60 - Far From Home {{ currentPage ? currentPage.title : "" }}

Musik: Kevin MacLeod, Afrika, Derek & Brandon Fiechter

 

1374 DR, Year of Lightning Storms: Zu zehnt ziehen die Gestrandeten durch die Savanne: Fleece, Zhai, Spider, Skaar, Jala, J'oia, J'avo, Pashtal, Xarfai und Dr. Meranilius (Two Worlds II, Chapter 4, Erimos, Savannah, Halhin, 68:47:12). An der Sonne kann man sich vor- und nachmittags etwas orientieren, aber das ist auch alles. Der Decanter of Endless Water sorgt für Wasser im Überfluss, aber die von den Yuan-Ti erbeuteten Vorräte werden trotz Rationierung nicht lange halten, weil vor allem Skaar viel Nahrung benötigt. Daher hat Fleece ihm sofort das Amulet of Sustenance umgehängt, aber es braucht einen Tenday, bis es wirkt. Außerdem haben sich inzwischen wegen der kalten Nächte Jala, J'oia, J'avo, Pashtal und Xarfai eine Erkältung zugezogen – zufälligerweise genau die, die Kälte überhaupt nicht (mehr) gewohnt sind. Man muss aufpassen, dass daraus keine Lungenentzündungen werden, denn die nächsten Nächte machen es nicht besser. Nur bei deutlicher Verschlechterung wird ein Klerikertrunk eingesetzt.

 

Als "Halbmagierin" verfügt Fleece nicht über Identify, und Detect Magic in Verbindung mit Spellcraft hat nicht jeden erbeuteten Gegenstand identifiziert. Also setzt sie sich abends hin und versucht, mit Expert Bardic Knowledge zunächst dem Gegenstand mit der stärksten Aura seine Geheimnisse zu entlocken. Leise singend stimmt sie sich auf das kurze Alaru-Zepter ein, schafft den Check und staunt, was sie da in Händen hält: das Zepter von Mayu. Mayu ist einer der Namen für das Paradies verschiedener Alaru-Stämme, und dieses Zepter erschafft bei Aktivierung eine Taschendimension und transportiert alle, die entweder das Zepter oder den Träger berühren, in ein Südsee-Paradies, in dem Wunden nicht mehr tödlich sind (WP werden in HP umgewandelt, es sei denn, die HP sind bereits verbraucht) und doppelt so schnell ausheilen und in dem Wasser und Früchte im Überfluss vorhanden sind. Man kann sich (200 Tage geteilt durch die Anzahl) dort aufhalten, doch nach der Rückkehr benötigt das Zepter ein volles Jahr, um seine magische Wirkung erneut zu entfalten. Seinen Einsatz sollte man sich also gut überlegen und nur für aussichtslose Notfälle aufsparen.

 

Da das nur eine Stunde gedauert hat, macht sie mit dem kurzen Zepter mittelfaerûnischer Machart weiter. Hier dauert es zwei Stunden, und auch dieser Check gelingt: Mit dem Ausruf "Maligard's Magnificent Mansion" erschafft das Zepter ein Portal zu einer Taschendimension, die genauso wie Mage's Magnificent Mansion funktioniert, wobei die Wirkungsdauer zwei Stunden pro Charakterlevel des Trägers beträgt. Das Zepter braucht einen Tenday, um sich auf seinen Träger einzustimmen, danach "merkt" es sich ihn, und nachdem der Zauber beendet wurde, dauert es einen Tenday, bis das Herrenhaus erneut beschworen werden kann. Damit es sich auf Fleece einstimmen kann, trägt sie es bei sich und nicht in der Truhe. (Eine Einstimmung ist bei dem Zepter von Mayu nicht nötig.)

 

Für die Ringe wird es langsam spät, und sie ist erschöpft. Beim Einschlafen fragt sie sich, wem diese mächtigen Gegenstände wohl gehört haben mögen. Das müssen reiche, erfahrene, herumgekommene Abenteurer gewesen sein. Einige sind inzwischen vermutlich Yuan-Ti...

 

Die Reise geht weiter, und man sieht immer wieder mal jagdbares Wild, aber weil man fast überall meilenweit sehen kann, ist es unmöglich, nahe genug für einen Pfeil oder einen Zauber heranzukommen. Dafür nehmen große Raubkatzen die Witterung der Abenteurer auf, kommen nach und nach immer näher, und wo andere Raubtiere ihre Zähne fletschen, fletschen diese ihr ganzes Gesicht: Krenshars. Sie wagen einen Angriff, den die Abenteurer gut zurückschlagen können, sich aber auch ein paar hässliche Wunden zuziehen. Die Krenshars geben schnell auf, bleiben aber in der Nähe.

 

Die Gruppe findet Ruinen: Meranilius zufolge (dem der Baustil absolut fremd ist) sind die Steinruinen sicher älter als 1.000 Jahre und die hölzernen Stützkonstruktionen gute hundert Jahre – hier wird sich niemand blicken lassen. Sie schützen aber ein wenig, und da die Krenshars noch auf ihre Chance warten, macht man hier Halt, obwohl man sonst noch zwei Stunden unterwegs gewesen wäre.

 

Xarfai sitzt auf den Ruinen und hält Ausschau, kommt nach einer Stunde aber runter und gestikuliert dringlich. Spider und Zhai kommen mit hoch, Xarfai deutet in eine Richtung, und Zhai erkennt mit den Linsen vor ihren Augen, dass Staub aufgewirbelt wird, wo niemand zu sehen ist. Jemand oder etwas Unsichtbares nähert sich. Man hat nur diese eine Chance, eine Falle zuschnappen zu lassen, auch wenn man sich dafür auf den Präsentierteller begeben muss. J'oia, J'avo, Spider, Zhai und Skaar verstecken sich strategisch, der Rest bleibt am Feuer, die Waffen griffbereit, und schützt eine Unterhaltung vor. (Es sollten genug am Feuer sein, um die Spuren hinterlassen zu haben, denen die Yuan-Ti gefolgt sein müssen.)

 

Spider sieht, wie sich nach und nach Yuan-Ti aus ihrer Invisibility Sphere lösen, größtenteils Half- und Purebloods, und beschreibt Fleece via Speechlink flüsternd die Situation. Sie sprechen sich ab, wohin Fleece aus dem Augenwinkel sehen muss, die Sphäre löst sich um die Royalblood-Magierin auf, und ein Säureball manifestiert sich. Fleece war vorgewarnt und hat die Initiative, und gelingt ihr Dispel nicht, wird's extrem hässlich. Doch mit einem Zähler Unterschied gewinnt sie und dispelt den Säureball, und aus dem Hinterhalt schlagen nun die Versteckten los, wobei Spider auf das Royalblood und ihre Nebenleute Grasping Shadows wirft, was sie am Zaubern hindert.

 

Dadurch kann man die Feinde (auch dank Würfelglück) tatsächlich überraschend schnell besiegen. Die Magierin dispelt zwar Grasping Shadows, aber da Fleece ein Amulett an ihrem Hals sieht, belegt sie das andere Royalblood erfolgreich mit Miser's Envy, so dass es die Magierin bekämpft, um an das Amulett zu kommen. Es gelingt ihr mit gutem Concentration-Check, auch diesen Zauber zu dispellen, aber nun befindet sie sich im Nahkampf mit den anderen Abenteurern. Nachdem ihr letzter Begleiter gefallen ist, kann J'avo sie packen, niederdrücken und festhalten. Fleece weiß, dass sie über Kommunikationswege verfügen muss, wirft Detect Magic, identifiziert auf dem Amulett Message und Permanency und dispelt beide Zauber erfolgreich. Meranilius verhört die Magierin auf Yuan-Ti, aber sie lässt sich nicht einschüchtern. Es nützt nichts, sie muss getötet werden, was Skaar gern erledigt.

 

Fleece nimmt ihr zwei magische Ringe ab (beide keine Schule, eine durchschnittliche und eine starke Aura). Auch sonst werden die Leichen geplündert, und Xarfai findet am Rande der Ruinen zurückgelassene Vorräte. Fleece nimmt an, dass sie wegen des Diebstahls der Tafeln geschickt wurden, nachdem man die Diebe mit Scrying aufgespürt hatte. Das waren gute Kämpfer und eine gute Magierin – sie kann den Yuan-Ti nicht verübeln, gedacht zu haben, dass das reichen würde. Offenbar verfügen sie über keine Teleportationsmöglichkeiten, insofern ist man mit drei Tagen Entfernung vom Bau der Yuan-Ti halbwegs sicher, muss aber davon ausgehen, auch weiterhin beobachtet zu werden.

 

In den nächsten Tagen durchqueren die zehn Reisenden einen riesigen, fruchtbaren Krater, in dem es vor teilweise fremdartigen Tieren nur so wimmelt, und auch hier treiben sich Krenshars herum, aber zu wenige, um der Gruppe gefährlich zu werden. Dafür stört sich ein Nashorn an den Eindringlingen, und als es sich in deren Richtung bewegt, folgen seine Artgenossen, und schon entwickelt sich eine Stampede mit angezogener Handbremse. Selbst die halbherzige Verfolgung bedeutet tödliche Gefahr, die Abenteurer rennen um ihr Leben und haben wirklich Glück, dass es den Tieren zu anstrengend wird und sie nach und nach wieder von der Verfolgung ablassen.

 

Immer wieder brechen Streitereien aus, aber die Situation wäre eine ganz andere, wenn Fleece nicht jeden Abend mit zu Herzen gehenden, Frieden stiftenden oder tagsüber mit fröhlichen Liedern die Stimmung manipulieren würde. Zhai lernt unterwegs mehr und mehr Alzhedo und kann sich inzwischen mit einfachen Sätzen verständigen. Fleece hat inzwischen mit Expert Bardic Knowledge auch die anderen Ringe identifiziert: Ring of Spell Storing (5 Levels), Ring of Wizardry III, Ring of Protection III, Young Dragon Ring (3 Spells bis Level 3 werden beim Vorbereiten verstärkt (Metamagie: Empower Spell: alle Variablen +50 %)) und Bellowing Dragon Ring (3 Spells bis Level 3 werden beim Vorbereiten maximiert (Metamagie: Maximize Spell: alle Variablen auf maximaler Höhe)).

 

Eines Tages bewegt sich die Gruppe auf einen Wald zu, so breit, wie das Auge reicht, beschließt aber, nach Westen daran entlang zu wandern. Tags drauf läuft sie in einen Hinterhalt: Hinter Felsen springen humanoide Löwenmenschen hervor, martialisch, aber technologisch nicht sehr fortschrittlich gerüstet und bewaffnet. Fleece ruft sofort alle zur Ruhe, denn zuerst möchte sie sehen, ob die Situation friedlich gelöst werden kann. Ruhig sagt sie, dass Jewel von diesen Wesen erzählt hat, denn davon gab es welche in der Arena von Tashluta. Das sind Vah Shir, aber mehr weiß Fleece über diese Wesen nicht. Sie bewegt sich voran, ruhig und freundlich redend, verhaut ihren Charisma-Check aber komplett, und die Vah Shir reagieren feindselig und äußerst bedrohlich und treiben sie zurück, während der Anführer, ein Einäugiger mit weißem Fell, sie reglos mustert wie einen Hasen.

 

Ihre Charisma-Pleite macht Fleece mit Sense Motive wett: Sie erkennt erstens, dass diese Vah Shir die Menschen wohl nicht sonderlich mögen, aber besonders interessiert den Goliath und den Tiefling betrachten, und zweitens, dass sie in Eile sind und sich öfter umschauen, und einige treiben den Trupp wohl auch gerade an, endlich weiterzuziehen. Zhai denkt gerade dasselbe und fragt Fleece, ob sie wohl verfolgt werden, als weitere Vah Shir, deutlich zahlreicher, aus dem Wald gelaufen kommen, und diese ähneln Tigern. Spider hat öfter "Guldur" in Richtung des Anführers aufgeschnappt. Das kann entweder "Los, weiter!" bedeuten oder "Boss" heißen oder sein Name sein. Er sagt auf Verdacht laut "Guldur!" in seine Richtung, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen, der Anführer sieht ihn an, und mit offener Körperhaltung zieht er vorschlagend eins seiner Krummschwerter halb aus der Scheide und nickt fragend zu den anderen Vah Shir.

 

Guldur (es ist in der Tat sein Name) macht eine nicht zu deutende Kopfbewegung Richtung Spider und knurrt etwas zu seinen Leuten, die eben noch bereit waren, zu fliehen, sich nun aber den Angreifern zuwenden. Diese werden von einer wahren Kampfmaschine angeführt, einem riesigen Vah Shir, dem ebenfalls ein Auge fehlt. Dieser brüllt Guldur etwas zu, Guldur erwidert, und die tigerartigen Vah Shir stürmen los.

 

Spider hatte gemerkt, dass die Vah Shir Fleece nicht mögen, und schnell geschaltet. Da er ihnen die Dienste der Gruppe angeboten hat, wird Fleece jetzt nicht den Rückzug anordnen. Sie beginnt zu singen, hoffend, dass sie ihre Zauber nicht anwenden muss, die in der Tat einen großen Unterschied machen würden, aber wer weiß, wie das nachher auf die Vah Shir in den eigenen Reihen wirkt? Sie sieht zu, dass Meranilius, Pashtal und Xarfai nach hinten laufen, und Spider, Zhai, Skaar, J'avo, J'oia und Jala nehmen den Kampf auf. Fleece fällt auf, dass Spider genau wie sie denkt, denn er vollführt keine Schattensprünge.

 

Der Kampf gerät unglaublich chaotisch, denn die Vah Shir beider Seiten kämpfen äußerst brutal, völlig unkoordiniert und ohne Rücksicht auf die eigene Sicherheit. Fleece steht singend "hinten" und schirmt die drei Nichtkämpfer ab, aber in diesem Chaos kann jederzeit einer der Gegner in ihre Richtung rennen. Glücklicherweise wird sie nicht als Bedrohung wahrgenommen.

 

Guldurs Vah Shir befanden sich vermutlich auf der Flucht, denn dieser Überzahl hätten sie wenig entgegenzusetzen gehabt, aber mit so ausgezeichneten, erfahrenen Kämpfern an ihrer Seite gewinnen sie die Oberhand, und nun sind es die gegnerischen Vah Shir, die zurück in den Wald flüchten. Guldur lässt sie gewähren. Skaar rennt zwar hinterher, kann aber von Fleece zum Innehalten überredet werden. Von den Kämpfern haben nur Jala und Zhai keinen Kratzer abbekommen, aber das Verarzten verschiebt Fleece auf später, da das als Schwäche ausgelegt werden könnte – die Vah Shir tun es schließlich auch nicht.

 

Die Löwenmenschen verhalten sich den eigenen wie den gegnerischen Gefallenen gegenüber zwar respektvoll, schneiden aber beiden barbarisch Köpfe und Hände ab, um sie zusammenzubinden und mitzunehmen. Guldur sagt etwas zu Skaar, und Fleece könnte sich vorstellen, dass er das tut, weil Skaar nicht nur der Stärkste von ihnen ist, sondern auch so rücksichtslos und wild wie sie gekämpft hat. Als Anerkennung überreicht er ihm die abgeschnittene Hand eines Gegners, was Skaar sehr erfreut. (Fleece muss sie in eine ihrer magischen Schachteln legen, bis man die Chance hat, sie zu konservieren.) Dann nickt Guldur Spider zu sich, der brav Folge leistet. Er scheint ihn für den Anführer der Fremden zu halten, weil er es war, der ihre Dienste angeboten hatte. Guldur versucht mit ihm zu kommunizieren, aber mehr als das Zeigen, aus welcher Richtung man reist, kommt dabei nicht heraus. Spider versucht aber per Scharade zu erklären, dass er Menschen wie die da sucht. Guldur grollt, seine Vah Shir setzen sich in Bewegung, und ein Blick zurück macht Spider klar, dass sie ihm folgen sollen.

 

Die fassungslose Jala spricht mit Fleece darüber, dass sie mit diesen Wesen gerade durch die Savanne marschieren. Fleece verrät ihr, dass sie annimmt, dass man hier in der Shaar gelandet ist, die mehr als tausend Meilen breite Savanne weit im Osten Tashalars, denn sie glaubt sich zu erinnern, dass Vah Shir dort heimisch sind. Mit vielen Minuten Verzögerung boxt Jala in Fleeces Oberarm – dafür, sie schon wieder in einen Kampf hineingezogen zu haben. Fleece erwidert empört, dass sie das diesmal gar nicht war, aber Jala meint grinsend, dass sie Spider lieber nicht boxt, bei Fleece weiß sie wenigstens, dass die zurückschlägt wie ein Mädchen. Fleece lacht und stellt erleichtert fest, dass sich Jalas bislang toxische Laune gebessert hat, denn nun haben sie in der Fremde "Verbündete" gefunden, die sie vielleicht zur nächsten Stadt bringen können. Wenn das hier jedoch die Shaar ist, könnte die nächste Stadt verdammt weit entfernt sein, aber das erwähnt Fleece lieber nicht.

 

Als sie nach ein paar Stunden einen Hügelkamm überqueren, sehen sie in der Ferne ein großes Zeltlager der Vah Shir, aber mit einer Handbewegung macht Guldur klar, dass sie nicht weiter mitkommen dürfen. Also setzen sie sich ins Gras, legen eine Pause ein und lassen die gewaltige Weite und Schönheit dieser endlosen Wildnis auf sich wirken. Vielleicht kommt jetzt auch gar nichts mehr von den Vah Shir – fremde Kulturen sind schon schwer einzuschätzen, fremde Rassen noch sehr viel mehr.

 

Ein mit vielen Fellen beladener schlanker Vah Shir, der offenbar nicht Guldurs Familie angehört wie die von vorhin, kommt zu ihnen, stellt sich als Kurdar vor, wirft die Felle vor die Abenteurer auf den Boden und winkt sie mit sich. Die Reisenden klauben die Felle auf und schließen sich ihm an, und abends findet Kurdar einen guten Platz für die Nacht. Wie man da am Feuer sitzt, bedauert Fleece sehr, Tongues nicht zu beherrschen – wie gern würde sie mit diesem fremdartigen Wesen reden und seine Weltsicht kennen lernen. Immerhin haben sie nun Felle, die sie nachts wärmen.

 

Es stellt sich heraus, dass Guldur sich wirklich erkenntlich erwiesen hat, denn Kurdar führt die Gruppe tagelang durch die manchmal abwechslungsreiche, manchmal eintönige Wildnis. Er ist natürlich zäher und ausdauernder als alle außer Skaar, und der genießt es, dass mal jemand mit ihm Schritt halten kann. Auch ohne große Worte nähern sich die beiden an. Hatte man zuerst noch angenommen, dass man nicht mehr weit reisen würde, weil Kurdar nur leichtes Gepäck dabei hatte, wird man bald eines Besseren belehrt, denn Tag reiht sich an Tag. Zwei Tage lang geht es allein auf die Jagd, und Kurdar zeigt seinen Begleitern manchen Trick, wo man welches Tier findet und wie man sich ihm am besten nähert, um in Schussweite zu kommen. Glücklicherweise schmilzen die Vorräte nicht mehr wie Butter in der Sonne, weil sich Skaars Amulett auf ihn eingestimmt hat und ihn versorgt. Das ist für ihn eine unglaubliche Erfahrung und erstaunt ihn über alle Maßen: Er braucht nur noch zwei Stunden Schlaf und verspürt weder Hunger noch Durst. Natürlich giert er beim Abendessen aber trotzdem immer und tut Fleece dann so leid, dass sie ihm etwas gibt, obwohl sie weiß, dass er es nicht braucht. Zu seiner Enttäuschung kann er aber nicht viel essen, weil er sich schnell voll fühlt.

 

Jalas, J'oias und Pashtals Laune geht hoch und runter – keiner von ihnen war je unbekannter Wildnis so ausgeliefert, aber alle wissen auch, wie gut sie es dank des Decanters, der Truhe, der Heiltrankapotheke und der Erfahrung ihrer Gefährten haben. Dennoch haben alle drei gute und schlechte Tage. Meranilius ist sehr still geworden, aber das Tempo, das Kurdar und Skaar vorlegen, ist auch regelmäßig zu viel für den extrem rüstigen, aber doch schon älteren Mann. Seine Erkältungen haben sich mittlerweile schon zweimal ernst entwickelt, so dass Fleece zwei weitere Tränke verbrauchen musste. Aber auch sie und Zhai stellen immer wieder fest, dass sie konstant an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit liegen, und abendliche Wadenkrämpfe und morgendlicher Muskelkater sind feste Bestandteile des Lebens geworden. Xarfai hingegen, den man ja auch irgendwann zu lesen gelernt hat, scheint sich richtig wohl zu fühlen. Skaar tut das meistens auch, aber weil er nun so wenig schläft, hat er nachts viel Zeit zum Nachdenken, schwelgt in Erinnerungen an Clan Kathaal und verfällt oft in Melancholie, die sich dann erst im Laufe des Tages wieder gibt. Jala verleiht sich selbst durch Aktivität die Illusion, die Kontrolle nicht verloren zu haben, und nähert sich Spider an, den sie zu schätzen lernt, weil dessen Sinn für Humor dem ihren am nächsten kommt. Fleece wiederum bemüht sich, ihren Leuten die Zuversicht zu geben, dass schon alles gut gehen wird.

 

Als Zhai und J'avo einen Sonnenuntergang betrachten, während im Hintergrund das Feuer vorbereitet wird, fragt Zhai aus einem Impuls heraus, was zwischen Fleece und J'avo denn überhaupt vorgefallen ist. Nach wie vor geht sie ihm aus dem Weg, so gut das unter diesen Umständen eben möglich ist. J'avo antwortet ehrlich, dass er keine Ahnung hat, was er ihr getan haben könnte. Inzwischen hat er ein paar Mal versucht, sie anzusprechen, aber ihren geschickten Ausweichmanövern ist er nicht gewachsen. Vermutlich, so meint er, kann sie ihn einfach nicht ausstehen.

 

Fleece fällt an Kleinigkeiten durchaus auf, dass durch den ständigen Kontakt und die gewachsene Vertrautheit auch bei Jala Interesse geweckt worden ist – garantiert würde sie sich an J'avo heranmachen, wenn die Situation eine komfortablere wäre. Dass er viel Zeit mit J'oia verbringt, bestätigt in Fleeces Augen, wo seine Interessen liegen, aber das nimmt sie nur stärker wahr, weil das ihr Vorurteil bestätigt. Tatsächlich versteht er sich wegen seiner Ruhe und seiner umgänglichen Art mit allen gut, vor allem mit Zhai. Mit J'oia hat er als Zyklopäer fern der Heimat natürlich die meisten Gemeinsamkeiten, vor allem die sehr ähnliche Vergangenheit.

 

Die Gruppe sieht immer verwahrloster aus, weil sie jede Nacht unter freiem Himmel auf dem kalten Boden schläft, was Kurdar und Skaar absolut nichts ausmacht, sehr wohl aber den anderen. Jeder Einzelne hier ist für seine Verhältnisse in Form, und bis auf Jala und Pashtal sind es durch die Bank weg alle gewohnt, sehr weite Strecken zu Fuß zurückzulegen, aber je länger die Situation andauert –warme Tage, kalte Nächte, keine Zelte, nur eine Decke und ansonsten nur Kleidung zum notdürftigen Zudecken, kein Schutz vor Regen, einseitige Verpflegung –, desto mehr zehrt sie an den meisten. Vor allem die Nächte sind herausfordernd, wenn es windig wird und man ungeschützt auf dem Erdboden kaum einschlafen kann, von nächtlichem Regen ganz zu schweigen.

 

Nach sieben Tagen des Wanderns mit Kurdar traut man seinen Augen nicht, als man eine sehr fremdartige Siedlung erblickt, die bis auf einen besonders originellen Bau durchgehend auf Stelzen gebaut ist. Jetzt hat Fleece Gewissheit, dass sie in der Shaar sind, denn sie sieht die farbenfroh und exotisch gekleideten Menschen, die allesamt Assur sind, wie sie sie schon als Sklaven in Tashluta gesehen hat. Für jeden ist der Anblick dieses Ortes, so fremdartig er auch sein mag, der Himmel auf Erden. Außer sich vor Glück und Erleichterung umarmen sich die Gefährten.

 

Dennoch nähern sie sich natürlich langsam und bemühen sich, nicht gefährlich auszusehen. Trotzdem gibt es etwas Unruhe, Kinder rennen rufend durch die Gegend und warnen alle, und Leute, die sich schnell bewaffnet haben, kommen aus ihren Häusern. Kurdar aber scheint man hier zu kennen, und in einer anderen Sprache als der der Vah Shir redet er mit einer Frau, woraufhin diese ihre Leute mit Gesten leicht zu beruhigen scheint. Bald hat sich der halbe Ort versammelt, um diese fremden Besucher anzustarren, denn hier sind sie es, die auffallen, nicht Kurdar.

 

Fleece hatte sich die Gesellschaft der Assur anders vorgestellt: barbarischer, nomadisch, nicht so zivilisiert, sondern so wie z. B. die Shemu, eher noch wilder wie z. B. die Tinzameha. Die Gebäude sind wunderschön, der Stil mit nichts zu vergleichen, das sie je gesehen hat, wenn natürlich auch "nur" aus bunt bemaltem Holz und Horn, und es gibt hier wohl auch keine Annehmlichkeiten, die über die Grundbedürfnisse hinausgehen, aber verdammt, was für ein Anblick – erst recht nach den Strapazen der letzten Tendays.

 

Die Frau, Uma Nala, bedeutet der Gruppe, dass man hier keine Waffen sehen möchte, und Fleece lässt trotz Widerspruchs einiger Kameraden alle Waffen auf den Boden legen, und die Assur nähern sich misstrauisch und transportieren sie ab. Man bedeutet ihnen, zu warten, und irgendwann kommt ein offenbar eilig herbeigeholter, aber etwas heruntergekommen aussehender Goldzwerg an. Fleece ist ein wenig enttäuscht: Sie hat schon so viel von den Goldzwergen gehört, aber noch nie einen gesehen, und der hier macht nicht viel her – abgerissen und verwahrlost sieht er aus, überhaupt nicht so prächtig, wie man sich immer erzählt. Sie ist dennoch erfreut, als er Chondathanisch spricht, sich als Azaghal vorstellt und den Abenteurern verrät, dass sie hier in Shaarmid sind, das trotz des Namens keinesfalls in der Mitte der Shaar liegt. Die in Arrabar in Chondath beginnende Golden Road verläuft hier durch, weshalb man hier durchaus manchmal Karawanen sieht – nur nicht so dermaßen abgerissen aussehende einzelne Reisende, die so schrecklich offensichtlich keine Händler sind. Daher war man etwas nervös, zumal man hier auch Gestalten wie Skaar, Spider oder Zhai noch nie erblickt hat.

 

Die Gruppe flippt fast aus, als Azaghal erwähnt, dass sie am besten in die Taverne gehen sollten, beim Trinken redet es sich leichter. Ja, hier gibt es wegen der Durchreisenden tatsächlich eine Taverne, auch wenn sie optisch nichts von den anderen Gebäuden unterscheidet.

 

Das dünne Bier ist von minderer Qualität, schmeckt aber jedem gerade wie der feinste Tropfen – das ist das erste Mal seit Sammarash, dass man etwas anderes als Wasser trinkt. Wie sich herausstellt, ist Azaghal hier, weil er von seinen Leuten zurückgelassen wurde, um auf eine Karawane aus dem Norden zu warten, die Ware zu überprüfen und sie dann über die Golden Road nach Süden über Kormul zum Trader's Way und den ganzen Weg nach Westen zum Great Rift zu führen. Da sich Karawanen auf so langen Strecken massiv verspäten können, sitzt er schon Ewigkeiten hier fest (offenbar kein Job, mit dem die Goldzwerge ihren besten Mann beauftragen wollten) und langweilt sich zu Tode.

 

Deshalb ist er auch sehr an Fleeces Geschichte interessiert, glaubt ihr aber kein Wort. Ein Portal mitten in der Savanne, dazu ein uraltes Echsenbauwerk? Ha, wenn es so etwas gäbe, wüsste er das. (Offenbar macht er sich keine Vorstellung von der Größe der zu 90 % unerforschten Shaar.)

 

Leider ist Azaghal in jeder Hinsicht eine Enttäuschung, denn er kann kaum eine von Fleeces vielen Fragen zum Great Rift und der Kultur der Goldzwerge vernünftig beantworten. Entweder weiß er diese oder jene Antwort nicht oder er antwortet so beiläufig und uninteressant, dass man sich kaum etwas darunter vorstellen kann. Auch über die Kultur und Mentalität der Assur kann Azaghal nicht das Geringste sagen, weil ihn das gar nicht interessiert – er ist wohl der phantasieloseste Zeitgenosse, den Fleece seit Langem kennen gelernt hat.

 

Trotzdem ist er besser als nichts, denn wenigstens kann er Fleece beschreiben, dass die Golden Road von Shaarmid aus südlich weiter nach Kormul führt, von wo die Misty Road westlich durch das Misty Vale nach Sheirtalar führt, eine der größten Städte des tashalarischen Imperiums und an der Shining Sea gelegen. Das ist ihr Heimweg!

 

Uma Nala betritt die Taverne und spricht auf Shaaranisch mit Azaghal ein paar Worte. Überraschenderweise wendet sie sich dann auf brauchbarem, aber sehr fremdartig klingendem Chondathanisch mit vielen unbekannten Begriffen an Fleece und bittet um Entschuldigung für den Empfang. Man hatte nicht gewusst, welche Sprache sie sprechen, und befürchtet, dass sie Sklavenjäger sind, denen ein Unglück widerfahren ist. Geld regiert die Welt, also macht Fleece mit Silber klar, dass sie gerne etwas ausgeben möchte. Uma Nala wird noch etwas freundlicher und führt den weiblichen Teil der Gruppe auf Fleeces Bitte hin zu einem kleinen See, der ein Stück weit mit einem Zaun aus bunten Stoffbahnen versehen ist. Zuerst sind die Frauen mit dem Baden dran, kehren dann erfrischt zurück und lassen die Männer gehen. Untergebracht wird man in Uma Nalas Haus, das hier so was wie das Rathaus ist und in dem ein Raum für besondere Fälle freigehalten wird.

 

Von Uma Nala erfährt Fleece, dass diese eine Art Bürgermeisterin ist (deshalb spricht sie auch Chondathanisch, denn aus Chondath kommen die wenigen Karawanen), und sie erweist sich auch als viel interessantere Gesprächspartnerin als Azaghal. Unter anderem erwähnt sie, dass die meisten Assur in Stämmen leben, in Orten wie Shaarmid nur sehr wenige. Die Assur-Stämme wiederum sind überwiegend nicht gut auf Fremde zu sprechen, da ständig Sklavenjäger aus aller Herren Länder herkommen, um die begehrten Assur für den tashalarischen Markt zu fangen. Die wenigen festen Ortschaften, die an den Knotenpunkten der Verkehrswege liegen, werden von ihnen in Ruhe gelassen, um den Fernhandel nicht zu beeinträchtigen, weshalb eine Ansiedlung an einem dieser Orte nicht ohne Reiz ist. Fleece schlussfolgert, dass sich wohl einige Assur an die mitgebrachten Einflüsse aus fernen Ländern gewöhnt haben müssen, weshalb es hier zivilisierter wirkt, als sie angenommen hätte. Dennoch befindet man sich hier immer noch im entlegensten Nirgendwo, wo auch absolute Selbstverständlichkeiten nicht zu kriegen sind. Das verwundert nicht, da Karawanen alles, was sie brauchen, selber mitnehmen, so dass es sich nicht lohnt, Vorräte für Fremdländer anzulegen, die sie dann eh nicht kaufen.

 

Golden Road, Trader's Way und Misty Road sind das, was Straßen in der Shaar am nächsten kommt, aber überwiegend handelt es sich dabei nur um gedachte Strecken, deren Nutzung man ihnen zu großen Teilen gar nicht ansehen kann – Ortskenntnis ist also trotzdem vonnöten, denn sehr leicht kommt man hier vom Weg ab und findet sich in unwirtlichem Gelände wieder. Diese Strecken werden sowohl von Händlern benutzt – viele sind es nicht, da in der Shaar wenig zu holen ist – als auch von Sklavenjägern, weshalb sie ein besonders lohnendes Ziel für diverse Stämme darstellen. Daher ist man gut beraten, im Schutz der Masse zu reisen. Azaghal wartet hier ja auf eine Karawane, die inzwischen überfällig ist. Vielleicht taucht sie nie auf – das passiert schon mal –, aber falls doch, könnten die Abenteurer sich ihr bis Kormul anschließen.

 

Die Herren kehren zurück, und bald fließt der Alkohol in Strömen. Fleece bleibt aber bei Uma Nala sitzen, weil sie sich für Land und Leute interessiert, und stellt ihr tausend Fragen. Ihr Diplomacy-Check macht sie Uma Nala sehr sympathisch, und so erfährt sie viele Dinge, die zu speziell sind, als dass sie sich je über Tausende von Meilen zu ihr herumgesprochen hätten, wie z. B., dass es bei den Assur keine männlichen und weiblichen Namen gibt, sondern immer nur zwei sprechende Namen aus Adjektiv und Nomen, die man der Höflichkeit halber immer beide nennt (so wie man andernorts Menschen aus Höflichkeit mit Master und Mistress X anspricht), bis man miteinander vertraut genug ist, nur noch den zweiten Namen zu benutzen, und, und, und. Von den Vah Shir erfährt sie, dass diese bei den Sklavenjägern auch sehr begehrt sind, aber nur auf ausdrückliche Bestellung gejagt werden, denn sie sind sehr schwer zu kontrollieren, da sie in der Regel keine Angst vor Schmerz oder Tod haben. Weil ihre "Haltung" als Arenasklaven sehr aufwändig ist, sind auch nur so wenige von ihnen in den Arenen zu finden. Vah Shir interessieren sich nur für sich selbst und beanspruchen als Nomaden immer einige Meilen um sich herum als ihr Revier, weshalb sich die Stammesgebiete der Assur auch ständig verschieben. Aber ebenso wie manche Stammes-Assur haben auch einige Vah Shir die Vorzüge hoher Technologie wie z. B. Metallverarbeitung erkannt und kommen manchmal zum Tauschhandel in die Siedlungen.

 

Natürlich nutzt Uma Nala die Chance, mehr von Faerûn zu erfahren als das, was die paar Händler aus Chondath an Infos mitbringen, und löchert ihrerseits Fleece. (Damit ist sie aber die Einzige, denn der Rest der Welt ist zu abstrakt und interessiert in der Shaar eigentlich niemanden.) Währenddessen füllt sich die Taverne (die eigentlich eher für Durchreisende gedacht ist und von den Ortsansässigen nur wenig genutzt wird), weil die Menschen hier auch mal einen Blick auf die fremden Wesen erhaschen wollen. Es wird gesungen und getanzt, und Fleece nimmt missmutig wahr, dass J'avo und Jala gemeinsam den Schankraum verlassen. (An deren Tisch war der Fall absolut klar, als Jala neben ihrem Bier heißes Wasser bestellte und ganz offen Narawurzel aufkochte. Man wusste nur nicht, ob sie einen Einheimischen flachlegen wollte oder J'avo.)

 

Beide machen keine große Sache daraus: Sie haben Tendays voller Strapazen durchgestanden, sind erleichtert, einen sicheren Hafen erreicht zu haben, fühlen sich nach dem Bad wieder wie Menschen, sind alkoholisiert, und das erste Mal, seit sie sich kennen, ist Privatsphäre überhaupt möglich. Der Schlafraum wird eh nur von den Gästen benutzt, ist also leer. Jala meint grinsend, als sie J'avo die Hose auszieht, dass sie dachte, dass sie alle Waffen abgegeben hätten, und macht sich an die Arbeit. Die beiden haben harten, wilden Sex ohne jede Romantik und kehren danach in die Taverne zurück.

 

Das Essen hier ist ungewohnt, aber viele finden schnell Gefallen an den einheimischen Gewürzen und den unbekannten Tieren. Auch sind Verpflegung und Unterkunft hier draußen im Nirgendwo spottbillig. Fleece weiß, dass sie unglaublich weit von jedem Ort entfernt ist, an den sie ihr Herz verloren hat, hat aber das Gefühl, dass Shaarmid dazu gehören wird. Die fröhlichen, aufgeschlossenen und für sie auch sehr ästhetischen Menschen gefallen ihr, und auch wenn sie ihr Leben im Grunde nicht viel anders führen als die Menschen in den Dalelands, fühlt sich hier alles anders an. Das warme, aber nicht drückend schwülheiße Klima wie das der letzten Monate, die fröhlich bunte und liebevoll gestaltete Siedlung mitten im Nirgendwo, unvorstellbar weit von jeder Stadt entfernt, die Sonnenuntergänge und die lauen Nächte, die sehr gewöhnungsbedürftige Musik, aber auch die Aufgeschlossenheit der Menschen, die noch nie Musik wie die von Fleece gehört haben und sich trotzdem an ihr erfreuen, all das genießt Fleece. Sie weiß, dass fast allen anderen schnell langweilig wird, vor allem Skaar, aber ihr nicht, denn sie gibt sich Mühe, die Leute kennen zu lernen und mal mit Uma Nalas Hilfe und mal nur mit Gebärden viele Kontakte zu knüpfen. Dabei lernt sie, dass Shaarmid unter dem Schutz des mächtigsten Stammes der Gegend steht, den A'keire. Ihrer Hauptfrau zu Ehren (wie auch viele Alaru- und Uraku-Stämme sind die meisten Stämme der Shaar matriarchalisch) steht hier eine Art überdachter Thron, wo sie Hof halten kann, wenn sie hier ist (was aber fast nie der Fall ist), ganz ähnlich wie eine kaiserliche Pfalz. Auch lernt Fleece, was es mit dem merkwürdigen absurd hohen Bau auf sich hat, der als einziger nicht auf Stelzen steht: Das ist ein Tempel, der die Verbindung zwischen der Erde und dem Himmel herstellt. Er muss so hoch sein, damit der Rauch die Gebete durch den Schlot nach oben zu den Windgöttern tragen kann.

 

Fleece sieht, dass auch Zhai und Pashtal es zu schätzen wissen, dass sie hier festsitzen. Sie haben Privatsphäre und Zeit für sich, und inzwischen ist manchmal ganz grobe Kommunikation möglich. Natürlich spricht Fleece Zhai darauf an, und Zhai antwortet ehrlich, dass sie es genießt, eine ganz normale Romanze zu haben, so wie sie das schon tausendmal neidisch bei ihren Gefährten beobachtet hat, und ja, sie hat Schmetterlinge im Bauch – aber sie weiß, das wird nicht von Dauer sein, also genießt sie es, solange sie kann. Fleece möge sich keine Sorgen machen: Zhais Platz ist an ihrer Seite.

 

Während sie J'avo, J'oia und Pashtal zusehen, die im Abendrot Staub aufwirbelnd zu dritt gegen Skaar Ball spielen, stellt Zhai die Gegenfrage, warum Fleece J'avo aus dem Weg geht. Halbherzig wehrt Fleece ab, dass sie das ja gar nicht tue, und als Zhai nachbohrt, blockt Fleece das Gespräch ab. Jeder kann mit ihr über alles sprechen, und jeden ermutigt sie, sich alles von der Seele zu reden, aber für sich selbst ist sie völlig blind.

 

Als die Menschen von Shaarmid ihr Fest zur ersten Aussaat des Jahres vorbereiten (das geht in diesem Klima schon sehr, sehr früh los) und Fleece ihren neuen Freunden beim Tragen von Stangen für ein Zelt außerhalb des Dorfes zur Hand geht, eilt J'avo heran, um anzupacken, weil es doch sehr schwer aussieht. Weil sie ihn nicht ansieht, stellt er sie zur Rede, aber sie weicht aus.

 

J'avo: There's always a reason not to talk. "Save your breath for the climb, it's getting late, I have to look after the doctor..."

Fleece: We've still got a lot to set up, so...

J'avo: They'll manage without you for a minute. Come on, talk to me. It's been I don't know how many tendays since our last talk.

Fleece: I've got nothing to talk about.

J'avo: Well, I do. Look, I know, we didn't start out strong, you and I. You took your sweet time warming up to me—

Fleece: Warming up to you?

J'avo: ... but at some point we seemed to be doing all right. All things considered. And then we stopped doing all right, for whatever reason.

Fleece: You're imagining things. The last moons were extremely demanding. Sometimes you don't find the time to have a chit-chat.

J'avo: You seem to find the time with everyone else just fine. (Fleece holt Luft, er unterbricht.) What have I done to you?

Fleece: What? Nothing.

J'avo: Come to think of it, we seemed to be doing all right until we, you know, did it. I mean, sure, tastes differ, but I had no idea I was that bad.

 

Bei jedem anderen hätte sie über diesen selbstironischen Scherz gelacht, aber nun klappt ihr nur vor Empörung der Mund auf. Wie kann er es wagen, diese Episode, die sie so gern vergessen möchte, nicht nur anzusprechen, sondern auch noch einen Scherz darüber zu machen? Mit einem "Forget it!" wendet sie sich ab und kümmert sich weiter um den Aufbau.

 

Shaarmid steckt am nächsten Tag natürlich immer noch in den Vorbereitungen, als endlich die erwartete Karawane eintrifft. Fleece ist natürlich auf die Reisenden neugierig (sie war noch nie in Chondath und weiß auch nur wenig darüber, und von dort stammen ja Caldaias Eltern), aber vor allem bekommt sie jetzt die Assur zu sehen, die sie sich vorgestellt hat, und sie wird nicht enttäuscht, zumal sie auch noch auf domestizierten Nashörnern reiten, wodurch sie noch gefährlicher wirken. Völlig baff ist sie, als sie eine Assur-Kentaurin erblickt. Sie weiß zwar, dass eine Theorie besagt, dass Kentauren vor Jahrtausenden via Chimärologie erschaffen wurden, sich dann aber fortpflanzten. Diese hier hat einen völlig normalen Assur-Oberkörper und kann damit keine geborene Kentaurin sein. Sobald Uma Nala nicht mehr belagert wird, fragt Fleece sie aus. Uma Nala hat sich darüber nie Gedanken gemacht, weiß aber, dass die Kentaurin Kosa Zala heißt.

 

Es gibt ein großes Hallo in Shaarmid, denn hier kennt man natürlich die A'keire und diese die Dörfler, die Karawanenmitglieder sehen sich neugierig um, und Azaghal kann endlich seine Wagen kontrollieren. Die A'keire reagieren misstrauisch auf die Fremden, aber Uma Nala beruhigt sie.

 

Die Assur-Kriegerinnen sind allesamt sehr athletisch gebaut und leicht bis extrem spärlich bekleidet, was manche begehrliche Blicke herausfordert. Zhai reagiert auch etwas grimmig, weil Pashtal die Augen nicht von den ästhetischen Kriegerinnen lassen kann.

 

Fleece erfährt, dass die Karawane hier den morgigen Tag pausieren und übermorgen früh nach Kormul aufbrechen wird, von wo es weiter an den Wyrmbones entlang nach Süden und dann wieder nach Osten über Rethmar, Channathgate und Three Swords nach Eartheart geht. Die Chance, einmal im Leben den Great Rift zu sehen, liegt zum Greifen nahe und ist doch so unmöglich. In Kormul werden sich die Abenteurer dann selbst nach einem Weg nach Sheirtalar umsehen müssen.

 

Die Händler aus Chondath freuen sich natürlich, in der exotischen Fremde ihre Sprache zu hören und weitgereiste "zivilisierte" Menschen kennen zu lernen, so dass man sich in der namenlosen Taverne schnell kennen lernt. Fleece sammelt mit einer Kostprobe ihrer Musik natürlich Pluspunkte, weil sie merkt, dass gegen die Mitnahme von Skaar und vor allem Spider und Zhai Vorbehalte bestehen. Der Kaufmann Zorgos (Roger Allam), der die Karawane führt, ist komplett dagegen, so merkwürdige Gestalten mitzunehmen, und Fleece gelingt es auch nicht, ihn um den Finger zu wickeln, aber dafür schafft sie es bei genug anderen, so dass diese Zorgos letztlich umstimmen.

 

Endlich geht es los, und man nimmt von Shaarmid Abschied. Am liebsten würde Fleece sich natürlich mit den Assur-Kriegerinnen unterhalten, aber keine einzige von ihnen spricht Chondathanisch. Dennoch gibt sie sich Mühe, die Namen von Edo Keilani, Tumelo Luandi, Kosa Zala und anderen zu lernen und sich mit ihnen mit Gebärden zu unterhalten. Sie fragt sich, wie die Stämme Mutterschaft und die Tatsache unter einen Hut kriegen, dass die Krieger fast durchgehend weiblich zu sein scheinen (von den elf A'keire, die sie begleiten, sind nur zwei männlich), kriegt das aber nicht heraus.

 

Unterwegs suchen zwei Dire Rhinos Stress, können aber von den geschickten Nashornreitern abgedrängt und zum Rückzug ermutigt werden. Tage später überfällt ein sehr großes Rudel von Galonmatai die Karawane, und nun sind alle Waffen gefragt. Die A'keire kämpfen sehr effektiv und furchtlos, nehmen aber auch anerkennend davon Notiz, dass die fremdartigen Mitreisenden das ebenfalls können.

 

Da man nach Süden will, könnte man theoretisch am langgezogenen Lake Lhespen entlangreisen, doch da dessen Ufer von zu vielen Tieren frequentiert werden, reist man fernab davon. Die Eintönigkeit der endlosen Weiten, in denen man sich kaum orientieren kann, schlägt dem einen oder anderen aufs Gemüt. Pashtal und J'oia vermissen die hohe See ganz besonders, und Amaraeus beginnt wieder zu kränkeln, obwohl er oft auf einem Nashorngespann mitreisen darf und sich nicht so anstrengen muss wie in den letzten Monaten. Fleece nimmt an, dass seine Gesundheit nun, wo er nicht mehr für das nächste Ziel brennt, die eines Mannes seines Alters geworden ist. Sie weiß, dass die Mentalität Berge versetzen kann, und Amaraeus ist niedergeschlagen, weil er seine Forschung zurücklassen muss, obwohl er etwas wirklich Großem auf der Spur war. War er zuvor stets von jugendlichem Forscher- und Entdeckerdrang erfüllt, so wirkt er jetzt wie ein müder, alter Mann.

 

Unterwegs würde Fleece eigentlich gern Maligard's Magnificent Mansion ausprobieren, aber sie möchte bei den vielen Mitreisenden keine Begehrlichkeiten auslösen, zumal sie die A'keire und deren Reaktion auf sehr prominente magische Effekte nicht einschätzen kann.

 

Die Reise verläuft deutlich komfortabler als ihre erste ziellose Wanderung, nachdem sie in der Shaar gestrandet waren: Man kann immer wieder mal die Beine schonen, indem man ein Gespann besteigt, übernachtet in Zelten und muss sich keine Gedanken machen, wie man sein Ziel findet. Die "Straße" ist nicht zu erkennen, nur die A'keire kennen die gangbarste Route.

 

Eines Abends bittet Zhai Fleece, zwischen ihr und Pashtal zu übersetzen. Fleece ist sich bewusst, wie störend ein drittes Rad am Wagen ist, weiß aber auch, welches Vertrauen Zhai in sie setzt. Die Halbdrow tut sich schwer damit, Alzhedo zu lernen – das ist wieder das elfische Blut in ihr –, und beherrscht nur ein paar Brocken, längst nicht genug für echte Konversation. Sie wollte einfach mal ausgesprochen haben, wie sehr sie Pashtal mag und die Zeit mit ihm genießt, wenngleich sie weiß, dass das nicht von Dauer sein kann.

 

An einem anderen Tag erwischt Fleece eine Gelegenheit, Jala aus dem Gespräch heraus unverfänglich auf ihr Techtelmechtel mit J'avo anzusprechen. Jala, die nicht weiß, dass er auch mit Fleece zusammen war, preist seine Ausstattung, um Fleece neidisch zu machen, löst aber logischerweise keine Reaktion damit aus. Jedoch erklärt sie leichthin, dass es beiden nichts bedeutet hat, auch wenn sie es bei passender Gelegenheit garantiert gern wiederholen würde, da es beiden wirklich gut getan hat.

 

Nach etwa zwei Tendays erreicht die Karawane Kormul, das dort am River Talar liegt, wo dieser dem Lake Lhespen entspringt. Optisch wirkt der Ort ganz anders als Shaarmid, da er im Feuchtgebiet liegt, und doch architektonisch wieder ähnlich, aber er ist etwas größer und funktioniert auf dieselbe Weise, ist er doch der Anlaufpunkt für alles, das von der Küste kommt und weiter ins Landesinnere will. Hier gibt es sogar eine richtige Herberge, und dank der Sklavenfänger ist man hier auch allerlei Rassen gewohnt und macht um Spider, Zhai und Skaar nicht viel Aufhebens.

 

Anders als in richtigen Handelsstädten kriegt man in Kormul nicht heraus, wann die nächste Karawane erwartet wird – wenn eine kommt, dann kommt sie, wenn nicht, dann nicht. Die A'keire entfernen sich nicht zu weit von ihrem Stammesgebiet und kehren nach Norden zurück, die Bewachung von Zorgos' Karawane übernehmen ab hier die S'kule, ein anderer Assur-Stamm. Fleeces Leute rasten zwei Tage und verabschieden sich schließlich von Zorgos' Karawane, die weiterzieht. Inzwischen haben sie Jassu Mandu und Tombi Qiniso kennen gelernt: Tombi Qiniso ist eine weitgereiste Fährtensucherin, die Reisende zwischen Sheirtalar und Kormul führt, und Jassu Mandu spricht neben der örtlichen Verkehrssprache Shaaranisch und mehreren Stammessprachen auch Chondathanisch und "managt" Tombi.

 

Immerhin bestehen in Kormul bessere Einkaufsmöglichkeiten, und so geht es einen Tag später mit frischen Vorräten, Ausrüstung und Zelten los. Nun bestünde zwar die Möglichkeit, Maligard's Magnificent Mansion auszuprobieren, aber man befindet sich hier in einem gefährlichen Landstrich fernab der Zivilisation und weiß nicht, wann man diese Zuflucht wirklich brauchen wird, da sie sich nur alle zehn Tage beschwören lässt, also widersteht Fleece der Versuchung.

 

An Kormuls Feldern und Kornspeichern und an den Ausläufern der Wyrmbones vorbei geht es also zum Misty Vale, durch das ein gangbarer Trampelpfad führt, der auch stets freigehalten wird, bevor er wieder zuwuchert, weil dies schließlich die beste Strecke ins Landesinnere ist. Auf dem Weg passiert nicht viel, aber Fleece freundet sich schnell mit der sympathischen Jassu Mandu an und erfährt von ihr sehr viel über die Assur und deren Weltsicht, die sich sehr stark von ihrer eigenen unterscheidet. Am meisten bewundert Fleece Jassu Mandus unverfälschten Blick für die Schönheit der Welt und ihre Fähigkeit, sich sogar am morgendlichen Öffnen einer Blüte erfreuen zu können.

 

Sobald man den Urwald erreicht hat, könnte man sich optisch ebenso gut wieder in den Schwarzen Dschungeln befinden. Im Misty Vale wird die Reisegruppe prompt von Stachelaffen attackiert, in deren Revier sie unwissentlich eingedrungen ist, und mit Stacheln nur so bombardiert. Tombi Qiniso findet den Pfad zwar wieder, aber schon am nächsten Tag leiden alle bis auf Jassu Mandu, Spider, Skaar und J'avo an einem schweren Fieber, ausgelöst durch die Stacheln. Die beiden Assur wissen leider nicht, wie schlimm die Krankheit wird, die man sich durch diese Stacheln zuzieht, und Fleece überlegt schon panisch hin und her, was sie tun kann. Damit aber nicht genug: Am Abend überfallen zwei Dire Tigers das Lager, vermutlich, weil sie die Krankheit gerochen haben und sich die geschwächten Opfer greifen wollen. Bei schlechtem Licht verteidigen nur Spider, Skaar und J'avo die Gruppe, von der jeder andere völlig kampfunfähig ist, und in Amaraeus', Zhais und Pashtals Fall sieht der Krankheitsverlauf sogar jetzt schon lebensgefährlich aus.

 

Den drei Verteidigern gelingt es zwar, einen Dire Tiger zu töten, aber dafür werden auch Skaar und J'avo tödlich verwundet. Fleece sammelt all ihre Kräfte, lässt die Kranken, die sich noch regen können, die Bewegungsunfähigen zusammenrücken, so dass jeder jemanden berührt, der Fleece berüht, und sie aktiviert den Rod of Mayu.

 

Plötzlich finden sich alle auf einer idyllischen Südseeinsel wieder: Die sanfte Brandung spült über den weißen Sandstrand, bunte Vögel fliegen aus den Palmkronen, der Duft des Meeres liegt in der Luft, sämtliche Wunden sind nicht mehr so tief, bei jedem geht das Fieber zurück, und die Krankheit fühlt sich viel harmloser an.

 

Diesmal waren es keine Dutzende von Yuan-Ti in einer verlorenen Stadt, sondern ein Fieber und zwei Dire Tigers, ganz normale Gefahren einer Reise, die um ein Haar alle getötet hätten – und erneut hatte es außerordentlicher Magie bedurft, die Todgeweihten zu retten. Tombi Qiniso, die gerade zum ersten Mal mit dieser Gruppe reist, ist völlig außer sich und muss beruhigt werden, doch auch sie kann sich dieser friedlichen Atmosphäre, die sich auch mental auswirkt, nicht entziehen. Jassu Mandu hingegen, die Wunder in der kleinsten Alltäglichkeit erkennt, nimmt dieses unglaubliche Erlebnis sofort glücklich und irgendwie unüberrascht hin.

 

J'oia will sich panisch um J'avos aufgerissenen Bauch und den halb zerfetzten Hals kümmern, doch als sie all das Blut wegwischt, kommen darunter nur hässliche, aber nicht lebensgefährliche Wunden zum Vorschein. Da sie nicht weiß, wie die Magie hier funktioniert, denkt sie, sie habe sich in der Dunkelheit die Schwere dieser Wunden nur eingebildet, und schubst den liegenden J'avo, als hätte er ihr absichtlich Angst gemacht: "Das sollen Wunden sein? Das sind Kratzer!" J'avo kann selber nicht fassen, dass es ihm halbwegs gut geht, denn Augenblicke zuvor wusste er, dass er nun gleich sterben wird. J'oia verarztet ihn aber natürlich, während sich Jassu Mandu um Skaars auch nicht mehr so schwere Wunden kümmert. Zu den friedlichen Waterworld-Klängen streichelt Fleece Zhais Wange, als diese wieder ansprechbar wird: "Ich dachte schon, ich verliere dich."

 

Die Gruppe hat hier die Zeit und Muße, sich auszukurieren – die Heilung verläuft doppelt so schnell mit maximierten Werten, die Temperatur ist tags wie nachts sehr angenehm, das Wasser und die Früchte sehr nahrhaft und stärkend, und man kann immer wieder entspannt schwimmen gehen oder sich ausruhen.

 

Als Fleece sieht, dass J'avo und Jala die Chance nutzen, sich ins Unterholz zurückzuziehen, muss sie sich des unwillkürlichen Impulses erwehren, loszuheulen. Jassu Mandu tröstet sie und stellt kluge Fragen, warum es ihr geht, wie es ihr geht. Fleece will es sich nicht eingestehen, aber sie wehrt sich massiv dagegen, J'avo zu mögen. Zhai kann ihr keine mütterliche Stütze sein, das trägt sie nicht in sich, aber Jassu Mandu ist sehr mütterlich, lehnt Fleece an ihre Brust und gibt ihr die Gelegenheit, sich richtig auszuweinen. Weil Fleece immer die Stärkste sein muss, hat sie selten Gelegenheit dazu, und selbst wenn, dann hat sie noch seltener jemanden, an den sie sich so anlehnen kann wie jetzt an die freundliche Jassu Mandu. Fleece muss sich nichts von der Seele reden, es reicht, weinen zu können.

 

Fleece weiß, sie könnten anderthalb Tendays hier bleiben, und doch würde ihnen nicht langweilig werden – das verhindert schon die Atmosphäre dieses Ortes, der wirkt, als sei man irgendwie in eine Zeit zurückgereist, in der noch keine einzige Zivilisation existierte. Dennoch möchte sie dieses Wunder nicht überstrapazieren, zumal man ja ein Ziel hat, das man erreichen will. Sobald also jeder seine Wunden und das Fieber auskuriert hat, gibt es in dem Wissen der baldigen Abreise noch eine letzte friedliche Nacht in absoluter Sicherheit, und am nächsten Morgen geht es zurück in die harte, tödliche Realität.

 

Glücklicherweise finden die Abenteurer ihr Lager so vor, wie sie es zurückgelassen haben, und die wenigen Schäden lassen sich leicht beheben. Die stets optimistische Jassu Mandu spendet Fleece Zuversicht, und die Bardin kann diese an den Rest weitergeben. Sie verdrängt das Wissen, dass jetzt nicht noch einmal so etwas Schlimmes passieren darf, denn nun muss ein Jahr vergehen, bis man nach Mayu zurückkehren kann.

 

Bis auf eine angespannte Situation, in der etwas Gigantisches zu hören ist, das krachend weit, weit hinter der Gruppe durch den Dschungel walzt, stößt ihr nichts zu. Sie atmet auf, als sie den Urwald hinter sich lässt und die Dun Hills überquert. Die letzte Etappe geht natürlich am zügigsten vonstatten, und endlich erreichen die Reisenden eines Nachmittags die prächtige Metropole Sheirtalar, der der starke Einfluss der tashalarischen Besetzer zwar sofort anzusehen ist, die sich aber ihre eigene Identität bewahrt hat.

 

Die Kontrollen am Tor zeigen schon, dass man hier alles gewohnt ist: Über einen Vanara, einen Goliath, eine Halbdrow und einen Tiefling staunen die Wachen ebenso wenig wie über eine schwebende Truhe, aber die Gruppe darf den Exotenaufschlag zahlen. Neben vielen städtischen Assur, die hier ihre ganz eigene Kultur pflegen, die mit der der Stammes-Assur im Landesinneren keine Gemeinsamkeiten aufweist, sieht man auch viele Meridianer aller Couleur, und die Stadt wirkt sogar noch bunter als Tashluta. Endlich wieder in der Zivilisation! Natürlich sucht sich die Gruppe sofort ein Restaurant, das groß und leer genug ist, um ihre Ankunft zu feiern. Der Tisch biegt sich nur so unter exotischen Speisen und allerlei Reisweinen, und nachdem sich Fleece zwischendurch um ein Nachtquartier in der Herberge Nombulelo gekümmert hat, schießt man sich so richtig ab.

 

Am nächsten Tag besticht Fleece einen Mitarbeiter der Hafenmeisterei, Nachricht an ihre Herberge zu schicken, sobald ein Schiff anlegt, das später entweder Sammarash oder irgendeinen Hafen in Calimshan ansteuert (Ersteres ist sehr wahrscheinlich, für Letzteres braucht man vermutlich Geduld und viel Glück), und lässt sich von Jassu Mandu die Sehenswürdigkeiten der Stadt zeigen.

 

Tags drauf muss sich Fleece leider schon wieder von Jassu Mandu und Tombi Qiniso verabschieden, die die zweite Hälfte der Bezahlung entgegennehmen und bereits jemanden gefunden haben, den sie nach Kormul führen müssen. Fleece hat Jassu Mandu sehr ins Herz geschlossen und weiß, dass sie sie nie wiedersehen wird, aber Jassu Mandu, stets voller Zuversicht, meint, wenn die Götter es wollen, dann wird es auch geschehen.

 

Jala, J'oia, Pashtal, Xarfai und J'avo ziehen zwei Tage lang durch die einschlägigen Hafentavernen, und am nächsten Abend kommt Jala ins Nombulelo zurück, um mitzuteilen, dass sich eine Mitfahrgelegenheit auf einem Schmuggler aufgetan hat, der nacheinander Lushpool, Ithmong und Sammarash ansteuert. Dorthin wollen alle vier zurück, um herauszufinden, was mit der Fleeting Passion passiert ist. Fleece jedoch bezweifelt, dass die Chancen, dort ein Schiff nach Calimshan zu finden, besser stehen, und fürchtet eher, dort wieder irgendwie in die Angelegenheiten des Balan Cantara hineingezogen zu werden. Sie möchte hier in Sheirtalar bleiben und warten, bis sich etwas ergibt. Zwar weiß sie, dass es wenig Zweck haben wird, aber sie versucht Jala zu überzeugen, mit ihr nach Manshaka zu segeln.

 

Fleece: I know I won't change your mind, but at least I gotta try. Look, Dr. Meranilius' patron is a very generous man. He'll certainly show his gratitude, and you could start over in Calimshan or Amn.

Jala: Tempting. But not quite tempting enough. Fleece, I've found my life on the Passion. It's a ship like no other with a crew like no other. Sure, I hate some of them, but show me a family in which that's any different. I've left friends behind. I need to make sure they're okay. You get that, right?

Fleece (traurig): I get it.

 

Ein paar Tage später bringen Fleece, Zhai und Spider die fünf zu ihrem Schiff, um sie dort zu verabschieden. Nachdem sich Zhai und Pashtal sowie Fleece und Jala lange umarmt haben und sich Jala von Spider und Zhai von J'avo verabschiedet hat, gerät die Verabschiedung zwischen Fleece und J'avo sehr oberflächlich. Die fünf Abreisenden gehen die Pier entlang, J'avo wird mit dunklem Gesichtsausdruck langsamer, J'oia fragt ihn, was los ist, und er macht Kehrt und geht entschlossen wieder zu den anderen dreien zurück, baut sich vor Fleece auf und tippt ihr hart mit dem Finger gegen ihr Schlüsselbein.

 

J'avo: Say it.

Fleece: Say what?

J'avo: Say you want me to stay.

Fleece: What? You've got some nerve, buster. Why would I want you to stay?

J'avo: If you say it, I will.

Fleece: Whatever for?

J'avo: 'Cause I like you, you stupid, aloof, arrogant woman!

Fleece: Wha—

 

Er beugt sich unvermittelt zu ihr runter, legt seine Hand in ihren Nacken und küsst sie, und Fleece hängt wie erstarrt in seinem Griff, lehnt sich dann aber zurück, klebt ihm eine und überzieht ihn mit einer Schimpftirade, was ihm wilden Barbaren einfalle. Kurzerhand umfasst er sie mit einem Arm an der Hüfte, um sie mühelos auf seine Höhe zu heben, und küsst sie erneut, und diesmal ergibt sie sich und schlingt ihre Arme um seinen Hals. Zhai, die wegen Pashtal noch Tränen in den Augen hat, fragt gerührt: "Und was war daran jetzt so schwer?"

 

Als sich Fleece löst und ihr Gesicht vor J'avos schwebt, ist ihr Gesichtsausdruck offen, unsicher und verletzlich, und sie fragt ihn flüsternd, ob er sich wirklich sicher sei. J'avo nickt fast unmerklich, aber entschlossen, und Fleece wird klar, dass er alles, was er je wollte, für sie zurücklässt. Da muss mehr sein als animalische Anziehung, er muss sie... wohl verdammt mögen.

 

J'avo: Let me just... say good bye. (Er geht nun noch mal allein zu Jala, J'oia, Pashtal und Xarfai und spricht untertiteltes Tashalari.) Sorry. Can't come with you.

Jala: You're making a mistake, big guy. Look, even if we don't find the Passion, we'll sign up with another ship. This is your life, J'avo. Not up north, far from home, with a woman who isn't exactly meant for you.

J'avo (schmunzelt schief): She kissed me back. That's all I need to know.

Jala: J'avo, seriously—

J'oia: Leave him be. You can't ask him to come with us and leave his heart with Fleece.

 

J'avo sieht J'oia dankbar an und umarmt sie kräftig, dann Jala, und für Pashtal und Xarfai gibt's ein Schulterklopfen. Er kehrt zu den anderen dreien zurück und winkt mit ihnen ihren Freunden nach, die sie vermutlich nie wiedersehen werden. Beim Umdrehen sehen sich J'avo und Fleece an, und er legt seinen Arm um ihre Schultern. Sie geht ein paar Schritte normal weiter, lehnt sich dann aber zu Boden sehend beim Laufen gegen ihn.

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