Hinterzimmer zum Komm, stöpselt sich ein ("Kann losgehen, Kinder."), Tinkerbell ruft von ihrem Kommlink aus an, gibt die Parole durch ("Ihr könnt die Daten freigeben." – "Prima. Komm mit diesem komischen Verschlüsselungsprog eh' kaum klar."). Das Cyberhasengesicht von T-Byrds Persona erscheint auf dem Bildschirm: "Man sagt doch immer, dass man mit Nuyen alles kaufen kann. Das stimmt wirklich. Viel Glück, ihr Idioten." Hilflos muss der Computertyp zusehen, wie die nun wieder entschlüsselten Daten ins Netz gesogen werden. Die Fairy Tails ziehen ab, aber Morgan lässt es sich nicht nehmen, aus dem fahrenden Auto mit ihrem Sniper Rifle dem letzten Überlebenden (der aus eben diesem Grunde bis eben noch erleichtert war) den Kopf wegzuschießen.

 

Cutty braust mit dem Pickup über den Freeway, betätigt das altersschwache Bordkomm und ruft Machines Nummer an. Der liegt gerade flach, weil er die schwere OP hinter sich hat, für die er das Geld vom letzten Run brauchte. Er weiß sehr genau, dass er Cutty etwas schuldig ist, und bedauert, dass der Admiral ihn fortgejagt hat. Die beiden machen ein Treffen aus.

 

Ghost besucht das Catwalk und sieht erstaunt zu Chicken Shake (Stereo MCs) Wraith beim Striptease zu. Er folgt ihr zu einer der Kabinen, wo sie einen Lap Dance für einen gut zahlenden Kunden hinlegt (XIII (195), 1:08). Ghost wird vom Türsteher vertrieben, der Kunde ist restlos begeistert ("Darf ich Sie anrufen?" – "Meine Nummer steht im Telekomverzeichnis." – "Und Ihr Name?" – (lächelnd) "Der steht daneben."). Ghost hatte keine Ahnung, dass sie das hier macht, dachte, sie arbeite hier als Bedienung, aber sie hält dagegen, es gebe gutes Geld. Vorsichtig fragt sie, seit wann er hier ist, und er merkt, dass sie sich sorgt, er könnte den Lap Dance gesehen haben. Vermutlich fürchtet sie, er würde keinen Respekt mehr vor ihr haben? Ehe er antworten kann, betont sie, dass sie hier mit niemandem ins Bett gehe, was Ghost bestreitet, behauptet zu haben. Nach peinlichem Schweigen geht er.

 

Die Typen aus dem Prolog fahren durch eine wirklich miese Gegend, der eine fummelt am Bordcomp herum, das Navigationssystem funktioniert nicht. Der Fahrer hält, beide fummeln am Comp herum, und ein zerlumpter Typ schaut grinsend durchs Fenster. Er schlägt es mit einem Stahlrohr ein. Mit durchdrehenden Reifen rast der Wagen los, landet jedoch in einer Straße, die von Bauschutt übersät ist – da ist kein Durchkommen. Die Typen steigen bewaffnet aus, rennen los, man sieht hier und da Bewegungen in den dunklen Fenstern. Sie rennen durch einen Torbogen, man hört metallisches Kreischen, und ein Autochassis wird ausgeklinkt und fällt herunter: Einer wird zermalmt, der andere – mit dem Koffer ans Handgelenk gekettet – springt in Sicherheit, schaut hoch, da steht ein Freak mit einer Schrotflinte. Der Typ reißt den Koffer vors Gesicht, es knallt, er fällt schreiend zurück, die Hände verletzt, und der Oberkörper hat auch was abbekommen, Der völlig irre Seymour (Marilyn Manson) taucht auf, zeigt theatralisch auf den Runner ("Seymour sagt: Man nehme ihm den Koffer ab."); Trumble, der Troll mit der Kettensäge, macht sich ans Werk...

 

Zu Fortunate Son (CCR) fährt Stu mit Max bei der Yellow Rose Gas Station vor. Unzählige Autos sind hier geparkt, Autoteile werden flohmarktmäßig angeboten, viele Menschen sind unterwegs, es herrscht Volksfeststimmung. Zu Saint Of Me von den Stones übergibt Stu "Onkel Rege" die Wagenladung Wasser und seinen Neffen und streicht den Cred ein. Derweil ist Meryl mit Kerry Kulick, dem Boss der Bloodletters, ebenfalls hier unterwegs. Sie sehen sich die Auslagen an und schauen einem Kampf zwischen Ryan Fury und einem bedauernswerten Herausforderer zu. Als sich Stu mit Fred und Wendy über die Preise streitet, hört er die Durchsage, dass sich die Rennteilnehmer am Start einfinden mögen. Auch Meryl wird aufgerufen.

 

Bono besucht einen Pfandleiher (im Trid läuft nebenbei "63 Seconds: Ares Makrotechnology – eine Retrospektive"), wo etwas für ihn hinterlegt worden sein soll (XI (240), 3:56). Der Pfandleiher muss ihn jedoch enttäuschen, es sei leider kein Koffer hier.

 

Auf einem Riesenkasten von Hotelschiff konferiert Mr. Sultan mit seinen Beratern (XVIII (180), ab 1:18), als Bono anruft. Mr. Sultan empfiehlt ihm, schnellstens den verdammten Koffer zu finden, oder er stecke in ernsthaften Schwierigkeiten. Er sorge diesmal besser gleich dafür, ein ausreichend großes Team, bestehend aus guten Leuten, zusammenzustellen, anstatt Personal einzusparen, damit am Ende mehr für ihn übrig bleibt. (Natürlich hat er Bono durchschaut, was ja auch nicht schwer war.) natürlich solle er sich darauf vorbereiten, dass er, sobald das Verschwinden des Koffers in gewissen Kreisen publik wird, mit ernst zu nehmender Konkurrenz rechnen dürfe. Mr. Sultan beendet das Gespräch, Bono schlottert am ganzen Leib.

 

Meryl nimmt an dem staubigen Autorennen teil (Musik von W.A.S.P, Amorphis, Blackshine) und schlägt sechs der acht Konkurrenten in einem spannenden Rennen mit ihrem wendigen Rimspeed – sie holt Bronze. Stu gratuliert ihr zur guten Leistung ("Meine Überzeugung hat sich bestätigt: Frauenparkplätze sind nur eingerichtet worden, um beim Einparken die Autos der Männer zu schützen."). Max amüsiert sich hier prächtig, kommt leider wieder angedackelt, ob Stu ihm denn Meryl nicht vorstellen könnte ("Du willst doch nicht zu spät kommen?" – "Wohin denn?" – "Wohin auch immer.")

 

In dem "UFO" des ehemaligen LAX sitzt Denton 'Geistman' Hemingway (Robert Patrick, IX (240), 2:55) zusammen mit zweien seiner Mitarbeiter, der schwarzen Felicity Trudeau (XIV (180), 0:47) und dem schwarzen Decker Sonic (Miguel Nunez, X (180), 1:27) und verfolgt die Tridpiratenreportage über Ares, die vorhin anfing, als Bono die Pfandleihe betrat.

 

Sonic (loggt sich gerade aus): Boss...

Denton winkt nur ab, sieht weiter auf den riesigen Tridscreen.

Kommentatorin im Trid: ... Bei einem zweiten Angriff Anfang Oktober 2055 schossen die Arestruppen einen subtaktischen Nuklearsprengkörper auf den Insektenstock ab. Der Angriff war jedoch nicht erfolgreicher als der erste. Nach diesem zweiten Fehlschlag zogen sich Knight Errant und die UCAS-Truppen aus dem Sperrgebiet zurück und überließen die Eingeschlossenen ihrem Schicksal. Erwartungsgemäß kam die Wahrheit über Chicago bald ans Tageslicht und kratzte das Bild von Ares in der Öffentlichkeit schwer an. Einige Parteien applaudierten Ares im Allgemeinen und Knight Errant im Besonderen zwar dafür, dass sie versucht hatten, die Insektengeister zu vernichten, doch die meisten vertraten die Meinung, dass Ares verantwortungslos gehandelt habe, als der Stock ohne vorherige Warnung der Bevölkerung angegriffen wurde.

     Ares' Ruf erlitt einen weiteren Tiefschlag, als Knight-Errant-Truppen, die für den Schutz der Ares-Heimatstadt Detroit verantwortlich waren, Unruhen zwischen Einwohnern von Detroit und Flüchtlingen aus der Chicago Containment Zone blutig niederschlugen. Es kam zu keiner formalen Anklage, doch die Vorfälle hinterließen Flecken auf Ares' Weste. Die UCAS-Regierung versuchte, aus der Situation Vorteile zu ziehen, indem sie von Ares verlangte, bestimmte Orbital-Aktivposten zurückzugeben, wie der Konzern es versprochen hatte, als er 2016 die NASA kaufte. Ares verwies darauf, dass der Konzern versprochen habe, die Aktivposten an die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika zurückzugeben, die jedoch nicht mehr existierten. Die UCAS konterten damit, dass sie, weil sie ja die Verantwortung für die Schulden der USA übernommen hatten, damit automatisch auch ein Anrecht auf die Schulden bei den USA hätten. Die CAS beanspruchten ebenfalls einen Teil der Weltraumausrüstung, da die meisten in Frage kommenden Bodenanlagen sich auf ihrem Gebiet befanden.

     Natürlich hatte Damien Knight nicht die geringste Absicht, AresSpaces Profit zu schmälern, indem er irgendeiner Regierung irgendetwas überließ, und er kämpfte hart auf seinem ureigensten Schlachtfeld – in den Sitzungssälen der Konzerne und den Gerichten. Nach einigen Jahren äußerst komplizierter und kostspieliger Rechtsstreitigkeiten ließen beide Regierungen die Angelegenheit fallen.

     Damien Knight spielte auch eine Rolle in den diesjährigen Präsidentschaftswahlen, bei denen er das Dunkelzahn/Kyle-Haeffner-Team nach besten Kräften unterstützte. Knight verbindet mit Haeffner, damaliger Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten und früherer Anwalt aus Boston, eine langjährige Bekanntschaft. Knight und Ares unterstützten Dunkelzahns Wahlkampf mit großzügigen Ressourcen und trugen damit stark zum Wahlsieg des Drachen bei. Nach Dunkelzahns Ermordung half Knight Errant dabei, die Unruhen zu unterdrücken, die die UCAS nach Bekanntwerden des Todes des Drachen erschütterten. Kyle Haeffner, soeben als Präsident vereidigt, wusste, dass das UCAS-Militär und die Nationalgarde nicht ohne Hilfe die Unruhen einzudämmen in der Lage sein würden, und akzeptierte Ares' Hilfe. In deutlichem Unterschied zu ihrer Vorgehensweise einige Jahre zuvor in Detroit erstickten die Knight-Errant- und Ares-Truppen die Aufstände effektiv und ohne unnötige Gewalt, was ihnen die tiefe Dankbarkeit der UCAS-Regierung einbrachte und fast alle Spuren von Ressentiments Ares gegenüber in den Staaten beseitigte.

     Im Zuge der Nachwehen von Dunkelzahns Ermordung erbte Nadja Daviar, Dunkelzahns ehemalige Übersetzerin und kürzlich als Vizepräsidentin der UCAS vereidigt, Gavilan Ventures – und damit die Ares-Aktien, die dieses Unternehmen kontrollierte – von dem toten Drachen und stellte Damien Knight eine Vollmacht über die Stimmanteile der Gavilan-Aktien für einen Zeitraum von zwei Jahren aus. Mit der persönlichen Kontrolle über 34 Prozent der Ares-Stimmen setzte Knight Leonard Aurelius von seinem Posten als Vorstandsvorsitzender von Ares ab – diesmal endgültig.

Denton: Bitte einsteigen, das Karussell nimmt wieder Fahrt auf.

Felicity (lehnt sich schräg hinter Denton an die Wand): Also, wer könnte ein Interesse daran haben, in den Leviathan-Host zu decken? Im Silicon Valley gibt es lohnendere Ziele.

Denton: Jeder Mitbewerber. Aber wer sagt denn, dass Leviathan Technical eine bahnbrechende Erfindung gemacht hat?

Sonic: Ich würde sagen, für etwas Bahnbrechendes fehlen ihnen die Ressourcen. Hab' eben mal einen Blick auf ihre Jahresbilanz vom letzten Jahr geworfen. Absolut nichts Umwerfendes, Boss. Und was ihre Feinde betrifft: Die Valley-Brüder nehmen sich da nicht viel. Der einzige Laden, der sich auf Leviathan eingeschossen hat, ist TerraFirst!.

Felicity: Ich bezweifle, dass TerraFirst! die Mittel für ein solches Unternehmen zur Verfügung stehen.

Sonic: So sieht's aus. Ich meine, die sind mit einem FedBo Commander eingeflogen – und so ein Baby geht nur ab 750 K über den Tresen. (Er zögert, sieht den nachdenklichen Denton an.) Hab' ich richtig gehört, Boss? Sie schließen einen Paydata-Job aus?

Denton (bedeutungsvoll): Paydata schon, aber das Karussell dreht sich jetzt rückwärts.

Edge ((XIII (195), 1:34), tritt ein, Denton sieht ihn erwartungsvoll an): Die Spur führt zu einem kleinen Gossenschieber. Ein Typ namens Bono.

Felicity: Den kenne ich. Diese Geschichte ist mindestens drei Nummern zu groß für diesen lächerlichen Fragger.

Edge: Ja, sieht ganz so aus, als ob er den Mittelsmann spielt.

Denton: Für wen?

Edge (zuckt die Achseln): Aber seine Leute haben Mist gebaut. Man erzählt, Bono ist ein einziges Nervenbündel, dem die Zeit unter den Fingernägeln brennt. Seine Leute haben zwar das VTOL vom Himmel geholt, aber offenbar war das nicht ihr eigentlicher Job. Sieht eher so aus, als hätten sie den Einbrechern etwas abnehmen sollen.

Denton: Was ist mit dem Wrack?

Edge: Keine Presse, keine Medien, Ares hat das Gelände abgeriegelt und stellt seine eigenen Untersuchungen an.

Felicity: So offen? Ich meine, Ares hat offiziell das Ruder übernommen?

Edge nickt.

Sonic: Dann ist es in der Tat wichtig. Es kann nicht in Knights Interesse liegen, jedem zu demonstrieren, wem Leviathan Technical wirklich gehört. Wow. (Er hängt sich wieder ins Netz.)

Denton: Und Bonos Team?

Edge: Spurlos verschwunden.

Denton: Dann steht unser Freund Bono unter Druck. Wenn er nicht dafür sorgt, dass das Paket wieder auftaucht, dürfte sein Johnson ziemlich ungehalten sein. An wen wird er sich wenden?

Felicity: Bono hat nur auf die unterste Schattenriege Zugriff – an die großen Nummern kommt er gar nicht heran. Der Penner ist zum Scheitern verurteilt.

Denton: Edge, finde heraus, mit wem er zuletzt zusammengearbeitet hat.

Edge nickt, wendet sich wieder zum Gehen

 

Ghost tigert in ein Straßencafé in der Arc Mile, wo der nervöse Bono schon auf ihn wartet. Er hatte zuerst Roadblock angerufen, doch der hatte einem Treffen nicht zugestimmt und auf Ghost verwiesen. Der hört sich nun von seinem nervösen Schieber an, welche Probleme ihn plagen.

 

Kitsune tut etwas, bei dem Shadowrunner selten beobachtet werden: Sie kauft im Supermarkt ein. Wie sie da so durch die Gänge schlendert und zur Seite schielt, erspäht sie plötzlich ein bekanntes Gesicht: das von Wraith, einer Schattenkollegin, die vor einem guten Jahr spurlos verschwunden ist. Leider erkennt Wraith Kit nicht wieder. Sie gehen einen Soykaf trinken, und Wraith klagt ihr Leid, wenngleich sie dies recht vorsichtig tut – sie misstraut Kit offensichtlich, welche merkt, dass sie getestet wird. Dennoch entwickelt sich ein hübsches Gespräch, und Wraith könnte vor Glück heulen, endlich mal einen Menschen zu treffen, der sie von damals kennt und mit dem sie mehr als nur eine flüchtige "Ja, hab ich mal gesehen"-Beziehung verbindet, wie es bei Valdez, Capra, Rizzo und all den anderen der Fall ist.

 

In einem schicken Pickup sitzt Marillion am Steuer, Morgan auf der anderen Seite, Orion in der Mitte, als sein Komm läutet und er von einer unbekannten Anruferin nach L.A. bestellt wird.

 

Edge ruft von einem öffentlichen Telekom seinen Boss an. Ein elegantes Flugzeug rauscht durch den Himmel (Jpg 09103), an Bord Geistman. Edge berichtet.

 

Edge: Sie werden's nicht glauben, Boss: Bonos letzte Laufburschen sind zwei völlig unbeschriebene Blätter im Asphaltdschungel, ein Indie und ein Zwerg, erst kürzlich zugezogen. Der Clou daran ist: Es sind wohl dieselben Typen, die in Big Sur mächtig viel Staub unter den Go-Gangs aufgewirbelt haben. Ihre Connection bei O'Malley's Freetraders, die ihnen das ermöglicht hat, ist aus ihrem Laden rausgeflogen und auf dem Weg nach L.A.

Denton: Interessant. Wir behalten den Verein im Auge.

Edge: So ka.

 

Stu steht am Van und telefoniert, und aus der Yellow Rose dringen laute Musik und Stimmenwirrwarr.

 

Stu: Was soll das heißen: "Wir brauchen Köpfe"? Was ist, Daniel Howling Coyote, soll ich meinen alten Kumpel Gott anrufen und ihn bitten, mir eine Handvoll Toprunner zu backen? Was? Vage, der Schlafmagier? Na und? Wer braucht den schon? Nein, ich wüsste leider keinen "adäquaten Ersatz". Das Zaubern hab' ich mir abgewöhnt – es kamen zu viele Pisser, die was von mir wollten. Wie? Das ist dein Problem. Ich tu, was ich kann. Ja, ja, was auch immer.

 

Stu geht wieder hinein, nimmt Meryl beiseite und fragt sie, ob sie an einem Run interessiert wäre. Da das Preisgeld für den dritten Platz hier draußen nicht gerade als lukrativ zu bezeichnen ist, ist sie sofort dabei, und noch in derselben Nacht fährt man los gen L.A.

 

Am nächsten Morgen fährt Cutty zu Walking On The Sun (Smash Mouth) die Ocean Front entlang – da er noch nicht oft in L.A. war (und wenn, dann nur geschäftlich, also bei Nacht und Nebel), musste er doch mal Venice Beach sehen, bis es Zeit fürs Treffen mit Quint ist. Die Stimmung ist gut, Straßenkünstler zeigen, was sie drauf haben, Muskelmänner präsentieren sich am Muscle Beach und stemmen Gewichte, Miezen flanieren über die Promenade, Eisverkäufer machen ihr Geschäft, am Strand wird Volleyball gespielt. Cutty geht ein wenig spazieren; und eine hübsche Frau erweckt seine besondere Aufmerksamkeit: Sie räkelt sich im Sand und lässt sich fotografieren. Ihr Fotograf bedrängt sie, ihre Hüllen fallenzulassen, doch sie weigert sich. Schließlich wird er wütend, geht zu ihren Klamotten, fischt ihr Kommlink heraus und wirft es in hohem Bogen aufs Meer hinaus. Er zieht von dannen, und Cutty bietet ihr an, sie zu fahren, was sie natürlich dankbar annimmt. Sie stellt sich als Char vor, Charlene Bowman, und zum Dank lädt sie ihn für heute Abend, 21:00, auf eine Bootsparty ein, wo er sich nur als Chars männliche Begleitung vorstellen soll.

 

Als er den AB des Bordkomms abhört, ist Machines Stimme drauf, der ihn für 17:00 in einen Beeburger bestellt. Im Fast-Food-Tempel wartet Ghost bereits mit Machine auf die anderen, als Meryl und Stu auftauchen, dann Wraith, die Kitsune mitbringt (weil Ghost betont hatte, man brauche nicht nur schlagkräftige Leute, sondern auch solche, die sich im Sprawl auskennen, und das trifft hier leider auf niemanden so recht zu), und zu guter Letzt, weil er sich verfahren hat (in L.A. keine große Kunst), Cutty. Meryl kennt nur Stu, die anderen noch nicht, und Cutty kennt alle außer Meryl, Ghost und Kit. Ghost erläutert, dass sich Bonos Team vor seinem Verschwinden noch bei ihm gemeldet hatte, sie führen gerade auf den Harbor District zu. (Der Pfandleiher saß in Coast Town.) Stu meldet Bedenken wegen Kitsune an. (Stu: "Und wie lange kennst du diese Japanobraut schon?" – Wraith: "Ähm... seit gestern." – "Was?") Wraith erläutert, dass Kit behaupte, sie schon länger zu kennen, Ghost wirft ein, sie könnte für Van Gogh arbeiten, aber letztlich bleibt der Gruppe nichts anderes übrig, als auf sie zurückzugreifen. Cutty entschuldigt sich alsbald, er habe noch etwas zu erledigen.

 

Der Zuschauer wähnt sich in der afrikanischen Steppe: Ein Jeep fährt durchs goldene, abendliche Sonnenlicht, ein lächerlich aussehender Exec in Safariklamotten, das Jagdgewehr (nur vom Feinsten) in der Hand, sitzt hinter dem Fahrer, neben ihm Geistman. Der Exec, Mr. Thievanich, weist den Fahrer an, zu halten, legt an, man sieht durchs Visier herumtollende Löwenjunge und die wachsame Mutter. Er schießt, die Mutter wird getroffen.

 

Thievanich: Das gibt eine prächtige Trophäe!

Denton (applaudiert artig): Hervorragender Schuss, Barry.

Thievanich (setzt sich wieder hin, bedeutet dem Fahrer, weiterzufahren): Sehen Sie, Geistman... ich hoffe doch, ich darf Sie so vertraulich ansprechen?

Denton zündet sich eine an, zieht als Bestätigung die Augenbrauen hoch.

Thievanich: Sehen Sie, Geistman, das Problem dürfte schwerlich dort liegen, wo Sie es vermuten. Leonard Aurelius ist ein bedauernswerter Pechvogel, der Zeit seines Lebens im Schatten des alten Nick stand, und als sein Vater starb, nahm Damien Knight seinen Platz ein. Der arme Leo war immer nur die Nummer Zwei, und so etwas kann auch an dem stärksten Ego nagen. Aber ein Dummkopf ist er nie gewesen – und letzten Endes ist es das, was Sie ihm unterstellen, wenn Sie meinen, er könnte seine Finger im Spiel haben. In letzter Konsequenz würde er sich selbst schaden, denn alles, was man Ares antut, tut man auch ihm an. Mag ja sein, dass Knight ihn nach all den langen Jahren der Grabenkämpfe endlich am Boden hat, aber Aurelius ist nach wie vor ein Major Shareholder. Einer, der Geld verdienen will.

Denton (lauernd): Ich wundere mich nur, verstehen Sie, Barry? So etwas ist meines Wissens seit gut und gerne zwanzig Jahren nicht mehr im Silicon Valley passiert.

Thievanich (fröhlich): Was heißt, seit zwanzig Jahren? Im Silicon Valley ist es ruhiger als in meinem verdammten Schlafzimmer, und das will was heißen! (Er lacht über den eigenen Scherz.)

Denton: Nicht unter der Oberfläche. Das Gerangel um Macht ist dort nicht weniger intensiv, als es, sagen wir, die Agribusiness-Kriege im Central Valley sind. Es gibt nur etwas weniger verbrannte Erde.

Thievanich: Sie wissen das, und ich weiß das, und von uns beiden abgesehen das ganze Silicon Valley. Ansonsten ist diese Tatsache weniger bekannt, und das darf auch ruhig so bleiben.

Denton: Ein Krieg mit anderen Mitteln, davon rede ich ja. Aber vor drei Tagen... Sie wissen, was geschehen ist. Ich meine, Ares ist der unbestrittene Konzernkönig im Silicon Valley, nahezu konkurrenzlos. Seine Rivalen haben es dort nie gewagt, das Schwert gegen ihn zu erheben, weil sie Vergeltungsmaßnahmen gegen ihre eigenen Einrichtungen in den anderen Teilen des Freestates befürchten mussten.

Thievanich: Eine ganz nüchterne Überlegung, sicher.

Denton: Also läuft die Angelegenheit doch darauf hinaus, dass die Arestochter Leviathan Technical einen wissenschaftlichen Durchbruch erzielt haben muss, der jeden Ma&Pa-Drugstore im Nu in die A-Riege katapultieren würde.

Thievanich: Sie meinen, damit sich so eine Maßnahme lohnen würde? Also mal ganz übertrieben gesprochen, ja? (Skeptisch:) So weit würde ich nicht gehen. Dagegen spricht... um Himmels willen, wo fange ich da denn nur an? (Etwas ungeduldig, zählt an den Fingern.) LevTechs Status als Tochterfirma von Ares ist weitaus besser nachvollziehbar als der von Tausenden anderer Tochterfirmen, die Ares über Holding Companies, Scheingesellschaften etc. kontrolliert. Die Beziehung wird bald klar, wenn man nur ein bisschen danach gräbt. (Nächster Finger.) Sobald sich so eine Entwicklung anbahnt – man kann ja schließlich vorher absehen, ob man einer heißen Forschungssache auf der Spur ist –, würde Ares doch die gesamte R&D-Geschichte in die eigenen Hände nehmen, um das Ergebnis vor der Konkurrenz geheimzuhalten. (Nächster Finger.)

Denton (unterbricht lakonisch, als Thievanich gerade Luft holt): Sehen Sie?

Thievanich (stutzt, merkt dann, dass Denton ihm zustimmt, ihn nur aus der Reserve locken wollte): Sie hinterhältiger Hund, Sie! (Er grinst, dann sachlich.) Worauf wollen Sie hinaus?

Denton: Lassen Sie mich meine ursprüngliche Frage umformulieren, Barry: Was, glauben Sie, steckt dahinter? (Währenddessen hält der Jeep an.)

Thievanich: Ich weiß wirklich nicht, warum Sie dermaßen auf dem Thema herumreiten. Eine Handvoll zwielichtiger Fragger hat sich in den LevTech-Compound eingeschlichen, Gott weiß was mitgenommen, hat sich wieder aus dem Staub gemacht, und ehe die Burschen "Dumm gelaufen" sagen konnten, haben die Ares-Jungs sie wieder vom Himmel geholt und dafür gesorgt, dass dieser Zwischenfall in der Familie bleibt.

Denton: Und eben daran glaube ich nicht.

Thievanich (sieht so aus, als wüsste er mehr, winkt aber ab): Geistman, Sie hören die Flöhe husten. Wenn Sie mich fragen, sollten Sie sich lieber um naheliegendere Probleme kümmern, als sich selbst undurchsichtige neue zu schaffen. (Übersetzt heißt das: Mehr kann ich Ihnen nicht sagen, aber Sie sind auf der richtigen Spur. Wenn Sie jedoch mehr herausfinden wollen, müssen Sie sich schon ein bisschen anstrengen.)

Denton nickt bedächtig.

Thievanich (steigt aus, baut sich über dem Körper der toten Löwin auf, miauend schleichen die Jungen um sie herum): Zur Hölle, das war wirklich ein guter Schuss!

 

Die Kamera zoomt zurück, und man sieht, dass die "afrikanische Steppe" unter einer gigantischen Glaskuppel liegt, welche wiederum von Golfplätzen und edlen Parkanlagen gesäumt wird, nahe einer großen Stadt, und rings umher nichts als trostlose Wüste – Palm Springs.

 

Zu Smash Mouth fährt Cutty, die Musik aufgedreht, das Fenster offen, durchs abendliche Venice an den Palmen vorbei. Jetzt ist erst recht High Life am Strand, Strandparties gehen ab. Er parkt, schlendert über den Strand, geht zum Bootssteg, gibt die "Parole" durch, wird zur Segelyacht gefahren, wo an Deck ausgiebig getanzt wird – unter anderem auch Char. Sie wird auf ihn aufmerksam und tanzt mit ihm.

 

Kitsune und Wraith klappern ihre Connections ab. Zuerst bitten sie ihren gemeinsamen Bekannten, den Halbindianer und Rattenschamanen Rizzo, sich umzuhören, dann ruft Kit ihren Deckerkumpel Eyedol an, den sie noch nie zuvor in der Realität gesehen hat, mit dem sie aber trotzdem eine gute Beziehung verbindet. Eigentlich nicht untypisch für die 2050er: Man hat sich dereinst in einem Chatraum kennengelernt, und durch die Anonymität durfte man ehrlich sein und sein Herz ausschütten, und so hat sich über Jahre hinweg eine Online-Freundschaft entwickelt. Sie bittet ihn, herauszufinden, von wem der Auftrag kommen könnte, für den Bono nur den Mittelsmann spielt. Dann geht's nach Torrance im Harbor District, wo sie diverse Kneipen auf der Suche nach den Jinxters abklappert, insbesondere nach Lopside & Topspin.

 

Inzwischen meint Char, ihr sei es hier oben zu kühl geworden, und sie möchte unter Deck gehen – klar, was das bedeutet. (Cutty schlagfertig: "Gute Idee. Ich hatte schon die ganze Zeit eine Gänsehaut.") Bruce Springsteens Drive All Night wird eingespielt, und die beiden treiben es ziemlich wild.

 

Ghost kommt heim und sieht, dass seine schlafende Freundin, die ihn heute nicht zurück erwartet hat, nicht allein im Bett liegt. Er flippt aus, zerrt den Typen aus dem Bett, drückt sein Gesicht ins Laken und hält ihm die SoCom an den Hinterkopf, während er Sarah wütend anschreit, doch die kontert ebenso wütend, von einem Schläger wie ihm hätte sie auch keine andere Reaktion erwartet. Es soll ja Leute geben, die ihre Probleme mit Gesprächen lösen, aber Gespräche konnte sie mit Ghost nie führen. Als er noch in den Docks gearbeitet hatte – zu dem Zeitpunkt hatten sie sich kennen gelernt –, hatte sie ihn noch geachtet, aber jetzt hinterlassen zwielichtige Leute Nachrichten in ihrer Mailbox, für die sie in den Knast kommen könnte. Mark sei wenigstens ein Mann mit Herz, der für sein Geld ehrlich arbeitet und keine Verbrechen begeht. Er sei ein Mensch, anders als Ghost – das saß –, und er laufe auch nicht ständig bewaffnet herum. Sie ertrage Ghost nicht mehr, und er solle machen, dass er verschwindet, denn sie sei erleichtert, das Versteckspiel nicht länger ertragen zu müssen, da sie nie den Mut hatte, Ghost all dies ins Gesicht zu sagen. Ghost ist wütend, brüllt herum, wirft die Nachttischlampe durchs Fenster, knallt die Schlafzimmertür hinter sich zu und zieht sie so hart in die Fassung, dass der Rahmen splittert und die Tür festsitzt. Plötzlich bekommt er einen seiner Anfälle, ist wild am Zittern, kann auf dem Komm keine Nummer eintippen und kriegt es nur mit viel Mühe hin, per Sprachsteuerung Roadblocks Namen zu stottern.

 

Im Harbor District trifft sich Kitsune mit den Jinxters, die gerade eine Party unter freiem Himmel feiern. Lopside berichtet, dass man sich erzählt, ein paar Irre seien in die Barrens gefahren. Klar, dass man nichts mehr von ihnen gehört hat. Könnte gut sein, dass das die Typen waren, nach denen sie suchen. Da aber die Steppin' Wulfs die Barrens kontrollieren, könne sich Kit die weitere Suche abschminken.

 

Ghost heult sich derweil auf einer Brücke, die über einen Freeway führt, bei Roadie aus, springt sogar behende aufs Geländer, mit dem Gedanken spielend, sich einfach fallen zu lassen. Aber das ist es ja: Abstürzen würde er nicht, einen Unfall würde er nicht erleiden, dafür ist er viel zu schnell und geschickt. Doch glücklich macht ihn das auch nicht. Dass ihm Sarah all das vorgeworfen hat, für das er sich ohnehin schon selbst hasst, hat ihm den Rest gegeben. Dass er, der stolze Indianer, ein halber Automat ist, völlig verdrahtet, immer in der Angst, von den Yaks aufgestöbert zu werden, immer noch von Schuldgefühlen gequält, dass er ein kleines Mädchen erschossen hat, in einer Stadt ohne Freunde, in der sein Name nichts zählt und in der er ganz von vorn anfangen muss... Seine Nerven liegen völlig blank. Roadie beruhigt ihn, meint, die Familie, die er hat, würde Ghost eines Tages auch vergönnt sein. Und den Fraggern da draußen will er doch nicht die Genugtuung geben, sich selbst umgebracht zu haben. Er geht mit Ghost einen Soykaf trinken.

 

Am nächsten Morgen (besser gesagt: es geht nach der langen Nacht auf Mittag zu) weckt Char Cutlass, der mächtig ins Wirbeln kommt, sich anzuziehen. ("Oh, mein Gott, oh, mein Gott, ich komm' zu spät!") Nachdem sich die beiden mit dem Boot an die Pier haben fahren lassen, springt der alte Pickup nicht an. (Cutty sieht in den Außenspiegel: "Was denn, werd' ich gerade von einem irren Axtmörder verfolgt?") Char kriegt das glücklicherweise mit und bietet ihm an, ihn zu chauffieren. Auf der Fahrt gesteht er ihr, gar kein Vorstellungsgespräch zu haben, jedenfalls nicht in dem Sinne. Schließlich muss er ihr sagen, dass er zum Beeburger will, und welcher Personalchef trifft sich mit einem Bewerber in einem Schnellrestaurant, es sei denn, er wollte dort anfangen; und zuzulassen, dass Char das denkt, wäre ihm wirklich zu peinlich. Er gibt auch zu, in einer kriminellen Grauzone zu leben, und zwar als Shadowrunner. ("Was? Wie die im Trid?" – "Im Grunde genommen sind Shadowrunner gar nicht so cool und tough wie im Trid."); Char betätigt zwei Knöpfe, und beide Sitzlehnen gehen nach hinten. Sie aktiviert den Autopiloten und beugt sich über Cutty. ("Weißt du was? Das turnt mich richtig an." – "Eigentlich... eigentlich bin ich ein ziemlich böser Pirat.")

 

Währenddessen wartet der Rest schon eine geschlagene halbe Stunde im nicht besonders heimeligen Beeburger und rechnet nicht mehr mit Mr. Flintloques Erscheinen (zumal er sich das letzte Mal ja auch verspätet hat). Es kommt wieder zu übellaunigen Giftereien, gerade zwischen Meryl und Ghost, sogar noch schlimmer als beim letzten Treffen. Während die Beeburger-Angestellten in ihren lächerlichen Bienenkostümen herumwieseln, erzählt Kitsune, was bei ihrer Beinarbeit herausgekommen ist. Sie stellt auch klar, dass ein Fortfahren im Run keine besonders vielversprechende Option darstellt, da die Steppin' Wulfs schließlich einen legendären Ruf besitzen. Ghost – den in seiner momentanen Verfassung wirklich nichts abschrecken kann – will jedoch die Kohle, kriegt sich wieder mit der spitzzüngig-burschikosen Meryl in die Flicken. Als Cutty endlich von Char abgesetzt wird, darf er sich erst mal allerlei spöttische oder genervte Bemerkungen gefallen lassen. Gerade Ghost lässt ihn spüren, dass ihn diese Unpünktlichkeit in seinen Augen zu einem schlechten Runner macht. Cutty entschuldigt sich freundlich und wird über den Stand der Dinge in Kenntnis gesetzt. Die Dafür- und Dagegen-Stimmen halten sich die Waage, so dass Kit vorschlägt, etwas mehr über die Barrens im Allgemeinen und die Steppin' Wulfs im Besonderen herauszufinden (und sie weiß auch schon genau, bei wem). Man könnte sich heute Abend gegen 18.00 Uhr treffen, dann wisse sie mehr. Stu besteht darauf, den Treffpunkt auszuwählen, damit er den Beeburger nicht noch einmal ertragen muss, und entscheidet sich fürs Gauntlet, eine Raststätte mit Bar am Rande des Megaplexes.

 

Machine fährt Cutty auf seiner Hammerhead zu seinem liegen gebliebenen Pickup in Venice. Schon die gemächliche Fahrt nutzen sie, sich nett zu unterhalten, und zu diesem Zweck fahren sie dann auch gleich rüber ins Gauntlet, um das freundschaftliche Gespräch fortzuführen. Kit trifft sich mit den Manic Manions, vier Zwergenbrüdern (Bo, Ben, Bill und Bob) mit Rambo-Attitüde, die in Manhattan Beach, Coast Town, praktisch in direkter Nachbarschaft zu den Barrens leben. Bo, der Älteste, erzählt von den Steppin' Wulfs und sichert Kit zu, sie und ihre Leute zu deren favorisiertem Hangout zu führen. Das tun die Manions aber auch nur für sie, weil sie ihnen mal schwer aus der Klemme geholfen hat.

 

Bald kehren auch Stu und Meryl ins Gauntlet ein, und man redet zur Abwechslung mal nicht übers Shadowbiz, sondern über Gott und die Welt. Auch Kit und Wraith stoßen bald dazu, und Kit erklärt, dass sie sich mit ihren Connections um Mitternacht verabredet hat, wenn das Team dieses Ding doch durchziehen will. Stu, kein Angeleno, hält die Legende der Steppin' Wulfs (bis zum Schließmuskel vercybert, schwer verrückt und absolut blutdurstig) für PR – woher sollten denn die Millionen für die Chiba kommen? Wenn es sich noch nicht mal die Kons leisten können, alle ihre Jungs zu verchromen, werden sie auch gerade ein paar Fraggern in einem Trümmerfeld die Hardware in den Arsch schieben.

 

Es gibt allgemeine Zustimmung, und man verabredet sich für Mitternacht, als Ghost eintrudelt (gerade noch pünktlich, aber die anderen waren schon viel früher da). Er scheint seine Autorität als untergraben anzusehen, da das Briefing und die Entscheidung ohne ihn stattgefunden haben. Da er keinen fahrbaren Untersatz hat, fragt er Kit, ob er bei ihr mitfahren kann. Unterwegs fragt er sie, mit wem sie denn so zusammenarbeitet. Als er sich in seinem paranoiden Verdacht bestätigt sieht, dass sie eventuell Yakuza-Kontakte hat (hat die nicht jeder Japse?), drückt er ihr von hinten die Kanone an den Kopf und zwingt sie, nachdem Wraith vorbeigefahren ist, zum Anhalten und Aussteigen. Doch Wraith fährt zurück, steigt aus und bedroht ihrerseits kochend vor Wut Ghost. Der lässt Kit alsbald wieder in Ruhe, doch dafür presst Wraith ihm außer sich die Mündung unters Kinn. Er hat jedoch keine Probleme, ihr in einem Wimpernschlag die Zenith zu entwenden und sie ihr selbst unters Kinn zu halten.

 

Um nicht unnötig Aggro aufkommen zu lassen, erwähnt man den Zwischenfall beim Treffen nicht und marschiert gut gerüstet und bis an die Zähne bewaffnet los und trifft sich mit den Manic Manions, die das Septett so weit in die Barrens führen, wie sie es verantworten können. Den Rest des Wegs beschreiben sie und machen die Biege. Die Gruppe stößt auf den unbeschädigten Wagen, den seine beiden Insassen so fluchtartig verlassen hatten, und bald darauf hört sie vom Wind herangetragene Musik – harte, aggressive Klänge (No Remorse (I Wanna Die) von Slayer, Freak On A Leash von Korn und Under My Skin von Dandelion) – und beobachtet die Steppin' Wulfs bei einer abgefahrenen Party.

 

Die Runner verschanzen sich in einer ausgebrannten Ruine, um sich zu beraten. Ghost schlägt vor, sich dort- und dorthin zu begeben, weil man von da eine bessere Aussicht hätte (was völliger Blödsinn ist, wie die anderen auf den ersten Blick erkennen – will er sie verarschen oder was?), doch Meryl beharrt darauf, Cutty in den Astralraum zu schicken, von wo er alles auskundschaften soll – in der Hoffnung, so eine schräge Gang habe keine Juju-Boys. Wraith bittet Cutlass, sie mitzunehmen: "I've been astral before, but you know... uhm... unfortunately I forgot how I'd made it there..." Er instruiert sie, doch im Astralraum bleibt ihm nicht viel Zeit, ihren astralen Look zu bewundern, da er unter dem für die Barrens von L.A. typischen Phänomen der astralen Disassoziation leidet und gar nicht weiß, wie ihm geschieht. (Er hatte sich hier nie zuvor projiziert.) Wraith, bei Weitem nicht so erfahren wie Cutty, nimmt der Horrortrip noch viel mehr mit, und sie flüchtet sich zurück in ihren fleischlichen Körper. Die aufsteigende Panik unterdrückend schwebt Cutty zu den wild headbangenden und umherhopsenden Wulfs und mag seinen Augen kaum trauen – die Legende entspricht der Wahrheit, sie sind mächtig verchromt. Überdies sind ihre Auren total verzerrt, die Aura des Ortes lässt auf toxische Verseuchung schließen, und die Hintergrundstrahlung haut obendrein auch noch ziemlich rein: Immerhin sind das hier die Barrens, wo unzählige Menschen einst beim Erdbeben umgekommen sind, und nun einer der lebensfeindlichsten Orte des Sprawls. Das alles ergibt eine Packung, der Cutlass nicht mehr gewachsen ist, er verfällt in Panik, fühlt sich wie ein Nichtschwimmer im Atlantik, verliert die Orientierung, fühlt sich von seinem Körper fortgezogen, als würde er untergehen, und paddelt wie wild durch die Luft.

 

Er kehrt schließlich zurück und erstattet Bericht, und die Gruppe ist doch ziemlich baff, dass alles, was man sich von den Barrens erzählt, wirklich nicht aus der Luft gegriffen ist. Obendrein darf man eine Offensive getrost vergessen, denn die Brüder befinden sich in der definitiven Überzahl. Allmählich macht sich üble Stimmung breit, als Ghost darauf beharrt, es von dem von ihm vorgeschlagenen Punkt aus zu versuchen. Also geht er allein und lässt die anderen kopfschüttelnd zurück. Er muss jedoch erschüttert feststellen, dass seine Kameraden mehr als Recht hatten – die Aussicht ist ja sogar noch viel schlechter als von der Ruine aus. Geschockt schleicht er wieder zurück und schweigt sich beschämt zu dem Thema aus. Cutty überwindet sich, Ghost astral zu betrachten, nimmt Machine beiseite und informiert ihn über seinen Zustand. Meryl, die Ghost ja vom ersten Moment zum Lieblingsfeind auserkoren hat (und umgekehrt), nimmt dessen offenbar unterirdisches Augenmaß zum Anlass, zu sticheln und ihn bei seiner Ehre zu packen, bis er plötzlich ausflippt und ihr die Kanone ins Gesicht hält – er habe kein Problem damit, hier in den Barrens heute Nacht sein Leben zu verlieren, sie auch nicht? Daraufhin bedroht ihn Stu von der Seite mit der Schrotflinte . Ehe er's sich versieht, blickt Stu in die Mündung seiner eigenen Flinte, während Ghost Meryl noch nicht mal aus den Augen gelassen hat. Endlich steckt er die Knarre wieder ein, und Meryl und Stu erklären, das hier habe sowieso keinen Sinn, noch nicht mal, wenn man's mit brauchbaren Runnern in Angriff nähme, und so ziehen sie sich zurück.

 

Verstört, dass sein Zustand so offensichtlich geworden ist, und entehrt, weil er in letzter Zeit ziemlich viel unprofessionellen Mist gebaut hat, setzt sich Ghost leise. Er hat alles verloren, was ihm je lieb und teuer war: seine Familie, seine Freunde, seinen Heimatturf, seine Ehre, seinen guten Ruf, seine Wirbelsäule, seinen Arm, das Gefühl, ein Mensch zu sein, einfach alles –, und jetzt sinkt er auch noch in der Achtung seiner neuen Kollegen... Er entschuldigt sich bei allen, auch wenn ihm das noch so schwer fällt. (Das ist eine bizarre Szene, denn währenddessen weht die ganze Zeit die harte Partymusik der Wulfs herüber.) Wraith läuft hinter Meryl und Stu her, doch Stu will inzwischen ohnehin zurück. Sein Ärger ist zwar noch nicht verraucht (und der von Meryl schon gar nicht), aber Machine kann er nicht im Stich lassen. Meryl wiederum hat wenig Lust, allein durch die Barrens zu marschieren, und wenn sie gehen sollte, und die Gruppe hat Erfolg, wäre das äußerst peinlich, also schließt sie sich wohl oder übel an.

 

Das Team wartet, bis im Lager der Wulfs endlich Ruhe eingekehrt ist, und zieht sich zum zurückgelassenen Wagen zurück, den Stu kurzschließt, während Kit und Ghost in die Ruine pirschen, die als HQ dient, schlicht und ergreifend, weil sie die Leisesten sind. Auf dem Weg müssen sie zwei Wachposten ausschalten – ein wieseliger, pfeilschneller Mensch für Kit und der Troll mit der Kettensäge, Trumble, für Ghost –, an denen sie zu spüren bekommen, welche Bedrohung die vercyberten Wulfs darstellen. Sie dringen in den Raum ein, in dem auch Seymour auf seinem "Thron" schläft, den Koffer an seiner Seite. Er erwacht, Kit hält ihm das Katana an den Hals, während Ghost den Koffer nimmt, doch er grinst nur irre. Sie ziehen sich zurück und rennen, was das Zeug hält, denn natürlich weckt Seymour seine Jungs auf, und eine Hetzjagd durch die Trümmer beginnt, in deren Verlauf Meryl, Stu und Machine ein wenig von ihrem militärischen Background durchblicken lassen. Machine sitzt im geöffneten Kofferraum und gibt mit dem LMG Sperrfeuer, während die Gruppe den Steppin' Wulfs in letzter Sekunde entkommt.

 

Im Koffer findet man ein Cyberdeck, das eigentlich auch ganz normal aussieht – es ist ein Texas Instruments 9400 –, aber niemand hier ist ein Decker. Kit ruft also Eyedol an und bittet ihn um einen riesigen Gefallen: Sie möchte sich persönlich mit ihm treffen, es sei wirklich sehr, sehr wichtig. Schweren Herzens, so scheint es ihr, willigt er ein, besteht allerdings darauf, dass sie allein kommt. Er lotst sie also am nächsten Abend in eine stillgelegte Subwaystation (während die Gruppe im Van wartet), wo er in einem alten Waggon haust, der allerdings mit Elektronik nur so vollgestopft ist. Eyedol im real life zu sehen, erschüttert Kit: Er ist völlig abgemagert, sitzt im Rollstuhl und trägt Brillengläser aus Thermopane. Er leidet nämlich unter der Glasknochenkrankheit und darf sich nicht bewegen, da ihm das schon sämtliche Knochen brechen könnte, und darum sind die Muskeln völlig verkümmert. Eine geistig behinderte Orkin, die hier bei ihm Zuflucht gefunden hat, kümmert sich um ihn. Eyedol nimmt das Deck unter die Lupe, stöpselt sich ein und diagnostiziert einen Datenwurm. Dessen Inhalt jedoch zu entschlüsseln, brauche viel Zeit, wenn er überhaupt dazu in der Lage sei, meint Eyedol.

 

Schnitt auf T-Byrd, der sich ins System der Verkehrsleitzentrale einklinkt und das Ruder übernimmt. Da er die richtige Frequenz kennt, um das Deck zu orten, weiß er, wo es gerade steckt, und darum jagt er eine Subway dorthin... Eyedol stellt fest, dass Leben auf die stillgelegten Gleise kommt, drückt Kit den Koffer mit dem Deck in die Hand und scheucht sie hinaus – erschüttert, weil sie weiß, dass es keine Möglichkeit gibt, auch ihn zu retten, rennt sie los und entkommt dem Zusammenprall. Niedergeschlagen und wütend stolpert sie durch die U-Bahntunnel, bis sie endlich eine reguläre Station erreicht und von dort aus zu Stus Van gelangt.

 

Nun fährt man erst einmal zu einer Bar, um sich über den weiteren Verlauf der Dinge Gedanken zu machen. Wie die Gruppe dort so sitzt, fällt Meryl auf, dass ein dunkelhaariger Elf sie beobachtet, und als er merkt, dass er ihr aufgefallen ist, steht er auf und begibt sich in Richtung Küche. Meryl, Cutty und Ghost laufen hinterher (während die anderen das Deck in Sicherheit bringen) und stellen ihn, und eine wilde Ballerei geht ab, in deren Verlauf man feststellt, dass der Elf (es ist natürlich Marillion) noch eine Partnerin hat (Morgan), die Meryl ganz böse einen auf den Pelz brät und sie, da sie nun halb besinnungslos vor Schmerzen auf dem Küchenboden liegt, im Visier behält und die Herausgabe des Decks fordert. Cutty belegt Meryl mit einem Panzer und erreicht so wieder ein Patt. Beide Parteien müssen ihre Zelte abbrechen, als Sirenengeheul ertönt.

 

Meryl wird natürlich erst einmal nach Whittier zu Dr. Prospero gebracht. Man fährt nun ein wenig durch die Gegend, um sich über einige Dinge klar zu werden, bis plötzlich ein Anruf eingeht: Eine anonyme Anruferin bestellt das Team zu einem Lagerhaus in den Frachthafen. Ghost hat dort ja mal gearbeitet, kennt also die Adresse. Dort treffen die Runner auf zwei Damen und einen Herrn: Die Anführerin (Lucy Lawless) stellt sich als Lucy Hopewell und die anderen beiden als Felicity Trudeau und Edge vor, verrät aber nicht, für wen sie arbeiten oder warum sie der Gruppe helfen wollen, nur so viel: Charlene Bowman befindet sich in der Gewalt der Fairy Tails, die nur noch auf eine Gelegenheit warten, dies dem Team mitzuteilen. Noch wissen sie also nicht, dass das Team es weiß, darum habe es auch nur diese eine Chance, Char wieder herauszuholen. Momentan befinden sich alle auf einem stillgelegten Öltanker im Hafen. Edge nimmt die Runner mit zu seinem Wagen, öffnet den Kofferraum und präsentiert ihnen vernünftige Ironmongery (die Gruppe ist ja nicht ausgerüstet und kann schlecht erst bei jedem Einzelnen vorbeifahren, um alle Klamotten zu holen).

 

Die Runner sind selbstredend sehr skeptisch – wem könnte daran gelegen sein, die Freundin eines Ex-Piraten aus feindlichen Händen zu befreien? –, nimmt Lucys Hilfe aber an, die im Übrigen zur Eile drängt, da KE jeden Moment Wind von der Sache bekommen und in Scharen hier auftauchen werde. Man rüstet sich also aus und tigert los.

 

Im übel riechenden Hafen (den wir nur so nennen wollen, damit wir uns etwas unter den Örtlichkeiten vorstellen können – in diesen Schiffsschrottplatz läuft kein Schiff mehr ein, und baden wird in der höchst gesundheitsbeeinträchtigenden Chemosuppe wohl auch niemand wollen) pirscht die Gruppe im Morgengrauen auf den verrosteten Tanker zu, während Stu Streife fährt, um die Runner rechtzeitig vor KE warnen zu können. Mit Seil und Kletterhaken gelangt man an Bord und arbeitet sich auf dem Bodenplan vor. Nachdem Cutty Machine zu der Kampfmaschine schlechthin gemacht hat (Reflexe steigern und Panzer sowohl auf Machine als auch auf sich selbst), arbeitet sich das Team professionell in spannender Szenerie vor, bis es schließlich entdeckt und unter Beschuss genommen wird – nicht zuletzt von Morgan, einer wahren Bestie am Scharfschützengewehr. Selbst mit dem Panzer-Spruch und seinem hohen Rüstungswert (Cybertorso und Panzerjacke kumulativ) kriegt Machine einen schweren Schaden von ihr serviert, und so wagt sich die Gruppe natürlich keinen Inch aus ihrer Deckung heraus. Tinkerbell beharkt sie obendrein auf magischem Wege. Kit wird auf ihr Versteck aufmerksam (das Führerhaus eines Krans), klettert hoch, legt sie um und schnappt sich ihr Funkgerät, während sich die Gruppe und die Gegenseite ein taktisches Stellungsgefecht liefern. Schließlich ertönt T-Byrds Stimme aus dem erbeuteten Funkgerät, der seinen Leuten Einhalt gebietet – na hoppla, das sei ja die Gruppe, die man suche, und wenn sie schlau sei, habe sie das Deck mitgebracht, dann könne man über einen Handel reden. Man einigt sich per Funk darauf, dass Machine (weil er unter Morgans Schüssen noch die höchste Überlebenschance hat) den Koffer den langen Seitengang an der Reling entlang tragen, auf der Hälfte abstellen und zurückgehen wird. Gleichzeitig soll Char auf dem gegenüber liegenden Seitengang freigelassen werden. Wie bei '12 Uhr mittags' wird die Sache durchgezogen, bis Meryl einen Anruf bekommt: Stu warnt das Team vor der nahenden KE-Schar. Schon kann man die Hubschrauber hören, und die Runner wissen, dass sie besser nicht an Bord gesehen werden...

 

Cutty brüllt Char zu, sie solle springen, was sie auch tut. Morgan ballert hinterher, ob sie getroffen hat, kann man nicht erkennen, woraufhin Cutty Morgan mit einem Energieblitz umlegt. Machine und Marillion, die gleich weit vom Koffer entfernt sind, rennen darauf zu, Marillion ist natürlich schneller, beide stoßen zusammen. Die Gruppe hat keine andere Wahl: Sie muss über Bord springen. Die miteinander ringenden Kontrahenten Machine und Marillion kippen ebenfalls über die Reling. Die Gruppe schwimmt durch die giftige Brühe zur Kaimauer, wo ein Übertragungswagen eines Tridsenders vorfährt, doch Lucy & Co. sitzen drin und holen die Runner und auch Char rein. Währenddessen rasen die Helis über den Tanker hinweg, und auch die KE-Vans rollen heran. Lucy beugt sich aus dem Fenster, bittet um die Erlaubnis, filmen zu dürfen, und wird wie erhofft weggejagt. Also fährt der Ü-Wagen ungehindert aus dem Hafen.

 

Die Gruppe ist natürlich schwer getroffen, denn Machine hat mit mehr Cyberware als Fleisch keinen Auftrieb und kann daher nicht schwimmen – er hat es also nicht geschafft. Aber dafür hat Cutty ja Char wieder – der jedoch das schlechte Gewissen ins Gesicht geschrieben steht. Sie gesteht, sie arbeite für denselben Auftraggeber wie auch Lucy, Felicity und Edge, und Cutty habe sie nicht zufällig getroffen. Während Cutty brütet, wollen die anderen nur aus ihren stinkenden Klamotten raus und das brennende Gefühl auf ihrer Haut abwaschen.

 

T-Byrd schüttelt lächelnd den Kopf, die Kamera zoomt zurück: Er befindet sich an Bord einer Yacht und nicht auf dem Tanker; da waren tatsächlich nur Tinkerbell, Morgan, Orion und Marillion. Schnitt auf die abendliche Hafenszenerie: die Sonne geht malerisch über dem Öko-Alptraum unter, während KE das Gelände weitläufig abgeriegelt hat und immer noch den Tanker durchforstet. Unten, knapp über der Wasseroberfläche, hängt Machine am rostzerfressenen, löchrigen Rumpf, und zwar seit Stunden. Weder stört ihn das ätzende Wasser, noch wird sein Arm müde. Marillion geht's da etwas anders, Machine muss ihn schon halten, damit er nicht untergeht, und zwischen ihnen dümpelt der Koffer auf dem mit grünem Schaum gekrönten Wasser. Um Marillion von den Schmerzen abzulenken, redet Machine schon die ganze Zeit mit ihm und hört sich einige Stories von den Fairy Tails an. Dazu hat er auch alle Zeit der Welt, denn man kommt hier nicht heraus, ehe KE nicht abgezogen ist. Aber natürlich ist Machine jetzt in der besseren Position, keine Frage also, wer den Koffer mit nach Hause nehmen wird...

 

Behind the Scenes: Fuchis Nakatomi-Fraktion ließ eigene Leute in den Leviathan-Laden einbrechen, nachdem sie sich mit TerraFirst! beraten und versprochen hatte, die Daten weiterzugeben, damit TerraFirst! Leviathan endlich die Schuld an dem ökologischen Alptraum nachweisen kann, den LevTech durch seinen Giftmüll, der bei der Forschung übrig bleibt, hervorruft. Das Deck des Fuchi-Deckers hat sich jedoch im Leviathan-Host einen Datenwurm eingefangen, der sich im Deck versteckt, seine Aktivitäten überwacht und analysiert und diese Aufzeichnungen an Ares übermittelt hat. Aurelius hat davon bereits im Vorfeld Wind bekommen und sich an Mr. Sultan gewandt, der wiederum (wg. der Unauffälligkeit) Bono beauftragte, die Fuchi-Jungs abzufangen – und dieser hat das erste Team entsandt, das den Vogel vom Himmel holte und den Koffer mit dem Deck barg. Knight schickte KE-Boys ins Rennen, während die Fairy Tails für Fuchi, nicht für Hemingway, angeworben wurden. Dieser versuchte, über Char an Infos zu kommen. Er wollte selbst ein Stück vom Kuchen, nur eben subtiler als die anderen. Ob es allerdings ihm zu verdanken ist, dass der Navigationscomputer verrückt spielte, der das Aurelius/Sultan/Bono-Team auf Steppin' Wulfs-Turf lotste, wird sein sahniges Geheimnis bleiben. Schließlich sagt man ihm ja nach, dass er sogar unter den Wulfs Connections habe...

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