71 - From Here To There {{ currentPage ? currentPage.title : "" }}

Musik: Castlevania (Bloody Tears, Beginning, Simon's Theme, Vampire Killer, Heart Of Fire, Empty Tome, Cross A Fear, Wicked Child etc. in tausend Variationen)

 

1374 DR, Year of Lightning Storms: Ohne einen Fährstein benutzen zu müssen, kehrt die Gruppe am Morgen des 29. Nightal in den Choosy Beggar zurück. Außer sich vor Erleichterung fällt Zhai Fleece um den Hals, sieht aber auch sofort, wer nicht dabei ist. Jewel, die zu Zhai schon immer ein schwieriges Verhältnis hatte, wirkt endlos erschöpft, aber auch respektvoll, als sie Zhai den Wurfhaken zurückgibt und meint, ohne ihn wäre Undermountain nicht möglich gewesen. Zhai kann Jewel ansehen, wie viel Schrecken, Stress und Angst ihr noch in den Knochen stecken, und freut sich insgeheim über die freundlichste Geste, die Jewel ihr gegenüber je an den Tag gelegt hat. Sie meint, vielleicht sollte Jewel ihn ja noch ein bisschen behalten.

 

Nachdem sich die Gruppe ausgiebig ausgeruht hat – wer kann, schläft einen ganzen Tag durch –, muss Fleece Zhai alles haargenau erzählen. Sie weiß, wie liebend gern Zhai dabei gewesen wäre, und dass sie ihr nicht klar machen kann, wie schrecklich es war.

 

1375 DR, Year of Risen Elfkin: Wie versprochen wurde der Schatz in der Fellowship Storage eingelagert, und Jewel entnahm fachkundig ein paar Stücke, um sie zu Geld machen zu lassen, aber nicht mehr bei einem Hehler mit schlechten Preisen, sondern bei Halazar's Fine Gems im Sea Ward, denn Nyx hat sogar für die offizielle Beglaubigung durch einen Beamten gesorgt, dass es sich hier um ehrlich erworbene Undermountain-Beute handelt. Nyx hat Fleece auch darauf aufmerksam gemacht, dass der Schatz ursprünglich spürbar umfangreicher war, aber Halasters Preis für die "Ausrichtung" des Finales waren sämtliche magischen Gegenstände darin.

 

Fleece trifft sich im Lagerhaus mit Zarak Belshazar, und mit Jewel und einem Sachverständigen an Belshazars Seite wird so gut wie möglich ein Achtel des Schatzes an ihn abgetreten. Der alte Haudegen lobt Fleeces Ehrlichkeit und bedankt sich für die Einhaltung der Abmachung. Fleece fragt ihn, was er mit seinem Anteil denn nun vorhat, worauf er meint, dass er sich damit vermutlich zur Ruhe setzen werde. Er lässt Grüße an Raif ausrichten und zieht seiner Wege.

 

Dieser Schatz lässt sich nur per Schiff transportieren, und vor dem Frühjahr läuft hier keines aus – die Gruppe wird also in Waterdeep überwintern, und Fleece hat nicht vor, das im Choosy Beggar zu tun. Weil sie greifbar sein möchte, falls jemand in Raventowers auf Glaphyras hinterlassene Adresse zurückkommen sollte, bezieht sie mit J'avo das Golden Harp Inn im Sea Ward (und versteht sich auf Anhieb gut mit der Halblingbetreiberin Alanna Falark). In der Zwischenzeit hat sie auch von dem angeblich abenteurerfreundlichen Inn The Cliffwatch im North Ward gehört und kommt mit Felstan Spindrivver überein, Spider, Zhai, Skaar und Jewel dort einzuquartieren. Max bezieht im Sapphire House im Castle Ward Quartier, da es von dort aus nur ein Katzensprung zum Blackstaff Tower ist, in dem er fast seine ganze Zeit verbringt (mit dem einen oder anderen Abstecher zur Eltorchul Academy im North Ward).

 

Fleece hat nicht die Möglichkeiten, dauerhaft für die Sicherheit der Beute in der Fellowship Storage zu sorgen – irgendetwas spricht sich immer herum. Also wird alles zur von Haus Anteos unterhaltenen Sword Coast Traders' Bank gebracht, das die Schätzung von Halazar's Fine Gems akzeptiert. Sie eröffnet ein Konto, der Wert wird diesem gutgeschrieben, und wovon sie sich (noch) nicht trennen möchte, wird hier gegen Gebühr eingelagert. So muss sie nicht so viel transportieren, wenn es per Schiff nach Süden geht, und in der Filiale in Baldur's Gate kann sie sich das Geld auszahlen lassen, um es dann weiter über Athkatla nach Zazesspur zu transportieren. Da sie noch nie mit Banken zu tun hatte und dem Konzept noch nicht recht traut, ist sie zwar nervös, aber anders als eine Adelsfamilie hat sie halt nicht die Möglichkeiten, dafür zu sorgen, nicht auf kurz oder lang bestohlen zu werden. Nun hat sie so viel Geld, dass es Geld kostet, es zu haben...

 

Ihren vorvorletzten Geburtstag hat sie in Calimshan, ihren vorletzten Geburtstag während des Bürgerkriegs in Cormyr und ihren letzten Geburtstag auf beschwerlicher Wanderung im Leuchtenden Süden verbracht, diesen verbringt sie nun in der City of Splendors, die sie schon ihr Leben lang mal sehen wollte. Was für ein Leben... Dennoch fragt sie sich, wann sie mal so zur Ruhe kommt, dass sie ihn an einem Ort feiert, den sie Zuhause nennen würde, auch wenn sie weiß, dass sie stets das Fernweh übermannen wird, wenn sie sich zu lange an einem Ort aufhält.

 

Fleece opfert und betet in den Tempeln von Helm, Tymora (und für Ashe natürlich Kelemvor), und dann geht's auf Shoppingtour. Im Dock Ward besucht sie das House of Pride Perfumes und deckt sich ein (wobei sie auch an Geschenke für die anderen denkt), im Castle Ward stockt sie ihre Reiseapotheke bei Phalantar's Philtres & Components wieder auf, und bei Halambar Lutes & Harps bestellt sie eine luxuriöse Crommor-Laute vor und gibt auch gleich eine Verzauberung gegen Wetter, Bruch etc. in Auftrag. Mit J'avo kauft sie ein edles Langschwert, da er seins bei der Flucht vor dem Baatezu verloren hat, und natürlich sind auch neue Kleider nach waterdhavischer Mode fällig. Im Old Xoblob Shop im Dock Ward ersteht sie zwei neue magische Journale und in New Olamn zwei neue Spells (Unseen Orchestra und Disinterest). Nachdem sie ein Vermögen ausgegeben hat, staunt sie, wie verschwindend wenig das im Verhältnis dazu war, was die Gemeinschaft jetzt besitzt.

 

Sobald der erste Kaufrausch aber befriedigt ist, nimmt sie sich wieder Zeit für sich, denn sie betrauert Ashe. Er hat sich nicht für sie geopfert, doch er hat für sie alle Vorsicht fahren lassen, um ihr Leben zu retten, und das hat ihn das seine gekostet – streng genommen gab er also durchaus sein Leben für sie. Hätte sie nicht jahrelang auf den Erfolg gedrängt, insbesondere in Undermountain, wäre er wohl noch am Leben und säße schlimmstenfalls wegen ungesetzlicher Praktiken in Zazesspurs Stadtverlies. Andererseits war er der integralste, unersetzlichste Teil der Gruppe, soweit es die Schlüsselsuche betraf – ohne ihn war sie nicht möglich, auf ihn zu verzichten damit auch nicht.

 

Und ja, seit Ashe versucht hatte, Karnia zu vergewaltigen, und das auch noch unter Valkazars Dach, hatte sie sich von ihm entfernt. Aber sie war ihm auch wieder näher gekommen, denn sie hat ja nie vergessen können, wie dieser schüchterne und traumatisierte Bursche einst zum ersten Mal aus Castle Spulzeer herauskam und plötzlich gute, schöne, wahre Erfahrungen machte – und wie sehr er Fleece und Jen liebte. Sie weiß auch, wie viel es ihm bedeutete, im Sommer 1372 DR aus Z'vynaxas' Fängen gerettet zu werden: Für ihn war die Gemeinschaft der Ersten Sonne schließlich das größte Risiko ihrer Karriere eingegangen und hatte dabei zwei Tote zu beklagen. Tote, für die wiederum Ashe sich verantwortlich fühlte. Und ebenso, wie Fleece auf ihn eingeredet hatte, dass er das nicht so sehen dürfe, sagt sie sich nun, dass ihren damaligen Rat an ihn nun auch auf sich beziehen muss.

 

Eines Abends isst Fleece mit J'avo im Sword's Rest im South Ward, einer besonders bei Söldnern und Gardisten beliebten, aber ruhigen, nicht überlaufenen Taverne mit einfachem, aber gutem und reichlichem Essen zu kleinen Preisen, weil sie diesen Geheimtipp mal ausprobieren wollte. Überraschenderweise macht Jewel sie hier ausfindig, und Fleece bittet J'avo, sich an den Tresen zu setzen, weil sie spürt, dass etwas aus Jewel heraus muss.

 

Jewel setzt sich an ihren Tisch und meint, der Plan sei gewesen, Undermountain zu bewältigen und im Erfolgsfall so bald wie möglich wieder zu verschwinden. Fleece tarnt ihre Entgeisterung und fragt ruhig nach dem Grund. Jewel erklärt leise und in sehr groben Zügen, dass sie herausgefunden hat, dass sie nicht Elladora Flitterblooms Tochter ist, sondern die Tochter von Azaril Scarletweed, einer Elfe – was Jewel zu einer reinen Elfe macht. Bardic Knowledge schlägt fehl, und der Name sagt Fleece nichts. Jewel umreißt kurz, wie sie durch eine Suggestion nach Castle Evered gelockt wurde, weil sie ohnehin gerade in Cormyr war.

 

Seit Jewel weiß, dass sie kein Mischling ist, stellt sich ihr die Frage: Wie stark kann ihr Fey sein, wenn sie ihr ganzes Leben lang nicht gespürt hat, dass sie in Wahrheit eine reinblütige Elfe ist? Ist der Grund, warum sich Azaril so fundamental entfremden konnte, der, dass ihr Fey schwach ist? Wenn ja, hat Jewel dieses schwache Fey von ihr geerbt und ist ohne elfische Anleitung deshalb so unelfisch geworden?

 

Azaril hatte Jewel gefragt, ob sie je mit einem anderen Elfen verschmolzen sei. Nein. "Siehst du", meinte sie darauf, "du willst doch im Grunde gar keine Elfe sein. Das widerspricht deinem Naturell." Für Jewel wäre es undenkbar, ihr Innerstes, Intimstes mit jemandem so vorbehaltlos zu teilen. Aber wäre das auch ihr Naturell, wenn sie nicht in der Annahme aufgewachsen wäre, Elladoras leibliche Tochter zu sein, sondern in dem Wissen, ganz und gar Elfe zu sein, mit einem Lebensschicksal und einer Bestimmung? Ihr elfisches Fey sehnt sich nach elfischer Zugehörigkeit, doch gleichzeitig macht ihr alles Elfische Angst, weil es so weit von der Person entfernt ist, zu der sie sich entwickelt hat.

 

Das war Azarils Ansatzpunkt. Nach elfischer Sicht ist Jewel unrettbar verloren. Ihre einzige Chance auf das Fortbestehen über den Tod hinaus ist der Balphemorismus und die kompromisslose Selbstverwirklichung. Fleeces Check gerät lausig – den Namen Balphemor von Tantras hat sie schon mal aufgeschnappt, von seiner Lehre aber noch nie gehört. Also umreißt Jewel grob, dass Balphemor sagte, dass die Götter, anstatt von ihren Untertanen Verehrung zu erwarten, sich eher vor ihnen fürchten sollten, denn der vernunftbegabte, zu höherem Denken befähigte Geist, unabhängig von der Rasse, sei, wenn er sich von den Fesseln der Götter und gesellschaftlicher Normen befreit hat, zu allem in der Lage und bedürfe der Götter nicht, sondern könne über sich selbst bestimmen – im Leben wie im Tod. Da aber alle vernunftbegabten Wesen einer in verschiedenem Maße von Göttern beherrschten und geprägten Kultur entstammen, seien sie erst nach vielen Jahren des Studiums und der mentalen Übung in der Lage, ihre Ketten abzustreifen.

 

Fleece will Jewel jetzt, wo sie endlich mal den Mund aufmacht, nicht verschrecken und lässt sich nicht anmerken, wie unerträglich sie diese Ketzerei findet. Es fällt ihr schwer, Jewel zuzuhören, doch sie schweigt, weil sie Jewels traurigen, leidenden Gesichtsausdruck sieht und nicht die Chance verpassen will, endlich etwas von ihrer ältesten Freundin zu erfahren und an sie heranzukommen.

 

Jewel fährt also fort, dass man, um das Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen und sein eigener Herr zu werden, sich von allen Fesseln lösen müsse – das beinhalte auch Familie oder Freunde. Nur durch konsequente, rücksichtslos egoistische Selbstverwirklichung über viele Jahre könne man die mentale Stärke entwickeln, die dazu nötig sei. Liebe und Freundschaft basieren nun mal immer auf Gegenseitigkeit und Abhängigkeit: Das Verhalten anderer beeinflusst das eigene Wohlbefinden, das aber keinerlei Einfluss ausgesetzt sein dürfe, der nicht aus ihm selbst heraus besteht; und oft muss man für seine Lieben Dinge tun, die man aus egoistischen Erwägungen heraus nicht tun würde. Doch da niemand von Haus aus so gemacht ist, da die meisten lieben und Teil eines sozialen Gefüges sein wollen, erfordere es strengste Disziplin, sich all der Dinge, die einem wichtig sind, zu entledigen, wenn sie einen behindern statt befreien.

 

Azaril traute den wenigsten ihrer Schüler zu, diesen Zustand zu erreichen, weil ein Menschenleben nicht viel Zeit für diese Entwicklung bietet. Elfen hingegen steht alle Zeit der Welt zur Verfügung. Jedoch hätte Azaril Jewel erst in fünf bis zehn Jahren zugetraut, ihre alten Freunde wiederzusehen und dabei ganz und gar sie selbst zu bleiben, ohne jemanden erneut an sich heranzulassen. Sie hatte nicht ahnen können, dass ein Kupferdrache aus dem Süden Jewel kurzerhand ins Spiel zurückholen würde wie zuvor Vardis. Viel zu früh, Jewel ist noch längst nicht soweit, aber sie hat sich sehr viel Mühe gegeben, sich emotional von Fleece abzuschirmen. Sie konzentrierte sich darauf, dass sie hier eine Chance erhielt, etwas für sich ganz allein zu erreichen, die sich ihr nie wieder bieten würde. Jewel beschränkte den Kontakt zu Fleece auf ein Minimum und gestattete sich nicht, an sie zu denken. Viel tote, langweilige Zeit in Waterdeep machte es nicht einfach, jeden Gedanken zu vertreiben, sobald er auftauchte, aber Undermountain würde ihre volle Konzentration erfordern.

 

Was sie nicht bedacht hatte, war, wie sehr sie die Tage unter der Erde ohne Sonnenlicht deprimieren würden. Wie sehr ihre Angst den Wunsch auslösen würde, getröstet und ermutigt zu werden. Wie schön und warm es sich anfühlen würde, wenn Fleece das tat, obwohl Jewel ihr keinen Grund dafür gegeben hatte. Wie wenig es sie kalt lassen würde, Fleeces Liebe zu spüren, wenn Fleece Angst um sie hatte und das auch zeigte. Wie viel Angst sie um Fleece haben würde, auch wenn sie das nicht wollte. Wie viel Angst sie vor dem allgegenwärtigen Tod haben würde, wissend, dass kein Danach auf sie wartet.

 

Allein schon daran, dass Jewel Fleece viele Fragen abnimmt, indem sie einen besonderen Punkt als nächstes anspricht, zeigt sich, wie gut sie sie kennt. Warum sie ihr das jetzt erzähle? Sie beschreibt sich wie eine Rauschkrautsüchtige, die versucht, aufzuhören, aber nicht kann, sobald sie wieder die Chance hat, Rauschkraut in die Finger zu bekommen. Solange keins in der Nähe ist, ist es relativ machbar, nicht daran zu denken.

 

Ihre Freundin zu lieben, sei ihre Natur, ja – und dennoch versuche sie, diese abzulegen und eine neue Natur zu erschaffen. Die Grundlagen dafür seien schon immer da gewesen: der ständige Drang nach Selbstverwirklichung und -vervollkommnung, die verzweifelte Suche nach einem Platz in dieser Welt, ihr ewiges Sich-selbst-genügen-Wollen, auch wenn es aus der Not heraus geboren war. Diesen Weg viel konsequenter als je zuvor weiterzugehen, sei ihre einzige Chance auf dieselbe Unsterblichkeit, die Fleece oder Kithain oder nahezu jeden anderen erwartet. Aber sie sei längst noch nicht soweit, und Undermountain habe all ihre Kontrolle und Selbstbeherrschung weggefegt – und nun stehe sie wieder da, wo sie vor anderthalb Jahren stand, als sie sich von Kithain verabschiedete. Wie ungerecht ist es, dass Ashe aus Liebe zu Fleece sein Leben lassen und fortdauern darf, während die Liebe zu Fleece Jewels Ende besiegeln würde?

 

Sie sollte sich niemandem verpflichtet fühlen, sie sollte sich nicht um irgendjemandes Wohlbefinden sorgen, sondern nur um das eigene, sie sollte sich nichts von anderen wünschen und sich damit von deren Verhalten abhängig machen – aber die Person zu sein, die sie innerhalb von bald fünf Jahrzehnten geworden ist, lässt sich nicht mal so eben in anderthalb Jahren ablegen. Jewels Selbstdisziplin ist restlos verbraucht, sie kann nur noch Jewel sein. Aber diese Jewel ist dazu verurteilt, zu vergehen wie ein Flüstern im Wind...

 

Fleece laufen die Tränen über die Wangen, aber sie reißt sich zusammen. Sie selbst fühlt sich so aufgehoben in ihrer Glaubensgemeinschaft, dass sie Jewels Sorgen nicht ernst genug genommen hatte – einfach weil die Vorstellung, keinen Platz im Danach zu haben, so fremd für sie ist. Gewiss, ihr war klar, dass Jewel das belastete, aber sie beruhigte sich selbst mit: 'Darüber kommt sie schon wieder hinweg.' Im Grunde hatte sie sich desselben Vergehens schuldig gemacht, dessen sie Theon des Öfteren bezichtigte: Lippenbekenntnisse abzugeben, empathielos einstudierte Trostfloskeln abzurufen, ohne wirklich mitzufühlen. Wie verzweifelt muss man sein, in die Fänge einer Sekte zu geraten, die solch schauerliche Lehren verbreitet? All seine Hoffnung darin zu setzen, zu einer schrecklichen Person zu werden, die man nur verachten kann?

 

Als habe Oghma ihr ihre Worte eingeflüstert, fällt eine natürliche 20 beim Diplomacy-Check, und sehr sanft umschreibt Fleece, dass Jewel, um mit dem Tode nicht zu vergehen, das Vergehen schon zu Lebzeiten sucht. Härter will sie es nicht formulieren, weil die Härte des Arguments dadurch gewinnen soll, dass Jewel sie sich selbst erarbeitet: Nach dieser Lehre muss also Sanyala Solonarya sterben, damit jemand ewig leben kann, der nicht Sanyala Solonarya ist.

 

Die beiden sehen einander schweigend an, und Fleece erkennt, dass sie hinter Jewels Stirn den gewünschten Gedankengang ausgelöst hat. Auch Jewel treten nun Tränen in die Augen. Fleece nimmt sie fest in den Arm, und beide weinen. J'avo erkennt vom Tresen aus, dass sich die zweisamen Stunden erledigt haben, weiß aber, wie ernst die Sache sein muss, und macht mit einem Blick zu Fleece klar, dass er den restlichen Abend in der Nähe bleiben wird. (Allein ließe er sie, wenn überhaupt, nur im Sea Ward oder North Ward nachts in diesem Moloch unterwegs sein.)

 

Heute Abend lernt Fleece mehr über die Balphemorianer, als ihr lieb sein kann, aber sie hütet sich, sie zu verdammen – Fleeces Argumente sollen Jewel überzeugen, nicht ihre Ablehnung Jewel in den Verteidigungsmodus schalten lassen.

 

In den nächsten Tagen informiert sich Fleece bei Max über diese ketzerische Irrlehre und sucht mit seiner Hilfe in den Bibliotheken der beiden Akademien und von New Olamn gute Gegenargumente, um Jewel damit bearbeiten zu können. Sie verbringt viel Zeit mit ihr, lässt ihr aber auch ihre Freiräume, damit sie Zeit zum Reflektieren hat, und taktet ihre Manipulation (die sie niemals selbst als solche betrachten würde) dementsprechend geschickt: Sie zeichnet ein Bild und gibt Jewel dann Zeit, es für sich selbst zu vervollständigen, fügt dann ein weiteres Motiv hinzu, lässt es Jewel wieder allein ausmalen und so weiter. Soweit es Fleece betrifft, kämpft sie um das Überleben ihrer Freundin. Mit Ablehnung und Verurteilung bekommt sie dieses Gift nicht aus Jewels Kopf. Stattdessen arbeitet sie also darauf hin, Jewel davon zu überzeugen, dass es nicht schlecht für Seele oder Fey sein kann, man selbst zu sein. Jewel wurde schließlich von den angeblichen Ansichten ihres Vaters geprägt, der Silberelf war, aber dem Anschein nach dem waldelfischen Lebensentwurf nahe stand – und der dabei wiederum ein furchtbar selbstsüchtiger, rücksichtsloser Elf war, der Jewels Leben ruiniert hat, denn aus strikt eigennützigen Gründen verschwieg er ihr ihre Abstammung, um sie von seiner Familie fernzuhalten, damit sein Geheimnis vor dieser gewahrt bleibt. Wäre er ehrlich gewesen, hätte Jewel eine natürlichere Entwicklung offengestanden. So aber musste sie orientierungslos immer nach einer suchen, um dann notgedrungen das zu nehmen, was sie kriegen konnte.

 

Entfremdung beginnt nach waldelfischer Sicht sehr früh. Hochelfen wiederum unterscheiden sich da massiv sowohl von ihnen als auch untereinander. Das Schleiererbe hat hinterrücks ahnungslose Menschen ermordet – doch Lathlaeril und Tiadriel waren vermutlich trotzdem der Meinung, dass sie das nicht entfremden würde. Und wer weiß, meint Fleece, vielleicht liegen sie ja alle richtig? Die Waldelfen mit ihren engen Maßstäben und die Hochelfen mit ihren jeweils eigenen? Vielleicht entfremdet man sich nicht, wenn man sich selbst treu bleibt, mit aller Leidenschaft ganz man selbst zu sein versucht, mit sich ins Reine kommt und sich so akzeptiert und liebt, wie man ist? Die Waldelfen lehnen fremde Einflüsse ab, also entfremden sie sich, wenn sie sie zulassen. Silber- und Goldelfen dagegen ziehen die Grenzen ganz woanders, was sogar von Siedlung zu Siedlung unterschiedlich aussehen kann. Kithain, selbst eine Waldelfe, hat Jahre gebraucht, um für sich zu dem Schluss zu kommen, dass sie sich nicht entfremdet, wenn sie fremde Einflüsse nicht ablehnt, solange sie nicht zulässt, dass sie ihr Denken und Fühlen bestimmen. Würde ihr jeder in ihrem Stamm zustimmen? Gäbe es da nicht auch Stimmen, dass sie sich entfremde – von jenen, die niemals ihren Wald verlassen und nie Kithains Erfahrungen gesammelt haben? Sie aber hat eine Entwicklung durchgemacht, und sie hat für sich beschlossen, dass sie es jetzt besser weiß. Wenn selbst sie, diese so veränderungsresistent scheinende Elfe, das kann, warum nicht Jewel?

 

Fleece spürt über die Tage, dass dieser Gedanke in Jewel Wurzeln schlägt, und Fleece wässert das zarte Pflänzchen behutsam, aber beständig. Oh, wie furchtbar wäre stattdessen alles abgelaufen, wäre Naneetha hier...

 

Glaphyras Fürsprache zahlt sich aus, denn Fleece und Max erhalten im Alturiak eine Einladung für ein Abendessen in der Hawkwinter-Villa. Unglaublicherweise wird darum gebeten, als jeweilige Begleitung Spider und Zhai mitzubringen. Also geht es zur Schneiderin, um die beiden dem Anlass angemessen einzukleiden. Als die Schneiderin unter fadenscheinigen Vorwänden darum bittet, es vielleicht bei einem anderen Schneider zu versuchen, zeigt Fleece nur die Einladung vor, und plötzlich freut sie sich, zu Diensten sein zu können.

 

Fleece weiß, dass Spider und Zhai logischerweise von gesellschaftlichem Benehmen keine Ahnung haben, und hofft, dass das den Hawkwinters auch klar ist. Sie weiß aber auch, dass die beiden sich bemühen werden, sie nicht zu blamieren. Ironischerweise ist es wie immer Max, um den sich Fleece Sorgen machen muss.

 

Zu viert fahren sie also in einer Kutsche vor, und Zhai steigt in ihren hübschen neuen Kleidern mit einem Leuchten in den Augen aus der Kutsche, als sei sie eine Disney-Prinzessin. Sie und Spider waren noch nie als nicht verkleidete Gäste – also ganz als sie selbst – von so viel Pracht umgeben, und die Dienstboten zeigen jedem Gast gegenüber denselben Respekt.

 

Weil sie nicht wussten, ob es sich in der höheren waterdhavischen Gesellschaft geziemt, eher früh oder eher knapp dran zu sein, hat sich Fleece für knapp entschieden, doch offenbar sind schon alle anderen geladenen Gäste (acht an der Zahl, es ist nur ein Abendessen in "kleiner" Runde) anwesend. Zu ihrer Freude sind auch Nandos und Perryn Raventree geladen, aber Galinda oder Surakh leider auch diesmal nicht. Die Gastgeber sind Jornos und Ethra Hawkwinter, Geirons Eltern, und Gastar ist auch hier.

 

Jornos lässt die Abenteurer wissen, dass er natürlich Korrespondenz mit Geiron pflegt. (Fleece bezweifelt nicht, dass diesen Leuten ganz andere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, als Briefe per Boten über Hunderte von Meilen schicken zu müssen.) Daher weiß er, dass sein Sohn im Reklamationskrieg den Tiefling und die Dunkelelfe kennen gelernt und sich vor über zwei Jahren in Zazesspur mit Fleece angefreundet hat. Dabei überlegt Fleece, dass die Hawkwinters ohne Nyx' "Höhepunkt" der Schnitzeljagd in Raventrees niemals mitbekommen hätten, dass sie hier in Waterdeep ist, und vermutlich wäre sie nicht mal an die Hawkwinters herangekommen, wenn sie es versucht hätte, sondern wäre schon vom Personal aussortiert worden: 'Ein Niemand von außerhalb, der behauptet, mit Geiron befreundet zu sein – natüüürlich.' Was sie und ihre Freunde alles geleistet haben, ist völlig unerheblich, sie sind einzig und allein hier, weil Nyx als Glaphyra sie in die Gesellschaft eingeführt hat.

 

Fleece ist klar, dass sie hier als Kuriositäten dienen, als Unterhaltung für die Adligen. Nun, wenn schon, denn schon, dann will sie neben dem Tiefling und der Dunkelelfe ebenfalls in Erinnerung bleiben. Der Diplomacy-Check gerät okay (nur eine 2, aber dank ihres hohen Skills und der Synergie-Boni eine 18), aber für diese Erfordernisse ist sie nicht mit sich zufrieden. Sie macht aus der Not eine Tugend und sich wegen ihrer Nervosität angesichts dieser wichtigen Leute über sich selbst lustig, punktet mit einem diesbezüglichen Cha-Check, wiederholt Diplomacy, und mit der 13 + 16 = 29 ist sie schon zufriedener. Tatsächlich hat sie ja inzwischen oft genug gegenüber wichtigen Leuten bestanden, um nicht mehr wirklich nervös zu sein, aber dennoch so zu tun, als sei sie es, macht sie in dieser Konstellation sympathischer als der Versuch, extrem selbstsicher und welterfahren rüberzukommen.

 

Das verleiht ihr einen kleinen circumstance bonus auf Oratory, und mit einem Ergebnis von 19 vermag sie mit Fascinate vielleicht nicht jeden zu fesseln, nachdem sie gebeten worden ist, von Undermountain zu erzählen, aber doch jedermanns Interesse zu wecken und zu fokussieren. Der Abend vergeht natürlich nicht, ohne dass Max die Gruppe dreimal blamiert, aber jedes Mal gelingt es Fleece, den Fauxpas grob auszubügeln. (Er kann es ohnehin nicht erwarten, hier wieder rauszukommen, um seine Studien fortzusetzen.) Dennoch rächt sich hier, dass es sich gehört, die gesellschaftlich Namhaften einzuladen, denn auf Max hat hier garantiert niemand mehr Bock.

 

Fleece muss also jonglieren: Einerseits möchte sie die Herrschaften von sich einnehmen, auch im Zwiegespräch, andererseits darf sie Max nie aus den Augen lassen, um schnell intervenieren zu können, bevor er noch mehr Schaden anrichtet. Natürlich ist sie stocksauer auf ihn, weil sie sich nicht in jemanden hineinzuversetzen vermag, der wirklich nicht anders kann. Andererseits freut sie sich für Zhai, die diesen Abend offensichtlich unglaublich genießt. Spider tut das zwar nicht (Fleece hatte auch nichts anderes erwartet), lässt sich das Fremden gegenüber aber nicht anmerken, ist ruhig und höflich, wahrt jedoch Zurückhaltung.

 

Überraschenderweise sehen wir an diesem Abend Farron Graywinter wieder. Er hat ein Zimmer im Jade Dancer (Taverne und Bordell im South Ward), so benannt wegen der Jadestatue, die jeden Abend für die zahlende Kundschaft tanzt. Was von dieser niemand mitbekommt, ist, dass die Besitzerin des Etablissements, Cathalishaera, sie von einem Hinterzimmer aus mittels Hellsicht steuert. Sie ist wie Graywinter eine natürliche Zauberin, aber wirkt auch wie jemand ohne jedes Selbstbewusstsein und traut sich kaum unter Leute. Auch lernen wir den übellaunigen, aber mit guten magischen Gegenständen ausgestatteten Rausschmeißer Selcharoon Nrim kennen, der vor seinem Abschluss von der Akademie geflogen war, aber trotzdem Magie praktiziert, und die sympathische, voluminöse Bartenderin Khalou Mazestar.

 

Aus dem Gespräch zwischen Graywinter und Cathalishaera kann man schlussfolgern, dass die Silmerhelves (eine Adelsfamilie) ihm auf die Schliche zu kommen drohen, dass er in Wahrheit Dornal Graybrook ist, aber was das zu bedeuten hat, erfährt der Zuschauer nicht. Graywinter überlegt laut, vielleicht die Stadt verlassen zu müssen, und betrachtet versonnen Fleeces Elfenfreund-Anhänger in seiner Hand.

 

Im Ches sitzen die Helden im Spouting Fish im South Ward, weil sie amüsanterweise Werbeopfer geworden sind: Da der Betreiber aggressive Werbung in Form von Stadtschreiern einsetzt, ist die Taverne mit der Wasserfontäne vor der Tür stets heillos überlaufen, aber damit auch eher ungemütlich. Als sie endlich einen Tisch bekommen, passt sie ein kleiner Botenjunge ab, der Fleece ein Schreiben in die Hand drückt: Darin lädt der Jade Dancer sie nebst Begleitung für heute Abend ein, weil jemand sie treffen wolle – der Eintritt und die ersten Getränke gehen aufs Haus. Fleece ist skeptisch, aber wer weiß, wozu es gut ist. Sie sichert sich per Speechlink auf Spider ab und folgt mit J'avo der Einladung.

 

Die beiden setzen sich an einen der kleinen Tische, werden bedient und warten entweder auf die Jadestatue oder den geheimnisvollen Auftraggeber der Einladung. Natürlich tritt irgendwann Graywinter mit Fleeces Elfenfreund-Anhänger an den Tisch.

 

Graywinter: I believe this was yours. Although I don't think you want it back.

Fleece: And you don't think that because...?

Graywinter: Well, you left it behind. Clearly you didn't need it anymore. Come join me at the table over there. (Er behält den Anhänger, geht selbstbewusst zu seinem Tisch und setzt sich. Fleece kann nicht nicht hingehen, lässt aber eine Minute verstreichen, bevor sie es tut und sich zu ihm setzt. J'avo behält die beiden genau im Auge.)

Fleece: Took you a while to find us. Last time we met was almost two moons ago.

Graywinter: Had to deal with a couple of my own affairs first.

Fleece: We could've been long gone by now.

Graywinter: But you aren't.

Fleece: Just so I understand the situation: We were all fighting for our lives, and yet you went back alone just to pick up a bauble?

Graywinter (tadelnd): "A bauble." Please. Obviously it had some value. More to me than to you, of course. Again, obviously. You left it behind, after all.

Fleece: So why didn't you sell it instead of bringing it back to me? It's a fine piece of elven craftsmanship.

Graywinter: Well, I figured that since you're a woman, you're fickle by nature, and you just might have changed your mind.

Fleece (sarkastisch): Your charm hits like a battering ram. Consider me floored.

Graywinter (charmant-gönnerhaft lächelnd): I do have this effect on most women. Name's Farron Graywinter, although I expect you haven't forgotten. The pleasure's all yours, as I can see. Anyways, I thought to myself, 'I saved their hides.' Right? The question how much your hides are worth saving notwithstanding, that's exactly what I did. And not only that, I kept my good manners even in Undermountain and picked up something a lady had previously lost.

Fleece (ironisch): Can't have a drop in manners just because you're in the antecourt of the Nine Hells.

Graywinter: Can't have that. So here we are, me being the paragon of virtue I just proved myself to be, and you being knee-deep in my debt.

Fleece: You know, I did have an inkling there was some generous offer just around the corner.

Graywinter: You see, I could ask for anything under Amaunator's glorious sun, but some demands are out of the question in the first place, aren't they? Master Belshazar was full of praise of your Fellowship, describing some of you as "more noble than an adventurer has any right to be", if I recall correctly. So I can't really ask you to rob somebody for me, can I?  And asking for money would just be... crude, given your reputation as selfless heroes rather than opportunistic adventurers. I wouldn't wanna tarnish what you are by putting a price tag on it.

Fleece: How very generous of you, indeed.

Graywinter: My generosity doesn't always get the recognition it deserves, but—

Fleece: Look, Master Graywinter, under different circumstances I'd appreciate an enjoyable bout of wordplay, but I'm really not in the mood, so cut the crap and spit it out. What do you want?

Graywinter: Straight to the point, then. All right. Speaking of my generosity: I generously offer my companionship.

Fleece (tonlos ungläubig): What?

Graywinter: I intend to accompany you to the south. To Tethyr, most likely.

Fleece: And why would you wanna do that?

Graywinter: My reasons are my own.

Fleece: Oh well. Uhm, no. But thanks for the generous offer.

Graywinter: Why on Toril would you spurn such an opportunity? How many sorcerers do you know?

Fleece: We've never had need for one. I don't expect that to change anytime soon.

Graywinter: How much need do you have for a ten-foot half-giant drawing all attention to you in a two-mile radius?

Fleece: More like nine feet. None, though.

Graywinter: See? So why—

Fleece: We don't "need" anyone. Those who are members of the Fellowship aren't members because they fulfill a role, but because they're friends who have proven themselves worthy.

Graywinter: That's all? Proving myself worthy is like stealing candy from a baby.

Fleece: Tymora has to smile upon those who would try, providing them with a chance to do so, and I'm afraid she's got a bit of a frown on today. (Graywinter will entgegnen, aber Fleece fährt fort.) Save your breath, Graywinter. We're not a company of mercenaries. The glue that holds us together is friendship and love.

Graywinter: Everyone in the Fellowship must have had a chance to become a friend.

Fleece: Well, life isn't fair, is it? Those who are with us had that chance. A lot more wanted one, but didn't get it, so they're not here.

Graywinter: And why exactly would you put me in this camp without knowing what you stand to lose?

Fleece: Can't lose what I never had. (Graywinter will nachsetzen, Fleece kommt ihm zuvor.) Firstly, I don't like you. Secondly, you want to join us. There's no one in the Fellowship who had previously heard of it and just wanted to join because of, I don't know... coin? Glory? All our members had a reason to become a part of the group.

Graywinter: All right, firstly, you're lying. You may not enjoy being like clay in my hands, but you like me well enough. Secondly, there's a first for everything. Look, about your circle of friends, I'm delighted for you, I really am. And I don't want you to get the wrong idea. I'm not chasing after the guys with the big haul, I don't care for the booty you captured down there. You've earned it, you deserve it, you can keep it. See, there's my generosity showing up again, I just can't contain it. (Er zwinkert.) It's only natural for you to be suspicious of a dashingly handsome stranger you know next to nothing about, save for the fact that he's really, really special, being gifted with innate magical abilities and all. How about this stranger went along with you for a while, easily earning your trust on the way, because that was the very least you could do for him?

Fleece: With your overconfidence, I'm surprised you fit through the door frame when you came in.

Graywinter (lächelnd): You're forgiven for thinking it's unfounded. Look, Fleece. You got something special going on with your Fellowship, and you wanna protect it any way you can. I get it. I'm not a threat. Quite the contrary, we do have a lot in common.

Fleece: Oh, pray tell, what do we have in common?

Graywinter: The appreciation of one another's extraordinary good looks, for one thing. (Er hebt überheblich die Augenbrauen.) No, seriously, we're kindred spirits, so to speak. We wanna go places. We wanna get somewhere. We're driven by ambition. Now, you can play the meek, selfless heroine 'til the cows come home, that's fine by me. But we both know you don't get where you are without really, really wanting to. See, I used to think Waterdeep's the place to be if you wanna get anywhere. And that's true for the most part. The caveat is, you can't make it alone. Not here. Took me a while to realize that no matter how special you are, this much competition drowns you out pretty bloody quickly. I've hired myself out to adventurers, mercenaries, what have you, but if they have to pay you for coming along, you're not off to a great start, are you?

Fleece: Get to the point, please.

Graywinter: I'm told Belshazar had lived in Waterdeep for several years. He knew how to hire only the finest men available. Myself included. That alone should tell you enough about my qualities.

Fleece: I told you before, I don't care what you can—

Graywinter: Just trying to answer your question, so keep listening, all right? We had a lot of briefings. Belshazar likes to prepare, so he invited every Undermountain veteran he could find to tell us everything about the place they knew. Given how big Undermountain is, and the shifting nature of Halaster's playground, it was highly unlikely that we'd face the same situations, but that wasn't the point. The point was getting us into the right mindset. Preparing us mentally. For the same reason he told us about you. That's where I got my information from. Told us everything he knew, which, as it turns out, was quite a bit. You'd be surprised, I guess. I'm gonna come back to that, promise.

     Now, Belshazar put together the best team money can buy, given the circumstances. Seven in all, three of them Undermountain veterans. Funny that they should kick the bucket first, don't you think? Anyway, if all of us had survived and won the day, we would've disbanded as quickly as we got assembled because nothing united us. We were hirelings. It was a project, there was no future for us, we were only in it for the coin. You on the other hand...  I mean, out of our group only two survived. Out of yours? Six. Well, actually none if I hadn't saved your hides, but that's beside the point. You know each other, your strengths and weaknesses, you're used to each other, have each other's backs. That's what makes the difference between death and glory, right?

Fleece: What's your game here, Graywinter?

Graywinter: Not to put too fine a point on it, but just imagine what would've happened if I hadn't given you a hand. The Fellowship of the First Sun would be history. I alone kept it going. Didn't have to, did it anyway. That's gotta count for something, right? Insofar as it gives me the right to ask of you whatever I damn well please, and common courtesy dictates that you have to give me what I want unless you have to meet unreasonable demands which, I think, I'm not making.

Fleece: So you're blackmailing me.

Graywinter: Why, of course. I've exhausted all other avenues, and knowing what I do about you, I know you're too honorable to deny your savior a quite modest request. If that means that said savior has to remind you every now and then of the debt you owe him, so be it.

Fleece: Just what exactly are you hoping for here? You manage to blackmail me into accepting your company, and then what?

Graywinter: One contract, Fleece, and if by the end of it you can credibly claim I'm not an asset, I'll be on my merry way, no hard feelings.

Fleece: Admission to the group by blackmail won't buy you any sympathies.

Graywinter: I'm not here to be loved.

Fleece: What do you think of us, anyway? "Contracts"? Didn't Master Belshazar tell you that a lot of the time we don't get paid at all and live off our savings?

Graywinter: That's fine by me. I'm not in danger of going hungry anytime soon. I've got more coin than I know what to do with. Coin's not the issue here.

Fleece: So you don't aim to strike it rich at our side, but... what? Become famous?

Graywinter: Something like that.

Fleece (beherrscht verärgert): There's never been anybody in the Fellowship with such a base motivation.

Graywinter: Well, better get used to it. The bigger and, more importantly, the more powerful your company gets, the more it attracts interested parties that wanna use it and prospects who wanna take part.

Fleece: I've successfully kept them out so far.

Graywinter: I don't care. All I care about is that you owe me your lives. If you wanna do a moonlight flit and leave Waterdeep without telling me, go right ahead, but we both know you won't, so let's cut the crap and stop pretending this is a negotiation. I'm telling you how it's gonna be. From now on, I'm on board. Deal with it.

 

Er steht auf, legt Fleeces Anhänger vor sie auf den Tisch, sieht ihr dabei noch mal in die Augen und geht. Kochend vor Wut kehrt sie an J'avos Tisch zurück und berichtet. Später wird mit allen außer Max Rat gehalten. Den meisten ist klar, dass Fleece in der Tat nicht anders können wird, als zuzustimmen (Graywinter hat schließlich nicht nur ihr und Max' Leben gerettet, sondern ihr aller Leben, denn ohne die beiden hätte es keine erfolgreiche Flucht gegeben), aber sie freuen sich, trotzdem gefragt zu werden. Auf der einen Seite sind sie ihm ja wirklich zu Dank verpflichtet, weil sonst nicht mal Spider mehr mit seinem Leben davongekommen wäre, aber auf der anderen Seite finden es auch alle suspekt, jemanden "aufnehmen" zu müssen, weil er das von ihnen verlangt. Fleece schickt einen Boten zum Jade Dancer mit dem Schiffsnamen, der Pier und dem Abreisedatum.

 

Fleece hat mit zahllosen Menschen in Waterdeep gesprochen und weiß daher gut einzuschätzen, wie viel Glück sie mit dem Wetter hatten: Der Winter war für hiesige Verhältnisse sehr mild und vor allem extrem kurz, denn schon im Ches bricht der Frühling über die City of Splendors herein, obwohl da sonst meistens noch Schnee liegt. So können die Abenteurer noch ein paar Tage Waterdeep bei strahlendem Sonnenschein und Frühlingsluft genießen, was die prächtige Stadt noch mal ganz anders wirken lässt. Theoretisch hätten sie Waterdeep also schon viel früher verlassen können, aber die Termine stehen natürlich lange vorher fest, damit die Händler zuverlässig planen können.

 

Am Abreisetag verabschiedet sich Graywinter von Cathalishaera, Selcharoon und Khalou, und zumindest Cathalishaera gegenüber wirkt er nicht so außerordentlich selbstgefällig, als er sich für alles bedankt, was sie für ihn getan hat – das scheint schon einiges gewesen zu sein. Mit reichlich Gepäck begibt er sich zur angegebenen Pier und erwartet dort die Abenteurer, die er bis auf Zhai zwar schon alle zumindest gesehen hat, aber außer Fleece und Max niemanden aus der Nähe. Eine herzliche Begrüßung sieht anders aus (Max ignoriert ihn komplett, der Rest verhält sich nicht kühl, aber wahrt Abstand), doch Graywinter stört das offenbar nicht. So, wie er sich gibt, scheint er eher davon auszugehen, dass sich alle anderen geehrt fühlen müssten.

 

Die Fahrt nach Baldur's Gate verläuft ruhig. Graywinter verbringt sie lesend, da er einige Bücher mitgebracht hat, und auch Fleece und Max tun wenig anderes. Graywinter versucht manchmal, von Fleece noch etwas mehr über die Gemeinschaft herauszufinden, aber Fleece lässt ihn immer wieder abblitzen: Was er nicht selber in Erfahrung gebracht (oder von Belshazar gehört) hat, geht ihn auch erst mal nichts an. Zhai hingegen ist selbst neugierig und versucht, Graywinter auszuhorchen, aber der gibt nichts von sich preis. Zhai würde seine Arroganz auf die Palme bringen, wenn er nicht auch so verdammt charismatisch wäre. Sie hat so viel geleistet und sich ihr gewachsenes Selbstbewusstsein mehr als verdient, und doch fühlt sie sich neben diesem Kerl, den keiner kennt, wieder wie ein kleines Mädchen, und das hasst sie natürlich.

 

Im Hafen von Baldur's Gate machen die Zöllner Probleme, was den Einlass von Spider, Zhai und Skaar betrifft. Fleece hat das natürlich vorausgesehen, sich entsprechend teuer gekleidet und geschmückt, Max und Jewel ebenso, tritt befehlsgewohnt und einflussreich auf und erklärt sich bereit, den Zoll für diese drei doppelt zu entrichten, will dann aber ihre Ruhe, wenn's recht ist. Auftreten und materielle Zurschaustellung entsprechender Wichtigkeit sind in dieser Welt alles, und mittlerweile beherrscht auch Fleece dieses Spiel – und es geht auf.

 

In Baldur's Gate muss Fleece Spider, Zhai und Skaar in der Blushing Mermaid einquartieren, einem räudigen Gasthaus mit Taverne, wo allzu oft Blut fließt, aber jeder Gast akzeptiert wird, wenn er zahlen kann. Jewel meint, auch sie werde hier ein Zimmer nehmen, denn sie müsse noch etwas erledigen, Fleece könne sich ja denken, was – natürlich, sie wird nach all den Jahren Nightscar besuchen. Sie kann es nicht nicht tun, wenn sie schon hier ist. Jedoch verspricht sie Fleece, nicht schon wieder spurlos zu verschwinden, und legt vorsichtshalber auch eins der Bracelets of Brotherhood an. Zunächst mal nennt sie dem Barkeeper nur ein (natürlich sehr veraltetes) Passwort mit der Bitte um Kontaktaufnahme.

 

Fleece, Max und J'avo sowie Graywinter beziehen Quartier im schicken und ruhigen Helm and Cloak. Natürlich schwelgen Fleece und Jewel hier im Gate auch in Erinnerungen und besuchen die Elfsong Tavern, allein schon, um Alyth Elendara nach sieben Jahren wiederzusehen. Die ist beeindruckt von der Karriere, die Fleece und Jewel gemacht haben, und lässt sich alles über jene erzählen, die sie noch von früher kennt. Nein, leider hat sich seitdem sonst niemand hier blicken lassen. Fleece hatte nicht damit gerechnet, dass die flatterhafte, unstete Gathalimae tatsächlich ihre Abmachung einhält – Fleece selbst hat es ja auch nicht getan –, aber wenigstens wollte sie sich vergewissert haben.

 

Fleece und Jewel besuchen also das Blade and Stars, doch auch hier ist niemand vorbeigekommen. Dafür genießt Fleece hier zum ersten Mal seit sieben Jahren wieder den ruby cordial, mit gesüßtem Rotwein versetzten Kirschsirup, die Hausmarke des Blade and Stars.

 

Am Abend kehrt Jewel in die Mermaid zurück und bekommt einen Zettel mit einer Adresse. Sie sucht sie auf und wird zu Nightscar vorgelassen. Wie eh und je sieht der Zuschauer sein Gesicht nicht. Ob sie die Erfahrungen gemacht habe, die zu machen sie im Frühjahr 1370 DR ausgezogen war? Oh ja, sie hat viel gesehen, viel erlebt und viel erreicht – und just hat sie Undermountain bezwungen. Nimbul weiß, dass sie ihn nicht belügt, und fragt sie ironisch, ob er dann nicht vielmehr ihr Schüler sein solle als sie seine Schülerin? Doch auch wenn sie ihr Innerstes nicht teilt, verrät ihm irgendetwas in ihrem Gebaren, dass sie gerade an einem sehr schwierigen Punkt ihres Lebens steht und nicht einfach gekommen ist, um ihre Ausbildung wieder aufzunehmen. Er, der völlig Entfremdete, der vergehen wird wie Frühnebel an einem Sommermorgen, wenn seine Zeit gekommen ist, spürt ihren inneren Widerstreit und respektiert das mit einer beiläufigen Geh-schon-Geste: "Komm mir erst wieder unter die Augen, wenn du bereit dazu bist." Das wirkt nach außen hart, aber Jewel ist davon überzeugt, dass er sich ihr gegenüber sehr großzügig verhält und nur vor seinen Leuten den Anschein wahrt.

 

Auch wenn Fleece auf die Sicherheit ihrer drei Exoten achten muss, sehen die meisten zu, auch etwas Zeit für sich zu haben, bevor es mit dem nächsten Schiff weitergeht. Fleece weiß, dass sie hier länger bleiben müssen, denn sie will nicht aufs Geratewohl mit dem nächsten Schiff in das für ihren Geschmack mit all ihren Reichtümern zu riskante Athkatla reisen. Stattdessen erwartet sie die Ankunft eines tethyrianischen Schiffes, das Amn nicht anläuft und von hier wieder zurück nach Zazesspur segeln wird.

 

Fleece organisiert bei der Sword Coast Traders' Bank die Auszahlung des Schatzes zum gewünschten Zeitpunkt. Um leichter transportabel zu sein, wird er in Gold- und Silberbarren ausgehändigt werden, und Fleece ist schwer erleichtert, dass diese Bankensache geklappt und sie ihre neu erworbenen Reichtümer nicht verloren hat. Eingedenk des Schutzes, den Helm der Gemeinschaft seit jeher gewährt hat, will sie nicht am falschen Ende sparen, als sie hört, dass der örtliche Helm-Tempel auch Everwatch Knights beherbergt. Eigentlich ist ihre Gruppe sowohl Abschreckung als auch Schutz genug, aber bei diesem Schatz will sie kein Risiko eingehen, und der ausdrückliche Segen Helms kostet zwar mehr als jede andere Söldnertruppe, aber das ist er ihr wert. Bis zur Abreise werden die Truhen also in der Bank verwahrt, und wenn es losgeht, wird Max sie mit Arcane Locks und Signs of Sealing versiegeln.

 

Eines Nachmittags ziehen sich Fleece und J'avo auf ihrem Zimmer gerade für den Abend um, lassen sich vom ansprechenden Äußeren des jeweils anderen aber ablenken und beschäftigen sich lieber miteinander. Plötzlich ertönt ein Geräusch und Raifs Stimme: "Oh, Helm sei Dank!" Raif Bowgentle, jetzt wieder mit Vollbart, steht mitten im Zimmer!

 

Glücklicherweise haben die beiden ihre leichte Unterbekleidung noch nicht abgelegt. Fleece fällt Raif freudig um den Hals und er ihr. Er entschuldigt sich vielmals für das unpassende Hereinplatzen, aber hätte er den Fährstein nicht benutzt, wäre er ein Festmahl für Sirenen geworden. J'avo zieht sich an und meint hilfreich, er werde den anderen Bescheid sagen, während Raif schon Fleece mit Fragen bestürmt und sich gleichzeitig irrsinnig freut, denn sie hat Undermountain offensichtlich überlebt. Ja, aber einer nicht... Raif kriegt Angst, verbirgt aber seine Erleichterung, als er hört, dass es Ashe erwischt hat. Er weiß, wie wichtig der Necromancer Fleece und Jen war, aber hey, wenn es einen treffen musste, dann lieber ihn als jeden anderen. Er wird ihn nicht vermissen.

 

Jewel meint zu J'avo, sie werde den beiden gern Zeit zum Reden geben, bevor sie hereinplatzt, und lieber erst mal den anderen in der Blushing Mermaid Bescheid sagen. J'avo bleibt im Foyer sitzen und fühlt sich wie das fünfte Rad am Wagen.

 

Raif berichtet Fleece davon, was sich in Toaketh ereignet hat, von Jendaras Martyrium, aber auch von ihrem militärischen Triumph – und von Milandres Tod und dem Challenger. Raif kehrte nach Zazesspur zurück und fuhr mit dem nächsten Schiff nach Athkatla, ritt von dort aus allein nach Keczulla, wo er Corbet und Nial Lynd besuchte, ritt dann allein weiter nach Eshpurta, berichtete Peri und Erl von seinen Kindern (und erfuhr von der Geburt von Erlands drittem Kind) und überwinterte bei seiner Familie. Danach erwischte er eine sehr frühe kleine Karawane nach Iriaebor, die vor der Konkurrenz da sein wollte, hatte Glück mit dem Wetter, nahm von Iriaebor aus die nächste Karawane nach Pros, fuhr mit dem Schiff nach Marsember, besuchte die Elemers, um von Tulwoods Tod zu berichten, und sah auch Eola wieder. Von Marsember aus ritt er allein nach Dead Man's Respite, übergab dort den Challenger und erzählte Milandres Geschichte. Ihre Familie erlaubte ihm, ihr Schwert, das er Oathkeeper getauft hatte, zu behalten und ihr zu Ehren als sein eigenes zu führen.

 

Auf seinem Rückweg nach Marsember nahm er die Sumpfstraße südlich der Hermit's Woods, die er schon in #55 – THE LOST SHEPHERD bereist hatte, doch Dancer scheute plötzlich, warf ihn ab und galoppierte davon – wenn er überrascht wird, passiert das auch einem guten Reiter wie Raif. Schon tauchten Sirenen am Himmel auf, deren Gesang Dancer eher als Raif gehört hatte. Er wurde eingelullt, trat ans Ufer, bekam sich aber im letzten Moment wieder unter Kontrolle und konnte sich gerade noch mit dem Fährstein retten. Das war keine bewusste Überlegung, er dachte nur daran, dass er Fleece nie wiedersehen wird, wenn er hier nicht rauskommt, und so landete er bei ihrem Portkristall, aber darauf geht er lieber nicht ein, sondern erklärt das damit, dass  er ja gewusst habe, dass das Abenteuer in Undermountain längst ausgestanden sein musste.

 

Da die Exoten im Helm and Cloak nicht geduldet werden, gehen alle (bis auf Max, der in einem Buchladen ein seltenes Exemplar aufgestöbert hat und sich seitdem darin vertieft) in die Blushing Mermaid, wo ein großes Wiedersehen gefeiert wird, da sich Raif über Spiders und Zhais Überleben ebenso freut wie die sich über sein unerwartetes Auftauchen. Hier hört Raif auch von Graywinter (den natürlich niemand eingeladen hat).

 

Am nächsten Morgen lernt Raif den Zauberer kennen, und er ist nicht begeistert: Verdammt, ist der Kerl arrogant! Die Spitzen, die sie austauschen, erinnern ihn an Sir Casmar – auch arrogant, aber wieder ganz anders. In gewisser Weise ist Graywinter fieser, aber auch wieder einfacher zu erwidern, denn im Gegensatz zu Sir Casmar steht er gesellschaftlich nicht über Raif.

 

Die Seefahrt nach Zazesspur verläuft ruhig. Das Schiff ist nicht riesig, man kann sich also kaum aus dem Weg gehen. Wann immer J'avo beobachtet, wie Fleece und Graywinter sich ironische Schlagabtausche liefern, wird ihm klar, wie gut jemand wie dieser Zauberer zu ihr passen würde – und wie wenig er selbst. Das wiederum merkt Fleece ganz subtil J'avo an, aber sie weiß auch nicht, wie sie das Problem, dass sie und J'avo wirklich nicht viel gemeinsam haben, lösen soll. Sie kann ihm zwar wieder und wieder sagen, dass sie ihn genau so mag, wie er ist, und gar nicht anders haben wollen würde, dass es für sie völlig okay ist, dass er keinen Sinn für Musisches oder Wissensgebiete hat. Aber ihr ist auch klar, wie sehr ihm andere jeden Tag demonstrieren, was er nicht hat und nicht kann.

 

Fleece hat auch begonnen, Graywinter einschätzen zu können, und glaubt, er ist ihr gar nicht so unähnlich: Er ist von niedriger Abstammung, aber wie sie ist er intelligent und hat sich Umgangsformen, modischen Geschmack und Selbstbewusstsein selber angeeignet, und so wie früher sie brennt er darauf, sich hervorzutun. Anders als sie hat er Spaß daran, andere herabzusetzen (nun, den hat sie manchmal auch, aber nur bei bestimmten Leuten) – insofern ähnelt er Max, der das ständig tut, doch der tut es wiederum nicht, weil es ihm Genugtuung bereitet. Soweit es Max betrifft, spricht er einfach nur unbestreitbare Tatsachen aus und lässt dabei keinerlei Diplomatie walten. Graywinter hingegen hat offenbar Freude daran, andere kleiner zu machen, und bildet sich offenbar gewaltig viel auf seine Besonderheit ein. Solche Menschen stoßen sie generell ab, doch sie kann nicht anders, als ihn interessant zu finden, weil sie sich zu Menschen hingezogen fühlt, die einen Raum beherrschen, sobald sie ihn betreten. Graywinter gehört definitiv dazu, und obendrein sieht er auch wirklich gut aus – im Gegensatz zu J'avo, was diesem vermutlich gerade jetzt ständig bewusst ist, weshalb er den Kontakt wohl auch auf ein Minimum beschränkt, um Graywinter keinen Vorwand zu liefern, ihn zu verspotten. Denn der versteht sich wahrlich darauf, ein rhetorisches Messer anzusetzen und so zu drehen, dass es besonders schön weh tut.

 

Was Fleece auch sehr mag, sind Menschen, die andere Menschen und Situationen lesen können. Max steht am anderen Ende des Spektrums, das kann er in oft katastrophalem Ausmaß ganz und gar nicht. Fleece beherrscht das sehr gut, Jewel auch und Graywinter ebenso. Aber er genießt seine Erhabenheit zu sehr, um diplomatisch zu sein, und dürstet nicht nach Zuneigung, sondern nach Anerkennung. Die muss Fleece seiner Fähigkeit zollen, exakt im letzten Moment die Bremse anzuziehen: Er reizt sein Gegenüber immer wieder, aber gerade nicht so weit, dass die Situation eskaliert. Das ist auch etwas, das sich beizubringen Fleece Jahre gebraucht hat.

 

Die Seereise führt durch Asavir's Channel – ein Angriff durch die Nelanther-Piraten ist nicht unwahrscheinlich. Auf der Hinfahrt hatte das Schiff Glück, auf der Rückfahrt nicht. Es wird unter Beschuss genommen und beschädigt, aber beim Entern merken die Piraten schnell, dass sie sich das falsche ausgesucht haben: Die Abenteurer sehen nicht nur furchterregend aus, sie kämpfen auch so, und die Everwatch-Söldner stehen ihnen in nichts nach. Zum ersten Mal erleben die Helden Graywinter in Aktion. Natürlich muss er etwas auf dem Kasten haben, wenn er von Belshazar für Undermountain ausgesucht wurde, aber das lediglich zu wissen, ist das eine, es auch zu sehen, ist das andere. Er feuert einen Kampfzauber nach dem anderen ab und setzt das Piratenschiff mit Feuerbällen in Brand. (Ein Running Gag in der Gemeinschaft ist ja seit vielen Jahren, dass sich ihr nie ein Magier anschließt, der den Feuerball beherrscht – Ashe nicht, Jaq nicht, Max nicht.) Bald müssen die Piraten ihren Angriff unter schmerzlichen Verlusten abblasen, wenn sie ihr Schiff retten wollen.

 

Die eigene Mannschaft jubelt natürlich ihren Verteidigern zu, aber vor allem Graywinter, der den Gegner letztlich zur Flucht gezwungen hat. Wie er da steht, verwegen und selbstbewusst lächelnd, als sei Jubel für ihn etwas ganz Natürliches, kribbelt es Zhai im Unterleib. Sie ist selbst noch ganz aufgekratzt vom Kampf, und dieser Kerl macht sie wirklich an. Um auf andere Gedanken zu kommen, geht sie ihm aus dem Weg, so gut sie kann.

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